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dominierende Stellung behauptete bis heute der sehr fruchtbare, in letzter Zeit aber (weil nicht mehr überall ganz gesund) vielfach angefochtene Teilersbirnbaum, der mit seinen hängenden Aesten den Hofstätten ein eigenes Gepräge verleiht. In neuerer Zeit pflanzt man mehr vorzügliche späte Mostbirnen. Dass daneben auch die Mostäpfel gute Erträge liefern, mag die Tatsache beweisen, dass schon wiederholt in obstreichen Jahren einzig auf der Station Sursee über 300 Eisenbahn-Waggons, d. h. mehr als 30000 Doppelzentner im Werte von über ¼ Million Fr. verladen und hauptsächlich nach Süddeutschland spediert wurden. Für Bereinigung des Obstsortimentes (namentlich für Ausmerzung süsser Aepfel), bessere Pflege der Bäume u. s. w. wird sehr viel getan. Am Eichberg besitzt man eine vorzügliche «Kirschbaumlage»; auch Zwetschgen werden massenhaft an verschiedene ausserkantonale «Kirschwasserfabriken» versandt.
Rebland besass der Kanton 1902 in Hitzkirch noch 21,7 ha, die 131 hl roten Wein (zu Fr. 47,18), 554 hl Weisswein (zu Fr. 27,95) und 10 hl gemischten Wein (zu Fr. 35 pro hl) im Totalwert von Fr. 22016 lieferten. Noch vor 30 Jahren soll das Hitzkircherthal 60 ha Reben besessen haben.
Viehzucht.
Die Viehstatistik ergibt folgende Resultate:
1886 | 1896 | 1901 | |
---|---|---|---|
Rindvieh | 85807 | 97742 | 106586 |
Pferde | 4581 | 5552 | 6879 |
Schweine | 38183 | 52850 | 56782 |
Schafe | 9578 | 6492 | 5494 |
Ziegen | 19536 | 16683 | 12827 |
Bienenstöcke | 15970 | 25466 | 22497 |
Bei der Viehzählung von 1838 ergaben sich 49225 Stück Rindvieh; die Zunahme betrug also in 64 Jahren 116,5%. Dazu kommt, dass Körpergewicht, Futterverbrauch und Nutzen des Einzeltieres unzweifelhaft ebenfalls gewaltig gestiegen sind. Zum Teil ist diese anormale Zunahme der Viehhaltung allerdings auf Konto Abnahme des Ackerbaues zu setzen, zum grössern Teil aber auf intensivem Betrieb. Der östl. und südl. Teil des Kantons besitzen vorherrschend Braunvieh, der nordwestl. Fleckvieh. Das Verhältnis von Braunvieh zu Fleckvieh ist im Kanton 55: 45%, im Amt Entlebuch 63: 37%, Hochdorf 88: 12%, Sursee 48: 52%, Willisau 18: 82%. In den Aemtern Entlebuch und Willisau wird neben Milchwirtschaft ziemlich viel Aufzucht betrieben, während man sich in den Aemtern Sursee und ganz besonders Luzern und Hochdorf ganz einseitig auf die Milchproduktion verlegt. Auf 100 Kühe zählt man Aufzuchtkälber bis zum Alter von 1 Jahr: Schweiz 42, Kanton Luzern 35, Amt Entlebuch 49, Willisau 47, Sursee 37, Hochdorf 22 und Luzern 15. Es bestehen 8 Fleckvieh- und 7 Braunviehzuchtgenossenschaften. Die Milchwirtschaft bildet die Haupteinnahmsquelle eines grossen Teiles des Gebietes; die Emmenthalerkäserei steht in hoher Blüte, und das Produkt, die 100 kg schweren gelben, saftigen Käselaibe, erfreut sich eines guten Rufes in der Käsehändlerwelt. Das Wiggerthal, das Hinterland und das Amt Sursee ragen in dieser Beziehung besonders hervor und bewarben sich schon mit Erfolg um den Vorrang an schweizerischen und internationalen Ausstellungen. Die genossenschaftliche Verarbeitung der Milch ist nicht selten, doch dürfte noch ein Mehreres geschehen. In der Gegend von Luzern wird namentlich in Jahren günstiger Marktkonjunktur auch Spalenkäse und auf den Alpen des Entlebuch ein guter vollfetter Alpenkäse fabriziert, der dem Emmenthaler gleicht aber weniger offen ist und in kleinern Laiben hergestellt wird. Die Stadt Luzern absorbiert die Milch der Umgebung als Konsummilch, aus der Nähe des nördlicheren Teiles der Zentralbahnlinie bezieht Basel ziemlich viel Milch, der an den Kanton Zug angrenzende Kantonsteil gehört zum Einzugsgebiet der Milchkondensierungsfabrik Cham. In Hochdorf besteht eine grössere «Milchexport-Gesellschaft», die gekühlte Eismilch versendet, eine besondere Spezialität «Rahmkäslein» (Weichkäse, portionenweise in Staniol gehüllt) und daneben auch gewöhnlichen Emmenthaler fabriziert.
Besondere Erwähnung unter der Rubrik Rindviehzucht verdient die immer noch bedeutsame Aufzucht wertvoller Arbeitsochsen im Fleckvieh-Gebiet, speziell im Hinterland. Auch gemästet wird in dieser Gegend ziemlich viel.
Die Schweinezucht und -haltung bildete von jeher eine besonders reichlich fliessende Einnahms- und Wohlstandsquelle der luzernischen Bauersame. Einzig der Kanton Appenzell I. R. besitzt im Verhältnis zur Fläche und zur Bevölkerung noch etwas mehr Schweine als der Kanton Luzern; dagegen ist hier die Züchtung gegenüber der Mast stärker vertreten. Es beträgt der Anteil der Mutterschweine am Gesamtschweinebestand im Amt Entlebuch 19%, Willisau 19%, Sursee 18%, Hochdorf 16%, im Amt Luzern dagegen nur 7%. (Appenzell I. R. 15%). Der Kanton Luzern exportiert denn auch für grosse Summen Ferkel nach der N.-, O.- und W.-Schweiz. Es hat sich ein besonderer Typus, die Luzerner-Rasse,
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herausgebildet und bis heute erhalten: ein Tier von ansehnlicher Körpergrösse mit langgestrecktem Leib, kräftig gebauten Gliedmassen, ziemlich langem Rüssel, gewaltig grossen Hängeohren («Labiohren») und von weisser Farbe mit einigen schwarzen Flecken oder auch rein weiss. Wegen ihrer ganz hervorragenden Fruchtbarkeit, ihrer gesunden, robusten Konstitution und ihrer Genügsamkeit besitzt diese Rasse trotz ihrer etwas langsamen Entwicklung nicht nur im Kanton selbst begeisterte Verehrer, sondern sie wird auch vom Gros der Käufer aus der N.-Schweiz und den Kantonen Zürich, Thurgau etc. immer noch bevorzugt. Für intensivere Haltung, speziell auch für Käsereien hat man dagegen schon längst Kreuzungsprodukte mit dem englischen Edelschwein gezüchtet. Auch reine englische Zuchten kommen vor. In Neuenkirch-Sempach besteht eine Schweinezuchtgenossenschaft. Der Kampf für die Vorzüge der genannten Zuchtrichtungen ist ein so lebhafter, dass man geradezu von Landschwein- und Edelschweinfanatikern sprechen kann.
Pferdezucht und -haltung. Dank der ausgedehnten Verwendung von landwirtschaftlichen Maschinen hat die Haltung von Arbeitspferden in neuerer Zeit stetig zugenommen. Der Kanton besass nach der Viehzählung
Pferde | |
---|---|
1886 | 4581 |
1896 | 5552 |
1901 | 6879 |
Der Arbeitsochse musste vielerorts dem beweglicheren und rascheren Pferde weichen. Dagegen ist die Zucht quantitativ ganz auffallend zurückgegangen. Es betrug die Zahl der Zuchtstuten im Jahr 1850: 2232, 1860: 1919, 1901: nur noch 374. Die Zuchtpferde machen z. Z. vom Gesamtpferdebestand aus: im Amt Entlebuch 29%, Willisau 4%, Luzern 3%, Sursee 2%, Hochdorf 1 (Schweiz 6%). Nur das Entlebuch stellt also (im strikten Gegensatz zum übrigen Kantonsteil) ein Zuchtgebiet dar. Im 17. Jahrhundert besass hier die Pferdezucht eine sehr grosse Ausdehnung, es soll sogar auch die Qualität der Tiere besser gewesen sein als heute. Der alte Entlebucherschlag war von gedrungenem Körperbau, sehr ausdauernd und genügsam. Im Amt Willisau besteht eine Pferdezuchtgenossenschaft.
Die Schafhaltung spielt nur noch in Berggegenden etwelche Rolle. Die Zahl der Schafe geht ständig zurück; sie betrug im Jahr 1866: 15359 Stück, 1901 nur noch 5494 Stück.
Die Ziege, «die Kuh des armen Mannes», reduzierte sich während des gleichen Zeitraumes von 15176 auf 12831 Stück.
Die Bienenzucht wird mit Liebe und Sorgfalt betrieben. Es ist ihre Ausdehnung im Vergleich zur Bevölkerung in keinem andern Kanton auch nur annähernd so gross. Es kommen auf 1000 Einwohner in der Schweiz 73,15 Bienenstöcke, im Kanton Luzern 153,55 (im nächsten Rang steht Zug mit 133,86).
Landwirtschaftliche Berufsbildung, Vereins- und Genossenschaftswesen. Die glänzenden Resultate der luzernischen Landwirtschaft sind weder Zufall noch blosse Folgen einer Bevorzugung durch Mutter Natur, sondern in ganz hervorragendem Masse die wohlverdienten Früchte geistiger Regsamkeit, Intelligenz und beruflicher Schulung. Bezüglich Zugänglichkeit für berufliche Ausbildung und wissenschaftliche Belehrung beansprucht die luzernische Bauersame ohne irgend welchen Zweifel den allerersten Rang unter alten Landwirten im Schweizerlande. Lassen wir zur Rechtfertigung Zahlen sprechen: die kantonale landwirtschaftliche Winterschule in Sursee zählte in den letzten Jahren stets über 80, sogar 100 Zöglinge. Im Durchschnitt der letzten 5 Jahre kommt auf je 1087 landwirtschaftliche Einwohner oder auf rund 200 Bauernfamilien je ein landwirtschaftlicher Schüler. Nach 20jähriger Dauer dieser Frequenz kommt also je auf 10 Bauernfamilien ein Familienglied mit einem Kurs Winter-Bauernschule oder auf 20 Familien ein Mitglied mit 2 Winterkursen. Im nächsten Rang steht Aargau mit 1 Schüler auf 1534 landwirtschaftliche Einwohner. 1902/03 besass der Kanton Luzern 102, die gesamte Schweiz etwa 600 Landwirtschaftsschüler. Proportional der landwirtschaftlichen Bevölkerung müsste die Schweiz, um im gleichen Rang mit dem Kanton Luzern zu stehen, jährlich 1700 Zöglinge aufweisen. Der kantonale Bauernverein zählte 1902 in 29 Sektionen etwa 2100 Mitglieder und veranstaltete 25 Wandervorträge und 17 Fachkurse. Auch sonst ist der Verein auf allen Gebieten der Landwirtschaft intensiv tätig. Der Genossenschaftsverband zählt 33 Genossenschaften und bezieht jährlich für rund 1300000 Fr. Kunstdünger, Kraftfutter, Sämereien und landwirtschaftliche Maschinen. Auch die Genossenschaften veranstalten zahlreiche Kurse und Vorträge.
[Direktor R. Schlæfli.]
Geschichte.
Schon in vorgeschichtlicher Zeit sind einige Gebiete des heutigen Kantons Luzern, namentlich die nach N. sich öffnenden Flussthäler der Roth, Wigger, Suhr, Winen und Aa, vom Menschen bewohnt gewesen. Beweise dafür sind die vielen prähistorischen Funde. So entdeckte man in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts im Baldegger- und Sempachersee und im Wauwiler Torfmoor Ueberreste neolithischer Pfahlbauten; da und dort (vor allem im Seethal) wurden im Lauf der letzten 50 Jahre Gräber und Gegenstände aus der Bronze- und Eisenzeit blossgelegt. Noch zahlreicher sind die Spuren römischer Ansiedelungen, bestehend in Ruinen von Landhäusern und Militärstationen (Pfeffikon, Schwarzenbach, Ermensee, Ferren, Ottenhusen, Winikon, Mariazell, Buchs, Dagmersellen etc.).