Einen dritten Formentypus finden wir im Seegebirge: es sind die breiten, massigen Formen der krystallinen Schiefer mit oft
scharfen, gezackten Gipfeln und
Gräten wie am
Camoghè,
Monte Garzirola,
Monte Albano,
Monte Bar,
Monte Bigorio,
dann am
Monte Tamaro,
Monte Gambarogno,
Monte Gradicioli etc. Als Aussichtspunkte und touristische
Ziele stehen obenan der
Camoghè,
mit 2226 m der höchste Punkt des ganzen Gebietes, dann der
Monte Tamaro (1961 m), der
Monte Generoso (1704
m) und der
San Salvatore (909 m). Letztere, oft mit
Rigi und
Uetliberg verglichen und wie diese mit Bergbahnen versehen, sind
aber doch wieder ganz eigenartig, schroffer aufgebaut und namentlich durch die südl. Natur ihrer Vegetation und umgebenden
Landschaft gegen ihre nördl. Rivalen bevorzugt.
Noch ein Wort über die Thal- und Seebildung im Gebiet der Luganeralpen. Die
Seen insbesondere bilden
einen Schmuck dieses Gebirgsabschnittes wie er schöner sonst nirgends vorkommt. Sie liegen in meist nordsüdlich verlaufenden
Thälern, welche Thalrichtung überhaupt hier die herrschende ist. Man vergleiche in dieser Beziehung ausser den drei grossen
Randseen -
Langensee,
Luganersee und Comersee - auch die
Thäler des
Cassarate, des
Vedeggio und der
Magliasina,
die alle drei in den
Luganersee münden (der Reihe nach bei
Lugano,
Agno und Magliasino), dann das Thal von
Figino (südwestl.
von
Lugano) und den unteren Teil des
Val Mara, das bei
Maroggia ebenfalls in den
Luganersee mündet, dasVal
Intelvi zwischen den Gebirgsmassen des
Monte Generoso und des
Monte Galbiga, das
Val di Muggio südl. vom
Generoso, das
Val Cavargna
nordöstl. von Porlezza, das Thal der Marobbia südl. von Luino, den Thalzug von Valgana und viele andere.
Die westöstl. Richtung tritt seltener auf, am ausgedehntesten in der langen Thalfurche
Luino-PonteTresa-Agno-Lugano-Porlezza-Menaggio,
die als orographische Grenze der südl.
Voralpen bezeichnet werden kann. Die Entstehung mancher dieser
Thäler und der grossen
Randseen geht bis in die Zeit der miocänen Alpenfaltung zurück. Gewiss sind die heutigen
Thäler zu einem guten Teil Weiterbildungen
der alten miocänen Stammthäler. Schon diese letztern wurden zum Teil
unter Wasser gesetzt, indem die
nachmiocäne Gebirgsbildung durch vorgebaute Querriegel (wie etwa der
Monte Olimpino bei Como) die Flüsse zu
Seen staute.
In der Pliocänzeit erfolgte dann die Bildung des lombardischen Meeres zwischen
Alpen und Apennin und damit die Verwandlung
unserer
Seethäler in Fjorde. Am Ende der Pliocänzeit trat das Meer wieder zurück, der S.-Fuss der
Alpen
wurde trocken gelegt, die Fjorde wurden wieder zu
Seen.
Noch jetzt reichen diese
Seen bis unter das Meeresniveau: der
Langensee bis 178 m, der
Luganersee bis 8 m und der Comersee bis 201 m.
Ihre
Tiefe beträgt in der angegebenen Reihenfolge 375 m, 279 m und 414 m, ihre Spiegelhöhe 197 m, 271 m und 213 m.
Die erneute Hebung des Landes hatte auch eine Wiederbelebung der Erosion zur Folge, die alten Stammthäler wurden vertieft
und von den vorausgegangenen Meeresabsätzen befreit, teilweise wohl auch in ihren Richtungen verändert.
Endlich kam die Wirkung der grossen, bis in die Poebene reichenden
Gletscher. Dieselbe bestand zunächst
darin, dass die
Thäler noch weiter ausgetieft und insbesondere die alten
Kies- und Sandlager aus denselben herausgeschafft
wurden. Dann aber häuften die
Gletscher am Ausgang der
Thäler gewaltige Moränenwälle auf, hinter welchen das Flusswasser
von neuem zu
Seen gestaut wurde. Gegenwärtig findet das Umgekehrte statt: die
Seen gehen langsam zurück,
sie werden allmählig durch die Geschiebe, den
Sand und Schlamm der Flüsse zugeschüttet.
Der Comersee reichte einst weiter gegen Chiavenna und ins Veltlin hinauf, der
Lago di Mezzola ist ein durch die Ablagerungen
der Adda abgeschnittener Rest des erweiterten Comersees. Der
Langensee
(Lago Maggiore) reichte bis
Bellinzona
und noch weiter, und die
Maggia ist daran, durch ihr wachsendes Delta ein Analogon zum
Lago di Mezzola zu schaffen, das dann
rasch durch den Tessin
und die
Verzasca zugeschüttet werden wird. Der
Luganersee endlich reichte weit hinein in die
Thäler desCassarate
und des
Vedeggio und bedeckte das Gebiet des heutigen Deltas von Magliasino, so dass der
MonteCaslano eine
Insel war.
Auch von der grossen westöstl. Furche
Luino-Lugano-Menaggio werden einst grössere Teile als heute
unter Wasser gewesen sein,
wenn nicht die ganze Furche. So ist also der Prozess des Seeschwindens schon ziemlich vorgerückt, und
einst werden die völlig verschwundenen
Seen, die breiten und ausgeebneten Thalböden und die erniedrigten Höhen deutliche
Züge im Antlitz des altgewordenen Gebirges sein, wenn nicht neue Bewegungen des
Bodens die Gebirgsbildung wieder beleben und
den Anfang einer neuen Entwicklungsreihe schaffen.
italienischCeresio. Liegt zwischen dem Comersee oder Lario im O. und dem
Langensee
(Lago Maggiore) oder
Verbano im W., sowie zwischen 45° 54' und 46° 02' NBr. und zwischen 8° 52' und 9° 07' OL. von Greenwich.
Sein
Spiegel steht mit einer
Höhe von 274 m (über dem Mittelwasserstand des Mittelländischen Meeres) 77 m
höher als der des
Langensees und 75 m höher als der des Comersees. Ist mit 48 km2 Fläche der an Grösse siebente
See derSchweiz. Seine äussere Gestalt ist möglichst unregelmässig: er ist in drei Hauptarme geteilt, von denen jeder, vom
San Salvatore gesehen, wieder einen eigenen kleinen
See für sich zu bilden scheint.
Diese Arme sind der von
Lugano-Porlezza, der von SW. nach NO. zieht und der längste (15,5 km) und zugleich der tiefste ist
(279 m zwischen
Gandria und Oria; nach Lavizzari); der N.-S. gerichtete Arm
Lugano-Capolago (12,3 km lang), zwischen Lugano
und dem
gegenüberliegenden Ufer 240 m, zwischen
Melano und
San Giorgio nur noch 72 m tief; der
von S. nach N. ziehende
Arm
Morcote-PortoCeresio-Agno (10,5 km lang), zwischen
Torraccia und Lavena 95 m tief. Mit diesem letztern steht durch die
nur 11 m breite und 8 m tiefe
Enge von Lavena noch die kleine Bucht von
Ponte Tresa in Verbindung.
Zwischen
Melide und
Bissone führt ein 800 m langer und 1844-47 erbauter Damm mit
Brücke
(Ponte Diga) über den
See, der heute
von der Kantonsstrasse und der Gotthardbahn benutzt wird. Die Dampfschiffahrt auf dem Luganersee hat sich zu hoher
Bedeutung entwickelt, besonders seitdem alle drei Randseen durch Schmalspurbahnen
(Luino-PonteTresa und Porlezza-Menaggio)
miteinander verbunden worden sind. Wir hoffen, im
Supplement zu unserem Geographischen Lexikon einen von Dr. Calloni verfassten
ausführlichen Artikel über den Luganersee veröffentlichen zu können.
Bezirk der Kantons Tessin.
33120 ha gross und 45031 Ew., also 136 Ew. auf einen km2.
Umfasst den grössern Teil des Sottocenere und grenzt im N. an die Bezirke
Bellinzona und
Locarno, im
S. an den Bezirk Mendrisio
und im
O. und W. an die italienische Provinz Como. Er wird von vier Bergketten eingerahmt. Im W. erhebt sich die
Gruppe des
Monte Tamaro, die von
Magadino am
Langensee nach S. zieht und den
Monte Tamaro (1961 m),
Gradicioli (1939 m) und
Lema
(1652 m) trägt;
von diesem letztern zweigen mehrere Arme aus, die die steilwandigen Thälchen des sog.
Malcantone voneinander
trennen. Im N. finden sich der
Monte Cenere und die
Berge des
Val Collá als gute Naturgrenze zwischen dem
s. Tessin
und dem Sopracenere;
Garzirola (2116 m), Bar (1820 m) und Caval Drossa (1635 m). Das s. vom Monte Cenere liegende Val d'Isone gehört politisch zum
Sopracenere. Vom Monte Garzirola geht eine Kette nach S. aus, die bis zum Luganersee streicht und den Bezirk als wahre Mauer
im O. von Italien trennt; die Landesgrenze folgt vom San Luciopass (1537 m) an über den Pairolo (1705
m), Sasso Grande (1487 m) und Monte Boglia (1520 m) bis zum Monte Brè (930 m) genau der Kammlinie. Alle diese Berge gewähren
eine sehr schöne Aussicht auf den ganzen Bezirk, die oberitalienischen Seen, die Alpen und den Apennin.
Im S. vervollständigen der Luganersee, das Bergland von Caprino (1122-1320 m) und die Vorberge des Monte Generoso (1704 m) die
natürliche Umrahmung des Bezirkes, der dazu noch in seiner Mitte von einem NO.-SW. ziehenden und die Wasserscheide zwischen
dem Thalbecken von Lugano und der grossen Ebene von Agno bildenden Hügelzug in zwei nahezu gleich grosse
Teile geschieden wird.
Bezirkshauptort ist Lugano. Der Bezirk umfasst 12 Kreise und 101 Gemeinden: Kreis Lugano mit Lugano;
845 Reformierte. 8022 Häuser, worunter 7765 Wohnhäuser.
Ackerbau und Viehzucht genügen zum Unterhalt der Bevölkerung nicht, so dass schon seit sehr langer
Zeit ein grosser Teil entweder jedes Jahr temporär auswandert (besonders nach der Westschweiz und Frankreich) oder die Heimat
endgiltig verlässt. Grosse Auswandererzüge nach Nordafrika, Kalifornien und Südamerika haben die Einwohnerzahl von einer
Reihe von Dörfern bis auf die Hälfte vermindert. Die männlichen Bewohner des Val Colla ergreifen aus
jahrhunderte alter Tradition immer den Beruf eines Kupferschmiedes oder Ofensetzers.
Die Umgegend von Lugano hat zu jeder Zeit eine grosse Zahl von berühmten Künstlern (Architekten, Bildhauer, Maler) hervorgebracht.
Im Malcantone werden die jungen Leute mit Vorliebe Dachdecker, Gipser und Maurer. Die Jugend der hoch in den
Bergen oder abseits von Verkehrswegen gelegenen Dörfer verschmäht es ebenfalls, sich der Landwirtschaft zu widmen, und sucht
sich ihr Brot als Maurer, Flachmaler, Kunstschreiner oder Bauunternehmer. Der Luganese ist ausserordentlich tätig und arbeitsam
und verfügt über einen gut ausgeprägten
¶