52 Haushaltungen, ein Jahrhundert später taufte man jährlich 56-73 Kinder, und 1777 hatte der
Ort 70 Wohnhäuser.
In aller Ruhe erfolgte 1536 der Uebergang zur Reformation. Unterdessen hatten sich die Söhne und Töchter des
Ortes auch
in der Umgegend niedergelassen, wo sie neue Siedelungen gründeten, die alle das alte Locle als ihre
Muttergemeinde (Mère-Commune des
Montagnes) anerkannten. Dieses entwickelte sich in der Folge nur langsam, bis dann die Einführung
der Uhrenindustrie auf einmal einen raschen Umschwung der Verhältnisse zur Folge hatte. 1705 liess sich in Locle Daniel
JeanRichard (1665-1741) nieder, der zuvor in der Nähe von
La Sagne gewohnt und dort ohne weitere Anleitung
seine erste Uhr konstruiert hatte.
Der neuen Industrie kam das für die landwirtschaftlichen Arbeiten wenig günstige Klima, das den Bewohnern im langen Winter
viele freie Zeit liess, wesentlich zu Hilfe. Die Leute fanden bald Gefallen an der Uhrenmacherei, die sie lange Zeit als
reine Hausindustrie betrieben. Im
Lauf der Jahre hat sich dann in Locle eine grosse Anzahl von intelligenten
Männern um die stete Vervollkommnung ihres Kunsthandwerkes verdient gemacht. Wir nennen davon Ferdinand
Berthoud (1727-1807),
der den Franzosen die Herstellung der Schiffschronometer lehrte, Abram Louis Breguet (1747-1823), Abram Louis Perrelet (1729-1826),
Jacques FrédéricHouriet (1743-1830), die beiden durch ihre Automaten berühmt gewordenen Jaquet-Droz
(Pierre 1721-1788 und Henri Louis 1752-1789), die zwar in
La Chaux de Fonds wohnten aber gleich allen alten Geschlechtern des
Hochjura zugleich auch Bürger von Locle waren; ferner Sylvain Mairet (1805-1890), Louis
JeanRichard (1812-1875; Urenkel von
Daniel
Richard), Jules Jürgensen (1808-1877), Ulysse Nardin (1823-1876) und Henri Grandjean (1803-1879),
dem die Erstellung der kantonalen Sternwarte in Neuenburg
und die Gründung der Uhrenmacherschule in Locle in erster Linie zu verdanken
ist.
Die Stadt Locle nennt sich auch mit Stolz die Heimat der Familie Girardet, deren Stammvater der erste Buchhändler der
«Montagnes»
war und deren Nachkommen sich bis heute als Künstler ausgezeichnet haben. Bürger von Locle waren ferner
der Landschaftsmaler Alex.
Calame (1810-1864);
der Pfarrer Andrié
(1792-1866), der sich um das Schulwesen von Locle und des ganzen Kantons Neuenburg
verdient gemacht hat.
Lange Jahre hat in Locle der
aus
Sainte Croix stammende August Jaccard (1833-1895) gewohnt, der es vom einfachen Uhrenarbeiter bis zum Professor an der
Neuenburger Akademie brachte und einer der geschätztesten und zugleich seiner Bescheidenheit wegen beliebtesten Geologen
der
Schweiz war.
Als 1813 das zweite Armeekorps der Verbündeten unter dem Befehl des Fürsten vonLiechtenstein in
Le Locle,
Les Brenets und
La Chaux du MilieuQuartier nahm, hatte die Bevölkerung unter den unaufhörlichen Requisitionen und Belästigungen
aller Art vieles zu erdulden. 1814 erhielt Locle den Besuch des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preussen und 1842 denjenigen
seines Nachfolgers, des Königs Friedrich Wilhelm IV. 1871 endlich zog ein Teil der über den
Col des Roches
auf Schweizer Boden übergetretenen französischen Ostarmee Bourbaki's durch Locle.
Die Ortschaft ist mehrere
Male von verheerenden Feuersbrünsten heimgesucht worden, namentlich von denen der Jahre 1683, 1765 und
1833, welch' letzterer 45 mitten im Dorf stehende
Häuser zum Opfer fielen. Diese Katastrophe hatte aber
die gute Folge, dass man einen ganz neuen Bebauungsplan aufstellte und durch gegenseitigen Austausch zwischen öffentlichem
und privatem Grundeigentum den zu dessen Verwirklichung notwendigen Raum schuf. Der einst dreieckige und nur kleine Marktplatz
wurde vergrössert und zugleich zu einem Viereck umgestaltet, und die unregelmässig verlaufenden
Gassen wurden in
breite und geradlinige
Strassen umgewandelt. Von dieser Zeit an beginnt die Entwicklung von
Le Locle zu der modernen Stadt,
als welche wir sie heute kennen. Zum
Schlusse unserer Uebersicht führen wir noch an, dass
DavidPerret und Henri Grandjean
am in
Le Locle die Fahne des Aufruhrs erhoben, der Neuenburg
von der
Herrschaft des
Hauses Brandenburg
¶
mehr
befreien und mit der Erklärung zur Republik enden sollte.
(Valléedu) (Kt. Neuenburg,
Bez. Le Locle).
Hochthal im zentralen Jura, 8 km lang und zwischen 100 m und 1 km breit.
Streicht zwischen den Ketten des Pouillerel und Sommartel von NO. nach SW. und senkt sich vom Crêt du Locle, wo es ins Hochthal
von La Chaux de Fonds übergeht von 1024 m rasch bis zu 956 m (am Pied du Crêt) und 919 m (am Col des Roches),
um dann an seinem SW.-Ende wieder bis zu 1050 m (Les Queues) anzusteigen. Das Thal bildet somit eine allseitig geschlossene
Wanne, deren Wasser nur durch den natürlichen Felstrichter beim Col des Roches und durch den 1805 durch
den Fels der Roches Voumard getriebenen, 300 m langen Stollen einen Abfluss finden.
Auf die S.-Flanke des Hauptthales öffnen sich mehrere kleine Seitenthäler, wie die Combe des Enfers (Kluse), Combe Robert,
Combe Girard (Kluse), die Jaluse und die Combe Jeanneret. In geologischer Beziehung bildet das Thal von Le Locle
eine aus mächtig entwickelten Schichten der obersten Glieder der Juraformation bestehende Mulde, deren Schenkel sowohl im
NW. als im SO. überliegen. Im Muldenkern treffen wir Kreideschichten, so (in der Combe Girard ziemlich fossilreiches) Valangien,
Hauterivienmergel und gelbe Kalke der obern Hauterivienstufe.
Das Urgon fehlt, wenigstens an den beiden Thalrändern, wo es offenbar während der dem Absatz der marinen
Molasse vorangehenden langen Festlandsperiode der Erosion zum Opfer gefallen ist. Das gleiche Schicksal hat die im benachbarten
Thal von Morteau noch wohl erhaltenen Schichten des Albien und Cenoman getroffen, wenn solche überhaupt jemals vorhanden
gewesen sind. Da alle Ablagerungen der Eocän-, Oligocän- und untern Miocänzeit fehlen, muss sich hier
auf jeden Fall eine lange Festlandsperiode zwischen die Kreidezeit und das mittlere Miocän eingeschaltet haben.
Die ältesten tertiären Ablagerungen im Thal von Le Locle gehören der marinen Molasse (helvetische Stufe) an, die an ihrer
Basis aus groben Sandsteinen, dann aus wechsellagernden, weichen Sandsteinen und Mergeln besteht und
an den Thalrändern in eine Art Nagelfluh (Gompholithe) übergeht, wie dies
an den Eisenbahneinschnitten zwischen dem Bahnhof
Locle und dem Crêt du Locle sehr schön beobachtet werden kann. Entstanden ist diese Nagelfluh jedenfalls aus dem Schuttmaterial
des Küstenerosion und auch durch Bergstürze, die von den damals schon stark gehobenen Hängen der Kette
des Pouillerel in den tertiären Golf niedergebrochen sind. Da sie (wie dies Jaccard zuerst nachgewiesen hat) an manchen
Stellen mit dem marinen Molassesandstein wechsellagert, kann ihr miocänes Alter nicht bezweifelt werden.
In den obern Lagen besteht die marine Molasse aus grünlichen Sandsteinen und Sanden, welche exotische
Gesteinstrümmer nichtjurassischen (alpinen?) Ursprunges und eine Menge von Materialien lokaler Herkunft (Gerölle und Fossilien
des Neocom etc.) einschliessen und mit fossilreichen graugrünen Mergeln wechsellagern. Es ist dies der Horizont der Ostreacrassissima. Ueber diesen Schichten folgt eine Lage von roten Mergeln, die an den Flanken des Thales überall
angetroffen wird und eine weite undurchlässige Mulde bildet.
Die darauf folgende Bildung besteht aus weissen, grauen oder braunen Süsswasserkalken mit Einlagerungen von Mergeln, Kieselknollen
(Menilith) und winzigen Schieferkohlenflözchen. Diese Süsswasserformation gehört der Oeningerstufe an. Der Süsswasserkalk
wird seiner geringen Widerstandsfähigkeit wegen von den Landleuten «toter Stein» (pierre morte) genannt.
Die Oeningerstufe zeigt hier zwei getrennte Horizonte, nämlich dicke Bänke von Süsswasserkalk (pierre morte) einerseits
und wechsellagernde Mergel, Kieselmergel und Kohlenmergel (mit zerfressenen Menilithkonkretionen, die oft Opaldrusen enthalten)
andererseits.
Die von A. Jaccard untersuchte reiche Fauna dieser Stufe besteht ausschliesslich aus Süsswasser- und Landformen; am häufigsten
vertreten sind die Molluskenarten Helix, Limnaea, Planorbis, Bithinia, Melanopsis und Unio und die landbewohnenden
Formen Listriodon, Palaeomeryx und Dinotherium. Die Flora (Populus, Salix, Driandroides, Laurus, Cinnamomum, Acer, Celastrus,Caesalpinia, Ilex etc.) weist auf ein subtropisches Klima hin, dessen jährliche Mitteltemperatur nach den gefundenen Insekten
(Calosoma, Buprestis) auf etwa 18° C. geschätzt werden kann. Es ist möglich, dass sich die Bildung
der am NW.-Hang der Mulde besonders stark entwickelten Nagelfluh bis zum Beginn der Oeningerzeit fortgesetzt hat. Im ganzen
betrachtet, zeigen uns diese Ablagerungen, dass der einst von der Umgegend von Les Queues bis zum NO.-Ende des Thales von La Chaux de Fonds
reichende Süsswassersee allmählig austrocknete und in seinen letzten Stadien nur noch ein Torfmoor
darstellte, das bis ins Pliocän und Quaternär hinein bestanden haben muss. Das Thal von
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