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Stadthügel von Lausanne, trägt an ihrem N.-Ende das ehemalige bischöfliche Schloss, einen heute als Sitz der kantonalen Regierung dienenden mächtigen Steinkoloss, und an ihrem S.-Ende die die ganze Gegend beherrschende Kathedrale, das eigentliche Wahrzeichen der Stadt.
Die Lausanner Kathedrale (Notre Dame) ist eines der bemerkenswertesten gotischen Baudenkmäler der Schweiz. An ihrer Stelle soll schon zu Ende des 6. Jahrhunderts eine Kapelle errichtet worden sein; dann entstand ums Jahr 1000 ein erster Monumentalbau, der aber durch dreimaligen Feuerschaden (1216, 1219 und 1235) vollständig zu Grunde gerichtet wurde. Die heutige, im reinsten Spitzbogenstil gehaltene Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert und war 1275 so weit vollendet, dass sie am 19. Oktober von Papst Gregor X. im Beisein von Rudolf von Habsburg, 7 Kardinälen, 20 Erzbischöfen, 17 Bischöfen und einer zahlreichen Versammlung von anderen weltlichen und geistlichen Würdenträgern feierlich geweiht werden konnte. Am folgenden Tag leistete König Rudolf dem Papst den Treueid und verpflichtete sich, alle Rechte und Güter der römischen Kirche unangetastet zu lassen lind ihr zur Wiedererlangung von verloren gegangenen Hoheitsrechten mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln behilflich zu sein.
Damit fand der langwährende Kampf zwischen dem Reich und Papsttum zu Lausanne seinen Abschluss und knüpfte sich zugleich jenes Band zwischen dem Haus Oesterreich und Rom, das jahrhundertelang die europäische Politik aufs Mächtigste beeinflussen sollte. Im Verlauf dieser denkwürdigen Tagung, die von glänzenden Festlichkeiten begleitet und zu der eine ungeheure Menge von Gläubigen aus allen Ländern der Christenheit zusammengeströmt war, fand auch der Gedanke eines Kreuzzuges ins Heilige Land begeisterten Anklang. In späteren Jahren hat die Kathedrale zu wiederholten Malen unter Brandunglück zu leiden gehabt (1320, 1657, 1674 und 1825). Wie die Mehrzahl der gotischen Kirchen überhaupt stellt auch sie im Grundriss ein von O. nach W. orientiertes lateinisches Kreuz dar.
Das Chor entspricht dem Haupt, die beiden am w. Ende stehenden Türme (von denen nur der südliche vollendet ist) den Füssen, das Langschiff mit seinen Abseiten dem Körper und das Querschiff, dessen südliche Schlusswand mit der grossen Rosette geschmückt ist, den Armen des Kreuzes. Durch eine von zwei Kapellen flankierte elegante Vorhalle tritt man in das in sieben einzelne Kreuzgewölbe abgeteilte Langschiff ein, von dessen aus 12-16 zierlichen, verschiedenartig angeordneten, und einst polychromen Pilastern bestehenden hohen Bündelpfeilern nach oben die das luftig emporstrebende Gewölbe schliessenden Rippen ausstrahlen.
Das Langschiff wird nach Aussen von einem Triforium und einer vor den Fenstern angebrachten Arkadenstellung begleitet, die beide auch noch das Querschiff mit seinen beiden Kapellen und dem Sanktuarium umschlingen. Das einst vom Mittelschiff durch einen Lettner und dann durch ein (heute ebenfalls wieder entferntes) Gitter getrennte Sanktuarium wird von dem früher den Prozessionen dienenden Umgang umgeben. Durch 70 Fensteröffnungen strömt reichliches Licht in den Bau, der mehr als 1000 Säulen (472 im Mittelschiff, 100 im Chor) zählt.
Die überall an Abwechslung reiche Ornamentik ist fast ausschliesslich dem Pflanzenreich entnommen. Das Chorgewölbe ist 30 m, dasjenige des Mittelschiffes 19 m und das der beiden Seitenschiffe je 8 m hoch. Das von Gregor X. geweihte Chor enthielt den Hauptaltar und neben anderen Kostbarkeiten auch ein silbernes Altarblatt. Alle die in der Kathedrale aufgehäuften Reichtümer, wie Gemälde, Statuen, prächtige Schmucksachen, Edelsteine, persische und ungarische Teppiche, Priestergewänder, der Kirchenschatz von 125000 Dukaten in Gold (zu je 25 Fr.) etc., wurden nach der Eroberung der Waadt 1536 von den Bernern fortgenommen, die allein aus den eingeschmolzenen Silber- und Goldgeräten eine Einnahme von 40000 Fr. erzielten.
Ein Teil der Teppiche, Chormäntel und Messgewänder wird im historischen Museum zu Bern aufbewahrt. Heute befinden sich im Chor nur noch zwei von ionischen Pfeilern getragene schwarze Marmortafeln aus dem 16. Jahrhundert, die als Abendmahltafeln dienen. Die den Raum einst zierenden Chorstühle sind nach der Franche Comté entführt worden, mit Ausnahme eines einzigen, der sich in Chillon befindet und in nächster Zeit wieder an seinen ursprünglichen Ort versetzt werden soll.
Die Kathedrale birgt eine grosse Anzahl von Grabsteinen aus alter und neuer Zeit, so denjenigen von Otto I. von Grandson († 1328). An der N.-Seite befindet sich eine in die Mauer eingelassene Gedenktafel an Major Davel, die von dem aus Rolle stammenden General de La Harpe, dem Erzieher des nachmaligen Kaisers Alexander von Russland und einem der feurigsten Patrioten von 1798, gestiftet worden ist; eine andere Tafel zum Andenken an die Hundertjahrfeier der Waadtländer Unabhängigkeitserklärung ist unter der Orgel neben dem Eingang in die Vorhalle angebracht worden.
Das n. Seitenschiff steht mit der von Aymon de Montfalcon gestifteten St. Maurice-Kapelle in Verbindung, in der im Winter der Gottesdienst gefeiert wird und die mit einer von Hosch nach einem Gemälde von Paul Robert ausgeführten schönen Glasmalerei («Gesetz und Barmherzigkeit») geschmückt ist. Einen Teil der einst in dieser Kapelle stehenden und aus 1506 datierenden 56 Chorstühle, die ebenfalls auf Geheiss von Aymon de Montfalcon geschnitzt worden sind, hat man jetzt im s. Seitenschiff untergebracht.
Hier sind fünf der nach S. gehenden Fensteröffnungen seit 1868 auch noch mit Glasmalereien versehen, die an die verschiedenen Phasen der Geschichte des Waadtlandes erinnern sollen. Sie zeigen die Wappen des zweiten burgundischen Königreichs, die der welschen Bistümer Genf, Lausanne und Sitten, die der Zähringer, Kiburger (Rektoren von Burgund), Châlon und Montfalcon, der Herren von Faucigny, der Grafen von Genf, von Peter von Savoyen, von sechsen der während der Jahre 1375-1536 in Lausanne amtenden Bischöfen, ferner diejenigen der Familien, denen die Obervögte der Waadt angehört haben, die der Reichsstadt Lausanne und ihrer fünf «Panner», der vier Kirchgemeinden von Lavaux etc. Die an einen der Pfeiler des Mittelschiffes sich anlehnende steinerne Kanzel stammt aus dem 17. Jahrhundert und wird von einem aus Nussbaumholz geschnitzten Himmel mit der Jahreszahl 1663 überwölbt.
Einen hervorragenden Schmuck der Kathedrale bildet die im äussern Durchmesser 9 m grosse Rosette, die den oberen Abschnitt der s. Querschiffsfront der ganzen Breite nach umfasst. Ihre prachtvollen und gut erhaltenen Glasmalereien aus dem 13. Jahrhundert sind von Hosch restauriert worden und werden wieder eingesetzt werden, sobald die stark verwitterten steinernen Fensterbrüstungen repariert sind. Diese Malereien stellen das Weltall dar, wie es in der Vorstellung des Mittelalters gelebt hat, d. h. die vier Elemente, die Jahreszeiten, Monate, die Zeichen des Tierkreises etc. Die ¶
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Kathedrale enthält endlich noch seit 1903 eine von Orgelbauer Kuhn in Männedorf (Kanton Zürich) gelieferte prachtvolle Orgel, die an die Stelle der schadhaft gewordenen früheren Orgel ans dem Jahr 1738 getreten ist.
Von den sieben Glocken der Kathedrale hat die grösste einen untern Durchmesser von 2,1 m. Alle 12 Glocken der Stadt Lausanne (7 in der Kathedrale, 4 in der Kirche St. François und eine in St. Laurent) sind 1898 und 1899 repariert und neu gestimmt worden. Ihr Geläute gilt als eines der überhaupt schönsten. Der 57 m hohe Glockenturm ist von kreuzförmig vortretenden Streben flankiert, die 4 Ecktürmchen (die südlichen viereckig, die nördlichen rund) tragen. Im untern Geschosse ist das Staatsarchiv untergebracht.
Eine Treppe von 245 Stufen führt zu der 45 m über dem Boden liegenden Terrasse, die eine prachtvolle Aussicht auf Stadt, See und Alpen gewährt und von dem achteckigen Spitzhelm des Turmes noch um 12 m überragt wird. In einer Höhe von 30 m über dem Boden führt eine mit Steingeländer und kleinen Türmchen versehene Plattform rings um den Turm. Ein weiterer Turm stand einst über dem Chor der Kathedrale. Nachdem er 1657 und 1825 vom Blitz getroffen und eingeäschert worden, hatte ihn der Architekt Perregaux neu aufgebaut. Es entstanden aber bald ernsthafte Besorgnisse über die Festigkeit des ihn tragenden Schlusssteines des Chorgewölbes, so dass der Staat dem Druck der öffentlichen Meinung nachgeben musste und, unterstützt von einer freiwilligen Geldsammlung im ganzen Kanton, eine durchgreifende Wiederherstellung des Bauwerkes beschloss.
Nach dem von dem berühmten französischen Architekten Viollet le Duc zu diesem Zweck entworfenen Bauplan begann man zunächst mit der Erstellung des jetzigen, 75 m hohen Zentralturmes. Der ihn tragende Schlussstein wird von den vier grossen Pfeilern gestützt, die im Schnittpunkt von Chor, Querschiff und Langschiff stehen. Dieser Teil der Kathedrale macht jetzt, von der Strasse zur Caroline aus gesehen, mit seinen über dem Dach des Umganges rings um das Chor aufsteigenden acht Strebepfeilern einen sehr guten Eindruck. Nördl. und südl. vom Chor lehnen sich endlich an das Querschiff noch zwei weitere Türme, die aber unvollendet sind und von den Bernern erstellte vierkantige Dächer tragen.
Das grosse Portal, der Haupteingang der Kathedrale, liegt am Fusse des Kreuzes und stammt aus der Zeit der Montfalcon (16. Jahrhundert). Ueber ihm sind in der 15 m hohen Fassade Spitzbogengewölbe eingelassen, die mit zahlreichen religiösen Skulpturen (Abschnitte aus dem Leben der Jungfrau Maria und der Kindheit Christi, Leidensgeschichte, Joseph und Maria, Flucht nach Aegypten etc.) geschmückt sind. Die 1892-1904 vorgenommene Wiederherstellung dieses Portales hat zur Aufdeckung des aus dem 13. Jahrhundert datierenden ursprünglichen Einganges geführt, der nüchtern gehalten, aber gerade in seiner Einfachheit sehr schön ist.
Einen zweiten Eingang zur Kathedrale bildet in der S.-Front die sog. Apostelpforte (Porche des Apôtres), die 1880 und 1881 mit einem Aufwand von 64745 Fr. restauriert worden ist und eines der schönsten Meisterwerke gotischer Kunst in der Schweiz ist. Dieser rechtwinklig angelegte, von einem Spitzgiebel und einem achteckigen Türmchen überragte Torbau wird von 72 Säulen getragen (einschliesslich der um die äussern Ecken der Vorhalle angeordneten 32 Säulen). Im Innern zieren ihn 12 Statuen von Propheten und Heiligen, die einst bemalt und vergoldet gewesen sind und lange Zeit als Darstellung der Apostel (woher der Name der Pforte) gedeutet wurden. Die das Gewölbe tragenden Schildbögen schmücken 80 Bildwerke, die kräftig aus der Mauer hervortreten und deren jedes von einem dreigeteilten Tabernakel überragt wird, das jeweilen zugleich als Basis der darüber befindlichen Darstellung dient.
Die Vorstudien zur zeitgemässen Wiederherstellung der Kathedrale wurden 1860 an Hand genommen. Die Bauarbeiten begannen 1873 und sind noch heute nicht völlig abgeschlossen. Im Zeitraum 1873 bis Ende 1901 hat der Staat Waadt für diese Restauration 1178405 Fr. ausgegeben, an welche Summe die «Association pour la restauration artistique de la Cathédrale» einen Beitrag von 172832 Fr. leistete.
Das Schloss, zuerst Residenz der Bischöfe, dann Sitz der Berner Landvögte und seit 1803 der Waadtländer Regierung, ist 1397 im Bau begonnen und 1431 vollendet worden. Als Vorbild haben dem massiven viereckigen Steinbau mit seinem Obergeschoss aus roten Backsteinen, seinen Mordgängen und den 4 flankierenden Türmchen die alten piemontesischen Burgbauten gedient, deren Stil übrigens auch beim Bau der Schlösser von Vufflens und Estavayer massgebend gewesen ist.
Vor seiner S.-Front steht das Denkmal des Patrioten Major Davel. Im Innern hat das sog. Bischofszimmer seine ursprüngliche Decke und den vom Bischof Montfalcon erbauten Monumentalkamin noch bewahrt. Gegenüber dem Schloss und neben dem kantonalen Gerichtsgebäude steht das 1803 erbaute Grossratsgebäude mit seinem Giebeldach in altgriechischem Stil. Die am gleichnamigen Platz stehende Kirche Saint François stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts; in ihrem 1442 neu erbauten Schiff hielt das Konzil von Basel 1448 seine Sitzungen ab. Die Kirche und ihr von 4 Schautürmchen flankierter eleganter Glockenturm (1528 erstellt) sind 1892-1904 restauriert worden.
Die Kirche Saint Laurent am Platz gleichen Namens ist 1719 in jesuitischem Stil erbaut worden. Die auf Grund von freiwilligen Gaben 1840 erstellte Kirche von Ouchy ist 1902 vergrössert und restauriert worden. Sie diente bis 1870 neben dem landeskirchlichen auch noch dem anglikanischen Gottesdienst. Am hat man endlich auch in Chailly eine reformierte Kirche eingeweiht. Der 1799 gegründeten römisch-katholischen Kirchgemeinde dient die an der Rue du Valentin stehende Pfarrkirche zu Notre Dame (1832-35 erbaut).
Die freikirchliche Gemeinde verfügt über die Kapellen in den Quartieren Les Terreaux, Martheray, La Pontaise und Villard. Eine deutschreformierte Kirche steht oben im Quartier La Mercerie, eine von der Prinzessin Sayn gestiftete katholische Kapelle in Croix d'Ouchy, eine Kapelle der freien deutschen evangelischen Gemeinschaft in Martheray, eine Kapelle der Darbysten an der Place du Flon, eine Kapelle der Wesleyaner in Valentin, eine Kapelle der apostolischen Kirche oder der Irwingianer in der Solitude, eine anglikanische Kapelle in Grancy, eine Presbyterianerkapelle an der Avenue de Rumine und eine Synagoge in Grand Chêne. Das Lokal der Heilsarmee endlich befindet sich in der Rue Saint Martin.
An der Place de la Palud, einem einstigen Stück Sumpfland (palus), steht das der Gemeindeverwaltung ¶