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Er ist 56 m lang, hat eine 9 m breite Fahrbahn (Gewölbedurchmesser) und eine Höhe von 11,4 m. An diese beiden Hauptarbeiten schloss sich dann die Erstellung der die Stadt umziehenden Ringstrasse und zahlreicher Steintreppen an, wodurch die einzelnen Quartiere so gut als dies eben möglich ist in gegenseitige Verbindung gebracht worden sind. Die aufgefüllten tiefern Teile hat man zu öffentlichen Plätzen umgestaltet: Place de la Riponne, Place du Pont, Place Centrale, Place du Flon, Place du Tunnel.
Eine nach O. ziehende breite Strasse, der nach W. eine zweite entspricht, verbindet seit 1866 den Hauptbahnhof mit der Altstadt, während eine von Montbenon ausgehende Brücke (1904-1905) vom Bahnhof zur Place de Chauderon und den westlichen Quartieren führt. Von grosser Bedeutung ist auch die erst neuerdings vollendete Strasse, die von Ouchy langsam und gleichmässig zur Stadt hinauf steigt. Sobald die Finanzlage der Stadt es gestatten wird, soll das Flonthal auch noch von der Kathedrale in der Altstadt zum Gebäude der medizinischen Fakultät und von der Realschule in der Altstadt zur Caroline hinüber überbrückt werden, womit die Altstadt mit den Quartieren Villamont, Le Bugnon und dem Spital bezw. mit der Rue de Bourg und den Quartieren Saint Pierre und Martheray in direkte Verbindung gesetzt werden wird. Ein vorzüglich kombiniertes Netz von Strassenbahnen hat die für eine solche Anlage anscheinend unüberwindlichen Schwierigkeiten glücklich überwunden und trägt nun viel dazu bei, dass viele Leute der engen Altstadt entfliehen und ihren Wohnsitz in den Luft- und lichtreicheren Aussenquartieren nehmen.
Lausanne ist reich an Punkten, die prachtvolle Ausblicke auf den See und die Alpen gestatten, und sozusagen jeder Schritt bietet uns neue Ueberraschungen, wie dies Rod. Rey (Genève et les rives du Léman. Genève 1868) sehr schön schildert: «... de gracieux jardins abritent leurs délicates végétations; au pied de hautes terrasses, de grands bouquets de noyers poussent dans les gorges, et profilent leurs sommets sur les vieux édifices; de hardies constructions pyramident au-dessus d'enfoncements obscurs, où rampent de noires ruelles. Au-dessus de ce dédale de toits pointus, de lignes brisées, de saillies, de coupures, la vieille cathédrale dessine ses clochetons et ses flèches acérées.» Gegen S. öffnet sich ein mächtig umfassender Ausblick auf den See, während sich die Stadt gegen N. an Höhen anlehnt, die reich sind an einsamen und romantischen Tobeln.
Der Wald steigt bis halbwegs an den Hang hinab. Bestimmte Grenzen sind der Stadt nicht gezogen; ihre Häusermassen klingen nur ganz allmählig aus und machen einem Schwarm von Villen Platz, die bald gruppenweise auf kleinen Terrassen stehen, bald nur noch vereinzelt auftreten und Raum für schöne Baumgärten und lichte Gehölzgruppen zwischen sich lassen. Der seit einem Vierteljahrhundert sich so schnell entwickelnden Stadt ist der Raum auf den fünf Hügeln schon längst zu enge geworden, so dass sie nach allen Seiten hin ausgegriffen hat und nun bis zum See hinunter und weithin nach O. und W. sich dehnt. Diese neuen Quartiere entbehren allerdings der typischen Originalität, wie wir sie in der Altstadt noch in so reicher Fülle bewundern können. Sie setzen sich der Hauptsache nach aus einförmigen Häusern, im Grün der Gärten versteckten Villen und auch aus grossen Mietskasernen zusammen, an denen der Zement nur zu oft den soliden Steinbau verdrängt hat.
Einen besonderen, nur ihr eigentümlichen architektonischen Charakter hat die Stadt Lausanne nicht. Das ganze Häusergewirr bietet uns mit seinen verschiedenen Baumaterialien ein stets wechselndes Bild: bald treffen wir die grünlichgraue Molasse, bald die schwarzen Sandsteine von Meillerie, bald den braungeäderten roten Bruchstein von Arvel (Villeneuve) und endlich auch (z. B. am Postgebäude und dem Ruminepalast) den weissen Stein von Savonnières (Frankreich).
Von der die Stadt im Mittelalter umfassenden hohen Ringmauer und ihren mit Zinnen, Schiessscharten, Mordgängen, Fallgittern und Zugbrücken bewehrten Türmen sind nur noch vereinzelte Reste erhalten geblieben, so u. a. die Tour de l'Ale, die 1903 auf Kosten einer gelehrten Gesellschaft restauriert worden ist. Auch die Vorstädte waren befestigt, ebenso viele einzelne Häuser, die sich oft an feste Türme anlehnten. Einige solcher Zeugen einer entschwundenen Zeit stehen heute noch mitten im Häusergewirr der Altstadt.
Bauten und Denkmäler.
Die Cité, der höchste der fünf ¶
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Stadthügel von Lausanne, trägt an ihrem N.-Ende das ehemalige bischöfliche Schloss, einen heute als Sitz der kantonalen Regierung dienenden mächtigen Steinkoloss, und an ihrem S.-Ende die die ganze Gegend beherrschende Kathedrale, das eigentliche Wahrzeichen der Stadt.
Die Lausanner Kathedrale (Notre Dame) ist eines der bemerkenswertesten gotischen Baudenkmäler der Schweiz. An ihrer Stelle soll schon zu Ende des 6. Jahrhunderts eine Kapelle errichtet worden sein; dann entstand ums Jahr 1000 ein erster Monumentalbau, der aber durch dreimaligen Feuerschaden (1216, 1219 und 1235) vollständig zu Grunde gerichtet wurde. Die heutige, im reinsten Spitzbogenstil gehaltene Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert und war 1275 so weit vollendet, dass sie am 19. Oktober von Papst Gregor X. im Beisein von Rudolf von Habsburg, 7 Kardinälen, 20 Erzbischöfen, 17 Bischöfen und einer zahlreichen Versammlung von anderen weltlichen und geistlichen Würdenträgern feierlich geweiht werden konnte. Am folgenden Tag leistete König Rudolf dem Papst den Treueid und verpflichtete sich, alle Rechte und Güter der römischen Kirche unangetastet zu lassen lind ihr zur Wiedererlangung von verloren gegangenen Hoheitsrechten mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln behilflich zu sein.
Damit fand der langwährende Kampf zwischen dem Reich und Papsttum zu Lausanne seinen Abschluss und knüpfte sich zugleich jenes Band zwischen dem Haus Oesterreich und Rom, das jahrhundertelang die europäische Politik aufs Mächtigste beeinflussen sollte. Im Verlauf dieser denkwürdigen Tagung, die von glänzenden Festlichkeiten begleitet und zu der eine ungeheure Menge von Gläubigen aus allen Ländern der Christenheit zusammengeströmt war, fand auch der Gedanke eines Kreuzzuges ins Heilige Land begeisterten Anklang. In späteren Jahren hat die Kathedrale zu wiederholten Malen unter Brandunglück zu leiden gehabt (1320, 1657, 1674 und 1825). Wie die Mehrzahl der gotischen Kirchen überhaupt stellt auch sie im Grundriss ein von O. nach W. orientiertes lateinisches Kreuz dar.
Das Chor entspricht dem Haupt, die beiden am w. Ende stehenden Türme (von denen nur der südliche vollendet ist) den Füssen, das Langschiff mit seinen Abseiten dem Körper und das Querschiff, dessen südliche Schlusswand mit der grossen Rosette geschmückt ist, den Armen des Kreuzes. Durch eine von zwei Kapellen flankierte elegante Vorhalle tritt man in das in sieben einzelne Kreuzgewölbe abgeteilte Langschiff ein, von dessen aus 12-16 zierlichen, verschiedenartig angeordneten, und einst polychromen Pilastern bestehenden hohen Bündelpfeilern nach oben die das luftig emporstrebende Gewölbe schliessenden Rippen ausstrahlen.
Das Langschiff wird nach Aussen von einem Triforium und einer vor den Fenstern angebrachten Arkadenstellung begleitet, die beide auch noch das Querschiff mit seinen beiden Kapellen und dem Sanktuarium umschlingen. Das einst vom Mittelschiff durch einen Lettner und dann durch ein (heute ebenfalls wieder entferntes) Gitter getrennte Sanktuarium wird von dem früher den Prozessionen dienenden Umgang umgeben. Durch 70 Fensteröffnungen strömt reichliches Licht in den Bau, der mehr als 1000 Säulen (472 im Mittelschiff, 100 im Chor) zählt.
Die überall an Abwechslung reiche Ornamentik ist fast ausschliesslich dem Pflanzenreich entnommen. Das Chorgewölbe ist 30 m, dasjenige des Mittelschiffes 19 m und das der beiden Seitenschiffe je 8 m hoch. Das von Gregor X. geweihte Chor enthielt den Hauptaltar und neben anderen Kostbarkeiten auch ein silbernes Altarblatt. Alle die in der Kathedrale aufgehäuften Reichtümer, wie Gemälde, Statuen, prächtige Schmucksachen, Edelsteine, persische und ungarische Teppiche, Priestergewänder, der Kirchenschatz von 125000 Dukaten in Gold (zu je 25 Fr.) etc., wurden nach der Eroberung der Waadt 1536 von den Bernern fortgenommen, die allein aus den eingeschmolzenen Silber- und Goldgeräten eine Einnahme von 40000 Fr. erzielten.
Ein Teil der Teppiche, Chormäntel und Messgewänder wird im historischen Museum zu Bern aufbewahrt. Heute befinden sich im Chor nur noch zwei von ionischen Pfeilern getragene schwarze Marmortafeln aus dem 16. Jahrhundert, die als Abendmahltafeln dienen. Die den Raum einst zierenden Chorstühle sind nach der Franche Comté entführt worden, mit Ausnahme eines einzigen, der sich in Chillon befindet und in nächster Zeit wieder an seinen ursprünglichen Ort versetzt werden soll.
Die Kathedrale birgt eine grosse Anzahl von Grabsteinen aus alter und neuer Zeit, so denjenigen von Otto I. von Grandson († 1328). An der N.-Seite befindet sich eine in die Mauer eingelassene Gedenktafel an Major Davel, die von dem aus Rolle stammenden General de La Harpe, dem Erzieher des nachmaligen Kaisers Alexander von Russland und einem der feurigsten Patrioten von 1798, gestiftet worden ist; eine andere Tafel zum Andenken an die Hundertjahrfeier der Waadtländer Unabhängigkeitserklärung ist unter der Orgel neben dem Eingang in die Vorhalle angebracht worden.
Das n. Seitenschiff steht mit der von Aymon de Montfalcon gestifteten St. Maurice-Kapelle in Verbindung, in der im Winter der Gottesdienst gefeiert wird und die mit einer von Hosch nach einem Gemälde von Paul Robert ausgeführten schönen Glasmalerei («Gesetz und Barmherzigkeit») geschmückt ist. Einen Teil der einst in dieser Kapelle stehenden und aus 1506 datierenden 56 Chorstühle, die ebenfalls auf Geheiss von Aymon de Montfalcon geschnitzt worden sind, hat man jetzt im s. Seitenschiff untergebracht.
Hier sind fünf der nach S. gehenden Fensteröffnungen seit 1868 auch noch mit Glasmalereien versehen, die an die verschiedenen Phasen der Geschichte des Waadtlandes erinnern sollen. Sie zeigen die Wappen des zweiten burgundischen Königreichs, die der welschen Bistümer Genf, Lausanne und Sitten, die der Zähringer, Kiburger (Rektoren von Burgund), Châlon und Montfalcon, der Herren von Faucigny, der Grafen von Genf, von Peter von Savoyen, von sechsen der während der Jahre 1375-1536 in Lausanne amtenden Bischöfen, ferner diejenigen der Familien, denen die Obervögte der Waadt angehört haben, die der Reichsstadt Lausanne und ihrer fünf «Panner», der vier Kirchgemeinden von Lavaux etc. Die an einen der Pfeiler des Mittelschiffes sich anlehnende steinerne Kanzel stammt aus dem 17. Jahrhundert und wird von einem aus Nussbaumholz geschnitzten Himmel mit der Jahreszahl 1663 überwölbt.
Einen hervorragenden Schmuck der Kathedrale bildet die im äussern Durchmesser 9 m grosse Rosette, die den oberen Abschnitt der s. Querschiffsfront der ganzen Breite nach umfasst. Ihre prachtvollen und gut erhaltenen Glasmalereien aus dem 13. Jahrhundert sind von Hosch restauriert worden und werden wieder eingesetzt werden, sobald die stark verwitterten steinernen Fensterbrüstungen repariert sind. Diese Malereien stellen das Weltall dar, wie es in der Vorstellung des Mittelalters gelebt hat, d. h. die vier Elemente, die Jahreszeiten, Monate, die Zeichen des Tierkreises etc. Die ¶