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Fundament eines vermutlich dem Jupiter geweihten Tempels (dessen Grössenverhältnisse denjenigen des auf dem St. Bernhard gestandenen entsprechen) mit Stücken von Säulen, Kapitälen und Friesen, dann einen vor diesem Tempel gelegenen gepflasterten Platz mit dem Fundament eines Altars und endlich ö. vom Tempel eine insula von in verschiedene Gemächer eingeteilten Wohngebäuden, die sich um mehrere mit Säulengängen geschmückte Höfe gruppieren. Eine sehr grosse Zahl von Einzelfunden, die zum Teil von grossem künstlerischem Wert sind und aus Münzen, kleinen Bronzen und Eisenartikeln bestehen, wird jetzt im kantonalen Museum auf Valeria aufbewahrt.
Zu den in Martigny schon früher gefundenen fünf römischen Inschriften hat sich im Verlauf der neuern Ausgrabungen noch eine sechste gesellt. Die erste, die der Prior Murith zu Beginn des 19. Jahrhunderts an der Pfarrkirche eingemauert fand und die bei der Restauration der Kirche leider verschwunden ist, befand sich allem Anschein nach auf einem Fries und war dem Caesar Augustus geweiht. Die zweite besteht aus einer heute an der Aussenseite des Chores derselben Kirche befestigten Denksäule zu Ehren des Kaisers Constantius, des Sohnes von Constantin.
Die dritte befindet sich auf einem vollkommen gut erhaltenen Meilenstein, der im Keller des Hôtel de l'Aigle und zwar wahrscheinlich
noch an der ihr von Anfang an zugewiesenen Stelle steht. Da von Octodurum
als dem Kreuzungspunkt der
wichtigsten römischen Heerstrassen in diesem Teil von
Gallien
(Mons Jovis-Aventicum und
Mons Sempronius-Genfersee) die Meilenzählung
der
Römer begann, so bildet diese Säule den Ausgangspunkt dieser Berechnungen. Sie zeigt uns durch
ihre tiefe Lage in einem
Keller aber zugleich auch das Niveau an, in welchem damals die
Ebene von
Martigny lag, und lässt uns erkennen,
welch' grosse Schuttmassen seither von den häufigen Ueberschwemmungen der
Dranse hier abgelagert worden sind. Sie trägt
die Namen der Kaiser Maximianus und Constantius. Die vierte und fünfte Inschrift, von denen die eine auf dem 17. Meilenstein
von Octodurum
sich befindet, gelten dem Licinius, dem Sohn von Maximian. Die erst vor kurzem gefundene sechste endlich ist
der Göttin Salus geweiht und bestätigt uns, dass
Martigny zur Römerzeit neben Octodurum
auch den Namen Forum Claudii getragen
hat.
Auf die
Herrschaft der
Römer folgte die der Burgunder und die Gründung
der
Grafschaft Wallis.
Nach V. van Berchem
stützte sich die spätere weltliche Macht der
Bischöfe von
Sitten in erster Linie auf die bedeutende Schenkung, die der König
Rudolf III. des transjuranischen Burgund dem Bistum machte, als er ihm die
Grafschaft Wallis
zum Eigentum übergab. Während der
ganzen zweiten Hälfte des Mittelalters haben dann die ehemalige Bischofsstadt Octodurum
und die zu ihr
gehörigen Ländereien (d. h. die ganze ehemalige grosse Gemeinde
Martigny) eine mitten im Gebiete Savoyens gelegene bischöfliche
Herrschaft gebildet.
Bischöfe und
Grafen liessen sie gemeinsam durch
Burgherrn verwalten, die auf dem der Reihe nach vom
Grafen Peter
und den
Bischöfen
Pierre d'Oron und Jost von Silinen restaurierten
Schloss
La Bâtiaz sassen. Daneben residierte noch ein besonderer
bischöflicher
Statthalter oder Vitztum in
Martigny Bourg. Dieses Amt lag seit dem 12. Jahrhundert in den Händen der Edeln
von
Martigny, ging dann an die Edeln von Exchampéry und 1526 an das 1903 erloschene Geschlecht de
Montheys
über, das es bis zur Zeit der französischen Revolution ausübte. Das seit der Heirat einer Tochter von François Exchampéry
mit einem Glied der Familie Patricii aus Aosta vom Vidomnat abgelöste sog.
Lehen Patricii ging später an die de
Werra und
dann an die de
Courten über.
Martigny hatte vom Bischof von Sitten die gleichen Rechte und Freiheiten verbrieft erhalten, wie sie dem Ober Wallis zustanden. Nach der Eroberung des Unter Wallis 1475 wurden diese Rechte aber nicht mehr erneuert. Man darf in diesem Ereignis vielleicht einen Fingerzeig dafür erblicken, warum Martigny später in den bürgerlichen Kämpfen des Unter Wallis gegen die Ansprüche des Ober Walliser Patriziates und die bischöflichen Vorrechte eine so bedeutende Rolle gespielt hat.
Als nämlich 1831-1844 und dann wieder 1848 die Ober Walliser und der Bischof ihre frühere politische Macht über das Unter Wallis festzuhalten und selbst noch weiter auszudehnen suchten, ward Martigny zum Mittelpunkt des Aufstandes. 1831 erhob sich hier der erste Freiheitsbaum als Protest gegen ein von dem Ober Walliser Patriziat erlassenes Gesetz, nach welchem die Amtsdauer gewisser Beamter bis auf 12 Jahre verlängert werden dürfte. Die Streitigkeiten nahmen einen so ernsten Charakter an, dass der Vorort vermitteln musste. Ein neuer gefährlicher Aufruhr brach in Martigny am bei Anlass der geplanten Revision des Bundesvertrages aus.
Martigny Ville ist der Geburtsort des Juristen Étienne Cropt (1797-1894), der von 1825 bis zu seinem Tod als Professor an der kantonalen Rechtsschule gewirkt hat.
Bibliographie.
Emonet, J. Martigny et ses environs. Lausanne 1881;
Emonet, J. Martigny-Champex et environs;
guide. Genève 1903;
Wolf, F. O. Martinach und die Dransethäler. (Europ. Wanderbilder. 143-146).
Zürich
1888; Gay, Hilaire.
Les Sires de
Martigny
(in den Mélanges d'histoire valaisanne. 1891); Morand, Joseph. Fouilles romaines de
Martigny (im Monde moderne. Nr. 107,
Juli 1903). Vergl. ferner über die Ausgrabungen in
Martigny die Berichte von A. Naef im Anzeiger für
schweizer. Altertumskunde.
[L. Courthion.]