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Eindruck. Sie ist von einem ganzen Kranz von Bergen umrahmt, die sie gegen alle rauhen Winde schützen. Die das Maggia- vom Verzascathal trennende Kette bricht n. über Locarno jäh ab und gipfelt hier in den Spitzen des Madone (2069 m), Cardada (1676 m) und Trosa (1874 m). Diese schützen Locarno vor den N.-Winden, während der W.-Wind vom Gridone und seinen Ausläufern aufgefangen wird. Im S. schliesst die mit Kastanien und Buchen bekleidete Kette des Gambarogno den Horizont ab. Im Sommer kühlt ein an schönen Tagen regelmässig von 10 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmittags wehender Seewind die heisse Luft angenehm ab. Schon der alte Josias Simler sagt über Locarno's bevorzugte Lage in seinem Buch De republica Helvetiorum (1576) folgendes: Aeris temperies, clementia et salubritas est quantam optare licet.
Austri nonnisi refracti et retusi eo proveniunt propter objectos illic montes. Boreas et ipse saepe clementior est propter altitudinem montium. Das Klima von Locarno zeichnet sich nicht nur durch seine Milde, sondern ganz besonders auch durch seine Gleichmässigkeit aus. Schroffe Temperaturschwankungen und Nebel sind hier nahezu unbekannt. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 12° C. und der mittlere jährliche Barometerstand (Observatorium Muralto, 242 m) 742 mm. Das Temperaturmittel aus den drei kältesten Monaten (Dezember, Januar und Februar) beträgt 2,8° und dasjenige der drei wärmsten Monate (Juni, Juli und August) 20,5°. Locarno hat mit 200 cm die grösste jährliche Niederschlagssumme der Schweiz; doch verteilt sich der Niederschlag auf nur wenige Tage.
Platzregen sind häufig; vor der grossen Ueberschwemmung von 1868 fielen einmal in 40 Minuten volle 70 mm Regen. Man kann hier im Dezember und Januar nicht selten 25 Sonnentage hintereinander beobachten, und mitten im Winter spazieren die Fremden mit dem Sonnenschirm und pflücken in der Umgebung der Stadt Veilchen und Primeln. Von den Mauern Locarno's sagt Dr. H. Christ in Basel, ein begeisterter Freund des Tessin und seiner Flora, folgendes: «Jede Mauer in dem an Mauern gewiss nicht armen Tessin zeigt uns, deutlicher als nirgends ein anderer Standpunkt, ein Wechselbild von Sonne und ewiger Frische. Bei uns pflegen die Mauern kahl zu sein, und werden sie alt und bleiben sie vergessen, so überziehen sie sich etwa mit gelben Flechten, kaum dass hie und da spärlich ein Gras, ein Geranium rupertianum sich ansiedelt. Um Locarno herum ist die Farbe der Feldmauern durchweg grün, denn sie sind zart umkleidet von einem Anflug von Jungermania, Moosen, Lycopodien, Farnen und Blütenpflanzen der zierlichsten Arten, die bei uns beinahe nur den lebendigen Fels bewohnen». (Vegetationsansichten aus den Tessineralpen im Jahrbuch des S. A. C. 1873-1874). Das Klima von Locarno eignet sich besonders für Rekonvaleszenten und Nervenkranke.
Locarno steht zum Teil auf dem von der Maggia angeschwemmten Delta, das sich stetig weiter vergrössert und das die Stadt in absehbarer Zeit vom See abgetrennt haben würde, wenn man diesen wilden Bergstrom nicht im Verlauf der letzten Jahre kanalisiert und die Seeseite Locarnos mit einem gemauerten festen Quai von einem Kilometer Länge geschützt hätte. In der Tat flutete einst der See an der Stelle, wo heute der grosse Stadtplatz liegt und reichte bis zum Fuss der Kyklopenmauern des alten Schlosses hin.
Auf diesem von der Maggia dem See abgewonnenen Terrain ö. der Altstadt steht das moderne Viertel von Locarno mit seinen von alten Pappeln beschatteten schönen Promenaden, mit dem Theater, einem wirklichen Kleinod moderner Architektur, mit einer prachtvollen Palmenallee (Chamaerops), mit Gasthöfen, Villen, dem schönen Postgebäude, einer Bank, der Turnhalle, dem Denkmal des Volkstribunen August Mordasini und endlich mit der Halle für den Buttermarkt, die, von ¶
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alten Platanen beschattet, neben dem ehemaligen Regierungsgebäude (Palazzo) steht. Hier liegt ferner der schöne Volksgarten mit einer grossen Volière und einem Teich, auf dem Schwäne und Enten ihr munteres Wesen treiben. Der «Palazzo», der heute Eigentum der Tessiner Kreditanstalt ist, diente zu jener Zeit (1814-1881), da der Kanton Tessin noch drei Hauptorte hatte und die Regierung für je 6 Jahre abwechselnd in Bellinzona, Lugano und Locarno sich befand, als Locarneser Regierungssitz.
Auf dem grossen Platz wird jeden zweiten Donnerstag Markt gehalten, der des Interessanten ausserordentlich viel bietet: «Einen Punkt, auf dem sich das Leben, die Gebräuche, die Trachten so vieler Thalschaften in solch' origineller Weise darstellen, wo so viel Ursprüngliches, aller modernen Kulturveränderung Trotzendes vor unsere Augen tritt, wie auf diesem locarnesischen Marktplatz, gibt es wohl in der ganzen Schweiz nicht wieder.» (J. Hardmeyer). Die die Piazza Grande im NW. abschliessende Häuserreihe bildet mit den Erdgeschossen lange Bogengänge, auf die sich die Verkaufsmagazine, Gastwirtschaften und Restaurants etc. öffnen.
Das bemerkenswerteste Bauwerk ist hier das mitten in der Stadt stehende Rathaus, der Sitz der städtischen Behörden, das 1897 an die Stelle des von Baron G. A. Marcacci, dem einstigen helvetischen Konsul bei der lombardisch-venetianischen Regierung, seiner Vaterstadt geschenkten Gebäudes getreten ist. Wenn bei Anlass der Charfreitagsprozession der ganze Platz festlich beleuchtet wird, glaubt man sich in ein Märchenland versetzt. Von der Piazza Grande aus führt ins alte Locarno eine Reihe von engen Gassen und düstern Durchgängen hinein, an denen die alten Patrizierhäuser der Stadt stehen.
Manche derselben sind in den letztvergangenen Jahren durch Neubauten ersetzt worden. An der von der Piazza nach W. abzweigenden Gasse alla Motta steht links das auf einem Teil des verlandeten einstigen Hafens 1893 erbaute grosse Primarschulhaus. Dahinter erhebt sich etwa 100 m weiter gegen NW. das ehemalige Kastell (Castello) von Locarno, das von den Goten erbaut worden ist und mit dem Beginn der Herrschaft der Visconti (1342) eine grosse Bedeutung erlangte. Es war damals eine der festesten Burgen Oberitaliens und wurde 1502 von einer Armee von 10000 Eidgenossen belagert, die es vergeblich mit Sturm zu nehmen versuchten.
Von seinem einstigen Glanz und von der Macht der hier residierenden Herren zeugen heute noch die Ueberreste seiner mächtigen Mauern, seine unterirdischen Gewölbe, seine den Hof umgebenden Loggien, seine Freskomalereien, Holzschnitzereien etc. und endlich die letzten Ueberreste seines ehemaligen Seehafens. Im Laufe der Zeiten und mit dem Niedergang der Feudalherrschaft liess man den Bau allmählig zerfallen und endlich nach seiner 1513 durch den Herzog Maximilian Sforza erfolgten Uebergabe an die Eidgenossen zum grössten Teil abtragen. Der stehen gebliebene Teil der Burg diente dann den Landvögten zur Wohnung und wird heutzutage als Gefängnis, Gerichtshaus und Amtslokal des Regierungsstatthalters verwendet.
«Wie mag es hier in früheren Jahrhunderten so ganz anders ausgesehen haben! Stolz erhoben sich die Türme des weitläufigen Schlosses mit ihren gezackten Dachkronen, weit ausgedehnte Vorwerke und eine Mauer, die an den steilen Berg hinaufreichte, schützten es vor der Annäherung der Feinde, und mit dem See stand ein kleiner Hafen in Verbindung, der ebenfalls von Mauern und Türmen umgeben war. In demselben lagen die Kriegsfahrzeuge der Schlossherren, ganzerre genannt». (J. Hardmeyer).
Von grossem künstlerischen und historischen Interesse ist auch die auf den Schlosshof hinausgehende Loggia. J. Hardmeyer, den zu zitieren wir bereits einige Male Gelegenheit hatten, sagt darüber in seinem reizenden kleinen Buch Locarno und seine Thäler (vergl. die Bibliographie zu diesem Artikel) was folgt: «Auf der kleinen Loggia lesen wir in den Säulen allerlei Namen eingemeisselt: Hans Jakob Richenbacher von Schwyz, Wernli Jüz von Schwyz, Grosswaibel zu Luggaris 1637, 1638; Christen Frey von Zug 1655 und 1656 u. a. m. Beim Lesen derselben ersteht vor unserem Auge das Bild der alten landvögtlichen Zeit. Wir sehen vor uns diese Waibel, schmucke, stramme Männer aus dem Land jenseits der Berge, wie sie den oft zitternden und zagenden Untertanen den Zutritt zum Herrn Landvogt gewähren oder versagen. Sie sind wohl oft mit scheelen Augen angesehen worden, und indem sie sich hinwegsehnten aus dem Lande, wo sie, als unverstandene Fremdlinge gefürchtet und gemieden, die Tage ihres Bienniums verbrachten, gruben sie ihre deutschen Namen ein in den welschen Stein und dachten wohl mit Sehnsucht hier in der luftigen Loggia an die Holzlaube und an die heimelige Stube des Vaterhauses im grünen Thal ihrer Heimat. Drinnen im Saale inquirierte der gestrenge Herr Landvogt durch den Mund des Landscriba, des Landschreibers, und sprach sein Urteil, das meist auf Geldbusse lautete; denn die zwei ¶