seinen Besitz durch verschiedene Vergabungen (besonders von Seiten der Grafen von Toggenburg) ziemlich rasch und gelangte damit
zu grossem Reichtum. Seinen Aebtissinnen stand bis 1798 das Patronat über die St. Verenakirche und die Ausübung der niedern
Gerichtsbarkeit über die Klostergüter (Wolfertswil, Mümertswil, Egg, Wolfersberg, Moos, Dieselbach, Alterswil und Bub)
zu. Auch nach dem Brand von 1385 hob sich das Kloster rasch wieder zu neuer Blüte. Heute zählt es 50 Nonnen, die sich mit
dem Sticken von Kirchenparamenten, Spitzen etc. beschäftigen und daneben den Mädchen des Dorfes unentgeltlichen Unterricht
in weiblichen Arbeiten erteilen.
Zum Kloster gehören heute noch verschiedene Werkstätten, eine Fabrik zum Imprägnieren von Telegraphenstangen
und gut unterhaltene grosse Waldungen. 1868 spendete das Kloster an die Gründung der Knabenerziehungsanstalt Thurhof bei
Oberbüren die schöne Summe von 40000 Franken. Von Altertümern ist leider nicht mehr viel erhalten geblieben, da besonders
die einstigen kostbaren Glasmalereien aus dem 14. und 15. Jahrhundert im Verlauf des Toggenburgerkrieges
entweder weggenommen oder zerstört worden sind.
Ein Kleinod schweizerischer Kunst ist das noch erhaltene Besuchs- oder sog. Bischofszimmer, das aus 1674 stammt, im reichsten
Renaissancestil gehalten ist und einen 1664 gebauten Fayenceofen enthält. Magdenau ist heute noch eines der reichsten Klöster
der Ostschweiz. Zur Zeit der Reformation wurde es mehrfach von Truppen besetzt und dann für eine ziemlich
lange Zeit ganz aufgehoben, bis ihm der Landfrieden von 1718 seine Wiederherstellung brachte. Seither hat es einer ununterbrochen
friedlichen Entwicklung sich zu erfreuen gehabt. 1244: Magginowe; später Maggenau.
(Kt. Aargau,
Bez. Rheinfelden).
Bach; bildet sich aus der bei Magden in 325 m erfolgenden Vereinigung des Buuserbaches
und Wintersingerbaches, fliesst gegen NW. und mündet nach 4 km langem Lauf bei Rheinfelden in 270 m von links in den Rhein.
oder Mase (Kt. Wallis,
Bez. Hérens).
1348 m. Gemeinde und Pfarrdorf, im Eringerthal (Val d'Hérens) am rechten Ufer
der Borgne;
19,2 km sö. vom Bahnhof Sitten.
Postablage. Der anbaufähige Teil der Gemeinde liegt auf einer gegen S. geneigten
Terrasse, die zu dem die Grenze gegen die Gemeinde Saint Martin bildenden Wildbach La Mennaz absteigt. Im N. wird die Gemeinde
von einem aus der Schlucht der Borgne bis zum Mont Nuoble hinaufreichenden Wald von der Gemeinde Vernamiège
geschieden.
Das Dorf besteht aus Holzhäusern. 76 Häuser, 359 kathol. Ew. Alpwirtschaft, Viehzucht.
Schöne Lärchenwaldungen.
Mage war im Mittelalter ein Leben der Herren von Im Thurn (La Tour), das 1352 vom Chorherrenstift der Kathedrale zu Sitten angekauft
und dann durch einen Chorherrn verwaltet wurde. 1100: Villa Magis;
(Kt. Wallis,
Bez. Brig und Visp).
2621 m. Verwitterter Felsgipfel, zwischen dem Bistenenpass und der Magenlücke und in der
das Gamserthal von der Simplonstrasse trennenden kurzen Kette. Westl. über dem alten Spital an der Simplonstrasse. Kann vom
jetzigen Hospiz aus in 2 Stunden bestiegen werden, wird aber nur selten besucht.
(Kt. Wallis,
Bez. Brig und Visp).
Etwa 2450 m. Passübergang, zwischen
dem Magenhorn und Galenhorn, in der das Gamserthal von
der Simplonstrasse trennenden Kette. Wird in Verbindung mit dem Weissengratpass als bequemer Uebergang von Saas Grund nach
dem Simplonhospiz benutzt (9 Stunden).
Bildet zusammen mit dem
Weissmeilen (2483 m) und Spitzmeilen (2505 m) eine kleine Gruppe von scharf profilierten Spitzen, die der Sardonagruppe nach
N. vorgelagert ist und der Grenzkette zwischen den Kantonen Glarus
und St. Gallen
angehört.
Vom Magereu strahlen das Mühlebachthal (Kt. Glarus),
das Murgthal
und Schilzbachthal (Kt. St. Gallen)
aus.
Dem Verrucanosockel sitzen nach oben Rötidolomit, Quartenschiefer und Lias
auf, die alle gegen N. einfallen und dem N.-Flügel der Glarner Doppelfalte angehören.
Dieses von Touristen schon längst
viel besuchte Gebiet wird seit einigen Jahren auch von Skifahrern oft aufgesucht, für welche der S. A. C. 1903 die neue
Spitzmeilenhütte erstellt hat.
(Ober) (Kt. Freiburg,
Bez. Sense,
Gem. Alterswil). 901 m. Gruppe von 3 Häusern, über dem linken Ufer der Sense, 3 km osö. Alterswil
und 13,5 km sö. vom Bahnhof Freiburg.
31 reform. ^[Supplement: kathol.] Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde ^[Supplement:
Pfarrei] Alterswil. Wiesenbau und Viehzucht. Heimat des einst mächtigen Edelgeschlechtes der Herren von Maggenberg, von deren
auf einem steil zur Sense abbrechenden Felssporn gestandenen Stammburg heute noch ein Turm und einige Mauerreste sich erhalten
haben.
Der erste bekannte Herr von Maggenberg, Mackenberg oder Montmacon erscheint 1182. 1242 war Heinrich von
Maggenberg Abt des Klosters Hauterive. Schultheissen der Stadt Freiburgwaren Ulrich (1270), Ritter Johann (1339 in der Schlacht
bei Laupen gefallen) und sein Sohn Johann von Maggenberg (1344). 1348 wurde dieses letztern Gemahlin, Mermette, von Otto
von Éverdes überfallen und beraubt, worauf die Freiburger und Berner im folgenden Jahr die Burg Éverdes
(oder Grüningen) mit Sturm nahmen und zerstörten. Burg Maggenberg war von den Bernern gleich nach der Schlacht bei Laupen 1340 in
Asche gelegt worden. Ein Heinrich von Maggenberg war 1370 Pfarrer zu Tafers. Nach dem Erlöschen des Geschlechtes kam
die Herrschaft Maggenberg durch Kauf an die Stadt Freiburg, die sie 1408 wieder an Richard von Umbertschwendi veräusserte,
der dann 1439 seinen ganzen Besitz an das Spital zu Freiburg
abtrat.
Viehzucht. Starke Auswanderung
nach Kalifornien. 10 Minuten südl. vom Dorf die Kirche Madonna delle Grazie, die aus dem Mittelalter
stammt und gut erhaltene Fresken aus 1528 enthält.
Nördl. vom Dorf ein prachtvoller Wasserfall.
Von Maggia aus führt der
Nimipass (2072 m) in 7 Stunden nach Brione im Verzascathal.
(Kt. Tessin,
Bez. Valle Maggia und Locarno).
Fluss und Thal, dieses deutsch auch Mainthal genannt. Die Maggia ist der
zweitgrösste Fluss des Kantons Tessin
(60 km lang). Ihr Gebiet umfasst beinahe den ganzen Innenraum des mächtigen Gebirgsbogens, der
im W. vom Thal der Tosa, im N. von demjenigen des Tessin
(Bedretto-Leventina-Riviera) und im S. von der Thallinie zwischen Bellinzona
und Domo d'Ossola (unteres Tessinthal-Val Centovalli-Val Vigezzo) eingeschlossen wird.
Nur das Val Verzasca im O. und einige kleine Thäler, die sich im SW. gegen Domo d'Ossola senken, sind der
Maggia nicht tributpflichtig. Dort im SW. greift ihr Gebiet auf italienischen Boden über, wie Italien auch zu oberst im
Val Onsernone noch etwas Anteil am Gebiet der Maggia hat. Sie entspringt auf der NO.-Seite des Cristallina,
des bedeutendsten Gipfels in der S.-Wand des Val Bedretto. Die ersten kleinen Wasseradern sammeln sich im Lago di Naret (2240
m), der somit als Quellsee der Maggia gelten kann. In raschem Lauf und mit manchen schönen Kaskaden durcheilt sie als Lavizzara
ihre obersten Thalstufen bis Bignasco (435 m). Hier nimmt sie den Namen Maggia an und wird durch ihren
ersten grösseren Zufluss, die Bavona, die ihr die Gewässer aus dem Eisrevier des Basodino zufuhrt, verstärkt, nachdem sie
schon vorher zwei kleinere Nebenadern, die eine aus dem Val Peccia von rechts und die andere aus
dem Val Prato
und aus dem Gebiet des Campo Tencio von links, erhalten hat. Als schon stattlicher, leider oft auch sehr stürmisch und verheerend
auftretender Fluss durchmisst sie nun die eigentliche Valle Maggia von Bignasco bis zum Ponte Brolla und nimmt unterwegs bei
Cevio die vereinigten Gewässer aus dem Val di Campo und Val di Bosco auf.
Durch eine enge und tiefe Felskluft tritt sie unterhalb dem Ponte Brolla in ihr ausgedehntes Mündungsdelta ein, das sie im
Verein mit den Gewässern aus dem Centovalli und den Onsernonethälern angeschwemmt hat. Dieses Delta ragt in weitem Bogen
in den Lago Maggiore hinein und droht, dessen oberstes Stück, an dem Locarno liegt, vom Hauptteil des
Sees abzuschneiden. Es ist eines der grössten der Schweiz und reicht von Locarno und Ascona bis gegen Intragna hinauf. Früher
teilte sich hier die Maggia in zwei Hauptarme, während sie jetzt auf eine Länge von 3 km kanalisiert
ist und ihre geschiebereichen Fluten zwischen zwei mächtigen, 150 m voneinander abstehenden Dämmen dem See zuführt, so
dass Locarno und Ascona nicht mehr weiter gefährdet sind.
Die Kosten dieser Korrektionsarbeiten haben sich auf eine Summe von mehr als eine Million Franken belaufen. Ein Blick auf
die Karte zeigt, dass das Flussgebiet der Maggia sehr einseitig entwickelt ist. Die Wasserscheide gegen
den Tessin
und die Verzasca liegt dem Flusslauf der Maggia viel näher als diejenige gegen die Tosa. Dementsprechend erhält sie
alle ihre grösseren Zuflüsse von rechts: die Peccia, Bavona, Rovana (aus dem Val di Campo und Bosco) und Melezza mit
der Onsernone (oder dem Isorno). Die Bäche von links sind alle nur kurz. Doch mögen die aus dem Val di Prato, dem Val Giumaglio
und Val Salto wegen ihrer baumförmigen Verzweigung nach oben genannt werden. Alle diese Bäche münden durch enge Felsschluchten
und meist mit malerischen Wasserfällen in das Hauptthal ein. Sie führen aber auch der
mehr
Maggia grosse Schuttmassen zu, am meisten wohl die Rovana, die aus einem schlimmen Abrutschungsgebiet kommt. Man berechnet
die von der Maggia in den See hinausgeführten Geschiebemassen auf 200000 m3 per Jahr (zum Vergleich: die der Reuss in den
Vierwaldstättersee auf 150000 m3 und die der Linth in den Walensee auf 60000 m3 per Jahr).
Dennoch ist die Maggia kein trüber Fluss, denn was sie an Sinkstoffen mit sich führt und bald da bald dort in ihrem eigenen
Bett und draussen im Delta und im See ablagert, ist gröberer und feinerer Gesteinsschutt, aber kein Schlamm. Die Gebirge ihres
Gebietes bestehen am Gneis und Glimmerschiefer, die wohl leicht verwittern und in Splitter zerfallen,
sich aber nicht wie die Tonschiefer anderer Gegenden in einen schwarzen, breiigen Schlamm auflösen. Daher sind die Gewässer
des Tessin
und speziell auch die Maggia samt allen ihren Zuflüssen von wunderbarer Klarheit, so dass man auch an 2-3
m tiefen Stellen jedes Steinchen auf dem Boden erkennen kann.
Hier gilt das Wort Rückert's nicht: «Der Fluss bleibt trüb, der nicht durch
einen See gegangen». Wer etwa aus dem Gebiet des Bündnerschiefers mit seinen schlammig-trüben Gewässern nach dem
Gneisgebiet des Tessin
kommt, ist erstaunt über die vollkommene Klarheit und Durchsichtigkeit der hierortigen
Gewässer, auch an Stellen, wo sie in mäandrisch gewundenem und vielarmig geteiltem Lauf über breite Schuttablagerungen dahinfliessen,
wie dies die Maggia auf der etwa 14 km langen Strecke von Avegno (dem untersten Dorf der Valle Maggia) bis Riveo tut.
Mit dieser ungetrübten Klarheit verbindet sich eine Färbung der Gewässer, wie man sie in der Schweiz
sonst nirgends findet, ein tiefes Smaragdgrün, wo sie ruhiger dahin fliessen, ein schneereines Weiss, wo sie schäumende
Stromschnellen und Wasserfälle bilden. Und wenn die südliche, italienische Sonne mit ihrem «lume acuto» da hineinleuchtet,
dann entstehen Farbeneffekte von einer Mannigfaltigkeit und einem Zauber wie sie kein Maler wiederzugeben
vermag und die man für unmöglich hält, so lange man sie nicht gesehen hat, z. B. am Ponte Brolla und bei Bignasco, aber
auch sonst an zahlreichen Stellen.
Und erst die Wasserfälle! Daran ist die Valle Maggia geradezu unerschöpflich. Von allen Seiten schäumen und wallen und
brausen und donnern sie herunter. Die
meisten sind unbenannt und in der übrigen Welt unbekannt. Und doch übertreffen sie
an Wasserfülle und Gestaltenreichtum und oft auch an malerischer Umgebung manche der berühmtesten Fälle in anderen Teilen
der Alpen. Die Maggia selber bietet in den Uebergangsschluchten von einer Thalstufe in die andere, also
bei und hinter Bignasco und Peccia und oben an den kleinern Stufen vor und hinter Fusio, herrliche Beispiele.
Dazu gesellen sich die Kaskaden fast aller ihrer Seitenbäche, die meist aus enger Kluft, manchmal auch über eine hohe Felswand
ins Hauptthal herunter stürzen, wie z. B. bei Gordevio, Aurigeno, Maggia, Lodano, Giumaglio, Riveo (Val Soladino),
Boschetto, Cevio, aus Val Serenello und Val Cocco zwischen Bignasco und Broglio, vom Campolungo bei Fusio etc., alle die vielen Fälle
weiter hinten in den Seitenthälern (Centovalli und Onsernone, Campo und Bosco, Bavona und Calneggia, Peccia und die kleinen Seitenthäler
von Lavizzara) nicht gerechnet.
Die überraschende Wasserfülle all' dieser Bäche - trotz der nur geringen Gletscherentwicklung - erklärt
sich aus dem Regenreichtum und dem gewaltigen Schneefall der Tessiner Alpen und speziell des Maggiagebietes, der in der Schweiz
nirgends grösser ist als hier. Durch ihre oft plötzlich und mit grosser Wucht eintretenden Hochwasser wird die im
Durchschnitt etwa 60 m3 Wasser in der Sekunde führende Maggia vielfach zu einem recht gefährlichen Wildbach.
Sie wird an mehreren Punkten von schönen Eisen- oder Steinbrücken überschritten. Der Fluss war früher sehr fischreich;
es hat aber der Ertrag der vom Staate nur ungenügend überwachten Fischerei infolge der Verwendung von verbotenen
Fangmethoden und -geräten beträchtlich abgenommen.
Das Thal der Maggia, Val oder Valle Maggia genannt, mündet nw. von Locarno auf den Langensee aus. Es wird von seinen Nachbarthälern
- Val Bedretto im N., Leventina und Verzascathal im O., Val Onsernone im S. und Formazzathal im W. - durch hohe Bergketten geschieden,
als deren bedeutendste Gipfelpunkte wir den Basodino (3276 m), Cavagnoli (2864 m) und Campo Tencia (3075 m) nennen. Diese Ketten
erreichen zwar nur selten eine Gipfelhöhe von 3000 m, weisen aber trotzdem Hochalpencharakter auf. Der Höhenunterschied
zwischen der Thalsohle und der Kammlinie übersteigt oft 2000 m! Die
mehr
Seitenthäler des Val Maggia sind meist recht steil geböscht und können auf eine Länge von blos 3-4 km um 1500 bis 2000 m
ansteigen. Von Pässen führen aus dem Maggiathal und seinen Seitenfurchen der Passo di Sassello (2346 m) und Passo di Naret
(2443 m) von Fusio nach dem Bedrettothal und Airolo, die Bocchetta di Val Maggia (2659 m) von Bavona zu den
Tosafällen und die Hintere Furka (2422 m) von Bosco nach dem Formazzathal.
Werfen wir noch einen Blick auf die einzelnen Thalstufen der Valle Maggia. Das Val Lavizzara, von Bignasco aufwärts, ist ein
typisches Stufenthal mit mehrfachem Wechsel von Engen und Erweiterungen, d. h. von steilem Thalstufen,
über die der Bach in Stromschnellen und Wasserfällen sich durcharbeitet, und von flacheren Thalböden mit ruhiger dahinfliessendem
Bach. Abgesehen von kleineren Stufen kann man hier drei Hauptstücke unterscheiden, die nach den darin gelegenen Ortschaften
Sambucco (1360 m; nur ein Sommerdörfchen), Fusio (1280 m) und Broglio (710 m) benannt werden.
Die Länge aller drei Stufen zusammen vom Lago di Naret (2240 m) bis Bignasco (440 m) beträgt 25 km, das Gefälle im Mittel
7,2% (bis Peccia 9% und von da abwärts 4%). Die eigentliche Valle Maggia dagegen, von Bignasco abwärts, ist von
ausgesprochen fjordartigem Typus, wie dies bei den grössern Thälern auf der S.-Seite der Alpen öfter der Fall ist, z. B.
auch beim Val Verzasca, bei den Thälern des Tessin
und der Tosa, beim Veltlin etc. Bei diesen Fjordthälern ist der Thalboden breit
und flach und steigt nur langsam aber stetig an, so hier vom Ponte Brolla (250 m) bis Bignasco auf eine
Länge von 22 km um nicht einmal ganz 200 m oder nur 0,8%. Dazu münden diese Thäler oft in einen schmalen, langgestreckten
See, der in frühern Zeiten meist weiter hinauf reichte und den einstigen wirklichen Fjord noch andeutet.
Diese Seen sind stets sehr tief: so reicht der Langensee bei einer Tiefe von 375 m mit seinem Grund weit
unter den Meeresspiegel. Die Bergwände dieser fjordartigen Thäler steigen schroff und ungewöhnlich steil, manchmal mehrere
hundert Meter hoch fast senkrecht an und sind bald kahle Felsmauern, bald mehr oder weniger bewaldet.
Erst in grösserer Höhe wird die Neigung der Bergseiten weniger steil, und dort breiten sich dann Hoch- oder Buschwälder
und Alpweiden aus.
Von hoher Terrasse grüsst da und dort eine kleine Häusergruppe oder eine weisse Kapelle herunter, und von fernher winkt,
etwa durch die Oeffnung eines Seitenthales, eine breite Felspyramide oder ein schimmerndes Schneefeld.
Unten auf der Thalsohle des Val Maggia breiten sich nicht weniger als 16 Dörfer aus, oft in Kastanienhainen versteckt und
meist an die eine oder andere Bergwand gelehnt. Die obere Thalstufe, Lavizzara im weitern Sinn, hat nur noch ein halbes Dutzend
ganz kleiner, ja zum Teil fast ausgestorbener, d. h. heute verlassener Dörfchen. Die vorherrschenden
der die Berge des Maggiagebietes aufbauenden Gesteine sind Gneis und Glimmerschiefer. Viele Funde von interessanten Mineralien
(besonders zwischen Bavona und Lavizzara): Bergkrystalle, Granate, Turmaline, Chlorite etc. Im Val Lavizzara früher Abbau von
Talkschiefern (Lavez- oder Ofensteinen).
Wie alle gegen Italien geneigten Thäler der Alpen, zeigt auch die Valle Maggia eine sehr
reiche und durch
die Mischung südlicher und alpiner Typen höchst anziehende Flora. Beim Ponte Brolla findet man noch manche echt mediterrane
Arten, wie Cistus salvifolius, Serapias longipetala, Ophioglossum vulgatum, Osmunda regalis und andere. Weinberge gehen bis
Cavergno bei Bignasco, einzelne Weinstöcke bis Broglio und ins Val Bavona. Kastanienwälder wagen sich einerseits
bis nach Peccia, andererseits bis San Carlo (im Val Bavona) hinein und erreichen dort ihre obere Grenze bei 900 m, hier bei 960 m.
Weiter thalabwärts finden sie sich überall an den untern Abhängen und bei den Dörfern, die oft nahezu
ganz darin versteckt sind.
Der Baum scheint hier so recht daheim zu sein, und man findet viele Prachtexemplare mit weitausgreifenden knorrigen Aesten
und mächtigen Stämmen von 4-5 m Durchmesser, oft auf und zwischen grünüberwachsenen Steinblöcken. Dazwischen finden
sich da und dort einzelne stattliche Eschen, häufiger aber Birken, besonders auf Geröllhalden in Nordexposition,
z. B. auf der rechten Seite des untern Val di Campo. Den Boden des Kastanienwaldes schmücken eine Menge schöner Sträucher
und Kräuter, darunter natürlich manche dem Nordländer neue, so eine rosenrote Nelke (Dianthus Seguierii), der gelbe Besenstrauch
(Sarothamnus), Cytisus nigricans (bis ob Peccia 850 m), Galium pedemontanum,Molospermum cicutarium, zahlreiche
Brombeer- und Waldrebengesträuche, aber auch dann und wann Alpenrosen und Steinbreche, selbst bis in die Gegend von Locarno
hinunter. An Kulturpflanzen stehen neben dem Weinstock obenan Mais und Maulbeerbaum, ersterer in grössern Pflanzungen und
oft zwischen und unter den Reben und selber wieder untermischt mit Flachs und Bohnen.
Die Maulbeere geht bis Broglio. Dazu kommen Feigen (bis Cavergno, verwildert noch höher), Granaten, Pfirsiche und andere südliche
Früchte. Steigt man höher hinauf ins Val Lavizzara, so trifft man mit dem rauher werdenden Klima allmählig auf nordischere
Formen. Oberhalb Peccia wird der Kastanienwald abgelöst durch ein lichtes Gehölz einer eigentümlichen
Erlenart (Alnus incana var. sericea). Dann folgen, etwa von Fusio an aufwärts, in einzelnen Exemplaren schon vorher, Lärchen
und Buchen, der Baum des kontinentalen Ostens und derjenige des ozeanischen Westens in traulichem Verein als ein Beweis einerseits
für die kräftige Insolation, andererseits für die reichlichen Niederschläge, wie man dies ausser
in den obersten Tessinthälern nur noch im vordern Prätigau und im Rhonethal zwischen Martinach und Saint Maurice findet. Damit
ist man in die subalpine Region eingetreten.
Es zeigen sich verschiedene schöne Rosen, darunter Rosa pomifera in mehreren Varietäten so reichlich, dass deren getrocknete
Früchte den Schweinen gefüttert werden; dann manche Vertreter der Zentralalpen, wie Laserpitium hirsutum,Phyteuma Scheuchzeri, Erysimum helveticum, Primula viscosa, Astrantia minor, Galeopsis ladanum subsp. intermedia, Bupleurumstellatum, weiter oben bei Fusio der Germer (Veratrum), Cirsium heterophyllum, Paradisia liliastrum, Lilium martagon, Centaureajacea var. alpestris, Imperatoria obstruthium, Laserpitium latifolium, Allosurus crispus, Woodsia silvensis und viele andere
neben einigen südlichen Typen: Rosa Franzonii, Chaerophyllum lucidum, Asplenum
mehr
Breynii, Achillea tanacetifolia; an Kulturgewächsen noch Roggen, Kartoffeln, Flachs, verschiedene Gemüse, auch der Kirschbaum
bis Fusio und der Nussbaum bis San Carlo im Val Bavona. Mit der Klamm hinter Fusio beginnt die alpine Region mit Achillea moschata,A. atrata und A. nana, Astragalus depressus, Centaurea nervosa, Dianthus carthusianorumvar. atrorubens,
aber auch mit Galium rubrum aus der Hügelregion (mit teilweise weissen, statt roten Blüten), Phyleuma hemisphaericum, Pedicularistuberosa, Leontopodium alpinum und Aster alpinus, Saxifraga oppositifolia, Gentiana vulgaris, Anemone sulfurea und A. vernalis,
mehrere Hauswurzarten (Sempervivum) und Alpenrosen in Menge.
Nur spärlich treten noch einige kräftige Lärchen auf, dann als Zeichen der Gotthardnähe auch einige
Rottannen, schwache Reste des einst ausgebreiteteren Waldes. Noch sieht man unter der Alp Campo la Torba (Torffeld) die Ruinen
der Serra, einer aus Stein und Holz gebauten Schleuse zum Stauen des Baches, die dazu diente, die schonungslos gefällten Stämme
thalabwärts zu flössen, bis alles kahl geschlagen war. Die Folgen blieben nicht aus. Die Abhänge wurden
durch die Regengüsse ihrer lockern Erdschicht beraubt, die untern Thalsohlen, besonders von Bignasco abwärts, von furchtbaren
Ueberschwemmungen verheert und mit endlosen Sand- und Geschiebemassen bedeckt, denen jede Vegetation fehlt. An Stelle eines
einst fruchtbaren und angebauten Thalgeländes ist eine förmliche Wüste, die ausgedehnteste Schuttbildung
der Schweiz, entstanden. Es hat vielleicht kein anderes Thal der Schweiz soviel unter den Verheerungen seines Flusses gelitten,
wie gerade das Maggiathal.
Jedes Gewitter bringt gefährliche Hochwasser, von denen die der Jahre 1509, 1786, 1834, 1868 und 1900 besonders verderblich
gewesen sind. In neuester Zeit suchen Bund und Kanton den Schaden durch Aufforstung und Wasser- und Lawinenverbauung
soweit wie möglich wieder gut zu machen, aber die Erfolge stehen in keinem Verhältnis zu den Anstrengungen und Kosten.
Eine allmählige Landanschwemmung durch schlammreiches Wasser wie im Gebiet des Rhein ist hier bei der Klarheit und Reinheit
der Maggia nicht oder nur in sehr geringem Masse möglich.
Ueber die Fauna des Thalsystemes der Maggia sind bis jetzt noch keine systematischen Untersuchungen bekannt geworden. Grössere
Raubtiere wie Wolf und Bär sind heute völlig verschwunden, und auch das übrige jagdbare Wild hat in den letzten Jahren
an Zahl abgenommen. Immerhin finden sich noch Rebhühner, Auerwild, Hasen und Murmeltiere (besonders in den
Thälern von Campo, Bavona, Peccia und Lavizzara). Auf den 105 Alpweiden des Maggiathales sömmern im Ganzen 3910 Stück Rindvieh, 9060 Ziegen, 2150 Schafe
und 573 Schweine. Der Ertrag der Alpwirtschaft beläuft sich pro Jahr durchschnittlich auf 1140 Zentner Käse und 210 Zentner
Butter im Gesamtwert von rund 193700 Franken.
Die Bevölkerungszahl der Valle Maggia ist eine geringe und beträgt für das ganze grosse Thal samt den Seitenthälern (ohne
Centovalli-Onsernone, das zum Bezirk Locarno gehört) nur 5200 Seelen. Diese verteilen sich auf 22 Gemeinden, wovon 12 in der
eigentlichen Valle Maggia (bis Bignasco-Cavergno), 6 im Val Lavizzara-Broglio
und 4 im Val di Campo-Bosco liegen.
Die Zahl der Dörfer und Weiler ist aber grösser, weil oft ihrer mehrere zu einer Gemeinde gehören, so Cimalmotto, Piano und
Niva zu Campo, Piano, Chiosso, Pieggi, Boschetto und Visletto zu Cevio, Riveo zu Someo etc. Die obersten ständig
bewohnten Dörfer sind Fusio (1280 m) im Hauptthal, dann Cimalmotto (1400 m) und Bosco (1500 m) im Val die Campo-Bosco.
Auffallenderweise ist das tiefeingeschnittene Val Bavona schwächer bevölkert als die übrigen Thäler ähnlicher Grösse
des Maggiagebietes. Es enthält nur kleine Weiler, die zu Cavergno gehören. (S. den Art. Bavona, Val). Ein
Gang durch das Hauptthal erweckt den Eindruck, als wäre es dicht bevölkert; bis Bignasco hinauf kann dies wohl auch gelten,
weil da in einem langen schmalen Streifen wirklich Dorf an Dorf, Weiler an Weiler sich reiht. Hier berechnet sich die Volksdichte
auf etwa 150 Ew. per km2, während sie für den ganzen Bezirk Valle Maggia nur etwa 10 Ew. per km2
beträgt.
Natürlich leben die Leute hauptsächlich von Viehzucht und Landbau. Auch der Fischfang wird ziemlich eifrig betrieben, hat
aber allmählig an Einträglichkeit verloren. Zwei Fischanstalten (in Bignasco und Prato) sollen dem Abgang wieder aufhelfen.
Mehr noch als die übrigen Tessiner wandern die Bewohner der Valle Maggia aus und scheuen dabei keine Entfernung.
Sie gehen bis nach Kalifornien und Australien. Viele bleiben für immer fern - die Einwohnerzahl hat sich seit 1880 um fast 1200 Seelen
vermindert -, andere kehren nach Jahren als vermögliche Leute zurück.
Man findet ihre hübschen Häuser, hie und da eigentliche Villen, fast in jedem Dorf. Auch sonst sind die
Dörfer schmuck und echt italienisch in Bauart und Farbe, die Häuser oft mit Skulpturen und bunter Bemalung geschmückt und
meist einen säulengetragenen Cortile (Hof) umschliessend, die Kirchen reich ausgestattet und meist mit freistehendem,
schlankem Campanile. Doch trifft man überall auch manche zerfallenen und verlassenen Hütten und die im Süden herrschende
malerische Regellosigkeit. Natürlich sind alle diese Dörfer nur klein. Der Bezirkshauptort Cevio hat mit allen seinen Fraktionen
kaum 400 Ew., Cavergno 388, Someo 368, Maggia 340, Avegno 322; alle andern Gemeinden bleiben unter 300,
zum Teil unter 200 Ew. zurück. Als Sommerstation erfreut sich Bignasco mit seinem «Hôtel du Glacier» eines guten Rufs. Sonst
aber ist der Fremdenverkehr noch gering, obwohl eine gute Strasse das ganze Thal bis nach Fusio hinauf durchzieht.
Neben den Uferschutzbauten an der Maggia bei Cevio und Moghegno sind als bedeutendste Arbeiten dieser Art
die Verbauungen von 1,2 km oberhalb bis 2,3 km unterhalb der Brücke von Ascona zu nennen. Diese sollen die Stadt Locarno vor
den Ausbrüchen des Flusses schützen, das Delta von der Brücke bis zum See dem Anbau erschliessen und diesen ganzen wichtigen
Landstrich überhaupt sichern. An das 50 m breite, gepflasterte Flussbett schliessen sich jederseits
noch eine je ebenfalls 50 m breite Abböschung und endlich mächtige Längsdämme, die auch beim höchsten Wasserstand nicht
überflutet werden können. Das berechnete Maximum des in der Sekunde durchgehenden Wassers beträgt 1718 m3; davon
mehr
vermag das gepflasterte innere Flussbett für sich allein 680 m3 zu fassen. Die Arbeiten sind jetzt nahezu vollendet,
es wäre aber zu wünschen, dass sie nach oben bis zur Einmündung der Melezza fortgeführt würden.
Bibliographie.
Franscini, Stefano. La Svizzera italiana. 2 vol. Lugano 1837 und 1840; Franscini, Stephan. DerKanton Tessin.
(Gemäldeder Schweiz. 18). St. Gallen
und Bern
1835; Lavizzari, Luigi. Escursioni nel Cantone Ticino. Lugano 1859; Hardmeyer, J. Locarno und seine Thäler.
(Europ. Wanderbilder. 89-91). Zürich
1885; Rolle, Fr. Das südwestl.Graubündenund nordöstl.Tessin.
(Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. 23).
Bern
1881; Rütimeyer, L. Die Tessiner Alpen. (Itinerarium für den S. A. C. 1873). Basel
1873; Bernoulli, W. Streifzügeim Gotthard-, Adula- und Tessingebiet. (Jahrbuch des S. A. C. VII). Bern
1870.
(BocchettadiVal) oder Passo Fiorina (Kt. Tessin,
Bez. Valle Maggia).
2654 m. Passübergang, zwischen dem Kastelhorn im
S. und der Fiorina im N.; führt vom Griesthal (der obersten Stufe des italienischen Formazzathales) ins Val Bavona und nach
Bignasco.
Uebergang sehr mühsam aber nicht gefährlich.
Bignasco-Alpe di Robiei-Passhöhe 8½, Abstieg zum Gasthof an den Tosafällen 2 Stunden.
Schöne Aussicht auf das Maggiathal und die Gruppe des Ofenhorns.