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auf Felsen ruht, bildet Krienbachgeschiebe den Untergrund des Stadtteiles zur Linken des Flusses. Die Geschiebeablagerung des Krienbaches im Verlauf der Jahrhunderte war nach Dr. Kaufmann derart, dass der Schuttkegel den Ausfluss des Luzernersees um 2,5-3,0 m aufgestaut hat. Aus diesem Grund kommen die Bauten auf der Kleinstadtseite auf fest eingerammte Pfähle zu stehen. So verschlang z. B. das Fundament der Jesuitenkirche (1667/68) die schöne Summe von 9000 Gulden, «weilen es in einer sünffte dauerhaft zu legen kostbar gewesen.» Der Bahnhof ruht auf einem Rost von 3700 Pfählen. Dieser Unterschied im Baugrund machte sich bei den im Lauf der Jahrhunderte eingetretenen Erdbeben für die Kleinstadt oft unangenehm fühlbar.
Weitaus die meisten Privathäuser waren bis zum Ende des 15. Jahrhunderts aus Holz gebaut und oben mit zahlreichen Storchennestern versehen, weshalb Luzern noch 1499 spottweise das «hölzerne Storchennestlin» hiess. Zahlreiche grosse Feuersbrünste, so der die Grossstadt in Asche legende Brand von 1340, gaben Veranlassung zu scharfen Feuervorschriften. Das erste steinerne Privathaus erstund 1385 an der Weggisgasse. Das Material zu den Steinbauten lieferten meist die «oberkeitlichen» Steinbrüche im Bruch und Wey zu Luzern und der wetterharte Baustoff vom Hertenstein (Hofkirche, Rathaus etc.).
Der erste Vorstoss auf dem Gebiet der baulichen Erstwickelung blieb erst dem 19. Jahrhundert vorbehalten. Dem Geiste der Neuzeit fielen der Reihe nach zum Opfer das Sentitor 1833, das Hoftor 1836, das äussere Weggistor, das obere Tor und der Kesselturm 1860, der Schwarzturm, Haberturm und das Baslertor 1862, das Bruchtor, der Graggen- und Bürgerturm 1864. Zwischen 1833 und 1870 wurde der bis zur Seebrücke reichende Jesuitenquai angelegt. 1836-1852 verschwand dann die Hofbrücke stückweise; an ihren Platz rückte der jetzt viel genannte Schweizerhofquai, dem 1871 noch der Nationalquai angeschlossen wurde.
Der Hirschengraben war zwischen 1853 und 1860 und der Rest des Grendelkanals 1835 überwölbt worden. Nach Einführung der städtischen Wasserversorgung endlich (1876) dehnte sich die Bautätigkeit schnell auf die umliegenden aussichtsreichen Hügel Musegg, Hitzlisberg, Wesemlin etc. aus. Es entstanden neue Quartiere mit breiten Strassenzügen und modernen Häusergevierten, worunter sich eine stattliche Auslese von Stilarten aber auch langweilige Mietskasernen finden.
Wie sich das alte Luzern im Geiste seiner Zeit mit Mauern und Türmen bewehrte und gegen das Fremde abschloss, so öffnet jetzt das neue Luzern - unter veränderten Rechts- und Verkehrsverhältnissen - den Fremden Tür und Tor. Es arbeitet rastlos weiter an seiner Ausschmückung, unterstützt durch hochentwickelte Gärtnerkünste und durch die unter dem Einfluss der Kunstgewerbeschule aufblühende Bildhauerei und Kunstschlosserei. Es sind prächtige Villenquartiere mit zum Teil bemerkenswerten Bauten (Haldenstrasse Obergrund etc.) im Entstehen begriffen.
Die grössern Kirchen, das Rathaus, der Weinmarktbrunnen und viele Privatbauten sind gediegenen Renovationen unterzogen worden. Das reizende Landschaftsbild trägt das seinige dazu bei, die Stadt bei Einheimischen und Fremden in angenehmer, traulicher Wohnlichkeit erscheinen zu lassen. Von den Bollwerken des alten Luzern haben sich als würdige und malerische Ueberreste erhalten die neuntürmige Museggmauer, der Bagharzturm an der Seebrücke und das gewaltige, altersgraue Oktogon des Wasserturms im Reussfluss. Dieser wurde im 13. Jahrhundert gebaut, misst 39 m im Umfang und 20 m in der Höhe. Er diente früher als Gefängnis und Schatzkammer, jetzt wird dort ein Teil des städtischen Archives und das Wertschriftendepot plaziert.
Unter den Kirchen nennen wir an erster Stelle die Stiftskirche im Hof. Sie wurde nach dem Brand vom unter Leitung des Jesuitenbruders Jakob Khurer aus Ingolstadt in den Jahren 1633-35 neu erstellt. Die zwei 75 m hohen gothischen Türme blieben erhalten. Der Bau ist beachtenswert für die deutsche Renaissance da er in die Zeit des 30 jährigen Krieges fällt, während welcher in deutschen Landen die Kunst darnieder lag. Den Choraltar, in schwarzem Marmor mit Alabasterdekorationen und einem Gemälde von Lanfranco, schenkte der päpstliche Geschäftsträger Ranutius Scotti.
Das Chorgestühl ist reich in Gestalten und Plastik. Die Kirche schmücken ein aus Stabeisen kunstvoll geschmiedetes Chorgitter von über 8 m Breite, ein reich durchbrochenes, vergoldetes Taufsteingitter, zwei vortreffliche Renaissancereliefs («Pieta» und «Mariä End») und andere schöne Skulpturen und Kunstwerke. Die 1650 durch Johann Geissler erstellte und wiederholt verbesserte Orgel zählt heute 95 Register und 4950 Pfeifen. Auf drei Seiten ist die Kirche von toskanischen Säulenhallen umgeben, unter denen zu Füssen der altehrwürdigen Hofkirche die alten Bürgergeschlechter den letzten Schlaf schlummern und wo manch' kurzes Epitaph ein vollbeschriebenes Blatt aus der Landesgeschichte bedeutet.
An der Reuss erheben sich die neuen Türme des imposanten Barokbaues der Jesuitenkirche. Sie wurde 1667-1673 erstellt, hat 8 Kapellen und 2 Seitenemporen und überrascht durch die kühne Wölbung der Decke und den 21 m hohen Hochaltar, der mit einem Votivgemälde von Domenico Torriani aus Mendrisio geschmückt ist. Die Altäre und Kanzel in Porphyrstukk sind von Christ. Brack ausgeführt worden.
Der gotische Chor der Franziskanerkirche gehört zu den ältesten Bauten der Stadt (Anfang des 14. Jahrhunderts). Er besitzt ein massives Steingewölbe, Glasgemälde und ein prächtiges Chorgestühl. Im Schiff der Franziskanerkirche pflegte die kriegsgeübte Mannschaft des alten Luzern die auf Feldzügen und in Schlachten erbeuteten Fahnen auszustellen. Es finden sich hier 42 getreu nach den bis 1622 in der Kirche aufbewahrten Originalen gemalte Trophäen aus der Sempacherschlacht, den Burgunder-, Schwaben- und Soldkriegen und aus der Seeschlacht von Lepanto. Die schöne, reichgeschnitzte Kanzel erstellte 1628 Niklaus Geiser von Schweinfurt. Durch zwei Spitzbogen gelangt man auf der linken Seite zur Muttergotteskapelle, einem reichdekorierten Renaissancebau aus dem Jahr 1626. An die Vorhalle schliesst sich die 1434 errichtete und 1656 umgebaute Antoniuskapelle an; der achteckige Bau mit Laternenkuppel und einem Altarbild von Paul Deschwanden ist 1894 köstlich renoviert worden.
Der berühmten Kapellbrücke und dem Kapellplatz hat die St. Peterskapelle, ein bescheidenes Bauwerk von sonderbarer Gestalt, den Namen verliehen. Sie bestund schon vor 1178 und wurde im alten Luzern als Versammlungsort für die Gemeinde benützt. Heute schmücken dieses kleine Gotteshaus fünf Altargemälde
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von Paul Deschwanden. Dem katholischen Kultus dienen ausserdem die Mariahilfkirche auf der Musegg mit ihrer auffallenden Höhenentwicklung, die Spital-, Senti- und Kapuzinerkirche und die Kirche des translozierten Frauenklosters Neubruch; dann die Kapellen im Priesterseminar, in der Rössligasse, im Wesemlinwäldli, im Wey beim Löwendenkmal und das «Studentenkäppeli» im Obergrund.
Die protestantische Kirche beim Schweizerhof datiert aus den Jahren 1860 und 1861. Die Baukosten (182000 Fr.) wurden grösstenteils durch Kollekten in den reformierten Kantonen und Beiträge der schweizerischen Kantonsregierungen aufgebracht. 1898 baute man beim Kursaal eine in gotischem Stil gehaltene Englische Kirche. Der durch einen Privaten gegründete englische Friedhof befindet sich bei der Kreuzbuche. In hübscher Lage auf der Musegg versammelt sich die altkatholische Gemeinde, deren Christuskirche eine Basilika in korinthischem Stil ist. Der allgemeine städtische Friedhof im Friedenthal wurde 1884/85 erstellt und seither wiederholt vergrössert. Eine Reihe schöner Denkmäler, pietätsvolle Pflege und peinliche Sauberkeit gereichen ihm zum Schmucke.
Mitten im Stadtbild, wo sich die gewölbten Markthallen der Egg gegen die Reuss zu öffnen, fesselt das Auge die prächtige Renaissancefassade des Rathauses. Werkmeister Anton Isenmann aus dem mailändischen Dorf Petrigemelle leitete den Bau in den Jahren 1602/06. Man bewundert an diesem mächtigen Quaderaufbau ebensosehr die kräftigen Formen und Gliederungen wie die trefflichen dekorativen Einsatzstücke und die zierlichen Friese der Portale und Fenster. Das Gebäude ruht gegen die Reuss hin auf markigen Strebepfeilern und stellt sich - flankiert vom hoch überragenden Wachtturm - unter den Schutz eines gewaltigen Dachstuhles. Im Parterre ist eine Ausstellung von Gemälden und historischen Schätzen (sehr schöne Standesscheiben, das Panzerhemd Herzog Leopolds aus Sempach, gut erhaltene mailändische Rundschilde aus Giornico, Waffen, Gräberfunde, Fahnen etc.) untergebracht.
Durch ein gotisches Treppenhaus gelangt man zu den getäfelten Prunkstuben empor. Den Mittelbau des Regierungsgebäudes bildet der Palast zum Affenwagen oder das Rittersche Schlösschen. Dieser 1557 durch den Steinmetzen Johann von Lynn, genannt Motschon (wegen Ketzerei am gehängt), begonnene stattliche Bau wurde durch den frühzeitigen Tod des Bauherrn, Schultheiss Lukas Ritter, jäh unterbrochen und 1574/76 vom Tessiner Sabbiolo del Ponte unharmonisch vollendet.
Anlage und Ausbau, der ernste Rustikastil der Fassade, die zierlichen Türeinfassungen, der quadratische Hof mit den Säulenhallen der drei Geschosse, die Treppen mit den Tonnengewölben u. s. w. verraten den florentinischen Renaissancepalast. Der Rat trat 1577 das Gebäude den nach Luzern berufenen Jesuiten ab, die es bis 1774 bewohnten. Das gegenüber dem Rittersehen Schlösschen zum Teil auf mächtigen Arkaden ruhende, reichhaltige Staatsarchiv wurde 1578 aufgeführt und erhielt in den Jahren 1729/31 und 1735 seine jetzige Gestalt. Es ist das alte Jesuitenkollegium (Gymnasium und Lyzeum), das diesem Zwecke bis 1892 diente. Im grossen Saal wurden die wöchentlichen Versammlungen der Congregatio Immaculatae Conceptionis abgehalten, später diente er zeitweise als Grossrats-, Theater- und Konzertsaal und zur Zeit der Helvetik als Vergnügungslokal.
Links vom Ausfluss der Reuss aus dem See erhebt sich der Monumentalbau der Bahnhofes. In den Ernst der grauen Granitquadern des Aufbaues mischen sich mildernd zugleich und sinnvoll schmückend die reichen Skulpturen in gelbem Savonnierstein. Die 12 m hohe Kuppel über dem mächtigen Mittelbau lässt durch die weiss und gelb verglasten Bogenfenster das Licht in die grosse Halle hinunterströmen. Der Bau, der 1896 das vierzigjährige Provisorium würdig abschloss, glänzt nicht nur durch äussere Pracht, durch die Bequemlichkeit im Innern und die Eleganz der Wartesäle, sondern auch durch die vorbildliche betriebstechnische Anlage, die den grössten Verkehr mit aller Ruhe und Sicherheit bewältigt.
Der 95 m lange, mit einem Glasdach versehene Stirnperron fasst mit Leichtigkeit Tausende von Personen. In der beim Bahnhof stehenden, provisorisch umgebauten Festhütte des eidgenössischen Schützenfestes von 1901 ist heute das interessante Kriegs- und Friedensmuseum untergebracht, das 1902 von Johann von Bloch, dem bekannten russischen Vorkämpfer für die Friedenspropaganda gestiftet worden ist. Eine weitere Zierde des ausgedehnten Bahnhofplatzes ist das stolze eidgenössische Postgebäude, das 1887 in Ostermundiger Quadern mit einem Sockel von schwarzem Marmor aufgeführt worden ist.
Ueber den vier korinthischen Säulen im Mittelbau fussen die von A. Lanz gehauenen formschönen Marmorstatuen der Telegraphie, Telephonie, Post und Schifffahrt. Zu den imposantesten modernen Bauten Luzerns ist das Verwaltungsgebäude der Gotthardbahn zu rechnen. Es erstund 1886/88 nach dem Projekt von Prof. Moossdorf und kostete 1008000 Fr. Zum massiven Unterbau (Sockel, Parterre und Gurtgesims) wurde der vorzügliche Granit von Osogna (Tessin) verwendet. Am See prangt die helle Fassade des 1882 von einer Pariser Gesellschaft nach französischen Mustern aufgeführten Kurhauses, das den vielen Sommergästen Luzerns elegante Theater-, Konversations-, Konzert- und Spielsäle bietet.
Bemerkenswerte moderne Schulpaläste sind: die 1891/93 erbaute Kantonsschule, enthaltend Gymnasium, Lyzeum und Realschule mit 28 Lehrzimmern und
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grossen Räumen für wissenschaftliche Sammlungen (u. a. ein reichhaltiges Naturalienkabinett); das Knabenschulhaus auf der Musegg in ausgezeichneter Lage; das neue Sälischulhaus etc. Alle diese Bauten genügen in jeder Beziehung den strengsten Forderungen der Hygiene.
Unter den hervorragenden Privatbauten verdient an erster Stelle das Hertensteinhaus am Kapellplatz genannt zu werden. Der Pinsel Hans Holbeins des Jüngern entwarf 1517/18 auf dem Gemäuer der Fassade und im Innern Freskobilder aus der Bibel und der Familiengeschichte, Stillleben etc. Leider ist dieses Haus 1824 einem Geldmenschen zum Opfer gefallen. Das Göldlinische Fideikommisshaus birgt im Innern einen Hof mit Arkaden im toskanischen Stil. Auf der linken Reussseite steht der originelle Bau des Freien Hofes, der aus dem 13. Jahrhundert stammt, 1511 umgebaut wurde und sich durch die zierlichen Erker, die hohen Giebelmauern und die 4 mächtigen Bogen im Erdgeschoss auszeichnet. In der Nähe der Reussbrücke befinden sich das Baltasarhaus (1548) ein gefälliger Renaissancebau mit zwei hohen Erkern und einem Treppenturm, und daneben das Korporationshaus mit heraldischen Dekorationen und schönem Täferwerk.
Von den Bauten aus neuerer Zeit seien erwähnt: der Kellerhof (1867-1880) mit zwei gotischen Fassaden und zierlichen Erkern;
der Seidenhof (1886-90) mit 64 m langer Front an der Reuss (das Parterre ist aus braunem Lägernkalkstein; die Sgraffiti der Attika von S. Weingartner ausgeführt);
das Wohnhaus zu den vier Jahreszeiten bei der Hofstiege (1892), das über 700000 Fr. kostete und für dessen Bau Tessinergranit, Aegeri- und Bernersandstein und roter Pyrenäensandstein zur Verwendung kamen.
Die Figuren von H. Siegwart sind in Savonnierstein. Die weittragende Handfeuerwaffe unserer Zeit liess die städtischen Schützen 1890 auf dem Exerzierfeld ein neues Heim errichten. Es ist gebaut im alten, trauten Schweizer Holzstil, mit Klebdach und gedeckten Lauben unter einem weitausragenden Vordach.
Einige zerstreute Riegel- oder Fachwerkbauten bieten angenehme Abwechslung. Das schönste dieser Art ist das von Moos'sche Haus am Kasernenplatz mit toskanischen Pilastern neben den Fenstern und einer Altane. Ein malerisches Gebäude aus dem 17. Jahrhundert ist die in Fachwerk erstellte Spitalmühle im Obergrund. Nachdem zuerst 1880 das Reding'sche Haus mit dem grossen Erker (Weggisgasse) und dann das Eckhaus Hirschenplatz-Rössligasse mit Fresken versehen worden sind, ist in neuester Zeit auch die Fassadenmalerei wieder in Aufschwung gekommen. Die meisten bemalten Fassaden finden sich in der innern Stadt, namentlich am Weinmarkt und Hirschenplatz.
Den neuen Stadtteilen am See und Bahnhof verleihen ausser einigen der vorgenannten Prachtbauten insbesonders die Gasthöfe das feine, grossstädtische Gepräge. Fast alle diese Gebäude haben in den letzten Dezennien zum Teil bedeutende Erweiterungen erfahren. Der Mittelbau des Schweizerhofes wurde 1845-46 aufgeführt, 1853 entstand dann die westliche und 1855 die östliche Dependence, die jetzt beide durch Verbindungsgallerien mit dem Hauptgebäude verbunden sind. Im Jahr 1869 erbaute Architekt Alphons Pfyffer das Hotel National, dessen Hauptfassade in französischer Renaissance gehalten ist. Von anderen Gasthöfen wurden erbaut der Schwan 1834-36, Du Lac 1866, Beau Rivage 1868, Gotthard 1869, Europa 1874, Gütsch 1880, Victoria 1891-93, Union 1892. Dieser letztere besitzt einen 1500 Personen fassenden Saal von ausgezeichneter Akustik. Werke der neuesten Zeit sind die schönen Bauten des Monopol, Waldstätterhofes, Bristol etc.
Hier ist auch noch des Löwendenkmales, eines Werkes der Bildhauerkunst, das seinen Namen und den Luzerns in alle Welt getragen hat, zu gedenken. Dieses von Thorwaldsen modellierte und von Lukas Ahorn aus Konstanz 1820-21 ausgeführte klassische Monument verewigt die Treue und den Todesmut der Schweizergarde zu Paris am In mehr als dreifacher Lebensgrösse ruht in einer Felsenhöhle der sterbende Löwe. Seine Tatze deckt schützend den Königsschild, die Augen sind geschlossen, und aus den Rippen starrt ein abgebrochener Speer. Das Löwendenkmal wird mit Grund in Form und Sinn für das bedeutendste Denkmal der Schweiz gehalten. Idee und Durchführung verdankt die Stadt dem Obersten Karl Pfyffer.
Zur Regulierung des Wasserstandes des Vierwaldstättersees ist im Winter 1859/60 unterhalb der Reussbrücke ein starkes Nadelwehr erstellt worden, an das sich der 98 m lange Damm des Ueberfallwehres anschliesst. An dieser Stelle befanden sich früher die zu wiederholten Malen neuerstellten Stauvorrichtungen oder Reussschwellen für die uralten Stadtmühlen bei der Spreuerbrücke. Diese 112 m lange Holzbrücke hat vier Spannungen mit 3 gewöhnlichen Sprengwerken und einem Bogensprengwerk. Auf der Spitze des grossen Reusspfeilers wurde 1569 eine kleine Kapelle angebracht.
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Das prächtigste Brunnendenkmal Luzerns ist der spätgotische Weinmarktbrunnen. Meister Konrad Lux aus Basel führte ihn aus in den Jahren 1481-1494. Wir sehen mitten in einem achteckigen Granittrog einen stilvoll gearbeiteten, schlanken Brunnenstock, unten die spätgotischen Wasserspeier aus Bronze, als Mundstücke grinsende Masken. Darob als Hauptstück die originellen Skulpturen der sechs geharnischten Krieger. Das Ganze krönen die Wimperge mit den Kreuzblumen und die Hauptfiale mit Krappen und Kreuzblume, auf welch' letzterer der erste Stadtpatron St. Mauritius steht. Es ist das der seit Pfingsten 1903 in der ursprünglichen Gestalt von Bildhauer Vetter wiedergegebene Brunnenstock, während der alte bei der Renovation von 1737 ziemlich stark abgeändert worden war.
Von den übrigen öffentlichen Brunnen sind zu nennen der Barfüsserbrunnen mit der Statue des h. Franziskus, der Zeughausbrunnen mit dem wilden Mann als Schildhalter und der Buobenmattbrunnen mit zwei Putten. Das Material dieser Brunnenstöcke bildete der obrigkeitliche Sandstein aus den städtischen Steinbrüchen, der zwar leicht zu bearbeiten ist, aber auch leicht verwittert. Von den Privatbrunnen war wohl der schönste der im Ritterschen Palast, der sich jetzt in der Sakristei der Jesuitenkirche befindet.
[P. X. Weber.]
Geschichtliche Uebersicht.
Wo die Reuss den westl. Arm des Vierwaldstättersees verlässt, stand bereits im 8. Jahrhundert ein kleines Benediktinerkloster, das zu Ehren des h. Leodegar erbaut worden war. Wie aus der Urkunde Kaiser Lothars I. vom 25. Juli 840, in welcher Luzern (Luciaria = Hof des h. Leodegar) zum erstenmal genannt wird, hervorgeht, stand das Stift im«Hof» schon zu König Pippins Zeiten unter dem Kloster Murbach im Elsass. Aus dem Dorf, das sich an den Hof St. Leodegar anschloss, erwuchs allmählig bis zum 12. Jahrhundert eine Stadt, deren älteste deutsche Bezeichnung «Luzzeron» oder «Lucerren» lautet.
Der Oberhoheit Murbachs untertan, wie die übrigen 16 Dinghöfe des Klosters, ist Luzerns Entwicklung doch eine wesentlich von diesen verschiedene gewesen. Die elsässische Abtei liess ihre Rechte durch einen Meier oder Ammann verwalten. Wenn der Abt selbst auf den «Staffeln» vor der Hofkirche Gericht hielt, standen ihm zwölf freie Männer als Schöffen zur Seite. Die hohe Gerichtsbarkeit über Luzern hatten die Landgrafen im Aargau, seit 1239 Habsburg-Oesterreich, die sie jedoch meistens durch ihre «iuniores», die Vögte von Rotenburg, ausüben liessen.
Entwicklung und Aufschwung Luzerns sind in engster Weise mit dem Verkehr über den St. Gotthard verknüpft. Wie sehr sich dieser Verkehr im Lauf des 13. Jahrhunderts gesteigert hatte, ersehen wir aus den österreichischen Zolleinnahmen. Im Minimum betrugen dieselben von 1291-1293 jährlich 460 Pfund (= 9200 Fr. oder nach heutigem Geldwert etwa 55000 Fr.), im Maximum gegen das dreifache dieser Summe. Luzern war zu einem der wichtigsten Stapelplätze des Handels zwischen dem Oberrhein und der Lombardei geworden.
Wie in andern Städten des Mittelalters machte der zunehmende Wohlstand seine Wirkung auch hier in politischer Weise geltend. Die Bevölkerung wuchs zu städtischer Ordnung zusammen. Man hatte an dem Ammann des Klosters einen um so sicherern Rückhalt gegen die Uebergriffe des Vogtes, als das elsässische Mutterkloster die Hand der Habsburger - als Landgrafen im Elsass - in seinen oberrheinischen Besitzungen schwer zu verspüren hatte. Im Kampf zwischen Kaiser und Papst hielt die Stadt unentwegt zu ersterm und schritt im Bündnis mit den Waldstätten zu offener Gewalt gegen Vogt und Kloster.
Die Errungenschaft dieses Kampfes ist der «Geschworene Brief» vom Jahre 1252, der das Fundament einer städtischen Verfassung darstellt, da er auf Murbach, das doch Grundherr war, nirgends Bezug nimmt. Bürgerschaft und Rat erscheinen als selbständige Gemeinde mit eigenem Siegel, die ganz unabhängig ihre Bestimmungen über Fehderecht, Selbstrache und Mord aufsetzen. Wer diese Bestimmungen nicht halten will, hat die Stadt zu verlassen. In der Folge konnten alle diese Errungenschaften behauptet werden.
Die finanziellen Verlegenheiten Murbachs benutzte die Bürgerschaft, um ein Recht nach dem andern an sich zu bringen. Hie und da wurden solche auch erzwungen. König Rudolf I. bestätigte den Geschworenen Brief samt allen übrigen Rechten; ja in einem besonderen Gnadenbrief erklärte er Luzerns Bürger für fähig, nach Sitte und auf gleiche Weise Reichslehen zu empfangen, wie Edle und Ritter. Man erhält den Eindruck, als ob der König seine Erwerbung der Stadt in Luzern selbst vorbereiten wollte.
Denn am kaufte Rudolf von Abt Berchtold von Murbach den Hof Luzern samt allen andern Höfen des Klosters in den Waldstätten gegen einige elsässische Dörfer und 2000 Mark Silber (= etwa 100000 Fr.). Dadurch war der Erweiterung der Rechte der Stadt vorerst ein Ziel gesetzt. Aus diesem Gefühl heraus ist denn auch die Verbindung der Bürger mit der Linie Habsburg-Laufenburg nach Rudolfs Tod zu erklären. Freilich mussten sie am König Albrecht I. huldigen, empfingen aber dafür die Bestätigung aller von Murbach errungenen Rechte. So hielt Luzern als Landstadt treu zu Habsburg bis nach der Schlacht am Morgarten (1315). Allein gerade um diese Zeit ward die Stadt von ihrer bisherigen Unterstellung unter den Vogt zu Baden demjenigen zu Rotenburg zugewiesen.
Streitigkeiten konnten nicht ausbleiben, und andererseits blieb der Sieg der Eidgenossen 1315 nicht ohne Einwirkung auf Luzern. Daher schlossen 26 Bürger, Mitglieder des Rates, am eine Verbindung auf fünf Jahre zum Zweck, die Rechte der Stadt unversehrt zu wahren. Im Oktober 1330 traten der gesamte Rat und die Gemeinde, an ihrer Spitze der Schultheiss, zu einer Einigung im gleichen Sinne zusammen. Herzog Otto, der die österreichischen Vorlande verwaltete, gab insoweit nach, als er versprach, den Schultheissen nur aus den Bürgern zu ernennen die «Jahr und Tag» eingesessen seien.
Allein durch dieses Zugeständnis wurde der Schultheiss mehr ein Vertreter rein städtischer Interessen, denn österreichischer Beamter. Es muss damals eine grosse Bewegung im Sinne städtischer Autonomie durch Luzern gegangen sein, sonst wären kaum Johann von Malters und drei weitere Bürger, die mit Oesterreich unterhandelt hatten, kurzweg verbannt worden. Als der Vogt von Rotenburg abmahnte, beschloss die Bürgerschaft am jeden zu strafen, der dem Vogt zu Willen sei. Derart war die Stimmung, als die Stadt Luzern am Samstag vor Martini, den ewigen Bund mit den Waldstätten schloss.
Es war ein entscheidender Schritt gegen den gemeinsamen Feind; aber er war nicht unvorbereitet. Zunächst war es vielfach die kirchliche Zusammengehörigkeit, da das Waldstätter Kapitel mit demjenigen Luzerns eins war. Es traten ferner Interessen des Verkehrs und
Historischer Plan von Luzern
Lf. 111.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:15000]
▐ Luzern im XIII. Jahrhundert
▓ Luzern vom XIII. Jahrh. -
1597
▒ Luzern von 1597-1792
▒ Luzern von 1792-1857
░ Luzern von 1857-1904
▬ Befestigung im XIII. Jahrh.
▬ Befestigung vom XIV.-XVI. Jahrh.
K. = Kirche, H. = Hôtel, P. = Pension
MCE. BOREL & CIE. Neuchâtel
V. Attinger sc.
HISTORISCHER PLAN VON LUZERN
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Handels hinzu: Luzern war den übrigen Uferkantonen unentbehrlich. Wenn es 1320 die Aufgabe übernahm, bei vorkommenden Streitigkeiten zwischen den Waldstätten und Einsiedeln zu vermitteln, so lag hierin ein weiterer Beweis gegenseitigen Vertrauens. Aus all' diesen Beziehungen erwuchs die politische Einigung. Natürlich konnte von einer völligen Befreiung von Oesterreich beiderseits keine Rede sein. So behielten in der Bundesurkunde die Waldstätte die Rechte des Reiches, Luzern diejenigen seiner Herzoge vor.
Die Stadt wollte sich für ihre alten Rechte wehren, die Waldstätte ihre bisherige Stellung behaupten. Daher sollte gegenseitige Hilfe - wenn nötig mit den Waffen - geleistet werden. Neu ist hiebei die Formulierung der Bundeshilfe und zwar nicht so rückhaltlos, als beim Bund der Länder unter sich: «Wird einem Orte Schaden zugefügt, so möge er mit der Mehrheit (seiner Angehörigen) auf den Eid (d. h. durch eidliche Volksabstimmung) erkennen, ob ihm Unrecht geschehen sei und sofern es der Hilfe bedarf, möge er die Eidgenossen mahnen».
Während innere Zwistigkeiten schiedsgerichtlich (wie im Dreiländerbund) beigelegt werden sollen, darf - und auch diese Bestimmung ist neu - kein Teil neue Bündnisse eingehen ohne aller Eidgenossen Wissen und Willen. Diese beiden, vom ersten Bundesbrief abweichenden Bestimmungen charakterisieren staatsrechtlich diese Neubildung als Staatenbund umsomehr, als jedes Bundesglied in seiner Landesmark die eigenen Gerichte und guten Gewohnheiten beibehielt. Es bleibt diese Signatur der ganzen weitern Ausgestaltung der Eidgenossenschaft aufgedrückt.
Der Kämpf zwischen Oesterreich und der Stadt liess nicht lange auf sich warten. Er brach naturgemäss mit den habsburgischen Amtsleuten aus. Aber die österreichischen Herzoge, erschöpft durch den langen Krieg mit Ludwig dem Bayer, schlossen am einen Vergleich, der der luzernischen Bürgerschaft ein für die österreichische Herrschaft verbindliches Vorschlagsrecht hinsichtlich der Wahl eines Stadtschultheissen gewährte. Aber nur zwei Jahre dauerte die Waffenruhe.
Diesmal zog Luzern den kürzern, indem es vom Vogt von Rotenburg, Ulrich von Ramswag, 1336 in der Nähe seiner Festung empfindlich geschlagen wurde. Im gleichen Jahr erlitten auch die Waldstätte eine Niederlage bei Buonas. Luzern fügte sich einem schiedsgerichtlichen Spruch und kehrte unter die Herrschaft der Herzoge zurück, jedoch unter Wahrung seiner Rechte. Für die nächsten fünfzehn Jahre haben wir nur dürftige Notizen. In diese Zeit fällt die Zerstörung von Neuhabsburg am See (1352) und wahrscheinlich auch die Episode, in welcher das eidgenössische Bündnis seine Probe in der Luzerner Mordnacht bestand.
Trotz seiner Stellung in der Eidgenossenschaft blieb Luzern noch immer eine österreichische Stadt, ein Verhältnis, das auf die Dauer unhaltbar war. Seit dem Brandenburger und Regensburger Frieden waren allerdings die Beziehungen keine unleidlichen, hatte es doch 1361 von Herzog Rudolf IV. Zollfreiheit vom St. Gotthard bis Windisch einer- und Reiden andererseits erhalten. 1370 nahm Luzern Anteil am Pfaffenbrief. Sein eigenes Gericht hatte als oberste Instanz für alle Fälle seiner Angehörigen von Wenzel 1379 die königliche Sanktion erhalten.
Dazu ward 1381 vom gleichen König dem Rat und den Schöffen zu Luzern der Blutbann zuerkannt, lauter Massnahmen, die Oesterreichs Rechte schmälern mussten. Noch mehr war dies der Fall durch die Aufnahme zahlreicher Pfahlbürger aus den umliegenden Gemeinden Kriens, Horw, Meggen, Adligenswil, Emmen, Hohenrain, Ruswil, Littau, Malters u. s. w. Die ehemals österreichische Vogtei Weggis wurde 1380 ganz erworben, wodurch die Gebietserweiterung Luzerns angebahnt war.
Mit Umsicht und Erfolg hatte Schultheiss Peter von Gundoldingen über zwei Jahrzehnte (1361-1384) das Gemeinwesen geleitet. Da war es im Jahre 1385 der Bürgerschaft gelungen, Oesterreich zum Aufgeben seines Rechtes der Schultheiss-Ernennung zu veranlassen. Peter von Gundoldingen legte sein verantwortungsvolles Amt nieder. Eine kecke Kriegspartei ergriff die Gelegenheit, gegen die österreichischen Vögte, mit denen wegen der «Ausburger» ohnehin ärgerliche Händel bestanden, energisch vorzugehen.
Besonders lästig fiel der Stadt der Zoll zu Rotenburg, dessen Vogt Hemmann von Grünenberg, wie sein strategisch ungemein gutgelegenes Schloss von Oesterreich begünstigt wurde. So wurde denn am 28. Dezember während des Vormittagsgottesdienstes, als der Vogt und die Einwohner in ihrer etwas entfernten Pfarrkirche zu Rüeggeringen weilten, Rotenburg überrumpelt und die Burg gebrochen. Dann wurde das Amt Entlebuch, das gegen den österreichischen Vogt von Wolhusen, Peter von Thorberg, wegen Erpressung bittere Klage führte und deshalb schon 1382 die Obwaldner zu einem Einfall veranlasst hatte, in das luzernische Bürgerrecht aufgenommen und die thorbergische Festung Wolhusen zu Beginn des Jahres 1386 von Luzern und seinen Bundesgenossen aus den Ländern gründlich zerstört. Weitere Höfe erhielten das Bürgerrecht Luzerns. Von grösster Wichtigkeit aber war die am Dreikönigstag erfolgte Verburgrechtung des Städtchens Sempach, das von Oesterreich zu gunsten Rotenburgs zurückgesetzt worden war und von den dortigen Vögten Beleidigungen erfuhr.
Der für die Eidgenossen günstige Ausgang der Schlacht ob Sempach am und der Heldentod Peters von Gundoldingen waren der Entwicklung Luzerns günstig. Weit mehr als die Länderorte rundeten die Städte in dieser Zeit ihr Gebiet ab. Luzern löste die Pfandschaft der Herrschaft Rotenburg (wozu auch Hochdorf gehörte) ein. Das Entlebuch trat durch ein Verkommnis in nähere Beziehung zu der Stadt, die sowohl die Stellung der Landschaft wie ihre Pflichten genau regelte.
Am See ward über Weggis die Vogteigewalt trotz des Widerstrebens von Schwyz mit Hilfe von Uri und Unterwalden im Sommer 1395 streng durchgeführt. Die Stadt selbst bewehrte sich mit Mauern und Türmen. Jene langgestreckte Verteidigungslinie nach Norden, die Musegg, heute noch samt den Türmen der Hofkirche das Wahrzeichen Luzerns, erhob sich in diesen Jahren als zweite Ringmauer. Als die Eidgenossen 1415 zur Eroberung des Aargaus auszogen, blieb auch Luzern nicht müssig. Zuerst ward Sursee genommen, dann das Zisterzienserkloster St. Urban besetzt, das Michelsamt, Stift und Flecken Beromünster, Richensee, Meienberg und Villmergen erobert.
Nach dem Sturz Waldmanns drang die Bewegung gegen die «Kronenfresser» und Pensionsherren weit über die Limmatstadt hinaus. Luzern musste sich unter den Einwirkungen dieser Strömung zu dem verstehen, was man heute eine Partialrevision einer Verfassung nennt: ohne Zustimmung der «ganzen vollkommenen Gemeinde» durfte der Rat keinen Krieg beginnen, kein Bündnis
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eingehen, keine Herrschaft kaufen, keine neue Steuer ausschreiben.
Kulturell nicht unwichtig ist, dass Luzern die schon 1290 erwähnte Hofschule, die älteste Lehranstalt der Urschweiz besass. Das Benediktinerstift St. Leodegar wurde übrigens am in ein weltliches (heute noch bestehendes) Chorherrenstift umgewandelt. (Eine Schule besassen auch das 1240 gestiftete Kloster der Minoriten in Luzern, das Stift Beromünster und die Abtei St. Urban). Das gleiche 15. Jahrhundert sah auch die lebhafte Beteiligung Luzerns am geistlichen Drama, besonders der «Osterspiele», die im 16. Jahrhundert unter der Regie des Stadtschreibers Renward Cysat ihren Höhepunkt erreichten und oft bei 30000 Zuschauer auf dem Weinmarkt vereinigten.
Von profanen Aufführungen ist der den fröhlichen Sinn der Luzerner kennzeichnende «Fritschi-Umzug» zu nennen, ein Fastnachtszug, dessen Anfänge ebenfalls in das 15. Jahrhundert hinaufreichen und der heute noch besteht. Für diese Zeit muss als Dichter Halbsuter (Murtnerlied) und als hervorragender Geschichtschreiber Diebold Schilling erwähnt werden, dessen Chronik (wesentlich der Burgunderkriege) mit ihren Architekturdarstellungen noch heute das Kleinod der Bürgerbibliothek bildet.
Die Periode der Reformation liess Luzern 1524 zum Vorort der katholischen Stände werden. Nachdem im 2. Kappelerkriege 1531 sich die Katholiken die Unantastbarkeit ihres Gebietes, wie ihres Glaubens erkämpft hatten, war es namentlich Ludwig Pfyffer, wegen seines hohen Ansehens der «Schweizerkönig» genannt, der nicht nur seiner Vaterstadt vorstand (15704594), sondern die Geschicke der Schweiz, zumal des katholischen Teils derselben, auf dem Felde der Politik bestimmte.
Allein auch auf dem Gebiete der Schule und des kirchlichen Lebens griff er kräftig ein. Durch seine Mitwirkung errichteten die Jesuiten 1574 ein Kollegium in Luzern, das auch nach der Aufhebung des Ordens (1774) durch Männer wie Fr. Regis, Krauer, Jos. Anton Zimmermann etc. den Ruf als erste höhere Lehranstalt der katholischen Schweiz bewahrte. Die Kapuziner kamen 1583 nach Luzern und siedelten sich mit Unterstützung der Stadt auf dem Wesemlin an. Seit 1601 war Luzern auch (bis 1873) der ständige Sitz der päpstlichen Nuntien für die Schweiz, Rätien und Oberdeutschland.
Diese Machtstellung Luzerns in der katholischen Eidgenossenschaft, die sich auch in einem grossen Aufschwung der Baukunst (Ritterscher Palast, Rathaus etc.) kundgab, wurde nach Ueberwindung des für die Stadt nicht ungefährlichen Bauernkrieges (1653) im sogenannten ersten Villmergerkrieg nochmals behauptet. Allein der zweite Villmergerkrieg (1712) brachte einen Umschwung der Dinge. Zunächst brachen wiederholte Streitigkeiten mit der Geistlichkeit aus, unter denen der Adligenschwilerhandel (1725-1729) hervorragt. Dann waren auch die Streitigkeiten einzelner Geschlechter, wie der Meyer und Schumacher, nicht dazu angetan, die Oligarchie des Patriziates beliebt zu machen. So fand die Helvetik 1798 einen wohl vorbereiteten Boden. Wenn auch die Stadt Luzern die Ehre hatte, zeitweilig die Residenz der helvetischen Regierung zu sein, so war doch die Zeit, wo die Stadt zugleich den Staat (d. h. in diesem Falle den Kanton) bedeutete, für sie auf immer dahin.
Freilich blieb ihr als Kantonshauptstadt sowohl in der Mediations- als namentlich auch in der Restaurationszeit (mit der Wiederbelebung des Patriziats) ein überwiegendes Ansehen, das durch die geistigen Leiter der Politik, Casimir und Eduard Pfyffer, auch in den kirchenpolitischen Dingen zutage trat. 1815-1848 war Luzern abwechselnd mit Bern und Zürich Sitz der Tagsatzung. Das Jahr 1830 beseitigte die letzten Vorrechte. Allein der Gegensatz zwischen Stadt- und Bauernpartei verschärfte sich seit 1841 zusehends.
Als unter dem Widerspruch der Freisinnigen 1844 die Jesuiten nach Luzern berufen und das Kloster der Ursulinerinnen wiederhergestellt ward, befand sich auch die Mehrheit der Stadtbürger unter den Rufern der Protestbewegung. In dieser Gesinnung ist sie auch verblieben, als der 7 Mai 1871 die von Phil. Anton Segesser geleitete konservative Opposition im Kanton zur Herrschaft brachte und der Volksentscheid der Abstimmung vom sie hierin bestätigte. Doch fanden beide Parteien Gelegenheit, auf dem Gebiete der Schule und Humanität einander die Hand zu reichen, wie z. B. 1893 durch die Errichtung des jetzigen Kantonsschulgebäudes und 1902 durch den Bau eines neuen Kantonsspitals.
Bibliographie.
Ausser den im Art. Kanton Luzern und in diesem Artikel schon angeführten Werken ist noch zu vergleichen: Liebenau, Theod. v. Das alte Luzern, Luzern 1881.
[Dr. Jos. Hürbin.]