mehr
zu einer Strafe von 1-3 Monaten verurteilt sind, für Militärpersonen und wegen politischer Vergehen Verurteilte. An der moralischen Hebung der aus dem Gefängnis oder der Strafanstalt entlassenen Personen arbeitet ein 1878 gegründeter und 1895 reorganisierter Schutzaufsichtsverein (Société de patronage), dessen Einnahmen sich aus Schenkungen und Vergabungen, sowie aus Beiträgen seitens des Staates und der Gemeinden zusammensetzen.
Gemeinnützigkeit.
Lausanne erfreut sich sehr zahlreicher Einrichtungen zu wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken. Man zählt deren über 150, deren Tätigkeit sich auf die verschiedensten Gebiete erstreckt. Das Armenwesen ist zentralisiert in dem 1854 gegründeten Zentralarmenbureau (Bureau central de bienfaisance), das die in der Gemeinde wohnhaften Bedürftigen unterstützt und beaufsichtigt. Dazu gesellen sich zahlreiche aus der privaten Initiative hervorgegangene Institute ähnlicher Art: die Association des Amies des pauvres (1871 gestiftet), die den Hausbettel bekämpft;
die Société pour réprimer les abus de la mendicité (1853), die jeden unbekannten Armen zur Empfangnahme einer Gabe an ihr Bureau verweist;
das den armen Durchreisenden offen stehende Nachtasyl;
die Wärmestuben (1879), die während der kalten Jahreszeit den arbeitslosen Männern zugänglich sind;
der Bücher de bienfaisance (1775), der an bedürftige Familien Brennholz abgibt;
das Comité des secours d'hiver (1891), das in strengen Wintern Suppe und Brennholz verteilt;
die Société des fourmis, deren Mitglieder Kleider für die Armen verfertigen;
die Direction des pauvres habitants (1776), die solche Arme unterstützt, welche während wenigstens 6 Jahren in der Gemeinde niedergelassen sind;
die Stiftung der Frau von Effinger von Wildegg, geb. de Charrière, die armen Leuten bei Bezahlung des Mietzinses zu Hilfe kommt;
der deutsche Hilfsverein (Société allemande de bienfaisance; 1870), der durchreisende oder in Lausanne wohnhafte Angehörige des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns unterstützt;
der französische Hilfsverein (Société française de bienfaisance; 1873) zur Unterstützung durchreisender oder in Lausanne ansässiger Bedürftigen französischer Nationalität;
der Hilfsverein katholischer Frauen (Société de bienfaisance des dames catholiques; 1850);
die Diakonien der Landeskirche und der freien Kirche, die für Arme und Kranke sorgen;
die Schulküchen (Cuisines scolaires) für die Volksschule (1890) und die katholische Schule (1902), die den Kindern ein Mittagsmahl abgeben;
die Gesellschaft des h. Vinzenz von Paul für bedürftige Katholiken;
die Krippe (Crèche de Lausanne; 1873), die die kleinen Kinder solcher Mütter hütet, welche tagsüber ihrem Erwerb nachgehen müssen;
das Arbeitsamt (Bureau de travail; 1892);
der Arbeitshilfsverein (Société de secours par le travail; 1891) mit Werkplatz;
die Schreibstube für Stellenlose (Adresseoffice; 1897);
der Ouvroir (1873), der verwitweten oder geschiedenen Familienmüttern Arbeit verschafft;
die Arbeitsstuben für Frauen (Ateliers de travail pour femmes), die arme Frauen mit Näharbeiten beschäftigen.
Der bedürftigen Kranken nehmen sich an der Kantonsspital, die staatliche Krankenpflegerinnenschule (1859), das Diakonissenhaus
Bethanien (dessen Schwestern die zu Hause bleibenden Kranken unentgeltlich pflegen), die verschiedenen Kliniken, die zentrale
Poliklinik, die Stiftung zur Lieferung von Krankenstühlen (1884), die Frauenklinik, der Zentenarhilfsverein
(Société de bienfaisance du Centenaire) für Lungenkranke und
Personen mit abschreckenden Krankheiten; der Frauenhilfsverein
für arme Wöchnerinnen (Société maternelle; 1830), das vom Sanitätsrat 1889 eingerichtete Nachweisbureau von guten Ammen,
der Kinderspital mit seiner Apotheke, das Blindeninstitut, das Asyl
für arme und unglückliche Greise in
Chailly, das sog.
Asile du Foyer (1901) für blinde und blödsinnige Kinder, das Gemeindeabsonderungshaus
(Lazaret de commune)
im
Moulin
Creux, das orthopädische Institut, die Sektion
Ouchy des internationalen Hilfsvereins vom
Genfersee (Société internationale
de sauvetage du
Léman), der Waadtländer Frauenverein vom
Roten
Kreuz, das Asyl
Louis Boissonnet in
Vennes (1873) für Rekonvaleszenten
und Erholungsbedürftige;
die Stiftung Bugnion, aus deren Zinsen 3-4 Armen mit unheilbaren Krankheiten eine Badekur in Leuk, Aigle etc. ermöglicht wird;
die Stiftung von Effinger von Wildegg (1849), die alte Dienstboten unterstützt und armen Kranken eine Badekur ermöglicht;
die Stiftung J. J. Faure zu Gunsten von Lehrern und Lehrerinnen, die Ferienkolonien für arme und kränkliche Kinder (1884) und endlich die Ferienspaziergänge für solche Kinder, die in den Kolonien keine Aufnahme gefunden haben.
Für die Verlassenen und allein Stehenden sorgen die 1888 gegründete Institution cantonale en faveur de l'Enfance malheureuse et abandonnée;
das Comité pour l'éducation de l'Enfance abandonnée (1831), das arme oder verlassene Kinder versorgt;
die Solidarité (1882), die sich solcher Kinder ohne Rücksicht auf ihre Nationalität oder Religion annimmt;
das Waisenhaus (Orphelinat de Lausanne; 1726), das die Waisen aufnimmt, erzieht und versorgt;
das kantonale Altersasyl
(Etablissement cantonal des incurables et vieillards infirmes);
der freie Hilfsverein für arme Unheilbare (1827);
das Heim und die Arbeitsstube (Home et Ouvroir) für erwachsene Blinde weiblichen Geschlechtes;
die Stiftung Rappold (1883) zu Gunsten alter Lehrerinnen;
die Vereinigung der Freundinnen junger Mädchen (1882);
die Vereinigung zum Schutz zureisender Mädchen (Œuvre des arrivantes à la gare; 1890);
das Heim für junge Dienstmädchen;
das Mädchenasyl
für vorübergehend
stellenlose Dienstboten und alleinstehende arbeitslose Mädchen überhaupt;
das Home du Bon Secours (1902) in Sainte Claire als Heim und Arbeitsnachweisbureau für vorübergehend stellenlose Mädchen katholischer Konfession;
das Asyl
Eben Hezer für gebrechliche oder nicht ansteckend kranke Kinder;
der Waadtländer Schutzaufsichtsverein für entlassene Sträflinge (1878);
das Asyl
für gefallene Frauen oder Mädchen (1884) und das
Heim für gefallene Mädchen.
In Lausanne bestehen 4 Sparkassen, sowie mehrere Kranken-, Alters- und Sterbekassen; ferner etwa 20 auf Gegenseitigkeit beruhende Unterstützungsvereine in Krankheits- und Sterbefällen, als deren wichtigste wir nennen die 1803 gegründete Société industrielle de secours mutuels und die 1832 gegründete Société typographique de secours mutuels. Ihren Zentralsitz haben in Lausanne die Société vaudoise de secours mutuels (1846 gegründet) mit 42 Sektionen und 6412 Mitgliedern und die Fraternité, der kantonale Unterstützungsverein in Todesfällen (1889 gegründet), mit 37 Sektionen und 5722 Mitgliedern.
Den Kampf gegen den Alkohol und die Unsittlichkeit führen: der Verein vom Blauen Kreuz, die Vereine «Espoir» (für Kinder) und «Avenir» (der Landeskirche angegliedert), die Guttempler, die Waadtländer Sektion der Ligue patriotique contre l'alcoolisme, die alkoholfreien Wirtschaften, die Violette (nahe der Kaserne ¶
mehr
gelegener Saal für die Soldaten), der alkoholfreie Gasthof, das Asyl
Bethesda für weibliche Alkoholiker der welschen Schweiz,
die seit 1886 bestehende Einrichtung der zu Weihnachten erfolgenden Verabreichung von Thee und Brötchen an die Postangestellten,
die Liga vom Weissen Kreuz (1881), das Waadtländer Comité gegen die Verbreitung unsittlicher Literatur, die Waadtländer
Gesellschaft zur Hebung der Sittlichkeit und die ebenfalls gegen die Unsittlichkeit kämpfende Association du sou (1879).
Gemeinnützige Zwecke verschiedener Art verfolgen: der Waadtländer Friedensverein, der Waadtländer Tierschutzverein, die Waadtländer gemeinnützige Gesellschaft, der Verkehrsverein Lausanne (Société du développement de Lausanne), die Ligue pour l'action morale (1896), die Volkshausgesellschaft, der Phare (christl. Jünglingsverein; 1886), die Bibelgesellschaft des Kantons Waadt (1881), die Société biblique auxiliaire (1826), das Comité zur Verbreitung religiöser Traktate (1827), die Vereinigung zur Verteilung von Bibeln an Brautpaare (Œuvre des Bibles de mariage; 1879), die verschiedenen Missionsgesellschaften, das Waadtländer Comité zur Unterstützung der Reformierten in der Diaspora (Comité vaudois de secours en faveur des protestants disséminés), der Verein für innere Mission (1882), die Evangelisationskommission der freien Kirche (1847), die evangelische Allianz (1847), das Werk der Evangelisation unter den im Kanton Waadt lebenden Italienern, das denselben Zweck unter den Spaniern verfolgende Comité espagnol lausannois (1864), die Waadtländer Gesellschaft zur Sonntagsheiligung (1867), die Gesellschaft für die Sonntagsschulen im Kanton Waadt (1852), die christlichen Vereine für junge Männer und Mädchen, die Heilsarmee, die Concordia (1883) für junge Katholiken.
Ferner die Mission romande zur Bekehrung der Neger in Afrika, 1875 von der freien Kirche des Kantons Waadt gegründet, seit 1883 auf die ganze französische Schweiz ausgedehnt und von den freien Kirchen der Kantone Waadt, Neuenburg und Genf geleitet;
Sitz in Lausanne;
unterhält 10 Missionsstationen mit 16 Missionären, eine Schule zur Ausbildung von Missionären und Missionsärzten;
Ausgaben 1902: 172055 Fr. Zwei Freimaurerlogen: Espérance et Cordialité in der Cité (1821 gegründet) und Liberté in der Caroline (1871 gegründet), die beide der Alpina, d. h. der Vereinigung der schweizerischen Logen, und damit auch der internationalen Freimaurerallianz angehören.
Mit Erziehung, Unterricht, moralischer Hebung und allgemeinem Volkswohl befassen sich ausser den Schulanstalten der Stadt und des Kantons: verschiedene Kleinkinderschulen privaten Charakters, die freien Schulen (Schulen der freien Kirche; 1851 und 1855 eingerichtet), die Schulen der katholischen Kirchgemeinde mit Kleinkinder- und Primarschulklassen (seit 1818), die von Schwestern geleiteten Säle zur Aufnahme und Beschäftigung armer Kinder (1850), das Waisenhaus für Mädchen (1859), die Mädchensekundarschule (1866) mit Vorbereitungsschule, die Studienkommission der freien Kirche (1874), die Theologenschule der freien Kirche (1847) mit Bibliothek von 40000 Bänden (ursprünglich Bibliothek von Alexander Vinet), die Werkstätte für erwachsene Blinde männlichen Geschlechtes, die Nähschule (1881), die vom Gewerbe- und Handelsverein eingerichteten Abendkurse für Erwachsene (1859), die Stipendienkasse für Studierende der Theologie (1864), sowie die dem gleichen Zweck dienenden Stipendienfonds der sog. Bourse Rochat (1840) und Fondation Dussieur; die seit 1885 eingerichteten Familien- und Leseabende für Kutscher, Dienstmänner, Strassenarbeiter und Laternenanzünder; die Bibliotheken auf den Posten der Stadt- und Kantonspolizei, des Vereins der Postangestellten (Société postale), des Vereins der Telegraphenfaktoren, des Vereins der Eisenbahnangestellten und des Vereins junger Kaufleute, diejenigen des Gewerbe- und Handelsvereines, der naturforschenden Gesellschaft (mit der Kantonsbibliothek vereinigt) und der Presbyterianergemeinde, die Studentenbibliothek (70000 Bände) und die Familienbibliothek, die Bibliotheken der christlichen Vereine junger Männer und Mädchen, der litterarischen Gesellschaft (Cercle littéraire), mehrerer Sonntagsschulen, des Cercle de Beau Séjour, der Waadtländer medizinischen Gesellschaft, der geschichtsforschenden Gesellschaft der welschen Schweiz (Société d'histoire de la Suisse romande), des Ingenieur- und Architektenvereins der welschen Schweiz, der Waadtländer Gartenbaugesellschaft, der Waadtländer Vogelzuchtgesellschaft, der Gesellschaft der Spezialwaffen, des Alpenklubs, die bulgarische Bibliothek etc. Auch Kunst und Wissenschaft werden in Lausanne eifrig gepflegt.
Neben den staatlichen Einrichtungen, wie Schulen und Museen, besteht hier eine Reihe von Gesellschaften, die sich diesen Gebieten widmen: der am gegründete Waadtländer Hochschulverein (Société académique vaudoise), der von der Elite der Bevölkerung stark besuchte Vorträge veranstaltet und deren Ertrag zu Hochschulzwecken verwendet;
die Waadtländer naturforschende Gesellschaft (Société vaudoise des sciences naturelles; 1828), die seit 1841 ein Bulletin mit Sitzungsberichten und Abhandlungen veröffentlicht;
die akademische Anatomisch-physiologische Gesellschaft;
die Waadtländer medizinische Gesellschaft;
zwei literarische und dramatische Vereine, die von Zeit zu Zeit mit einer Aufführung vor die Oeffentlichkeit treten;
die Waadtländer Kunstgesellschaft (Société vaudoise des Beaux Arts; 1859), die Gemäldeausstellungen veranstaltet und die Erhaltung und Restaurierung von Kunstdenkmälern finanziell unterstützt;
etwa 10 Gesang- und mehrere Musikvereine.
Jedes Jahr werden Konzerte mit einem auserlesenen Programm von Meisterwerken musikalischer Grössen veranstaltet. Die 1861 gegründete Musikschule lässt durch vortreffliche Lehrer theoretischen und praktischen Unterricht erteilen und veranstaltet Schülerkonzerte. Zur Zeit wird auch der Bau eines grossen Konzertsaales geplant. Das Theater steht dank den Bemühungen von kunstverständigen und uneigennützigen Freunden der dramatischen Muse auf einer achtungswerten Höhe.
Der Kursaal mit Variététheater ist das ganze Jahr geöffnet. Dem Sport huldigen mehrere Turn- und Radfahrervereine, etwa 10 Schützen- und Revolverschiessvereine, eine Sektion des Schweizer Alpenklubs, ein Fechtklub, ein Seeklub, mehrere Football- und Lawntennisklubs. Reitschulen. Neben verschiedenen grossen Photographenateliers gibt es auch mehrere Vereinigungen von Amateurphotographen. Ein Philatelistenverein. Lesesäle und Leihbibliotheken. Mehrere «Cercles», die ihren Mitgliedern verschiedene Annehmlichkeiten bieten, wie Benutzung von Gartenanlagen, Sitzungs- und Versammlungssälen, Lesesälen, Bibliotheken.
Geselliges Leben.
Die heutigen Bewohner des Waadtlandes sind das Resultat einer Vermischung der verschiedensten Rassenelemente. Es existiert somit weder ein besonderer Waadtländer noch ein Lausanner ethnischer ¶