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herausgebildet und bis heute erhalten: ein Tier von ansehnlicher Körpergrösse mit langgestrecktem Leib, kräftig gebauten Gliedmassen, ziemlich langem Rüssel, gewaltig grossen Hängeohren («Labiohren») und von weisser Farbe mit einigen schwarzen Flecken oder auch rein weiss. Wegen ihrer ganz hervorragenden Fruchtbarkeit, ihrer gesunden, robusten Konstitution und ihrer Genügsamkeit besitzt diese Rasse trotz ihrer etwas langsamen Entwicklung nicht nur im Kanton selbst begeisterte Verehrer, sondern sie wird auch vom Gros der Käufer aus der N.-Schweiz und den Kantonen Zürich, Thurgau etc. immer noch bevorzugt. Für intensivere Haltung, speziell auch für Käsereien hat man dagegen schon längst Kreuzungsprodukte mit dem englischen Edelschwein gezüchtet. Auch reine englische Zuchten kommen vor. In Neuenkirch-Sempach besteht eine Schweinezuchtgenossenschaft. Der Kampf für die Vorzüge der genannten Zuchtrichtungen ist ein so lebhafter, dass man geradezu von Landschwein- und Edelschweinfanatikern sprechen kann.
Pferdezucht und -haltung. Dank der ausgedehnten Verwendung von landwirtschaftlichen Maschinen hat die Haltung von Arbeitspferden in neuerer Zeit stetig zugenommen. Der Kanton besass nach der Viehzählung
Pferde | |
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1886 | 4581 |
1896 | 5552 |
1901 | 6879 |
Der Arbeitsochse musste vielerorts dem beweglicheren und rascheren Pferde weichen. Dagegen ist die Zucht quantitativ ganz auffallend zurückgegangen. Es betrug die Zahl der Zuchtstuten im Jahr 1850: 2232, 1860: 1919, 1901: nur noch 374. Die Zuchtpferde machen z. Z. vom Gesamtpferdebestand aus: im Amt Entlebuch 29%, Willisau 4%, Luzern 3%, Sursee 2%, Hochdorf 1 (Schweiz 6%). Nur das Entlebuch stellt also (im strikten Gegensatz zum übrigen Kantonsteil) ein Zuchtgebiet dar. Im 17. Jahrhundert besass hier die Pferdezucht eine sehr grosse Ausdehnung, es soll sogar auch die Qualität der Tiere besser gewesen sein als heute. Der alte Entlebucherschlag war von gedrungenem Körperbau, sehr ausdauernd und genügsam. Im Amt Willisau besteht eine Pferdezuchtgenossenschaft.
Die Schafhaltung spielt nur noch in Berggegenden etwelche Rolle. Die Zahl der Schafe geht ständig zurück; sie betrug im Jahr 1866: 15359 Stück, 1901 nur noch 5494 Stück.
Die Ziege, «die Kuh des armen Mannes», reduzierte sich während des gleichen Zeitraumes von 15176 auf 12831 Stück.
Die Bienenzucht wird mit Liebe und Sorgfalt betrieben. Es ist ihre Ausdehnung im Vergleich zur Bevölkerung in keinem andern Kanton auch nur annähernd so gross. Es kommen auf 1000 Einwohner in der Schweiz 73,15 Bienenstöcke, im Kanton Luzern 153,55 (im nächsten Rang steht Zug mit 133,86).
Landwirtschaftliche Berufsbildung, Vereins- und Genossenschaftswesen. Die glänzenden Resultate der luzernischen Landwirtschaft sind weder Zufall noch blosse Folgen einer Bevorzugung durch Mutter Natur, sondern in ganz hervorragendem Masse die wohlverdienten Früchte geistiger Regsamkeit, Intelligenz und beruflicher Schulung. Bezüglich Zugänglichkeit für berufliche Ausbildung und wissenschaftliche Belehrung beansprucht die luzernische Bauersame ohne irgend welchen Zweifel den allerersten Rang unter alten Landwirten im Schweizerlande.
Lassen wir zur Rechtfertigung Zahlen sprechen: die kantonale landwirtschaftliche Winterschule in Sursee zählte in den letzten Jahren stets über 80, sogar 100 Zöglinge. Im Durchschnitt der letzten 5 Jahre kommt auf je 1087 landwirtschaftliche Einwohner oder auf rund 200 Bauernfamilien je ein landwirtschaftlicher Schüler. Nach 20jähriger Dauer dieser Frequenz kommt also je auf 10 Bauernfamilien ein Familienglied mit einem Kurs Winter-Bauernschule oder auf 20 Familien ein Mitglied mit 2 Winterkursen. Im nächsten Rang steht Aargau mit 1 Schüler auf 1534 landwirtschaftliche Einwohner. 1902/03 besass der Kanton Luzern 102, die gesamte Schweiz etwa 600 Landwirtschaftsschüler.
Proportional der landwirtschaftlichen Bevölkerung müsste die Schweiz, um im gleichen Rang mit dem Kanton Luzern zu stehen, jährlich 1700 Zöglinge aufweisen. Der kantonale Bauernverein zählte 1902 in 29 Sektionen etwa 2100 Mitglieder und veranstaltete 25 Wandervorträge und 17 Fachkurse. Auch sonst ist der Verein auf allen Gebieten der Landwirtschaft intensiv tätig. Der Genossenschaftsverband zählt 33 Genossenschaften und bezieht jährlich für rund 1300000 Fr. Kunstdünger, Kraftfutter, Sämereien und landwirtschaftliche Maschinen. Auch die Genossenschaften veranstalten zahlreiche Kurse und Vorträge.
[Direktor R. Schlæfli.]
Geschichte.
Schon in vorgeschichtlicher Zeit sind einige Gebiete des heutigen Kantons Luzern, namentlich die nach N. sich öffnenden Flussthäler der Roth, Wigger, Suhr, Winen und Aa, vom Menschen bewohnt gewesen. Beweise dafür sind die vielen prähistorischen Funde. So entdeckte man in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts im Baldegger- und Sempachersee und im Wauwiler Torfmoor Ueberreste neolithischer Pfahlbauten; da und dort (vor allem im Seethal) wurden im Lauf der letzten 50 Jahre Gräber und Gegenstände aus der Bronze- und Eisenzeit blossgelegt. Noch zahlreicher sind die Spuren römischer Ansiedelungen, bestehend in Ruinen von Landhäusern und Militärstationen (Pfeffikon, Schwarzenbach, Ermensee, Ferren, Ottenhusen, Winikon, Mariazell, Buchs, Dagmersellen etc.). ¶
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Zu Anfang des 5. Jahrhunderts nahmen die Alemannen diese Gebiete in Besitz. Sie gerieten aber schon zu Ende desselben Jahrhunderts unter die fränkische Herrschaft, mit der die Gauverfassung Eingang fand. Diese schied den grössten Teil des jetzigen Kantons dem Aargau zu, mit Ausnahme des Habsburgeramtes, das als Bestandteil des Zürichgaues galt.
Den Kern des gegenwärtigen Staatsgebietes bildete wie noch heute die Stadt Luzern, als deren Mittelpunkt das um die Mitte des 8. Jahrhunderts von Murbach aus gegründete Benediktinerkloster im Hof zu betrachten ist. Ihr Emporblühen verdankt die Stadt dem Aufkommen des Gotthardpasses (Mitte des 13. Jahrhunderts), wodurch sie zu einem bedeutenden Stapelplatz des Handels zwischen der oberrheinischen Tiefebene und der Poebene wurde. In ihrer innern Entwickelung stimmt sie in den Hauptzügen mit jener grossen Zahl von mittelalterlichen Städten auf deutschem Boden überein, die aus geistlicher Grundherrschaft hervorgegangen sind. Im Jahr 1291 kam sie durch Kauf an König Rudolf von Habsburg und war von da an eine österreichische Landstadt.
Ihre freiheitlichen Errungenschaften wusste sie unter dem neuen Herrn nicht blos zu wahren, sondern noch zu vermehren. Am trat sie dem Bunde der 3 Waldstätte bei, worauf ihr der glückliche Ausgang des Sempacherkrieges die völlige Unabhängigkeit von Oesterreich brachte. Hand in Hand mit dieser Loslösung von Habsburg ging das Streben nach Erlangung eines Herrschaftsgebietes. 1380 erwarb sie die ehemals österreichische Vogtei Weggis; der 20jährige Friede von 1394 führte ihr die Aemter von Wolhusen, das Städtchen Sempach, die Dörfer Root, Hochdorf und Urswil und das Amt Rotenburg zu. 1397 begab sich Merenschwand freiwillig unter luzernische Schutzherrschaft; 1406 kaufte die Stadt die Vogtei Habsburg und 1407 Stadt und Grafschaft Willisau.
Die Eroberung des Aargaues brachte St. Urban, das Michaelsamt und Sursee ein. Das gesamte Staatsgebiet war in 13 Vogteien gegliedert: Willisau, Rotenburg-Hochdorf, Entlebuch, Ruswil, Münster, Merenschwand, Büron, Habsburg, Malters-Littau, Kriens-Horw, Weggis, Knutwil und die Schlossvogtei Wikon. Die Städte Sursee und Sempach genossen eine ziemlich freie Stellung. Nur vorübergehend in luzernischem Besitz waren die Herrschaften Werdenberg und Wartau im Rheinthal und Griessenberg im Thurgau. Mit der Zuteilung des Amtes Hitzkirch und der Lostrennung von Merenschwand im Jahr 1803 erlangte der Kanton seinen heutigen Umfang.
In hervorragender Weise beteiligte sich Luzern zu Anfang des 15. Jahrhunderts an den italienischen Feldzügen, und erst die unglückselige Schlacht bei Arbedo kühlte diesen Eifer etwas ab. 1458 gab die Kränkung eines Luzerners auf einem Schützenfest zu Konstanz Veranlassung zum sog. Plappartkrieg. Ebenso trat Luzern während und unmittelbar nach den Burgunderkriegen in den Vordergrund (Saubannerzug, Burgrecht mit den Städten, Amstaldenhandel, Schlacht bei Giornico).
Auch am Schwabenkrieg nahm es regen Anteil, vor allem an den Treffen beim Schwaderloch und bei Dornach. Beim Ausbruch der Kirchentrennung verharrte es beim alten Glauben, hatte aber grosse Mühe, die da und dort aufkommende Neuerung zu unterdrücken. In der Folge wurde es mehr und mehr das Zentrum der katholischen Politik, besonders in der Periode der Gegenreformation. Im Lauf des 16. Jahrhunderts bildete sich aus den vom 15. Jahrhundert überkommenen Ansätzen allmählig die aristokratische Verfassung aus, die aber durch den Bauernkrieg von 1653 hart bedroht wurde.
Die Bewegung nahm ihren Anfang im Entlebuch und verpflanzte sich von da über die Kantone Bern, Solothurn, Basel, den bernischen Aargau und die freien Aemter, unterlag jedoch wie eine Reihe von frühem Erhebungen. Das Endergebnis war eine mächtige Stärkung des Patriziats. Kaum war die Ruhe wieder hergestellt, so brachen religiöse Streitigkeiten aus (erster Villmergerkrieg von 1656), die durch das kräftige Eingreifen Luzerns mit einer Niederlage der Reformierten endigten. Einen entgegengesetzten Ausgang nahm dafür der Krieg von 1712, während dessen Verlauf gefährliche Volksbewegungen das luzernische Staatswesen in seinen Grundvesten erschütterten.
Am dankte die aristokratische Regierung ab. Kurze Zeit hernach wurde das alte Staatsgebiet als Kanton Luzern der helvetischen Republik einverleibt und Luzern als Sitz der helvetischen Zentralbehörden bezeichnet. Die Durchführung der Einheitsverfassung gelang jedoch erst nach heftigem Widerstand des Volkes (Röthlerkrieg und Käferkrieg). Die Vermittlungsakte des ersten Konsuls rief die Kantone wieder ins Leben und erhob Luzern zum Range eines Direktorialkantons.
Das Jahr 1815 brachte eine teilweise Wiederherstellung der Verhältnisse vor 1798. Allein die aristokratischen Einrichtungen konnten sich auf die Dauer nicht mehr halten; die dreissiger Bewegung beseitigte einen grossen Teil derselben, und die Verfassungsrevision von 1841 verschaffte endlich der Volkssouveränität vollen Durchbruch. In den vierziger Jahren war Luzern der Schauplatz heftiger Parteikämpfe, die zu den beiden Freischaarenzügen vom und führten und mit dem Sonderbundskrieg ihren Abschluss fanden. Der Sieg der eidgenössischen Truppen bei Gisikon brachte die liberale Partei an's Ruder, die sich bis zum Mai 1871 halten konnte und dann wieder durch die konservative Gegenpartei abgelöst wurde. Vergl. Pfyffer, Casimir. Geschichte der Stadt und des Kantons Luzern. 2 Bde. Zürich 1850, 1852. - Pfyffer, Cas. Der Kanton Luzern. (Gemälde der Schweiz. 3). 2 Tle. St. Gallen und Bern 1858, 1859. - Segesser, Ant. Phil. v. Rechtsgeschichte der Stadt und Republik Luzern. 4 Bde. Luzern 1851-1858.
[Seminarlehrer Alb. Achermann].