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und Aare mit ihren scharfen Serpentinen. Hier sind die Thäler schmal und schluchtartig, und steil fallen die Plateaux gegen diese Thäler ab. Für den Verkehr waren daher diese Thalstücke keineswegs günstig; erst die neueste Zeit hat diese Hindernisse durch grossartige Brückenbauten überwunden: Freiburg, Bern etc. Auf den Hochflächen stehen nur wenige hervorragende Berge, so z. B. der Mont Jorat (932 m), Mont Gibloux (1212 m), Gurten (861 m), weshalb man von diesen, aber auch von freiliegenden Punkten der Hochfläche eine prächtige Aussicht auf die Alpen geniesst.
In wirtschaftlicher Hinsicht ist hervorzuheben der grosse Reichtum der Hochfläche an Wäldern; besonders da, wo der Boden nur aus Sandstein besteht, ist fast immer Wald anzutreffen. Wo aber lehmige Glazialbildungen die Oberfläche bedecken, ist guter Ackerboden vorhanden. So erntet allein der Kanton Waadt in diesem Strich jährlich für 10-13 Millionen Fr. Getreide und für 6-6½ Millionen Fr. Kartoffeln. Weinbau ist allerdings in der Höhe ausgeschlossen. Am Fuss des Jura liegt hier auch die grösste Ebene des Mittellandes, das Grosse Moos (Fig. 9. - Siehe diesen Artikel).
C. Das Napfgebiet.
Zwischen Aare und Suhr liegt die grosse Nagelfluhmasse des Napf (1411 m). Hier ist im Gegensatz zum Rigi etc. der Streifen der aufgerichteten Molasse längs des Alpenrandes nur schmal, und die ganze Masse des Napf besteht aus ungestörten, d. h. fast horizontalen Nagelfluh-, Sandstein- und Mergelbänken. Deswegen hat sich hier ein ganz eigenartiger Landschaftstypus ausgebildet. Von dem zentralen Gipfel aus verlaufen nämlich die Thäler radial nach allen Richtungen hin. Im obern Teil sind es wilde und zum Teil senkrecht abbrechende Schluchten, Gräben genannt, die fast bis zum Austritt in die Ebene den Charakter enger Bergthäler bewahren. Jedes Thal verzweigt sich nach oben in zahlreiche «Gräben». Dadurch wird die ganze Bergmasse in schmale verzweigte Gräte, «Egg» genannt, zerschnitten.
Die «Egg» ist also ein seitlich von steilwandigen Gräben begrenztes, ziemlich schmales Plateau, das sich in der Längsrichtung langsam senkt; sie ist trocken und sonnig und trägt Wiesen und Aecker. Da gehen Getreide und Kartoffelbau bis zur Höhe von 1200 m. Die Thäler dagegen tragen Wald oder Wiesen und sind reich, ja überreich an Wasser und Wasserkraft. Diese eigentümliche Terrainform ruft auch einen Typus der Siedelungen hervor, der zum waadtländischen das Gegenstück bildet.
Dort geschlossene Dörfer und kleine Landstädtchen, hier dagegen zerstreute Siedelungen mit Einzelhöfen. Jeder Bauer wohnt eben mitten in seinem eigenen Lande, da er sonst bergauf und bergab viel zu viel Zeit und Arbeit verlieren würde. Sammelpunkte für die Ansiedelung schafft erst die Industrie in den grössern Thälern. Ein solches Gebiet wie das des Napf ist auch dem Verkehr feindlich. Keine grosse Heerstrasse schneidet es; alle umgehen es. Das gleiche ist mit den Eisenbahnen der Fall: das Napfgebiet bildet heute noch eine fast kreisförmige Fläche von 25-30 km Durchmesser, die von den Eisenbahnen nur am Rand berührt, nicht aber durchzogen wird.
D. Von der Suhr bis zur Glatt.
Dieser Teil des Mittellandes lehnt sich im S. an die Nagelfluhmassen des Rigi (1800 m) und Rossberg (1582 m) an. Nach N. werden die Berge rasch niedriger; der breite Rücken des Zugerberges hat noch rund 1000 m. Dann folgen parallel zu einander die breiten Höhenzüge von SSO. nach NNW., wie sie gerade für diesen Abschnitt des Mittellandes charakteristisch sind: oben mit breitem, flachem Rücken und nach unten mit konvexem Abhang, der also im tiefsten Teil die steilsten Böschungen zeigt. Dahin gehören der Stierenberg (874 m), Lindenberg (869 m), Albis (918 m), Zürichberg (Pfannenstiel 853 m). Dazwischen liegen breite Thäler, die meistens Seen aufweisen: Sempachersee und Suhr;
Baldegger-, Hallwilersee und Aa;
nördlicher Zugersee, Lorze und Reuss;
Greifensee und Glatt. Fast alle diese Seen zeigen an ihren Enden alte Stirnmoränen, durch welche manche ganz, andere wenigstens teilweise aufgestaut worden sind. ¶
Mittelland: Bevölkerungsdichtigkeit und Physikalische Karte.
Lf. 116.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 7° 0’ O; 47° 0’ N; 1:920000]
BEVÖLERKUNGSDICHTIGKEIT
Einwohner per Km2.
░ 1-23 Einw. | ░ 150-199 Einw. |
▒ 25-49 Einw. | ▒ 200-299 Einw. |
▒ 50-74 Einw. | ▒ 300-399 Einw. |
▓ 75-99 Einw. | ▓ 400-499 Einw. |
░ 100-149 Einw. | ▐ mehr als 500 Einw. |
. | |
o weniger als 2500 Einw. | ▭ 10000-25000 Einw. |
⊙ 2500-5000 Einw. | □ 25000-50000 Einw. |
▣ 5000-10000 Einw. | ▬ 50000-150000 Einw. |
PYSIKALICHE KARTE
Höhenstufen:
░ unter 400 m.
▒ 400-600 m.
▒ 600-1200 m.
▓ 1200-1800 m.
░ 1800-2400 m.
▓ über 2400 m.
Aequidistanz der Kurven = 200 m.
V. Attinger sc.
MITTELLAND: BEVÖLKERUNGSDICHTIGKEIT UND PHYSIKALISCHE KARTE ¶
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Eine Ausnahme in den Formen machen einzig der Albis und im Zusammenhang damit die beiden Thäler der Reppisch und Sihl. Ursprünglich war zwar auch der Albis ein gleicher breiter Rücken wie der Lindenberg etc. In der letzten Eiszeit aber wurde auf der einen Seite durch den Reussgletscher und dessen Moräne die Reppisch, auf der O.-Seite durch die Moräne des Linthgletschers ebenso die Sihl an den Abhang festgebannt. Die beiden Flüsse schnitten sich lebhaft ein und schärften durch ihre neuen Thäler den Albis zu einem scharfen Grat zu (Fig. 10). Grössere Ebenen sind hier noch seltener als im westl. Teil des Mittellandes; umso mehr fällt deswegen die Alluvialfläche des Baarbodens auf (Fig. 12).
E. Das ostschweizerische Molasseland.
Wie das vorige Gebiet an Rigi-Rossberg, so lehnt sich dieses an die hohe Kette von Molassebergen an, die sich vom Speer (1954 m) zum Kronberg (1666 m) und zum Gäbris (1250 m) hinziehen. Hier findet sich am Alpenrand das grösste aller schweizerischen Nagelfluhgebiete. Auch da liegen an den südlichsten Ketten die Nagelfluhbänke verkehrt, d. h. die ältern unter den jüngern, da die ganze grosse Synklinale nach N. überliegt. Es fallen somit die Schichten nach S., und es kehren alle Berge (Speer, Schänniserberg etc.), die steilen Felswände mit den abgebrochenen Schichtköpfen nach N. Weiter nordwärts folgen dann die zwei Antiklinalen, die äusserlich nicht mehr als Kämme hervortreten.
Dagegen bilden die nach S. ansteigenden Schichten nördl. von der 2. Antiklinale eine ganze Menge von Isoklinalkämmen, welche alle parallel zu einander verlaufen und dadurch grossen Gebieten eine ganz charakteristische Bodenform geben. Jede härtere Rippe bildet da einen schmalen Höhenzug, jede weichere Schicht ein Längsthälchen, z. B. Rüti (Kant. Zürich) bis Uznach, Kreuzegg (1317 m), im Toggenburg unterhalb Wattwil etc. (Fig. 13). Wenig weiter nach N., etwa vom Schnebelhorn (1295 m) an, liegen dann die Molasseschichten ungestört, fast wagrecht.
Für die Modellierung der Oberfläche waren hier zwei Faktoren massgebend: 1. das Streichen der Schichten nach ONO., am meisten in der südl., dislozierten Zone der Molasse, und 2. das allgemeine Fallen der ursprünglichen Oberfläche nach NNW. Durch den ersten Faktor entstanden die vielen kleinen Längsthäler zwischen den Isoklinalkämmen, durch den zweiten dagegen alle die grossen Querthäler, die das Gebiet zum Rhein entwässern. Solche sind: Glatt, Töss, Murg, obere Thur bis Wil, Necker, Urnäsch, Sitter etc. Anstatt radial von einem Punkt aus, wie im Napfgebiet, gingen also hier die Hauptthäler ungefähr parallel nach NNW., zwischen sich langgestreckte Höhenzüge lassend, wie z. B. Bachtel-Blauen (an der Tössmündung) oder Schnebelhorn-Irchel.
Diese Höhenrücken zeigen aber nicht die sanften breiten Formen wie der Zürichberg, sondern sie sind durch die Verzweigungen der Hauptflüsse besonders in den höhern Teilen sehr stark zerschnitten. Es finden sich im Zürcher Oberland, im Toggenburg und in Appenzell ganz ähnliche Schluchten (hier Tobel genannt) und ganz gleiche Vorsprünge (ebenfalls Egg genannt) wie am Napf. Auch hier ist eine solche Egg trocken, sonnig, Wiese oder Acker; die Tobel dagegen sind wasserreich, Wiese oder Wald. In viel höherem Grade als im Napfgebiet werden hier die zahlreichen Wasserkräfte zu industriellen Zwecken ausgenutzt. Auch das System der Besiedelung ist das gleiche: im Zürcher Oberland, im Toggenburg, in Appenzell ist der Einzelhof das vorherrschende und ursprüngliche. Nur an besonders begünstigten Punkten (Thalweitungen) bildeten sich früh kleine Dörfer, die dann erst durch die Industrie gross geworden sind.
Im nördl. Teil dieses Gebietes (etwa n. von Winterthur-Wil) verflacht sich alles: die Berge sind weniger hoch und von sanftern Formen, z. B. der Ottenberg. So erinnert der thurgauische Seerücken ganz an den Jorat, nur dass er weniger hoch ist, indem die breiten Strassenübergänge z. B. bei 576 m und 556 m liegen. Sowie man aus dem stark zerschnittenen südl. Teil in die flachem nördl. Gegenden kommt, wechselt auch das System der Siedelungen: im nördl. Kant. Zürich und im nördl. Thurgau findet man überall die geschlossenen Dörfer, während die ganze Feldflur von einem Dorf zum andern oft kein einziges Haus aufweist.
Klima.
Von den drei grossen Gebieten der Schweiz ist das Mittelland klimatisch am meisten begünstigt, weil ¶