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hochstengelige und grossblumige Abart des Stiefmütterchens (die sog. Viola bella) aus, die zur Zeit ihrer Blüte der ganzen Gegend ein eigenartiges Gepräge geben. Das Gebiet zwischen der Thalsohle von La Brévine, der französischen Grenze und Les Verrières bildet ein 1100-1200 m hohes, weites Plateau mit bewaldeten Sennbergen und Naturwiesen, auf denen folgende Arten in Menge gepflückt werden können: Lathyrus heterophyllus, Hieracium monticola, Meum athamanticum, Hypochoeris maculata, Centaurea nigra, Cytisus decumbens, Streptopus amplexifolius, Mulgedium alpinum etc. 1867 hat man hier sogar Scorzonera humilis und 1899 auch Vicia orobus (einziger Standort in der Schweiz) entdeckt.
Bei sorgfältiger Untersuchung könnte man sehr wahrscheinlich noch mancherlei Neues finden. Weniger gut ausgestattet sind die Thäler von La Chaux de Fonds und Le Locle. Im erstern sind von Interesse die Pirola uniflora bei Les Éplatures, dann im Torfmoor von Pouillerel mehrere der schon bei La Brévine genannten Arten und am Ufer der Weier von Les Grandes Crosettes endlich das merkwürdige und nirgends häufig auftretende Ophioglossum vulgatum. Im Thal von Le Locle wachsen längs den Ufern des Bied die vom Doubsthal heraufgekommene Fritillaria meleagris und am Col des Roches mehrere Habichtskräuter (Hieracium), sowie schöne Polster von Thlaspi montanum und Androsace lactea.
Beim Abstieg vom Col des Roches nach Les Goudebas und Les Brenets trifft man einen schönen Bestand von Anemone ranunculoides und unzählige Fritillarien oder Schachblumen. Am Doubs selbst pflücken wir die seltenen Arabis arenosa, Linaria striata und Viola biflora (diese unterhalb Les Planchettes). Auf den bewaldeten Sennbergen und in den Tannenwaldungen zwischen Les Recrettes und Les Siméons (nahe bei Les Brenets) endlich blüht im Mai die sehr seltene Cardamine trifolia, die in der Schweiz zuerst 1874 entdeckt worden ist.
Die Gipfelregionen des Neuenburger Jura bieten in botanischer Hinsicht nicht alle das nämliche Interesse. Die reichste und abwechslungsvollste Flora haben der Creux du Van und der Chasseral. Am Boden des Creux du Van finden wir: Listera cordata, Empetrum nigrum, Cypripedilum calceolus, Pirola media und Hieracium Godeti;
Rhododendron ferrugineum hat man seit etwa 50 Jahren nicht mehr gesehen und ist ohne Zweifel ausgerottet;
auf kalkigem Sturzschutt Scrophularia Hoppei, Orobanche laserpitii, Linaria petraea, Erysimum ochroleucum, Centranthus angustifolius sowie das sehr seltene und 1903 wieder aufgefundene Erysimum strictum;
am Fuss der Roche aux Noms Galium aparine var. spurium, Anthriscus alpestris, Cynoglossum montanem und Bromus tectorum;
an den steilen Hintergehängen Poa caesia, Aster alpinus, Sedum dasyphyllum, Potentilla caulescens;
auf dem Dos d'Ane gegenüber der Ferme Robert Anthyllis montana und Stipa pennata;
am Fussweg von Les Veuillons auf den Soliat Poa hybrida;
am obern Rand des Felsenzirkus Bupleurum ranunculoides und B. longifolium, Allium fallax, Festuca pumila, Dryas octopetala, Androsace lactea, Anemone alpina und A. narcissiflora, Arnica montana und viele andere.
Soldanella alpina scheint seit einigen Jahren verschwunden zu sein. Auf der Montagne de Boudry blühen zahlreiche Cypripedilum, Pinguicula alpina, Epipogium Gmelini etc. Der Chaumont ist berühmt durch seine Rosen: Rosa spinulifolia, R. rubella, R. salaevensis, R. ferruginea, R. Godeti etc.;
nahe dem Meierhof L'Ile kann man Dryas octopetala und auf dem dortigen Sennberg Erigeron alpinus und Veronica aphylla sammeln;
an den Felsen nahe der Grenze gegen den Kanton Bern ein Standort von Sedum atratum.
Auf den Kalkschutthalden am Weg vom Val de Ruz durch die Combe Biosse auf den Chasseral treffen wir Scrophularia Hoppei, Heracleum alpinum und zahlreiche Sträucher von Daphne alpina;
höher oben Centranthus angusti folios, Orobanche flava und O. reticulata;
im Bett des zur Sommerszeit trocken liegenden Wildbaches Streptopus amplexifolius und Hieracium glabratum;
an den rechtsseitigen Gehängen Hieracium scorzonerifolium und mehrere Formen von Hieracium villosum;
schief aufwärts gegen den obersten Felskamm Allium victorialis, Anemone alpina und besonders Pedicularis jurana (eine Verwandte von P. foliosa), die am Chasseral nur auf Neuenburger Boden zu finden ist.
Nördl. unter der obersten Höhe des Chasseral liegt eine Argoviencombe mit Trifolium badium, Potentilla aurea, Polygala alpestris, Alchimilla alpina, Bartschia alpina, Aconitum napellus etc. Weit weniger reichhaltig ist die Flora der übrigen Gipfel und Kämme des Kantons Neuenburg. Wir nennen: am Grand Suvagnier (gegenüber dem Chasseron) Erinus alpinus;
an den Felsen n. über Noiraigue Crepis praemorsa, Thalictrum pubescens und Hieracium lanatum;
auf der Tourne Orobanche laserpitii, Arctostaphylos officinale, Coronilla vaginata, Rosa salaevensis, Cytisus decumbens und Narcissus radiiflorus.
Diese Narzisse, die die hochgelegenen Wiesen der Berge um das Val de Travers mit einem weissen Teppich überzieht, wird von der Tête de Rang an bis zum Chasseral durch Narcissus pseudonarcissus abgelöst. Die Tête de Rang ist arm: Alchimilla alpina, Androsace lactea und Lycopodium alpinum (dieses vor Kurzem von Ch. Meylan hier gefunden). In einem kleinen Torfmoor bei La Sagneule stehen Hieracium auricula var. alpina, Sweertia perennis, Primula furinosa. Am Abstieg über die Strasse von Les Loges nach Les Hauts Geneveys zeigt sich Heracleum alpinum, die zwischen 1000 und 1400 m fast überall im Kanton auftretende Charakterpflanze des Jura. Mit Hinsicht auf die geringe Flächenausdehnung ist die Flora des Kantons Neuenburg eine der reichhaltigsten der Schweiz.
Landwirtschaft; Viehzucht.
Vor der Einführung der Uhrenfabrikation, der jetzigen Hauptindustrie des Kantons, beschäftigten sich die Bewohner Neuenburgs ausschliesslich mit Acker-, Wiesen-, Weinbau und Viehzucht. Die ersten Uhrenmacher teilten sich noch lange Zeit derart in die Arbeit, dass sie im Sommer den Boden bebauten und im Winter in der Werkstätte sassen. Erst im Lauf des 19. Jahrhunderts ist mit der immer rascher zunehmenden Entwicklung der beiden grossen Industrieorte Le Locle und La Chaux de Fonds diese Doppeltätigkeit allmählig verschwunden.
Der Boden ist im Kanton fast immer kalkig und tonig. Den Tongehalt liefern die auf den Hochflächen meist überall vorhandenen Mergel. Diese die rasche Infiltration des Oberflächenwassers verhindernde Tonschicht hat die Vornahme von Entwässerungsarbeiten notwendig gemacht, wie solche in den letzten Jahren beinahe im ganzen Kanton durchgeführt worden sind. Der Kalkgehalt ist je nach der Gegend sehr verschieden und kann von 0%-60% schwanken, beträgt aber im Durchschnitt 10-30%. Wie überall im Jura leidet auch hier der Boden im Sommer an zu starker Trockenheit, die einerseits auf den starken Kalkgehalt, andererseits auf das Fehlen von ausgibiger Taubildung und auf den Joran zurückzuführen ist, der im Sommer beinahe jeden Abend weht und die ¶
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Bodenoberfläche ihrer Feuchtigkeit beraubt. Während daher die durch die Frühlingsregen begünstigte Heuernte sehr ausgibig
zu sein pflegt, kann trotz mehr als ausreichender Düngung doch nur wenig Emd eingebracht werden. Dieser Trockenheit kann
nur durch systematische Aufforstung der Hochplateaux
und der Gebirgshänge mit Erfolg gesteuert werden.
Die Gemeinden des Kantons sind auf Grund eines 1890 in Kraft getretenen Gesetzes über Entwässerung, Trockenlegung und Bewässerung in der Lage gewesen, ihre sumpfigen Geländeabschnitte unter günstigen Bedingungen urbar zu machen, indem der Bund und der Staat Neuenburg solche Arbeiten mit zusammen 70% und die Gemeinden mit 5% subventionieren, so dass den einzelnen Grundbesitzern nur noch 25% der Kosten überbunden bleiben. Auf hatte man im Kanton Neuenburg für Drainagearbeiten 1852590 Fr. aufgewendet.
Der landwirtschaftliche Betrieb wechselt im Kanton je nach den einzelnen Landesteilen und ihren Höhenlagen. Man kann in dieser Hinsicht drei gut geschiedene Regionen unterscheiden: 1. das Seegelände (Vignoble), 2. eine mittlere Region und 3. die Bergregion.
1. Der Vignoble ist natürlich in der Hauptsache ein Weinbaugebiet. Daneben finden sich aber noch grosse Getreidefelder, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die wichtigste und einträglichste Art der Bodenbenutzung bildeten. Hierzu eigneten sich besonders gut die kalkig-tonigen Böden des Plateau von Marin, das noch vor 50 Jahren als die eigentliche Neuenburger Kornkammer galt. Das Korn wurde damals auf dem Markt zu Neuenburg zu 4-5 Fr. pro 15 Liter verkauft, d. h. um den zwei- bis dreifachen Preis von heute.
Seitdem dann die Eisenbahnen die stets billigere Einfuhr von fremdem Getreide ermöglichten, geht der Kornbau auch hier langsam zurück, so dass er sich jetzt auf den Eigenbedarf an Brot und Streue beschränkt. An seine Stelle ist vielfach der Hafer getreten, der zu guten Preisen Absatz findet. Am umfangreichsten ist jetzt der Futterbau, der etwa ⅔ der angebauten Fläche des Neuenburger Vignoble umfasst. Damit geht Hand in Hand eine intensive Milchwirtschaft. Die Milch wird ausschliesslich im eigenen Kanton und speziell in der Stadt Neuenburg selbst verbraucht.
Dieser Futterbau bezieht sich sowohl auf Natur- wie auf Kunstwiesen, die besonders Leguminosen (Esparsette, Klee und Luzerne) liefern, welche Pflanzen mit ihren tief gehenden Wurzeln der Trockenheit besser trotzen können als die Gramineen. Es wird also zumeist auf Gewinnung von Grünfutter hingearbeitet. Seit etwa 20 Jahren hat sich die Runkelrübe als Futter für die Milchkühe einen bedeutenden Rang erobert. Seit der Eröffnung der Rübenzuckerfabrik in Aarberg haben sich einige Grundbesitzer auf den Anbau der Zuckerrübe geworfen, deren Rückstand sie sich von der Fabrik wieder heimsenden lassen, um ihn als Viehfutter zu verwenden.
Endlich versorgt der Vignoble auch noch die Stadt Neuenburg und die Bergregion zum Teil mit Kartoffeln. Stark entwickelt ist besonders in Saint Blaise und Le Landeron der Gemüsebau, dem hier verschiedene Hektaren ehemaligen Sumpflandes ausschliesslich eingeräumt sind und dessen Produkte in Neuenburg, La Chaux de Fonds, Le Locle und Fleurier auf den Markt kommen. Im Uebrigen bauen auch die Landwirte im Bergland viel Gemüse an und finden damit ebenfalls guten Absatz.
[F. Porchat.]
Die Neuenburger Rebberge (der Vignoble im engeren Sinn) stehen über dem NW.-Ufer des Neuenburgersees an den zunächst gelegenen Hängen und weiter gegen O. auch noch zwischen Saint Blaise und Le Landeron. Die tiefst gelegenen Reben finden sich nahe dem See in 433 m, die höchsten steigen stellenweise bis zu 600 m hinauf. Der Ursprung des Neuenburger Weinbaues reicht ohne Zweifel in entlegene Zeiten zurück, doch wird er in völlig sicherer Weise erst in einer Urkunde von 998 erwähnt, mit welcher ein gewisser Rudolf der Abtei Cluny ein hier gelegenes Stück Rebland schenkt.
Die Gesamtfläche des Neuenburger Reblandes betrug zu Ende des 18. Jahrhunderts etwa 1300 ha, während sie heute noch 1150 ha gross ist. Dieser Rückgang liegt in folgenden Ursachen begründet: 1. manche Rebberge haben der Bautätigkeit weichen müssen, so namentlich in der Umgebung von Neuenburg selbst;
2. die gesteigerten Lohnansprüche der Feldarbeiter haben die Rebe an denjenigen Stellen verschwinden lassen, wo ihr Ertrag nicht genügend ergibig war;
3. an denjenigen Orten, die entweder den Frühlingsfrösten zu stark ausgesetzt sind oder schon so hoch liegen, dass die Trauben nicht jedes Jahr zu völliger Reife gelangen, ist der Weinstock durch andere Kulturen ersetzt worden. Am verbreitetsten sind hier die Burgunderrebe (Pineau) und die Chasselasrebe.
Erstere reift früher und zeitigt den weit bekannten und ausgezeichneten Rotwein von Neuenburg, Boudry und Cortaillod; auf Qualität gebaut, verlangt sie einen wenig tiefgründigen, leichten, trockenen und warmen Boden, während ein tonreicher schwerer Boden eher der Quantität günstig ist, dafür aber den Wein seiner feinen Blume beraubt. Die Chasselasrebe gibt den geschätzten Neuenburger Weisswein mit seinem angenehmen Bouquet und ist weitaus die am meisten angebaute Sorte. Chasselas und Pineau werden an niedern Stöcken gezogen. Man schätzt den durchschnittlichen jährlichen Ertrag an Rotwein auf 8000 hl und an Weisswein auf 80000 hl. Von den leider allzu zahlreichen Feinden der Weinrebe hat man im ¶