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offiziellen meteorologischen Station in Luzern, die durch die dortige naturforschende Gesellschaft im Jahr 1880 gegründet und seither von Prof. Xaver Arnet besorgt wird, sowie aus den Aufzeichnungen der seit 1860 bestehenden Regenmessstation im Kantonsschulgebäude stellen wir folgende Angaben zusammen.
Der mittlere Barometerstand beträgt für die Höhe der meteorologischen Station an der Musegg (453 m) 723,0 mm, für die Stadtteile am Seeufer 724,1 mm. Der Barometerstand schwankt zwischen 696 mm und 742 mm. Die mittlere Jahrestemperatur, durch Differenzenbildung nach Zürich auf den grössern Zeitraum 1864 bis 1900 ausgedehnt, beträgt 8,50° C. Die Mitteltemperatur des wärmsten Monats (Juli) ist 18,3°, diejenige des kältesten Monats (Januar) -1,3°. Die seit 1880 beobachteten Extreme der Temperatur sind: 32,8° im Juli 1902 und -17,8° im Januar 1895. Die vorherrschenden Winde sind Südwest, Süd und Südost. Sehr häufig sind die Kalmen mit dem Stärkegrad 0 (entsprechend der Windgeschwindigkeit 0 bis 1 Meter). Im Jahr 1900 z. B. zählen die Kalmen mit 633 Fällen von 1095 Beobachtungen, die Windrichtung Südost mit 113, Süd mit 72 und Südwest mit 88 Fällen.
Obschon ausserhalb des eigentlichen Föhngebietes gelegen, steht Luzern bezüglich Temperatur, Bewölkung, Durchsichtigkeit der Luft und Witterungscharakter recht oft unter dem Einfluss des durch das Reussthal hinabziehenden, bis Altorf, Brunnen und Gersau hinunterreichenden typischen Föhns oder auch der in der Höhe über uns weggehenden oder aus der freien Atmosphäre herabsinkenden obern Föhnströmung, die uns Aufheiterung oder wechselnde Bewölkung bringt und fort-erhält. Beim Nachlassen dieser Strömungen kommt dann Luzern frühzeitig unter die Herrschaft des vorstossenden Südwest und damit in das Gebiet der Strichregen.
Das Mittel der jährlichen Niederschläge beträgt nach den Beobachtungen von 1861 bis 1900 1174,5 mm. Die Zahl der Niederschlagstage mit mindestens 0,3 mm Niederschlag beträgt 151, die Zahl der Tage mit mindestens 1,0 mm dagegen 130. Es ist merkwürdig, dass in den letzten 2 Jahrzehnten die Zahl der Niederschlagstage gegenüber dem Anfang der Beobachtungsperiode gestiegen ist. Das Jahr 1900 z. B. hatte bei einer mittleren Temperatur von 9,2°, bei 78% relativer Feuchtigkeit und 64% mittlerer Bewölkung doch 1280 mm Regenmenge und 187, beziehungsweise 151 Niederschlagstage.
Von der genannten mittlern jährlichen Niederschlagsmenge fallen 13% auf den Winter, 24% auf den Frühling. 39% auf den Sommer und 24% auf den Herbst. Die kleinste Monatsmenge hat der Januar mit 44,9 mm, die grösste der Juli mit 158,2 mm. Die Schneemenge beträgt durchschnittlich 11,5% des gesamten Jahresniederschlages. Die Zahl der jährlichen Schneefalltage bewegt sich zwischen 11 und 42; der Mittelwert ist 25. Die Dauer der Schneedecke wird erst seit einigen Jahren bestimmt. Für das Jahr 1900 war dieselbe 40 Tage und die grösste Schneehöhe bloss 15 cm im Februar.
Die Zahl der Gewittertage mit Nahegewittern schwankt per Jahr zwischen 11 und 27; die Mittelzahl ist 20,5. Gewitter mit schwachem Hagel zählt Luzern durchschnittlich eines im Jahr. Starke Hagelfälle sind für das Gebiet der Stadt äusserst selten; in 40 Beobachtungsjahren sind deren 3 aufgetreten.
Für das Jahr 1900 seien noch folgende Tagzahlen aus der Jahresübersicht angeführt: Zahl der Schneetage 34, der Gewittertage 27, der Nebeltage 23, der hellen Tage 51, der trüben, bedeckten Tage 146.
Vergl. die Mitteilungen der naturforschenden Gesellschaft Luzern, die seit 1896 in Heften erscheinen. Daselbst findet sich auch eine Naturchronik der fünf Orte von J. L. Brandstetter, die alle merkwürdigen Naturerscheinungen in diesem Gebiete sammelt. - Arnet, F. X. Die Niederschlagsverhältnisse von Luzern (in der Festschrift zur Eröffnung des neuen Kantonsschul- ¶
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gebäudes in Luzern). Luzern 1893. - Ein älteres Witterungsbild des Kantons und namentlich der Stadt Luzern befindet sich in dem Werke von Dr. Kas. Pfyffer Der Kanton Luzern. Bd I. (Gemälde der Schweiz. 3). St. Gallen und Bern 1858, bearbeitet nach den Beobachtungen von Dr. med. J. Colestin Segesser für die Jahre 1815 bis 1833.
[Prof. F. X. Arnet.]
Geologie.
Ueber die geologischen Verhältnisse von Luzern orientiert uns eine hübsche Skizze von Prof. Dr. F. J. Kaufmann (Beilage zum Jahresbericht der Kantonsschule 1886/87). Bekanntlich ziehen nördl. der Kreidekalkgebirge des Pilatus, Bürgenstock, Vitznauerstock etc. zwei durch eine Mulde voneinander getrennte Molassegewölbe in der allgemeinen Streichrichtung SW.-NO. Die Synklinallinie, die die Streichrichtung der Mulde bezeichnet, liegt südöstl. von der Stadt Luzern. Sehr schön kann man diese Mulde bei Seeburg konstatieren. Luzern liegt also auf dem nördl. der zwei eben erwähnten Molassegewölbe. Während in der Grossstadt diese Molassefelsen überall zu Tage treten, sind sie in der Kleinstadt von den Alluvien des Krienbaches verdeckt. Kaufmann unterscheidet in dieser Molasse folgende Stufen:
1. Aquitanische Stufe, Oberoligocän oder sog. Rote Molasse, eine Süsswasserablagerung, die vom südl. Teil des Sonnenberges durch die Halde gegen Adligenswil streicht. Das neuerbaute Frauenkloster Gerlisberg liegt mitten in dieser Zone. 2. Untermiocäne Stufe oder graue Molasse. Sie bildet den Kamm und die N.-Seite von Sonnenberg, Gibraltar, Gütsch, Musegg mit Bramberg und Allenwinden, Wesemlin, Dreilinden, Homberg, Dietschenberg. Mit kleinen Kohlenflözen und (namentlich bei Allenwinden) vielen Versteinerungen. 3. Mittelmiocäne oder helvetische Stufe.
Auf der S.-Seite des Molassegewölbes liegen in dieser Zone die Nagelfluhstreifen des Weinbergli, von Tribschen und Seeburg. Auf der N.-Seite gehören hierher die beiden Nagelfluhstreifen, die das Rotseethälchen einschliessen. 4. Obermiocäne Stufe. Die grauen, gelben, auch schwärzlichen Mergelsandsteine dieser Stufe sind auf der N.-Seite des Nagelfluhgewölbes nachzuweisen. Ibach, Greterhof, Rathausen liegen in dieser Zone. Die zahlreichen Aufschlüsse von Reussbühl bis nach Tribschen lassen uns alle Glieder dieses Querprofiles kennen lernen.
Aus der Diluvialzeit stammen die Ablagerungen von Kreutzstutz und Friedenthal, sowie die unvergleichlich schönen Gletschermühlen und Gletscherschliffe des Gletschergartens. Von den Alluvionen nehmen diejenigen des Krienbaches die erste Stelle ein. Sie bilden das stattliche Delta zwischen Kriens, Tribschen und Kreuzstutz, den Untergrund der gesamten Kleinstadt und die ganze Allmend. Bei der Geissmatt reicht das Alluvium sogar noch auf das rechte Reussufer hinüber. Durch dieses Flussgeschiebe soll nach Kaufmann der See eine Stauung von 3 m erfahren haben. Das zweite grosse Delta lieferte der Würzenbach, dessen Ablagerungen bis zum Tivoli hinaus und bis an den Nagelfluhvorsprung von Seeburg hinaufreichen.
Aber auch der Mensch hat die Uferlinie des Sees verändert und dadurch neuen Grund und Boden für die Stadt gewonnen. Die Quaianlagen des rechten Ufers und die Anlagen im Tribschenmoos sind solche künstliche Aufschüttungen.
Botanik.
Die Pflanzenwelt in der Umgebung der Stadt Luzern bietet wenige Seltenheiten, die den Fachmann anlocken würden. Dafür entschädigen prachtvolle Wälder durch ihre schattenspendende Kühle. In erster Linie ist der Gütschwald zu erwähnen, ein gemischter Wald, in dem die Rottanne dominiert und stattliche Lärchen ihre schlanken Glieder recken. Auch die Pinus austriaca kommt da in zahlreichen Exemplaren vor. Dieser Gütschwald ist im Herbst das Dorado einer üppigen Pilzflora. In nächster Nähe der Stadt sind noch die Wälder vom Rotsee, Wesemlin und Hochrüti zu nennen. Den Botaniker interessieren auch die Sumpfgebiete des Rotsees, des Würzenbachs und von Tribschen. Grosse Parkanlagen mit seltenen exotischen Pflanzen fehlen. Und doch gibt es auch in Luzern Gartenanlagen mit stattlichen fremden Bäumen (Araucaria bei Gärtner Wettstein, Magnolien und Zedern auf dem Hitzlisberg), ja sogar ein kleines Gärtchen mit den ausgesprochensten Vertretern der südlichen Schweiz (Zypressen im Garten von Carl Spitteler).
Fauna.
Die Luzerner Bucht und die Reuss, wo die Jagd schon seit alten Zeiten verboten ist, sind im Winter der Schauplatz eines lebhaften Treibens der Wasservögel. Das ganze Jahr tummeln sich hier das schwarze Wasserhuhn (Fulica atra) und die Wildente (Anas boschas). Mit eintretendem Winter erscheinen die Lachmöve, dann die Reiherente, Krikente, der kleine Haubentaucher etc. Das Frühjahr macht diesem bunten Vogelleben ein Ende. Bald ertönen vom Wasserturm die kurzen, schrillen Rufe des Alpenseglers, der mit seinem majestätischen Fluge seine alte Heimat umkreist.
Die nahen Wälder bevölkern sich mit dem lustigen Volke der Finken, Meisen und Drosseln. An der Museggmauer blitzen die Prachtsfarben des Alpenmauerläufers auf. Ueber Tribschen kreist der gabelschwänzige Milan, und im Röhricht versteckt lauert die Rohrdommel auf Beute. Von den Säugetieren sind zu erwähnen die verschiedenen Arten der Fledermäuse, die namentlich in den Türmen der Musegg ihr Standquartier aufgeschlagen haben. An den Ufern der Reuss und des Sees treibt die Wanderratte ihr Unwesen. Ueber die Fischwelt siehe den Art. Vierwaldstættersee.
[Prof. Dr. H. Bachmann.]
Bevölkerung.
Die erste Volkszählung in Luzern fand im Jahr 1780 statt. Früher suchte man sich lediglich von Zeit zu Zeit Rechenschaft zu geben über die Zahl der vorhandenen Militär- und Steuerpflichtigen, Hintersässen oder «burgerlichen Seelen». Waffenfähige zählte man ¶