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mineralogischen und lokal-geologischen Handstücke nicht zu einem Ganzen vereinigt waren.
Nachdem 1852 das archäologische Museum gegründet worden war, entwickelte sich namentlich seine Abteilung für Funde aus der Pfahlbau-, Römer- und helvetisch-burgundischen Zeit dank den Schenkungen von Frédéric Troyon, des ersten Konservators des Museums, und von Morel-Fatio zu einer reichen und wohlgeordneten Sammlung. Das von Frau von Rumine gegründete Industriemuseum (Musée industriel) an der Rue Chaucrau ist städtisches Eigentum, enthält auf Handel und Industrie bezügliche Sammlungen und Modelle und wird ebenfalls im Ruminepalast untergebracht werden.
Der «Service cantonal des monuments historiques» soll die Ausgrabungen, das Studium, die Erhaltung und würdige Ausbesserung kantonaler historischer Kunstdenkmäler leiten. Die von Paul Vionnet, einem ehemaligen Pfarrer, 1903 gegründete historiographische Sammlung oder das historische Museum endlich ist eine Sammlung von geschichtlichen Dokumenten und von Bildnissen solcher Männer, die im Kanton Waadt eine hervorragende Rolle gespielt haben.
Den höheren Unterrichtsanstalten schliessen sich eine Reit- und eine Fecht- und Schiessschule an, die zwar unter privater Leitung stehen, aber vom Staat unterstützt werden und dadurch den Zöglingen offizieller Anstalten leicht zugänglich sind.
Dem beruflichen Unterricht dienen die städtische Haushaltungsschule und Schule für Damenschneiderei, die Hotelfachschule in Cour, die von Frau von Gasparin gegründete Schule für Krankenpflegerinnen «La Source», die weitherum rühmlich bekannte Blindenanstalt und andere Anstalten mehr. Infolge der Ereignisse von 1845 entstand 1847 eine von der Studienkommission der freien Kirche der Waadt geleitete freie theologische Fakultät, mit der eine Bibliothek von 40000 Bänden (mit wertvollen Manuskripten) und ein Missionsmuseum verbunden sind.
Dieses letztere ist 1872 angelegt worden und enthält eine grosse Anzahl von Gegenständen, die die Sendboten der Mission Romande aus Afrika mit nach Hause gebracht haben. Eine Vereinigung von Berufsmusikern und Musikliebhabern gründete 1860 die Musikschule (Institut de musique), die von etwa 200 Schülern besucht wird und an der etwa 10 Lehrer Unterricht in Theorie, Harmonielehre, Gesang, Violin-, Klavier- und Violoncellospiel etc. erteilen. Lausanne besitzt ein ständiges Streichorchester, das im Winter Volks- und grosse Abonnementskonzerte veranstaltet, ferner ein Theater, das im Winter Dramen und Komödien und im Frühjahr komische Opern und Operetten aufführt, einen Kursaal mit Variété-Bühne und endlich ein Volkshaus (Maison du Peuple), in dem klassische Volkskonzerte gegeben und Vorträge gehalten werden.
Neben der Kantonsbibliothek gibt es in Lausanne noch etwa 20 verschiedene Spezialbibliotheken (z. B. die schon genannte Bibliothek der freien theologischen Fakultät mit 40000 Bänden, die Bibliothek der litterarischen Gesellschaft oder des Cercle littéraire mit 10000 Bänden etc.) und mehrere Lesegesellschaften. An Gesellschaften und Vereinen zählt man etwa 350, worunter 14 Bibliotheksgesellschaften, 18 religiöse Vereine, 72 gemeinnützige Gesellschaften, 54 Musik- oder Gesangvereine, 12 Studentenverbindungen, 14 sportliche Vereinigungen, 52 verschiedene Gesellschaften (Cercles, Klubs, Syndikate, litterarische oder dramatische Vereine, Kunstgesellschaften etc.). Neben verschiedenen Quartiervereinen bestehen seit 1874 auch ein städtischer Verkehrsverein (Société pour le développement de Lausanne), seit 1899 eine Volkshausgesellschaft (Société de la Maison du Peuple) und seit 1898 eine Association du Vieux Lausanne, die historische und archäologische Gegenstände aus der Vergangenheit der Stadt sammelt und dem Musée municipal du Vieux Lausanne übergibt. Den beruflichen Unterricht pflegt ein Gewerbe- und kaufmännischer Verein (Société industrielle et commerciale). Der 1900 gegründete Pressverband (Association de la Presse vaudoise) endlich vertritt die Interessen von etwa 100 Journalisten und Schriftstellern.
Stadtverwaltung.
Wie in allen Waadtländer Gemeinden von mehr als 800 Ew. besteht auch in Lausanne ein Gemeinderat, der hier aber die gesetzgebende und Aufsichtsbehörde vorstellt, während als ausübende Verwaltungsbehörde noch ein besonderer Stadtrat eingesetzt ist. Der Gemeinderat untersteht dem allgemeinen Stimmrecht und besteht aus 100 Mitgliedern (mit 15 Kandidaten oder Stellvertretern), die von der Gesamtheit aller seit mehr als 3 Monaten in der Gemeinde niedergelassenen stimmberechtigten Schweizerbürger auf die Dauer von 4 Jahren gewählt werden und nach Ablauf dieser Zeit stets wieder wählbar sind.
Der Gemeinderat übt die Aufsicht und Kontrole über die Tätigkeit des Stadtrates aus, er bestimmt den Steuerfuss, setzt das Budget fest, genehmigt oder verwirft neue Ausgaben, städtische Neubauten, Anleihen, den Kauf und Verkauf von Liegenschaften, entscheidet über die Aufnahme von neuen Bürgern etc. Je zu Beginn seiner Amtsdauer wählt der Gemeinderat die 5 Mitglieder des Stadtrates (la Municipalité), die folgende Verwaltungsabteilungen unter sich verteilen: 1. Allgemeine Verwaltung und Polizei, 2. Finanzen, 3. Liegenschaften, 4. Bauwesen, 5. Schulwesen.
Der Präsident des Stadtrates oder «Syndic» steht der allgemeinen Verwaltung und dem Polizeiwesen vor. Unter dem Stadtrat stehen etwa 700 städtische Beamte, Angestellte und Arbeiter, die zusammen einen jährlichen Gehalt von 1600000 Fr. beziehen. Infolge der bedeutenden von der Stadt ausgeführten industriellen Unternehmungen, die teilweise schon Reingewinn abzuwerfen beginnen (Gas- und Wasserversorgung, Elektrizitätswerk), und anderer grosser Arbeiten (Kauf und Zuleitung von Quellwasser, Bau neuer Strassen, Gewinnung der Wasserkraft der Rhone etc.) sind Ausgaben und Schulden der Stadt rasch gestiegen. Während sich 1803 Ausgaben und Einnahmen mit 36552 Fr. noch das Gleichgewicht hielten, betrugen 1903 die Einnahmen 3624850 Fr. und die Ausgaben 3971500 Fr., wobei aber das Budget des auf besondere Rechnung arbeitenden Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerkes nicht mitgezählt ist.
Das städtische Reinvermögen betrug 1862 5½ Millionen Fr., 1866 noch 4½ Millionen, 1882 noch 1034871 Fr., 1885 noch 446283 Fr. und 1888 noch 164221 Fr. Seit 1889 weist das städtische Budget ein Defizit auf, das jedes folgende Jahr gestiegen ist und 1902 bereits eine Gesamtsumme von 9306790 Fr. erreicht hat. Ebenso sind auch die von der Stadt durch Aufnahme von Anleihen eingegangenen Schulden beständig gestiegen, sodass sie 1903 die Summe von 40235000 Fr. erreicht haben (Anleihen 1892-99 zusammen für 41300000 Fr.). Die Passiven der Bilanz sind aber in Wirklichkeit weniger gross als es die angeführten Zahlen anzugeben scheinen und rühren von der für die Gemeinden der Waadt durch Gesetz vorgeschriebenen Art der Rechnungsführung her. Im Gegensatz zu der anderweitig (z. B. in der eidgenössischen Staatsrechnung) üblichen Gepflogenheit verzeichnet diese z. B. im Inventar den Wert der toten Liegenschaften (Kirchen, Schulen, öffentlichen Gebäuden etc.), der in Lausanne 1902 volle 5128527 Fr. betrug, nicht mit unter den Aktiven; ebenso wird der Wald nur mit seinem Bodenflächenwert in die Rechnung eingesetzt, während sein Ertrag doch 11% dieses Wertes beträgt. Früher genügten die Zinse der Guthaben und der Ertrag der Liegenschaften zur Deckung ¶
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der laufenden Ausgaben. Mit ihrem zunehmenden Wachstum hat dann die Stadt, um allen Anforderungen der Neuzeit genügen zu können, immer schwerere Lasten übernehmen müssen. Die notwendig gewordenen Einrichtungen tragen aber z. T. jetzt schon wieder einen Reingewinn ab (z. B. Gas- und Elektrizitätswerk) oder werden dies sicherlich in naher Zukunft tun (Wasserwerk). Die Bewohner von Lausanne haben 1857 ihre erste Bekanntschaft mit derjenigen Einrichtung gemacht, die man Gemeindesteuer nennt.
Diese ergab schon 1866 eine Summe von 130000 Fr. und stieg 1903 (nach dem Budget) auf 1702000 Fr. Es werden erhoben: eine progressive Grundsteuer auf den Katasterwert aller Liegenschaften (zusammen 179071000 Fr., exkl. die dem Staat gehörenden Liegenschaften auf Stadtboden, die zu 28796708 Fr. gewertet sind) unter Abrechnung der darauf haftenden Hypothekarschulden (1902: 82876275 Fr.);
eine ohne Rücksicht auf Hypothekarschulden angesetzte Steuer auf den Verkaufswert dieser Liegenschaften, der durch eine Spezialkommission 1903 auf 229 Millionen Fr. (226 Millionen für den städtischen und 3 Millionen für den ländlichen Anteil an der Gemeinde) festgesetzt worden ist;
eine Progressivsteuer auf das bewegliche Vermögen (1902: 4226 Steuerpflichtige mit 164740860 Fr. Vermögen);
eine Einkommenssteuer (1902: 5801 Pflichtige mit 7846575 Fr.);
eine Steuer auf Renten und Nutzniessungen (1902: 558 Pflichtige mit 949275 Fr.);
eine Taxe (Mutationsgebühr) auf Käufe, Abtretungen und Teilungen (1902: 45455 Fr.);
eine Erbschafts- und Schenkungssteuer (1902: 168931 Fr.);
eine Patentsteuer auf den Verkauf geistiger Getränke (1902: 42581 Fr.);
eine Billardsteuer (2181 Fr.);
eine Luxus (Wagen) steuer, Mietwertsteuer (1902: 151047 Fr.) und Hundesteuer.
Dazu kommt seit 1903 noch eine von 3 bis 300 Fr. schwankende Kopfsteuer (240000 Fr.).
Der Katasterwert des gesamten Grundeigentums betrug 1900: 167545300 Fr. und 1902: 179071000 Fr., während die darauf lastenden Hypothekarschulden sich 1900 auf 75023500 Fr. und 1902 auf 82876275 Fr. beliefen. Das zu versteuernde bewegliche Vermögen ist von 170 Millionen Fr. im Jahr 1900 auf 164740860 Fr. im Jahr 1902 gesunken; das der Steuer unterworfene Einkommen betrug 1902 die Summe von 7846576 Fr. Der Stadtrat verwaltet auch die Armenkasse, deren Aktiven bei einem Kapital von 1938683 Fr. 35 Rp. Ende 1902 den Betrag von 2130705 Fr. 37 Rp. erreichten.
Davon wurden im genannten Jahr für Unterstützungen und Unterhalt der der Kasse gehörenden Ländereien 177158 Fr. 25 Rp. ausgegeben und als Ertrag der Domänen 127652 Fr. 11 Rp. eingenommen. Das Defizit der Armenkasse muss nach Gesetz von der Stadtkasse gedeckt werden. Dieser Armenkasse gehören u. a. die Rebberge, die den unter dem Namen «Dézaley de la Ville» berühmten Wein liefern. Die schönen Stadtwaldungen werfen jährlich einen Ertrag von 170000 Fr. ab. Landesfremde, die nicht in der Schweiz geboren sind und im Kanton Waadt keinerlei mit Einkommen verbundenen Beruf ausüben, bezahlen erst nach zweijährigem Aufenthalt Steuern und auch dann nur auf ihr Mobiliar, sofern dessen Wert die Summe von 5000 Fr. übersteigt.
Wertschriften, Guthaben, Aktien, bares Geld sind für sie auch dann steuerfrei, wenn sie im Kanton selbst angelegt werden. Erst nach mindestens 10jährigem Aufenthalt in Lausanne oder an einem andern Ort des Kantons wird der Landesfremde dem Einheimischen in Bezug auf die Steuerpflicht vollständig gleichgestellt, und dies zudem nur dann, wenn er sich zur endgiltigen Niederlassung entschliesst. Der gesamte Steuerertrag belief sich 1901 auf 1477536 Fr. und 1902 auf 1378810 Fr. und verteilte sich wie folgt:
1901 Fr. | 1902 Fr. | |
---|---|---|
Grundsteuer | 353013 | 362597 |
Vermögens- und Einkommenssteuer | 593237 | 570388 |
Mutationsgebühren | 29251 | 45455 |
Erbschaftsgebühren | 286470 | 168931 |
Mietwertsteuer | 145313 | 151047 |
Verschiedenes | 70252 | 80392 |
Zusammen | 1477536 | 1378810 |
Die Stadt verwaltet folgende Spezialfonds: die Ruminestiftung, aus der die Universitätsgebäude erstellt worden sind;
die Pradèsstiftung (1869), aus welcher drei arme Mädchen eine sorgfältige Erziehung erhalten sollen;
die Stiftung Effinger von Wildegg (1849) zur Unterstützung bejahrter Dienstboten;
die Bugnionstiftung (1803), die armen Kranken eine Badekur in Aix ermöglichen soll;
die Joëlstiftung (1890) zur Verteilung von Preisen an die besten Volksschüler;
die Stiftung J. J. Faure (1887), die in Bedrängnis geratenen Professoren, Lehrern und Lehrerinnen helfen soll;
die Stiftung von Fräulein F. Dussieur (1721) zu Gunsten bedürftiger Studierender der Theologie;
die Stiftung J. J. Peytregnet (1893), aus der an arme Schüler Schuhwerk abgegeben wird;
die Alterskasse des Polizeikorps;
den Fonds Bippert (1897), aus dem zwei aus der Volksschule hervorgegangene Lehrlinge unterstützt werden;
die nach ihrem Gründer benannte Bad- u. Waschanstalt Haldimand;
den Fonds Bessières (1901) zum Bau einer Brücke Cité-Caroline;
den Fonds des Industriemuseums.
Gas, Wasser und Elektrizität.
Die Ende 1897 geschaffene Verwaltungsabteilung zur Versorgung der Stadt mit Gas, Wasser und Elektrizität ist der Direktion des städtischen Bauwesens unterstellt. Die städtische Beleuchtung ¶