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Aare zwischen Meienried und Büren durch einen Kanal abzuschneiden, ist nie zur Ausführung gekommen. Andere, ziemlich bedeutende Arbeiten, die man um die Mitte des 18. Jahrhunderts (1749 und 1750) in der Umgebung von Nidau ausführte, hatten nicht den gewünschten Erfolg. Blos auf dem Papier blieb 1760 das Projekt des Walliser Ingenieurs de Rivaz, die Wasser der Zihl durch einen Kanal direkt in die Aare abzuleiten; ebenso erging es einem Vorschlag von Mirani (1771) und einem solchen von Hebler (1775), der die Aare von Dotzigen nach Büren durchstechen wollte. Zu Ende des 18. Jahrhunderts kamen in der Umgebung von Brügg einige partielle Arbeiten zur Ausführung, die den Abfluss der Zihl erleichtern sollten, aber nur für kleine Gebiete eine merkliche Abhilfe brachten. Die Ueberschwemmungen wiederholten sich immer noch regelmässig jedes Jahr; besonders bemerkenswert ist die vom Dezember und Januar 1801, die mit dem höchsten Wasserstand der Seen zusammenfiel.
Die auf Veranlassung eines Hauptmanns Schlatter 1811-1813 vermittels eines grossen Pfluges im Bett der Zihl vorgenommenen Ausbaggerungen führten gleichfalls zu keinem nutzbringenden Resultat, wie die Ueberschwemmungen von 1815, 1816 und 1817 beweisen. Ein Besuch, den der Ingenieur-Oberstleutnant Tulla, der «Bändiger des Rheines», 1816 der Gegend machte, hatte die Ausarbeitung eines die totale Korrektion bezweckenden Projektes zur Folge, das dann auch für alle spätern Pläne grundlegend geblieben ist. Es bestand darin, die Aare auf eine Distanz von mehr als 20 km von Aarberg direkt nach Altreu zu führen und ferner die Zihl zu korrigieren und zugleich in die Schüss abzuleiten.
Die Kosten der Arbeiten sollten die Kantone Bern, Waadt, Neuenburg, Freiburg und Solothurn gemeinsam tragen. Die Ausführung zerschlug sich wiederum, weil man einerseits die Kostenvoranschläge allgemein als zu unsicher ansah und weil anderseits die beteiligten Kantone unter sich nicht einig werden konnten. Vor allem wollte man zunächst den Lauf der Zihl korrigieren: 1824 und 1825 baggerte man mit grossen Rechen das Zihlbett bei Brügg aus;
man schnitt bei Meienried eine Schlinge der Aare ab, um den Rückstau des Flusswassers in den Bielersee zu verhindern, und endlich leitete man auch die Schüss direkt in den Bielersee ein.
Bald erhoben sich jedoch, besonders von Seiten der Stadt Biel, gegen den Nutzen dieser Arbeiten verschiedene Bedenken. In Folge aller dieser Einwände verschiedener Art, der an andern Orten sich zeigenden Gleichgiltigkeit und durch eine Reihe von neuen Ueberschwemmungen entmutigt, legte die mit der Leitung der Arbeiten betraute Kommission im Jahre 1831 - d. h. in dem gleichen Jahr, das eine der grössten Hochwasserkatastrophen des vergangenen Jahrhunderts brachte - ihr Mandat nieder.
1832 wurden auf private Initiative hin die Studien zu einem die Verhältnisse der Ufergegenden an den Jurarandseen sanierenden Gesamtprojekt neuerdings aufgenommen. Vor allem handelte es sich einmal darum, die Bevölkerung selbst für ein solches Unternehmen zu interessieren. Mit einer lebhaften Reklame in der Presse und durch besondere Flugschriften ging unter der Zustimmung der kantonalen Regierungen die Gründung von lokalen Komités in allen beteiligten Ortschaften Hand in Hand.
Zugleich sammelte man freiwillige Geldbeiträge, die umsomehr allgemeine Zustimmung fanden, als im Januar 1834 neue Hochwasser eintraten. Ingenieur Lelevel arbeitete ein neues Projekt aus, das eine totale Korrektion der Gewässer am Jurafuss bezweckte, auf demjenigen von Tulla basierte, eine getrennte Kanalisation der Aare und der Zihl mit möglichst weit entfernter Vereinigung der beiden Flüsse voraussah, die Mündung der Emme bei Solothurn flussabwärts verlegen und endlich das Grosse Moos rationell entwässern wollte.
Der Kostenvoranschlag wurde auf 1800000 Fr. festgesetzt. Dieses Projekt stiess aber auf den formellen Widerstand von Solothurn, während sich auch die Vertreter der andern Kantone nach gründlichem Studium der Vorlage gegenüber deren Angabe, dass sich der Wasserstand der Seen nachher um 5 Fuss senken werde, ziemlich zurückhaltend verhielten. Eher schien man einem von Oberst Buchwalder gemachten Vorschlag, die Aare in den Bielersee zu führen, geneigt zu sein. Unterdessen hatten die freiwilligen Geldbeiträge die für jene Zeit beträchtliche Summe von 500000 Fr. erreicht.
Dieser Umstand und das grosse Interesse und Aufsehen, das die ganze Angelegenheit auch ausserhalb der unmittelbar beteiligten Gegend erregte, zeigte, dass man jetzt vor einem entscheidenden Entschluss stehe. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle alle die in grosser Zahl und von verschiedenen Seiten aufgestellten Projekte und Varianten aufzuzählen. Bemerkt sei blos, dass man sogar soweit ging, den Neuenburgersee durch die Pforte von Entreroche in den Genfersee ableiten zu wollen, während Andere als Hilfsmittel zu dem zu erreichenden Zweck den Bau eines schiffbaren Kanales zwischen Rhone und Rhein oder sogar zwischen diesem und der Donau vorschlugen.
1834 fand in den Ingenieuren Buchwalder und A. Merian die schon 1816 von Oberst Koch in einem Gutachten entwickelte Annahme, dass man bereits in früheren Zeiten an eine Ablenkung der Aare in den Neuenburger- oder den Bielersee gedacht habe, neue Verteidiger. Und nun begann dieser Gedanke, sich eines der beiden Seebecken als Ausgleicher der Wasserstände zu bedienen, feste Gestalt anzunehmen, obwohl Lelevel sein Projekt auf das Entschiedenste verteidigte. Ingenieur Mathey schlug vor, im Anschluss daran den Boden des Sumpflandes mit dem schlammreichen Wasser der Aare zu überführen, um so dessen Urbarmachung noch zu beschleunigen.
Sehr sprechende Beispiele für den Wert der Seen als Regulatoren der Wasserführung der Flüsse hatte man übrigens sowohl in der Ableitung der Linth in den Walensee als derjenigen der Kander in den Thunersee bereits vor Augen. Der Weg war offen, und es handelte sich nur noch darum, ihn ohne Zögern und Zaudern zu verfolgen. Notwendigerweise musste aber mit einer Einleitung der Aare in den Bielersee die Kanalisation der Broye zwischen dem Murten- und Neuenburgersee, die der Zihl zwischen diesem und dem Bielersee und endlich auch diejenige des gemeinsamen Aare-Zihl Abflusses aus dem Bielersee bis Büren Hand in Hand gehen.
Bei einer derartigen rationellen Verbindung der drei Seebecken war vorauszusehen, dass der regulierende Einfluss auf die gemeinsame Abzugsader Aare-Zihl so wirksam als möglich sein werde. Der mittlere Wasserstand dieser Seen lag damals für den Murtensee in 435 m, den Neuenburgersee in 434,35 m und den Bielersee in 433,62 m. Es brauchte aber noch viele Jahre dauernder Studien, Unterhandlungen und Auseinandersetzungen, bis endlich alle Einwände und Zweifel beseitigt waren. Sehr spät kam die Hauptfrage, ob Ausführung der Arbeit durch private Initiative oder durch den Staat, zum endgiltigen Austrag. ¶
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Am bildete sich auf Grund eines am 12. März desselben Jahres gefassten Beschlusses des Bernischen Grossen Rates die Gesellschaft zur Korrektion der Juragewässer, die am den damaligen Oberingenieur des Kantons Graubünden, Richard La Nicca, mit dem Auftrag betraute, unter Berücksichtigung aller bereits vorhandenen Studien und Pläne ein Gesamtprojekt auszuarbeiten. Dieses am vorgelegte Projekt forderte 1. die Kanalisation der Aare zwischen Aarberg und dem Bielersee mit Durchschnitt durch den Hügel von Hagneck;
2. Kanalisation der vereinigten Aare-Zihl vom Ausfluss aus dem Bielersee über Nidau bis Büren;
3. den Bau von zwei Verbindungskanälen zwischen den drei Seen;
4. Entwässerung des Grossen Mooses vermittels zweier Einschnitte mit seitlichen Verzweigungen.
Diese Vorschläge wurden am im Prinzip genehmigt und, nach gründlicher Ueberprüfung durch eine Expertenkommission, am durch die allgemeine Versammlung der Aktionäre zur Ausführung bestimmt. Dieses grosse Werk erforderte aber noch viele Vorarbeiten, so dass die Jahre 1843-1848 mit Studien, Konzessionsbegehren, finanziellen und wirtschaftlichen Kombinationen ausgefüllt wurden. Unbedingt notwendig war es namentlich, dass alle am Werk interessierten Kantone einig seien und sich an dessen Ausführung beteiligten.
Ohne diese conditio sine qua non konnte man natürlich an einen Erfolg gar nicht denken. Die durch das politisch stürmische Jahr 1847 stark beeinträchtigten Vorarbeiten erhielten einen neuen Impuls, als die Bundesverfassung von 1848 in ihrem Artikel 21 dem Bund das Recht verlieh, gemeinnützige Werke sowohl selbst auszuführen als auch zu subventionieren. Nun machten aber wieder die Regierungen der Kantone Bern, Waadt und Freiburg Schwierigkeiten und wollten sich sogar von dem gemeinsamen Unternehmen überhaupt zurückziehen; dann drohte das Ganze neuerdings am Widerstand von Solothurn und den Anwohnern der untern Aare, an Schiffahrtsprojekten auf den Seen und an Intriguen aller Art zu scheitern, die ihren Grund in lokalen und persönlichen Sonderinteressen hatten.
Unterdessen hatte Bern auf eigene Faust mit Ausbaggerung der Zihl bei Brügg und Nidau begonnen. So zog sich die Angelegenheit in die Länge, bis eine im Juni 1856 eintretende grosse Ueberschwemmung von neuem zeigte, wie notwendig die endliche durchgreifende Korrektion sei. Die Bundesversammlung beschloss nun, den bereits erwähnten Artikel 21 der Verfassung auf das Projekt der Juragewässerkorrektion anzuwenden. Noch waren einige Meinungsverschiedenheiten der interessierten Kantone unter sich und zwischen ihnen und dem Bund beizulegen und ein inzwischen neu aufgetauchtes Projekt zu beseitigen, bis schliesslich das Projekt La Nicca, dem in Ingenieur Bridel ein sachkundiger Verteidiger erstanden war, aus allen Angriffen endgiltig siegreich hervorging. Am genehmigte die eidgenössische Bundesversammlung das Projekt La Nicca und zugleich eine Bundessubvention von 4670000 Franken.
Nun nochmals Bedenken und Verzögerungen und endlich am ein neuer Beschluss der Bundesversammlung, der die Ausführung des Projektes bestimmte und eine Subvention von 5 Millionen Franken dafür auswarf. Zugleich sollte jeder Kanton die auf seinem Boden vorzunehmenden Arbeiten von sich aus vergeben dürfen, allerdings unter Vorbehalt der Wahrung des Gesamtplanes und der Oberaufsicht des Bundes. Die Zustimmung der einzelnen Kantone liess nicht lange auf sich warten, so dass am die Arbeit bei Aarberg feierlich begonnen werden konnte. Im vorgesehenen Zeitraum von 10 Jahren, d. h. im Jahr 1878 durfte der erste Teil des ganzen Werkes, der Hagneckkanal, als vollendet gelten. Es folgten dann der Reihe nach der Bau des Kanals Nidau-Büren, der das Wasser der vereinigten Aare-Zihl in das korrigierte Aarebett bei Büren leitet, die Korrektion der Zihl zwischen Neuenburger- und Bielersee und die Korrektion der Broye zwischen Murten- und Neuenburgersee. Die Gesamtkosten von 14 Millionen Franken wurden durch die Beiträge der Kantone und des Bundes, durch den Mehrwert der trocken gelegten Grundstücke und durch den Verkauf desjenigen Landes gedeckt, das durch die Senkung des Wasserspiegels längs den See- und Flussufern neu gewonnen worden war. Die Oberleitung der Arbeiten lag in den Händen der Ingenieure La Nicca und Fraisse, die hiefür das Amt von eidgenössischen Inspektoren bekleideten.
Die Tiefe des Kanaleinschnittes durch die Molassehöhe zwischen dem Bielersee und dem Hagnecker Moos beträgt 34 m, seine Länge 900 m und sein Querschnitt 2100 m2. Der gesamte Kanal zwischen Aarberg und dem Bielersee ist 7300 m lang; er hat eine Sohlenbreite von 60 m und einen nassen Querschnitt von 332 m2, der eine Wasserführung von 1129 m3 in der Sekunde gestattet. Er gestattet ferner, ein Gefälle von 15 m für industrielle Zwecke auszunutzen (s. den Art. Hagneck).
Der 12 km lange Kanal Nidau-Büren misst im nassen Querschnitt 569 m2 und lässt in der Sekunde 810 m3 Wasser durch. Die wichtigste Arbeit des ganzen grossartigen Unternehmens bestand in der Regelung der Wasserführung dieser beiden Kanäle. Durch Schleusenwehre in Aarberg kann in das alte Aarebett stets genau das gewünschte Wasserquantum abgelassen werden, während der Ueberschuss durch den Hagneckkanal in den Bielersee geleitet wird und zugleich tausende von Pferdestärken an motorischer Kraft erzeugt, wovon heute bereits 5000 benutzt werden. In dem See lagert dann dieses Aarewasser seine ehemals so verderblichen Geschiebe- u. Schlammmassen unschädlich ab. Das Fassungsvermögen des Bieler- und Neuenburgersees gestattet ferner den Schleusenanlagen in Nidau, den regelmässigen Abfluss von 800 m3 Wasser in der Sekunde selbst dann aufrecht zu erhalten, wenn der Zufluss durch den Hagneckkanal 1000 und mehr m3 betragen sollte.
Die grossen Opfer, die Land und Volk für das Unternehmen gebracht, haben bereits die befriedigendsten Erfolge gezeitigt, die neben dem eigentlichen Seeland (d. h. dem Gebiet des Grossen Mooses) auch den gesamten Ufergegenden zu Gute gekommen sind. Die mächtigen Schwankungen im Wasserstand der Aare sind unschädlich gemacht und alle die Gefahren verschiedener Art beseitigt. Eine weitere Wohltat, die aus diesen neuen Verhältnissen sich ergeben hat, bildet das vom Werk Hagneck nach allen Seiten hin ausstrahlende elektrische Licht. Die Tieferlegung des Spiegels der Seen und der in sie mündenden Kanäle hat Entwässerungsarbeiten ermöglicht, durch die sehr grosse Strecken Landes der Kultur zurückgegeben worden sind, welche vorher unproduktiv und sogar während eines Teiles des Jahres überhaupt unzugänglich waren. Das erzielte Resultat ist derart befriedigend und der erreichte Erfolg wird sich stetsfort so steigern, dass auch die Mehrausgabe von fast 4 Millionen ¶