Dorf Ober Lengnau: 120
Häuser, 653 Ew.;
Dorf Unter Lengnau: 28
Häuser, 157 Ew. Katholische Kirchgemeinde. Acker- und Weinbau,
Viehzucht; Vieh- und Holzhandel. Zwei
Mühlen, je eine Ziegelei und Bierbrauerei. Bemerkenswerte Synagoge. Das hier einst
bestehende Amt eines Rabbiners ist seit dem starken numerischen Rückgang der jüdischen Bevölkerung aufgehoben worden.
Die
Juden haben ihr eigenes Armen- und Altershaus und ihren eigenen Friedhof. Während die
Juden schon im Mittelalter in vielen
Städten und Städtchen der
Schweiz zu finden sind, haben sich die ersten jüdischen Familien in Lengnau erst um 1633 niedergelassen;
vermutlich sind sie aus Deutschland eingewandert, um dem dortigen Kriegselend zu entgehen. In das benachbarte
Endingen kamen sie noch später.
Seit 1774 blieben sie auf diese beiden Gemeinden in der
GrafschaftBaden beschränkt und erhielten zwei Jahre später einen
Schirmbrief. In der Zeit der Helvetik zeigten sich die Behörden geneigt, den
Juden grössere
Freiheiten zu gewähren; doch
erregte dies die Eifersucht der benachbarten christlichen Bevölkerung. Es kam im Herbst 1802 zu Angriffen
auf die
Juden in Lengnau und
Endingen und zu Plünderungen. Bei der Gründung des Kantons Aargau
1803 wurden mit der
GrafschaftBaden auch
die beiden Judendörfer dem neuen Kanton angegliedert, doch anerkannte man die
Juden noch nicht als Kantonsbürger.
Sie blieben auch jetzt auf die beiden
Dörfer beschränkt. Die völlige politische und Rechtsgleichheit mit den christlichen
Bürgern erhielten sie erst im
Lauf der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nachdem 1856 ein Bundesbeschluss allen
Juden die
Befugnis zur Ausübung ihrer politischen Rechte im Heimatkanton gewährleistet hatte, erliess derKanton Aargau
1862 ein
hierauf bezügliches Gesetz. Dagegen erhob sich aber unter der Leitung des Redaktors Schleuniger im ganzen Kanton eine starke
Opposition, der Grosse
Rat wurde abberufen, und man verlangte Aenderung des Judengesetzes.
Das abgeänderte Gesetz fand jedoch nicht die Billigung der Bundesbehörden, so dass man auf den Ausweg verfiel,
den
Juden zwar die Ausübung der politischen Rechte zuzugestehen, ihre eigentümliche Organisation aber beizubehalten. Erst 1877 wurden
die letzten Unterschiede beseitigt und die Judenkorporationen zu Ortsbürgergemeinden
(Neu Lengnau und
NeuEndingen) erhoben.
(Vergl.
Haller, Ernst. Die rechtliche Stellung derJudenimAargau.
Aarau 1901). 1275: Lenginawe.
Zusammen 414
Häuser, 1748 reform. Ew. Das zu beiden Ufern der hier überbrückten
Simme gelegene Pfarrdorf zählt 32
Häuser
und 166 Ew. Land- und Alpwirtschaft, Viehzucht. Fremdenindustrie. Sehr bekanntes und beliebtes
Schwefelbad. Die beiden links
derSimme entspringenden
Mineralquellen sind sehr reich an Schwefelwasserstoff und zeigen besonders bei
Hautkrankheiten und chronischen Katarrhen gute Resultate. Nahe dem Kalkfelsen «Im
Stein» (unweit vom Dorf) entspringen noch verschiedene andere Schwefelquellen, deren eine bei den Fundationsarbeiten
für den Scheibenstand aufgefunden wurde; sie ist ziemlich ergibig, enthält aber weniger Schwefelwasserstoff als die
vom Heilbad benützten Quellen und wird nur gelegentlich verwendet.
Man geht mit dem Gedanken um, ihr
Wasser bis zu den Gasthöfen im Dorf zu leiten und allgemein zugänglich zu machen, um damit
das von der Badgesellschaft bisher allein innegehabte Monopol auf die Benutzung der Schwefelwasser zu brechen. Schöne Aussicht
auf den vom
Wildstrubel und Rätzligletscher gebildeten Thalabschluss. Die Lenk ist Exkursionszentrum
für eine Reihe von Hochtouren, die durch die
Wildstrubelhütte (2840 m; Privateigentum) und die
Wildhornhütte des S. A. C.
(2300 m) wesentlich erleichtert werden.
Saumpfade führen über das
Hahnenmoos (1954 m) nach
Adelboden (3½ Stunden), über den
Trüttlisbergpass (2040
m) und
Stüblenenpass (1991 m) nach
Lauenen (4-5 Stunden) und über den
Rawilpass (2415 m) nach
Sitten (9½ Stunden). Die Lenk
wurde 1386 von Bern
den Edlen von
Düdingen abgekauft und hat bei den häufigen Streitigkeiten zwischen Bern
und den Wallisern eine
gewisse
Rolle gespielt. Die Ueberlieferung erzählt, dass die Frauen der Lenk zu Ende des 14. Jahrhunderts
die über den Rawil ins Land eingedrungenen
Walliser siegreich zurückgeschlagen haben sollen, wofür sie das Recht erhielten,
zuerst vor den Männern aus der Kirche zu gehen. 1418 marschierte Witschard (Guiscard) von
Raron mit einer Truppe von Oberländern
durch die Lenk.
DieLenk war in kirchlicher Beziehung zuerst eine Filiale von
Zweisimmen, bis sie 1505 zur selbständigen
Pfarrei erhoben wurde. Am fiel ein grosser Teil des Dorfes zusammen mit der 1504 erbauten Kirche einer Feuersbrunst
zum Opfer, doch konnten die prachtvollen Glasmalereien (heute im historischen Museum zu Bern)
gerettet werden.
Auf dem Friedhof hat man Goldmünzen aus dem 14. Jahrhundert aufgedeckt. In der Lenk findet man noch viele typische
OberländerHolzhäuser. Die ausgedehnten Alpweiden der Gemeinde repräsentieren einen Wert von 1731225 Fr. Der Name Lenk ist von
dem in den
Alpen häufigen Ausdruck «Läng
Egg» herzuleiten.
Grosses Interesse bieten die Umgebungen der
Lenk auch in geologischer Hinsicht. Während die Thalsohle aus Flysch und Nummulitenkalken besteht, sind die Gehänge aus
Jura- und Triasschichten
¶
mehr
in umgekehrter Lagerung aufgebaut. Die Schwefelquelle beim Scheibenstand entspringt neben einer Bank von Oxfordkalk, in deren
Nähe wiederum Nummulitenkalk («Im Stein») und Flysch anstehen. Höher oben findet man triasischen Gips. Vergl. Buss, E.,
und A. Treichler. Badund Kurort Lenk.Bern
1877. - Buss, E. Das Bergleben in religiöserBeleuchtung; zurErinnerung an die Lenk.Bern
1878. - Gempeler-Schletti, David. Heimatkunde desSimmenthales. Bern
1903. - Führer von Lenk; herausgegebenvom Verkehrsverein.