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Halbkathedrale San Lorenzo, die Pfarrkirche Lugano's, zu nennen. Die am Berghang gegen den Bahnhof hin stehende Kirche ist besonders bemerkenswert durch ihre aus weissem Marmor bestehende, im Renaissancestil gehaltene und mit herrlichen Ornamenten gezierte Fassade, die wahrscheinlich von Tommaso Rodari aus Maroggia, dem Bauherrn der Kathedrale von Como, geschaffen worden ist. Sie ist «wohl die schönste Kirchenfassade der Schweiz und eine der schönern Oberitaliens. Es muss ein Genie gewesen sein, das diese Pracht geschaffen».
Das Innere der Kirche ist weit aber einfach gehalten und entspricht dem Glanz der Aussenseite nicht. Die den Glockenturm krönende kleine Kuppel datiert aus 1787. Die Kirche Santa Maria degli Angioli, die einst zu einem 1848 aufgehobenen Franziskanerkloster gehörte, stammt aus dem Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts. Ihr Grundstein wurde am gelegt. An der das Chor vom Schiff abschliessenden hohen Giebelwand bewundert man die von Bernardino Luino gemalte berühmte Passion des Heilandes, ein Meisterwerk der bildenden Kunst.
«Die gewaltige Bildfläche hat der Meister in drei übereinander befindliche Pläne oder Terrassen geteilt, von denen die mittlere ihren seitlichen Abschluss durch Kolonnaden erhält ... Während die Kreuzigung die ganze Breite des Vordergrundes einnimmt, wird auf den höhern Terrassen in nahen und fernen Gruppen der Beginn und Schluss der Leidensgeschichte geschildert». (J. R. Rahn). Unter dem Passionsbild sind auf den die Giebelwand tragenden Säulen die Bilder des h. Rochus und des h. Sebastian angebracht.
Vom selben Meister enthält die Kirche noch ein Madonnenbild und ein Abendmahl. Restaurationsarbeiten haben 1892 im Chor eine Anzahl von übertünchten und grau in grau gehaltenen Wandmalereien an den Tag gebracht, die aus etwa 1520 stammen dürften. Ebenso sind in der Marienkapelle nördl. vom Schiff einige Malereien aus etwas späterer Zeit, aber in leider nur schlecht erhaltenem Zustand gefunden worden. Die übrigen Kirchen sind San Rocco (aus dem Ende des 15. Jahrhunderts; mit Fresken von Giacomo Discepoli aus Castagnola, genannt il Zoppo di Lugano), San Carlo, Santa Marta, Sant' Antonio, Immacolata. An der Strasse nach Cassarate steht neben dem schönen Park der Villa Gabrini eine vor wenigen Jahren erbaute protestantische Kapelle.
Von weltlichen Bauwerken ist das bedeutendste der ehemalige Regierungspalast oder das heutige Municipio (Rathaus), der Sitz der städtischen Behörden. Er ist 1844 an der Stelle des einstigen Palastes des Bischofes von Como vom Mailänder Architekten Moraglia erbaut worden und war zu der Zeit, da Lugano, Locarno und Bellinzona noch abwechselnd Hauptorte des Kantons Tessin waren, der zeitweilige Sitz der Regierung. Die in antikem Stil gehaltene Fassade ist mit acht symbolischen Figuren und einer reichen Dekoration geschmückt. In dem in den grossen viereckigen Hof führenden Vestibule stehen die Statuen von vier verdienten und angesehenen Bürgern des Tessin, nämlich des Bischofes Luvini, des Pädagogen Francesco Soave, des Meisters der Ornamentik Giocondo Albertolli und des Architekten Domenico Fontana. An die Stelle des nahe beim Municipio stehenden alten und viel zu kleinen Theaters ist seit 1896 das neue Apollotheater getreten. An der Piazza della Riforma finden wir ferner noch den Palazzo De Filippi (das ehemalige Pretorio), heute Sitz der Tessiner Kantonalbank. Im ehemaligen Palazzo Riva an der Piazza del Giardino haust jetzt die Banca della Svizzera italiana. Vom neuen Theater zieht sich gegen den Cassarate hin der spornartig in den See hinaustretende prächtige Park der Villa Ciani (heute Villa Gabrini) mit seinen prachtvollen Alleen von Koniferen und einer von Vincenzo Vela geschaffenen «Desolazione». Am Ufer des Cassarate selbst erbaut man gegenwärtig ein grosses Haus für die Sekundar- und Zeichenschule.
An Unterrichtsanstalten besitzt Lugano die von etwa 1000 Schülern besuchten Gemeindeschulen, ein Gymnasium, eine technische Schule und ein kantonales Lyzeum. Im jetzigen Gebäude dieses letztern sind heute auch die Bibliothek und das kantonale naturhistorische Museum untergebracht. Ein sehr alter Spital für Stadtbürger, ein 1902 eröffneter Spital für die italienische Kolonie in Lugano, ein Waisenhaus, Kinderasyl etc. Rühriges geselliges Leben: Gesang-, Musik-, Schiess- und Turnvereine, Hilfsgesellschaften, Krankenkassen etc. Endlich befinden sich in Lugano noch ein Priesterseminar und eine Reihe von privaten Erziehungsanstalten.
Von industriellen Betrieben sind zu nennen je eine Eisenkonstruktionswerkstätte, Wagenbauwerkstätte und Gerberei, Möbelfabriken, eine Schokoladefabrik, Limonadenfabrik, Fabrik für künstliches Eis, Teigwarenfabriken, 6 Buchdruckereien etc. Es erscheinen in Lugano drei Tageszeitungen. Städtische Betriebe sind das Schlachthaus, die Gasfabrik und das Wasserwerk, das zusammen mit der Herleitung des Wassers vom Monte Tamaro her (14 km) und dem städtischen Leitungsnetz mehr als eine Million Franken gekostet hat. Daneben zählt man in der Stadt noch etwa 10 laufende Brunnen. Modern eingerichtete Strafanstalt. Grosse Bibliothek. 4 Banken und 2 Bankfilialen. Lugano ist der Sitz des Kantonsgerichtes.
Der Ueberlieferung nach soll Lugano an der Stelle einer einstigen römischen Militärstation stehen. Die im Stadtwappen stehenden vier Buchstaben L. V. G. A. sollen ¶
Plan von Lugano
Lf. 107.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 40’ O; 46° 0’ N; 1:15000]
1 Stadthaus
2 Cathedrale S. Lorenzo
3 Kirche S. Antonio
4 Kantons-Schulen
5 Gemeinde-Schulen
6 Krankenhaus S. Maria
7 Kirche S. Maria
8 Post u. Telegraph
9 Apollotheater
10 Kirche S. Rocce
11 Waisenhaus
12 Kantons Strafanstalt
13 Kapuzinerkloster
14 Gerichtsgebäude
Ch = Kirche, H = Hôtel, P = Pension
V. Attinger sc.
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Legio Quinta Gauni Auxiliaris bedeuten. Im Uebrigen weiss man von diesem Volk der Gauni nichts. Lugano wird urkundlich zum erstenmal im 9. Jahrhundert genannt. Im 12. Jahrhundert war der Ort ein beständiger Zankapfel zwischen Mailand und Como, bis er durch den Vertrag von 1194 an erstere Stadt kam. Neue Streitigkeiten brachen im 13. Jahrhundert aus, während dessen sich die Vitali, Welfen, Rusconi, Rusca und Gibellinen abwechselnd der Stadt bemächtigten. Eine Zeit lang schloss sich die Stadt zusammen mit Como der von Mailand gegründeten ambrosianischen Republik an, und 1499 unterwarf sie sich freiwillig den vom Marschall Trivulzio befehligten Franzosen. 1512 wurden Lugano und Umgegend von den Kantonen Uri, Schwyz und Unterwalden erobert, 1515 von Giulio Sanseverino zurückerobert und 1516 von Franz I. an die Eidgenossen abgetreten.
Bis 1798 blieben nun diese Landschaften ein Untertanenland der schweizerischen Stände. Damit war der innere Frieden endlich wieder hergestellt, obwohl das Joch der Landvögte keineswegs ein leichtes war. Beim Umschwung von 1798 erklärte sich die Mehrzahl der Bürger gegen die sog. Patrioten, die den Anschluss an die neu gegründete zisalpinische Republik verlangten, aber in einem blutigen Strassenkampf unterlagen. Die Bezirke Lugano und Bellinzona bildeten unter der helvetischen Republik je einen Kanton und wurden dann 1803 zum Kanton Tessin vereinigt. Lugano war zusammen mit Bellinzona und Locarno abwechselnd während je 6 Jahren eine der drei Hauptstädte, bis man 1881 Bellinzona endgiltig zum alleinigen Regierungssitz erhob.
Bibliographie.
Franscini, Stefano. La Svizzera italiana. 2 vol. Lugano 1837 und 1840. - Franscini, Stephan. Der Kanton Tessin. (Gemälde der Schweiz. 18). St. Gallen und Bern 1835. - Lavizzari, Luigi. Escursioni nel cantone Ticino. Lugano 1859. - Rahn, J. Rud. Die mittelalterlichen Kunstdenkmäler des Kant. Tessin. Zürich 1893. - Rahn, J. R. I monumenti artistici del medio evo nel tant. Ticino; trad. da Eligio Pometta. Bellinzona 1894. - Hardmeyer, J. Lugano und die Verbindungslinie zwischen den drei oberitalienischen Seen. (Europ. Wanderbilder. 114-116). Zürich 1886. - Cornils, P. Lugano; eine topographisch-klimatolog. und geschichtliche Skizze. Basel 1882. - Brusoni, Edm. Die drei oberitalienischen Seen. Bellinzona 1902.