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Neuenburger Weinbaugebiet die Phylloxera zum erstenmal 1877 konstatiert, die seither trotz intensivster Bekämpfung immer weiter um sich gegriffen hat. In Auvernier hat man 1889 eine staatliche Weinbauschule mit Versuchsstation eingerichtet, welch' letztere besonders die Anpassungsfähigkeit von fremden Reben an unsere Bodenarten zu prüfen hat. Die Ersetzung der Neuenburger Reben durch fremde (amerikanische) Schösslinge hat rasche Fortschritte gemacht, so dass jetzt bereits 180 ha neu angepflanzt sind. Im Zeitraum von 1877 bis 1903 hat die Reblaus 120 ha Reben zerstört und sind zu ihrer Vertilgung volle 1753396 Fr. ausgegeben worden.
[Dr. H. Lozeron.]
2. Die mittlere Region umfasst das Val de Ruz und Val de Travers, die mit Ausnahme des Weinbaues im wesentlichen die gleichen Kulturen aufweisen wie das Seegelände. An gut exponierten Lagen werden stellenweise auch noch Spalierreben gezogen, deren Trauben in günstigen Jahren zur völligen Reife gelangen können. Von grosser Bedeutung ist die Viehzucht, da die Sennberge der obersten Regionen diesen Thälern näher liegen als dem Vignoble. In den meisten Dörfern bestehen Molkereien, die Milch verkaufen und Butter und Käse bereiten, während im Vignoble die Milch vom Produzenten direkt an den Konsumenten geht. Eine Spezialität des Val de Travers ist der Anbau des Wermutkrautes (Artemisia absinthium), der einen bedeutenden Teil der Bewohner beschäftigt, da diese Pflanze beständige Handarbeit erfordert und nicht mit Maschinen behandelt werden kann.
3. Die Bergregion umfasst die Bezirke La Chaux de Fonds und Le Locle. Ihre Höhenlage schwankt zwischen 900 und 1100 m. Hier herrscht Futterbau, da Getreide und Hackfrüchte nur noch in besonders günstigen Lagen fortkommen. Immerhin besitzt auch hier jeder Bauer noch sein kleines Korn-, Gerste- oder Haferfeld, das ihm in erster Linie Streue liefert. Daneben werden in geringem Mass noch Kartoffeln und Kohlrabi gepflanzt. Der Futterbau wird namentlich in der Umgebung von La Chaux de Fonds und Le Locle sehr intensiv betrieben, da diese grossen Bevölkerungszentren in ausreichendem Masse Dünger liefern.
Trotz rauhem Klima u. bedeutender Höhe können die Wiesen zweimal geschnitten werden, doch ist es oft schwer, den zweiten Schnitt trocken einzubringen. Auch die Getreideernte muss vielfach bei nassem und kaltem Wetter eingebracht werden. Den Wiesen reihen sich die meist mit lichtem Gehölz bestandenen ausgedehnten Bergweiden oder Sennberge an, die Viehzucht und Milchwirtschaft in hohem Grad begünstigen. Die Milch findet in den beiden Industriestädten dieses Gebietes zu guten Preisen Absatz.
Die Viehzucht hat seit einem Vierteljahrhundert grosse Fortschritte gemacht. So bewundert man z. B. im Thal von La Brévine das schönste rot und weiss gefleckte Rindvieh des ganzen Jura. Diese spezifisch jurassische Rasse wird zu den staatlichen Prämienschauen einzig zugelassen und hat diesen Vorzug vor der schwarz-weissen Fleckrasse deswegen erhalten, weil sie von jeher den überwiegenden Teil des Neuenburger Rindviehbestandes gebildet hat und die Heranzüchtung eines einheitlichen Viehschlages am schnellsten gestattete. Hier oben wird auch viel Käse hergestellt und zwar besonders in den abgelegeneren Gemeinden. Einen guten Ruf haben die Käsesorten der Thäler von La Brévine, La Sagne und Les Ponts, die an Qualität den Vergleich mit dem Greierzer- und Emmenthalerkäse nicht zu scheuen brauchen.
Im ganzen Kanton hat sich auch der durch verschiedene eigene Gesellschaften begünstigte Gartenbau recht erfreulich entwickelt. Die erste Gartenbaugesellschaft entstand 1860; heute entfalten eine besonders rührige Tätigkeit diejenigen von Neuenburg mit dem Vignoble, des Val de Travers und von La Chaux de Fonds, die alle drei der «Fédération romande» des Verbandes der schweizerischen Gartenbauvereine angehören.
Eidgenössische Viehstatistik 1901: 3763 Pferde (wovon 2 Zuchthengste und 144 Zuchtstuten), 12 Maultiere und 129 Esel, zusammen also 3904 Equiden auf 2210 Eigentümer. 22723 Stück Rindvieh (wovon 284 Zuchtstiere und 12975 Zuchtkühe) auf 3058 Besitzer;
4/5 der Boviden entfallen im Kanton Neuenburg auf die Bergregion, das Val de Travers und Val de Ruz und nur 1/5 auf den Vignoble. 7679 Schweine, 1077 Schafe und 2526 Ziegen auf zusammen 3005 Besitzer.
Die Bienenzucht hat im Kanton bis 1873 kaum nennenswerte Fortschritte gemacht. Als aber von dieser Zeit an der Staat im ganzen Land Wandervorträge über Bienenzucht halten liess, entstanden bald vier diesen Zweck verfolgende Vereine, die alle der Société romande d'Apiculture angehören und einen völligen Umschwung erzielten, sodass die kantonale Zählung vom November 1903 einen Bestand von 5338 Bienenstöcken ergab.
Die Gemeinden des Bezirkes Cernier gründeten 1885 in Cernier eine landwirtschaftliche Schule, die vom Staat 1887 um den Preis von 200000 Fr. und eine Schenkung von 75000 Fr. angekauft und zum kantonalen Institut umgewandelt worden ist. Zu ihrem Betrieb gehören heute 91 ha guten Kulturbodens, der einem Kapital von 728824 Fr. entspricht. Die Dauer der praktischen und theoretischen Kurse ist auf zwei Jahre festgesetzt. Die Schule besitzt eine der schönsten Rindviehherden der rot-weissen Fleckrasse im ganzen Kanton. Das im Kanton Neuenburg so stark entwickelte Vereinswesen hat auch die Landwirte zu einer grossen einheitlichen Gesellschaft, der sog. Société cantonale Neuchâteloise d'Agriculture et de Viticulture, sich zusammenschliessen lassen.
[F. Porchat.]
Forstwesen.
Charakteristisch für die Waldwirtschaft in Neuenburg ist die Tatsache, dass die Initiative zu einer richtigen Pflege der Waldungen nicht vom Staat, sondern von einigen wenigen Gemeinden ausgegangen ist. Diese haben beim Staate die ersten Anregungen zum Schutz bestimmter Forste vor Holzschlag, zum Verbot des Weiderechtes in den Wäldern und überhaupt zu einer geregelten Waldwirtschaft im Ganzen gemacht. Erst nachher hat dann der Staat diese Massregeln auf den ganzen Kanton ausgedehnt und die Forstwirtschaft zentralisiert, so dass sie heute auf einer vollkommen rationellen Grundlage aufgebaut ist. Die im ganzen 19945 ha umfassenden Waldungen des Kantons entsprechen 28% der Gesamtfläche. Auf jeden einzelnen Bewohner entfallen 0,16 ha Wald. Auf die 5 kantonalen Forstkreise verteilt sich heute der Wald folgendermassen:
Forstkreis | ha | % der Gesamtfläche |
---|---|---|
1. Neuenburg und Chaumont. | 2791 | 36 |
2. Vignoble und Gorges de l'Areuse | 4866 | 46 |
3. Val de Travers | 5103 | 31 |
4. Val de Ruz | 3550 | 28 |
5. Le Locle und La Chaux de Fonds | 3632 | 15 |
Hinzuzufügen sind diesen Zahlen noch die Flächen der mit lichtem Gehölz bestandenen Sennberge, die einen wichtigen, aber nicht ziffernmässig festzustellenden Faktor ¶
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der Bewaldung bilden. Im Vignoble und den Thälern der mittleren
Region, wo sich die Siedelungen meist zu geschlossenen Ortschaften
gruppieren, gehört der Wald zum grössten Teil den Gemeinden, während er in der Bergregion, wo die zerstreuten Einzelsiedelungen
überwiegen, zu 78% Eigentum der privaten Grundbesitzer ist. Die beträchtlichsten geschlossenen Waldbestände
sind: die Waldungen am Chaumont und von La Joux, Eigentum der Stadt Neuenburg, die Gemeindewälder am N.- und S.-Hang des Chaumont;
die Forêt de l'Éter, die Wälder der Montagne de Boudry, des Creux du Van, die Cornées des Verrières, Cornées des Bayards und der Wald an den Côtes du Doubs. Es herrschen vor Fichten, Tannen und Buchen, die fast überall gemischte Bestände bilden.
Reine Fichtenwaldungen findet man auf den bewaldeten Sennbergen und bei solchen Beständen, die aus Pflanzungen hervorgegangen sind. Die Tanne zieht die nach N. gewendeten und die Buche die nach S. exponierten Gehänge vor. Ferner trifft man in warmen Lagen des Vignoble noch die Föhre und Eiche und in Aufforstungen die Lärche, Weymuthskiefer und etwa auch die Arve. Auf den Sennbergen stehen vereinzelt oder in Gruppen Ahorn und Esche, in den Torfmooren Birke, Espe, Bergföhre (Pinus montana var. uliginosa) und Eberesche und längs den Strassen in der Bergregion der Vogelbeerbaum.
Die in den Waldungen nur vereinzelt auftretenden Ulmen und Linden bilden hie und da in der Nähe von Ortschaften (z. B. Colombier) prachtvolle Alleen. Ferner sind zu nennen Feldahorn, Eibe, Wachholder (der in der Gegend des Doubs zu eigentlichen Bäumen auswachsen kann), Stechpalme und Buxbaum. Einen Teil der Gehänge des Chaumont bekleiden verschiedene für den Jura charakteristische verkümmerte Exemplare der Buche, Eiche und des Haselstrauchs. Die einst stärker verbreitete Kastanie ist nur noch durch einige am Fuss des Chaumont vereinzelt vorkommende Exemplare vertreten. Auf dem durch die Tieferlegung des Sees trocken gelegten Strand hat die Weisserle sich angesiedelt, die ihrer Widerstandsfähigkeit wegen auch bei Aufforstungen in der Bergregion oft verwendet wird.
Der Staat besitzt 1904 ha (9,5%) Wald und bewaldete Sennberge mit einem Gesamtertrag von 6600 m3 Holz (1902); den Gemeinden gehören 10715 ha (50,4%) Wald, die 1902 einen Ertrag von 56800 m3 Holz lieferten; die in privatem Besitz befindlichen Waldungen, in denen nur mit Erlaubnis und unter Aufsicht des kantonalen Forstamtes Holz geschlagen werden darf, umfassen, neben grossen Flächen von bewaldeten Sennbergen, 7326 ha (40,1%) und haben 1902 35500 m3 Holz geliefert.
Die zollfreie Zone, in der auf eine Breite von 10 km keine Abgaben erhoben werden, gestattet einen beträchtlichen Handel mit Bauholz nach Frankreich, während dieses seinerseits Brennholz in den Kanton Neuenburg einführt. Stark entwickelt ist die Holzindustrie; das Rohholz verarbeiten im Kanton 54 Betriebe (meist Sägen), die im Durchschnitt über eine Dampf- oder Wasserkraft von 1360 PS verfügen und jährlich rund 62000 m3 Holz verarbeiten, von denen 5000 m3 in die Holzstofffabrik von La Doux wandern.
Bemerkenswert ist eine über Saint Sulpice stehende Säge mit Windbetrieb. Viel Holz verbrauchen auch die Asphaltminen und die Zementgruben zur Verschalung ihrer Stollen und Gänge etc. Seit 1897 stehen auch die in Privatbesitz befindlichen Waldungen und bewaldeten Sennberge unter der Aufsicht des Staates, d. h. der kantonalen Forstverwaltung. Jeder geplante Holzschlag muss angezeigt werden und wird dann von den Forstinspektoren oder den Kreisförstern angezeichnet.
Mit der Aufsicht über die öffentlichen Waldungen sind 16 staatliche Beamte und 53 von den Gemeinden angestellte Forstwarte betraut. Seit der Staatsumwälzung von 1848 hat man beträchtliche Bodenflächen von neuem aufgeforstet, so besonders in den Staatswaldungen und in der der Stadt Neuenburg gehörenden Forêt de la Joux, dann seit wenigen Jahren auch in verschiedenen Gemeindewaldungen (besonders denen von La Sagne und Le Locle: 75 ha). Eine noch zu erfüllende Aufgabe ist die Ergänzung der vorhandenen Bestände oder die völlig neue Aufforstung der Bergrücken vom Chasseron zum Creux du Van, vom Mont des Verrières bis zur Tourne und zur Tête de Rang, vom Gros Taureau zum Pouillerel. 1902 umfassten die vom Staat und einzelnen Gemeinden angelegten Pflanzschulen eine Fläche von 6,5 ha und lieferten 386000 junge Bäumchen, die alle im Kanton selbst Verwendung fanden. Grosse Sorgfalt wird auf den rationellen Ausbau der Waldwege verwendet, so sind während der letzten 7 Jahre 23 km Wege angelegt worden, wovon 1902 allein 3,5 km.
[Pillichody.]
Fauna.
Als jurassischer Kanton par excellence unterscheidet sich Neuenburg mit Bezug auf seine Faunenverhältnisse nicht wesentlich vom ganzen Juragebirge. Ja, seine Fauna ist vielleicht sogar weniger reich, als diejenige der übrigen Gebirgsabschnitte. So hat man z. B. den im s. Jura vorkommenden Aasgeier, die Felsenschwalbe, das Nachtpfauenauge und die Karthäuserschnecke hier bis jetzt nur ganz vereinzelt oder noch gar nie konstatieren können. Das nämliche gilt für einige Tierarten des den Alpen näher gelegenen ö. Jura, so z. B. für den Königsadler und den Alpenhasen.
Dieser letztere soll nach einer Angabe von Dr. V. Fatio in seiner Faune des Vertébrés de la Suisse im Val de Ruz allerdings ein einzigesmal erledigt worden sein, wenn die Bestimmung richtig gewesen ist, was wir nicht haben kontrollieren können. Der einst im s. Jura von Zeit zu Zeit sich zeigende Luchs ist im Neuenburger Jura nie gesehen worden. Für den allgemeinen Charakter der Fauna verweisen wir daher auf den betr. Abschnitt im Art. Juragebirge, während wir uns an dieser Stelle auf die Hervorhebung einiger weniger Charaktertiere beschränken.
Knochenreste von verschiedenen im Laufe der Zeit verschwundenen Säugetieren (wie Auerochs, Wisent, Torfschwein, Biber etc.) sind in den Pfahlbauten des Bieler- und Neuenburgersees aufgefunden worden, und aus der sogenannten Baume (Höhle) des Élans bei La Côte aux Fées hat man drei Rentierschädel mit Geweih zu Tage gefördert. Es ist sicher, dass das Rentier im Kanton noch zur Zeit Julius Caesar's gelebt hat. Hirsch, Wolf und Wildschwein haben sich bis ins 18. Jahrhundert hinein erhalten und ebenso der Bär, der aber immer selten gewesen zu sein scheint und aus seiner eigentlichen Heimat im s. Jura nur gelegentlich etwa einen kurzen Vorstoss nach N. unternahm. Am Creux du Van sollen 1712, 1738 und 1770 Bären erlegt worden sein, und das letzte Exemplar ist nach der Erzählung eines Augenzeugen 1855 bei Boudry gesehen worden. In der Bergregion erscheint noch von Zeit zu Zeit der Wolf, von dem das Naturhistorische Museum zu Neuenburg ein in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei La Brévine erlegtes prachtvolles Exemplar besitzt. Auch das Wildschwein erscheint noch etwa, aber höchst selten. Man sieht wohl auch etwa noch einen, wahrscheinlich aus irgend einem Gehege der O.-Schweiz ausgebrochenen, vereinzelten ¶