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sind Industrie und Handel, die den Ort zum Mittelpunkt des ganzen Oberaargaues machen. Die wichtigsten Industrien sind Baugeschäfte, Bierbrauerei, Bleicherei, Brennerei, Buchdruckerei mit Verlag zweier Zeitungen, Zigarren- und Zichorienfabrikation, Gerberei, Imprägnieranstalt, Kokosteppichweberei, Maschinenfabrikation, Müllerei, Tuchweberei, Ziegelei. Lebhafter Handel mit Leinwand, Käse, Wein, Eisen- und Manufakturwaren. Den Kleinhandel vermitteln zahlreiche Kaufläden.
Seitdem die Gemeinden des Bezirkes Aarwangen das Elektrizitätswerk Winau angekauft haben, hofft man auf weitere Zunahme der industriellen Tätigkeit. Langenthal hat elektrische Kraft und Beleuchtung, Wasserversorgung, Kanalisation, Schlachthaus, Badanstalt, Bezirksspital, Reitschule, 3 Bankinstitute. Neues Kurhaus auf dem Hinterberg in der freundlichen Umgebung des Hirschparkes. 1833 gegründete Sekundarschule mit 10 Klassen, die auch von den umliegenden Ortschaften besucht wird und nächst denen von Bern und Biel die grösste des Kantons ist.
Handwerker- und kaufmännische Fortbildungsschule. Oberaargauische Volksbibliothek. Das zu Ende des 18. Jahrhunderts erbaute stattliche Kaufhaus ist 1894 in ein Gemeindehaus (Stadthaus) umgewandelt worden. Die Markthalle dient zugleich als Theater-, Konzert- und Vortragssaal. Einen grossen Teil seiner Bedeutung verdankt Langenthal seinem Markte. Durch seine Lage in der Mitte des stark bevölkerten Amtes Aarwangen, an der Kreuzung von 7 Hauptstrassen und nahe dem Winkel, in dem die Kantone Bern, Luzern, Aargau und Solothurn zusammenstossen, ist der Ort zum natürlichen Marktplatz für eine weite Umgebung bestimmt und daher auch einer der ansehnlichsten Handelsplätze des Kantons geworden.
Schon 1477 bewilligte der Rat von Bern der Ortschaft einen Wochenmarkt; 1571 wurden zwei Jahrmärkte bewilligt und jetzt werden deren 6 abgehalten. Dazu kommen ein Monatsviehmarkt und seit einigen Jahren jeden Frühling eine interkantonale Mastviehausstellung. Zur Aufnahme des Viehs dient eine geräumige, 1904 gebaute Halle. Als im 18. Jahrhundert im Oberaargau und Emmenthal die Leinwandfabrikation blühte, war Langenthal der Hauptstapelplatz für diesen Artikel.
Schon 1765 stieg der Leinwandexport von Langenthal auf 11000 Stück, wovon 8000 im Ort selbst gebleicht wurden. Daneben waren auch der Handel mit Baumwollwaren und Bändern, sowie die Färberei von Bedeutung. Die Märkte wurden selbst von Käufern aus England und Holland besucht. Vom Rat in Bern eingesetzte Tuchmesser hatten für richtige Handhabung des gebräuchlichen Masses, der Langenthalerelle, zu sorgen. Auch der Handel mit Emmenthalerkäse fällt schon in diese Zeit.
Heute liegt der Leinwandhandel in der Hand von 7 Engrosgeschäften, die ihre Tücher teilweise immer noch im obern Langetenthal weben lassen. Die führende Stelle hat jetzt der Viehhandel übernommen. Es werden hier jährlich über 25000 Stück auf den Markt geführt, und besonders der Kälbermarkt wird von weither besucht. Unter den Stationen der Bundesbahnen nahm Langenthal 1902 im Güterverkehr den 29. Rang ein und stand in dieser Hinsicht vor mancher anderen volksreicheren Ortschaft.
In der Umgehung von Langenthal, in den Wäldern von Aarwangen und Bötzberg, hat man keltische Grabhügel aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. aufgedeckt, deren Funde im bernischen Museum aufbewahrt werden. In römischer Zeit lag der Ort an der Strasse von Aventicum über Burgdorf und Herzogenbuchsee nach Vindonissa. Hier, am Ausgang des Thales und an der Abzweigung der Strasse nach Niederbipp, entstand eine kleine Niederlassung, deren Existenz durch das Auffinden von römischen Ziegeln und Münzen bezeugt ist. In der Nähe des früheren Bades hat man das Gemäuer einer Römersiedelung, des sagenhaften Chelpach, gefunden.
Langenthal wird zum erstenmal in einer Urkunde von 861 erwähnt, worin ein Theathart seine und seines Bruders Buobo Güter zu Langatum dem Kloster St. Gallen vermacht. Wenige Jahre später vergabte ein Perchtger dem gleichen Kloster Güter von Langatum bis Sossau. Diese Beziehungen zu St. Gallen dauerten bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts. Drei Jahrhunderte lang schweigen nun die Urkunden. Erst 1191 taucht Langaton wieder auf, als die Freiherren von Langenstein ihr schon früher in Klein Roth gestiftetes und 1194 nach dem Bowald verlegtes Zisterzienserkloster St. Urban mit Gütern zu Langenthal und Schoren beschenkten.
Durch Vergabungen von Seiten anderer Herren kam dann St. Urban nach und nach in den Besitz des grössten Teiles der Gemeinde. 1224 vergabte Eberhard von Grünenberg dem Kloster das Patronat der Kirche von Langenthal mit der Gerichtsbarkeit des Dorfes, und 1255 wurde ihm vom Bischof von Konstanz, in dessen Sprengel Langenthal gehörte, auch das Kirchengut zugesprochen. Diese Rechte wurden dem Kloster aber streitig gemacht durch das fehdelustige Geschlecht der Luternau, deren Burg in Langenthal nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden kann. In diesem langjährigen Streit, zu dem noch Händel wegen Ableitung der Langeten kamen, gingen die Luternau so weit, einen Teil des Klosters niederzubrennen.
Schliesslich sahen sie sich aber gezwungen, alle ihre Besitzungen und Rechte in Langenthal dem Kloster abzutreten, das nun fast alleiniger Herr des Dorfes war. Blos die Johanniter von Thunstetten und die Herren von Grünenberg waren noch im Besitz einiger Rechte. 1279 belehnte das Kloster den Ulrich von Grünenberg mit der Herrschaft Langenthal und der Burg der Luternau. Kirchlich war Langenthal damals in zwei Pfarreien geteilt: das rechte Ufer der Langeten und 14 Höfe am linken Ufer bildeten die Pfarrei Langenthal, während das übrige linke Ufer zur Pfarrei Thunstetten gehörte. 1396 kaufte St. Urban den Johannitern von Thunstetten den Kirchenzehnten von Langenthal ab. Die Herrschaft des Klosters St. Urban dauerte während des ganzen 14. Jahrhunderts. In dieser Zeit hatte Langenthal zweimal unter kriegerischen Ereignissen zu leiden: 1340 berührten die Berner auf ihrem Raubzug gegen die Besitzungen des Landgrafen Eberhard von Kiburg den Ort und 1375 verheerten ihn die Gugler von ihrem Hauptquartier St. Urban aus. 1406 kaufte Bern von den Kiburgern die Landgrafschaft Burgund und übte von da an auch in Langenthal die hohe Gerichtsbarkeit aus, während die niedere bei St. Urban verblieb.
Nachdem Bern 1528 die Reformation eingeführt hatte, wurde Langenthal 1538 kirchlich vollständig von Thunstetten getrennt. Der Kirchensatz, d. h. die Besetzung der Pfarrstelle blieb aber bis 1808 bei St. Urban. Von seiner Verpflichtung zum Kirchenbau hatte sich das Kloster 1675 losgekauft. Politisch war Langenthal bis 1798 dem Amt Wangen zugeteilt. Im Bauernkrieg von 1653 stand Langenthal auf Seite der Bauern und war eine Zeit lang das Hauptquartier von Niklaus Leuenberger; von den nach dem unglücklichen Gefecht von Herzogenbuchsee im Langenthaler Kaufhaus eingesperrten 45 Bauern wurden drei hingerichtet, darunter Bernhard Herzog, der Führer der Langenthaler.
Eine Kirche zu Langenthal wird zum erstenmal 1197 erwähnt. Der Bau der zweiten Kirche fällt ins Jahr 1392. Beide standen an der Stelle der jetzigen Kirche. Die mit Reliefs gezierten St. Urbanziegel der zweiten Kirche, die beim Umbau des Jahres 1898 aufgedeckt wurden, befinden sich jetzt im Schweizerischen Landesmuseum zu Zürich. Da die schon erwähnte kirchliche Teilung in die zwei Pfarreien Langenthal und Thunstetten für das grössere Langenthal unbequem war und zu Reibereien führte, liess der Komthur von Thunstetten 1506 in Langenthal zur Abhaltung der Frühmesse eine Kapelle bauen. Es ist dies die Kapelle, deren Gemäuer hinter dem Gasthof zum Kreuz sich als Speicher noch vorfindet.
Die jetzige Kirche stammt aus dem Jahr 1677; ihre kunstvoll geschnitzte Kanzel ist aus der früheren Kirche übernommen worden. Der jetzige monumentale Glockenturm aus Granitquadern ward 1861 erbaut, und 1898 hat man die Kirche Innen und Aussen vollständig renoviert. Langenthal wurde mehrmals von grösseren Bränden heimgesucht: 1542 wurden 46 Häuser zerstört, 1680 brannten durch Blitzschlag 25 Häuser samt dem Pfarrhaus ab und 1729 neuerdings 11 Häuser. Von hervorragenden Bürgern Langenthals erwähnen wir den originellen Arzt Andreas Dennler (1756-1829), der durch seine bizarren und freigeistigen Schriften oft mit der Polizei in Konflikt geriet, den Fürsprecher, Nationalrat und Oberauditor Joh. Bützberger (1820-1886) und den Grossindustriellen und Nationalrat F. Gugelmann (1829-1898). Einen Teil seiner Jugendzeit hat in Langenthal auch der bekannte Maler Ferdinand Hodler verbracht. ¶
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In den alten Urkunden erscheint der Ort als Langatun, Langaton, Langatum. Auf diese alte Schreibweise stützt sich der mundartliche Name Langetu. Erst am Ende des 14. Jahrhunderts fing man an, Langenthal zu schreiben. Gatschet leitet den Namen vom Bach Langeten ab, «der die lange Ebene durchläuft.»
Ueber die keltischen Ausgrabungen vergl. die Berichte von Alb. Jahn im Archiv des bernischen histor. Vereins (Band I, 1848) und im Jahresbericht des histor. Museums von Bern 1899 und 1900. - S. ferner Flückiger, F. A. Mitteilungen über die Geschichte Langenthals und der Umgegend bis zur Reformation. Langenthal 1847. - Blaser, Joh. Die Pfarrei und Pfarrkirche zu Langenthal. Langenthal 1898. - Kronauer, Friedrich. Die Sekundarschule Langenthal. Langenthal 1883. - Geiser, K. Der Twingrodel von Langenthal (als Manuskr. gedr.). - Geiser, K. Andreas Dennler (im Berner Taschenbuch 1189).