während Basel Land
zur Mehrheit reformiert und der Aargau
gemischt sind. Die zwei Gemeinden
Lengnau u.
Endingen (im
Aargauer Jura nw. von
Baden)
haben einen starken Prozentsatz von Israeliten; jüdische Religionsgemeinschaften finden sich zudem auch in den meisten der
jurassischen Industrieorte und Städte. Wir haben früher schon den Verlauf der Sprachgrenze zwischen
deutschem und französischem Jura verfolgt und dabei auch gezeigt, welche Veränderungen sie im Verlauf des 19. Jahrhunderts
erlitten hat.
Die welschen oder romanischen Mundarten verschwinden zur Zeit allmählig; sowohl im Waadtländer wie im
Neuenburger Jura wird
jetzt gut französisch gesprochen, wie dies von der Schule und Kirche, den Zeitungen und Büchern gelehrt
wird. Die an einigen Orten noch übliche wenig wohlklingende Aussprache wird von allen
Seiten her bekämpft und wandelt sich
trotz der zunehmenden Einwanderung von Deutschschweizern ebenfalls langsam zum Bessern. Mehr als ein Drittel der Einwohner
des Kantons Neuenburg
ist deutschschweizerischer Herkunft; dasselbe gilt für die Landschaft
Erguel (St. Immerthal).
Umgekehrt besteht etwa ein Drittel der Bewohner der deutschen Stadt
Biel aus zugewanderten
Welschen aus dem
Neuenburger und
Berner Jura (meistens Industrielle und Fabrikarbeiter). In
Münster, dem Val de
Tavannes und
Tramelan wird zwar französisch
gesprochen, doch ist hier die industrielle Bevölkerung stark mit Deutschbernern, -solothurnern etc.
vermischt. Die Bewohner der
Freiberge sind heute zum weitaus grössern Teil Uhrenmacher und sprechen auch ein besseres Französisch
als einst, obwohl sie im Familienkreis ihren alten Bergdialekt immer noch pflegen. Dieser ist mit dem der
Ajoie und des Delsbergerthales
verwandt, stammt aus dem N. (langues d'oïl) und weicht von den übrigen Dialekten der französischen
Schweiz beträchtlich ab. Dieser französische Dialekt wird in den katholischen Bezirken
Delsberg und
Pruntrut noch allgemein
gesprochen; er unterscheidet sich wesentlich vom Gutfranzösischen und hat gleich demjenigen der angrenzenden Burgunder einen
singenden Klang und eine breite Aussprache.
Sprachlich verschieden sind aber auch die deutschen Jurassier von
Biel bis gegen Basel
und Zürich.
Die schleppende Aussprache
der Basler und
Solothurner Bergleute verschwindet gegen den Aargau
hin allmählig. Hochdeutsch oder Schriftdeutsch wird überall
im Jura und überhaupt in der ganzen deutschen
Schweiz nur im Verkehr mit Fremden, in der Schule und Kirche gesprochen. Dazu
ist dieses Schriftdeutsch - wie die Reichsdeutschen den Deutschschweizern (exkl. Bündnern) gerne vorhalten
- oft langsam, hart und reich mit Kehllauten durchsetzt.
Die schweizerdeutschen Dialekte gehören alle dem oberdeutschen Sprachstamm an, wie denn ja auch die deutsche
Schweiz von
oberdeutschen Stämmen (Alemannen) besiedelt worden ist. Die Interessen der Jurassier pflegen sich trotz der zahlreichen
Verbindungsfäden zwischen den einzelnen Volksgruppen meist um eine bestimmte Anzahl von politischen, industriellen oder
geistigen Zentren zu drehen, die räumlich nicht immer innerhalb des ethnographischen oder geographischen Gebietes dieser
interessierten Kreise gelegen sind - eine Erscheinung, wie sie in Gebirgsländern gewöhnlich beobachtet werden kann.
Daraus ergibt sich zuweilen ein zu stark hervortretender Mangel an geistiger Einheit und Zusammenhang,
der sich u. a. auch darin zeigt, dass Kunstgegenstände oder Sammlungen zu oft verzettelt werden. Wie alle Gebirgsländer
weist auch der Jura einen Bevölkerungsüberschuss auf, der - Handwerker, Bauern und Handeltreibende - nach den benachbarten
Städten oder ins Ausland abfliesst, um dort sich besser zu stellen oder der heimischen Industrie neue
Absatzgebiete zu erobern. In diesem letztern
Falle pflegen die Beziehungen zur heimatlichen Scholle fortzudauern. Zu oft kommt
es auch vor, dass reich gewordene Industrielle und Kaufleute ihre
Berge verlassen und sich in den grossen Städten ansiedeln.
(Berner) (Kt. Bern).
Der Berner Jura, auch «der neue Kantonsteil»
genannt, ist eine der 6 grossen natürlichen Abteilungen des Kantons Bern.
Bis 1793 und 1797 gehörte er zum einstigen Fürstbistum Basel,
dessen
grössere Hälfte er bildete. Der Berner Jura zählt, mit Ausschluss von
Biel, 111741 Ew. Er gliedert sich in 7 Amtsbezirke
mit 146 politischen Gemeinden:
Pruntrut, 36 Gemeinden mit 26578 Ew.;
Neuenstadt, 5 Gemeinden mit 4269 Ew. Man zählt 62730 Katholiken in 78 römisch-katholischen Kirchgemeinden
(davon 42 staatlich anerkannte), die 6 Dekanaten angehören:
Pruntrut mit 27,
Delsberg mit 20,
Saint Ursanne mit 5,
Saignelégier
mit 8,
Laufen mit 11 und
Courrendlin mit 4 Pfarreien.
Die 3 übrig bleibenden römisch-katholischen Pfarreien
Münster,
Tramelan
und
St. Immer sind keinem Dekanat zugeteilt. Der römischkatholische Jura bildet einen Teil des Bistums
Basel-Lugano, dessen
Bischof in Solothurn
residiert. Die 48598 Reformierten sind in 24 Kirchgemeinden eingeteilt, die 5 Wahlkreise bilden.
Altkatholische Pfarreien in
Laufen und
St. Immer. Zahlreiche Wiedertäufer, namentlich auf den
Meierhöfen im Amtsbezirk
Münster.
Juden finden sich vorzugsweise in
Pruntrut.
Dem Mittelschulunterricht dienen die Kantonsschule in
Pruntrut und die Bezirksschulen (collèges) in
Delsberg
und
Neuenstadt; in
Pruntrut ferner ein Lehrer- und in
Delsberg ein Lehrerinnenseminar. Daneben verschiedene Sekundarschulen;
in
St. Immer und
Pruntrut je eine Haushaltungsschule, in
Pruntrut eine Uhrenmacher- und landwirtschaftliche Schule;
Der heutige Berner Jura bildete ursprünglich einen Teil des von den Rauracern besetzten Landes. Aus keltisch-rauracischer
Zeit sind uns noch einige Altertümer erhalten geblieben, so die
Pierre Percée in
Courgenay, die
Pierre de l'Autel und
Fille
de Mai, die
Haute Borne - alles einstige Altar- und Opfersteine. Viele keltische Wurzeln leben heute noch
in den Dialekten der Jurassier fort. Die Rauracer, die zusammen mit den Helvetiern ihre Siedelungen niedergebrannt hatten
und ausgezogen waren, wurden wie diese zur Rückkehr in ihr Land und zur Anerkennung der römischen Oberhoheit gezwungen.
Die
Römer teilten den Jura ihrer Provinz Gallia Lugdunensis zu. Die Römerherrschaft hatte eine förmliche
Umwandlung der Existenzbedingungen der jurassischen Bevölkerung zur Folge, und überall entstanden zahlreiche Römersiedelungen
(villae), deren Ueberreste jetzt noch an manchen
Stellen sichtbar sind.
Zeugen für diesen Umschwung sind der befestigte
OrtVicques, die
Bäder vonCourroux,
Develier etc., sowie viele andere erhaltene Denkmale. Ferner hat man fast
überall zahlreiche Römermünzen aufgefunden.
Die Sieger liessen sich aber ganz besonders den
Bau von Befestigungen und die Anlage eines rationellen Strassennetzes angelegen
sein. Sehr gut zu erkennen sind heute noch die befestigten
Lager des
Mont Terrible (im Volk «le Jules César»
genannt), Mont Chaibeut
(Mons caput), von
Châtillon,
Wahlen u. a. Die wichtigsten
Klusen und Engpässe wurden durch mehr als 20 Festungen
verteidigt, von denen wir nur die der
Pierre Pertuis nennen. Diese Werke zogen sich von
Pruntrut bis nach Robur
am Rhein und
von der
Pierre Pertuis bis Augusta Rauracorum und können uns eine klare Vorstellung von dem Verteidigungssystem
der
Römer liefern. Die schönsten Bauten aus den letzten Zeiten der Römerherrschaft sind die Türme Réfous (am
Schloss zu
Pruntrut),
Wildenstein (in
Delsberg) und
Pleujouse.
Das Christentum fand im Jura hauptsächlich durch die Bemühungen der
Mönche von Luxeuil Eingang. St.
Germanus und St. Randoald legten im 7. Jahrhundert den Grundstein zu dem berühmt gewordenen Kloster
Moutier-Grandval, St.
Ursinus (St. Ursanne) gründete das
¶
mehr
nach ihm benannte und später zu einer Stadt ausgewachsene Kloster und der aus Lugnez in der Ajoie gebürtige St. Immer dasjenige
Kloster, um welches die heute bedeutende Ortschaft gleichen Namens entstand. 407-496 kam der Jura unter die Herrschaft der
Alemannen und Burgunder, dann 496-888 unter diejenige der Franken und endlich 888-1032 zum zweiten burgundischen
Königreich. Zu dieser Zeit standen die KlösterSt. Immer, Saint Ursanne, Moutier-Grandval und etwas später Bellelay und Lucelle
in ihrer höchsten Blüte. Der mildtätige und barmherzige Sinn, sowie die Wissenschaft, die hier ihre Stätte gefunden hatten,
bildeten einen schneidenden Gegensatz zu der in den Feudalburgen herrschenden Unwissenheit und Roheit.
Die Thäler von der Pierre Pertuis bis zum Rhein bildeten den sog. Salsgau, die Ajoie mit den Uferlandschaften um den Doubs den
Elsgau.
Durch die von den drei (jetzt in Trümmern liegenden) Festungen der Vorburg geschützte Klus von Soyhières ging die französisch-deutsche
Sprachgrenze, die uns die damalige Verteilung der beiden Volksstämme zeigt. Im 10. Jahrhundert fiel
der ganze Jura an das deutsche Kaiserreich, dessen hier mächtigster Gaugraf auf der Vorburg residierte, wo er 1049 vom Papst
Leo IX. besucht wurde. Schon zu dieser Zeit hatten die Bischöfe von Basel
von den deutschen Kaisern verschiedene Ländereien zu
erhalten gewusst, die den ersten Grundstock zum späteren Fürstbistum legten.
Die wichtigste Schenkung aber erhielten sie 999 von Rudolf III., König des transjuranischen Burgund, der ihnen die Abtei
Moutier-Grandval mit ihrem gesamten Landbesitz (Thäler der Birs, Schüss, des Doubs und das Territorium, auf dem Nachher Bischof
Gerhard von VuippensNeuenstadt erbaute) überliess. Von dieser Zeit an blieb der Bischof von Basel
bis Ende 1797 der
unumschränkte Gebieter über alle diese Landschaften. Auch Biel kam in die Gewalt des Bistums, das mit Zustimmung des Reiches
später auch noch die Ajoie und die Thäler von Delsberg und Laufen erwarb.
Bischof Imer von Ramstein verlieh in seiner berühmten Urkunde von 1384 den Ansiedlern in den seither so
genannten «Freibergen» grosse Vorrechte und Vergünstigungen. Alle diese genannten Landschaften bildeten bis 1792 das Fürstbistum
Basel.
Biel, Neuenstadt, die Landschaft Erguel und ein Teil der sog. Propstei (Prévôté) gingen zur Reformation über, während das
ebenfalls dem neuen Glauben beigetretene Thal von Laufen infolge der Bemühungen des Fürstbischofes Christoph
von Blarer 60 Jahre später wieder katholisch ward.
Nachdem die Reformation auch in der Stadt Basel durchgeführt worden war, verlegten die Fürstbischöfe ihren Wohnsitz nach
dem SchlossPruntrut. Jedes einzelne der bischöflichen Untertanenländer erfreute sich bestimmter Vorrechte und Freiheiten,
die ihnen im Laufe der Zeit zugestanden worden waren und die jeder neue Bischof bei seinem Amtsantritt von Neuem bestätigen
musste. Einige waren auch mit den Eidgenossen verbündet, und Biel wurde 1490 als zugewandter Ort in den Bund der Eidgenossen
aufgenommen.
Die ein Glied des deutschen Kaiserreiches bildenden Ländereien des Fürstbistums wurden im Verlauf des 30 jährigen Krieges
der Reihe nach von den Kaiserlichen, Franzosen und Schweden schwer heimgesucht, die hier während 18 Jahren
furchtbar hausten und Alles in Trümmer legten. Ganze Dörfer wurden verbrannt und vernichtet, manche davon für immer vom
Erdboden vertilgt. Zu dieser Zeit fielen auch verschiedene der die Steilufer des Doubs beherrschenden festen Burgen, so u. a.
Montvoie.
Dieser unselige Krieg hatte ferner zur Folge, dass eine Reihe von Missbräuchen einrissen. Als diesen der Fürstbischof Johann
Konrad von Reinach durch seinen berühmt gewordenen Erlass von 1726 endlich steuern wollte, erhob sich ein Teil seiner Untertanen
gegen ihn. Das durch die strenge Durchführung des Erlasses empörte und von Pierre Péquignat und seinen
Genossen aufgereizte Volk, besonders der Ajoie, widersetzte sich dem Bischof zehn Jahre lang (1730-1740). Nachdem der Bischof
den aufrührerischen Untertanen vergeblich hatte begreiflich machen wollen, dass sein Erlass nur zu ihrem Wohle zu dienen
bestimmt sei und nachdem auch alle seine anderen Bemühungen zur Beruhigung erfolglos geblieben, rief
er französische Truppen in sein Land, die dann allerdings mit den widerspenstigen Bauern rasch fertig wurden. Die Führer
der Bewegung, Péquignat, Riat und Lion, wurden zum Tode verurteilt und enthauptet. Damit war der Aufstand niedergeschlagen,
und es konnten nun die dem ganzen Bistum zum Wohl dienenden Reformen durchgeführt worden. Péquignat
hatte sich nicht nur den Anordnungen des Bischofes widersetzen wollen, sondern strebte darnach, das Land der Eidgenossenschaft
anzugliedern.
In diesem Vorhaben hatten ihn die katholischen Kantone durch ihr beistimmendes Verhalten unterstützt, während Bern
sich nicht
nur ablehnend verhielt, sondern dem Bischof sogar noch Truppen zur Verfügung stellen wollte. Als Frankreich 1792 die
Pässe und anderen Zugänge zum Bistum besetzte, flüchtete der damalige Fürstbischof Joseph von Roggenbach mit seinem ganzen
Hofstaat nach Biel. Ein Teil seiner Untertanen erklärte ihn der Oberherrschaft über die zum Reiche gehörenden Länder seines
Bistums verlustig und konstituierte mit Hilfe der Franzosen die Republik Rauracien, die aber nach einem
Bestand von nur wenigen Monaten der französischen Republik einverleibt wurde und nun deren Departement Mont Terrible bildete.
Die mit den Eidgenossen verbündeten Länder des Bischofes blieben ihm während dieser schweren Zeiten treu, bis auch sie am von
den Franzosen ihrem Departement Mont Terrible angegliedert würden, das dann 1800 selbst wieder im Departement
Haut Rhin aufging. Dieses umfasste u. a. die beiden Unterpräfekturen Pruntrut mit 105 Gemeinden und Delsberg mit 109 Gemeinden.
Biel mit Neuenstadt bildete nur noch einen einfachen Friedensgerichtskreis. Die alliierten Mächte stellten 1814 den früheren
Zustand der Dinge wieder her und gaben dem Land den Freiherrn von Andlau zum Gouverneur.
Schon glaubte man, dass das ganze Gebiet seinem alten Oberherrn wieder zurückgegeben würde, sodass Xaver von Neveu, der
letzte Fürstbischof, im Triumph nach Pruntrut zurückkehrte. Da bestimmte der Wiener Vertrag 1815 den Anschluss des Landes
an die Schweiz und zwar als Teil des Kantons Bern,
trotzdem seine gesamte Bevölkerung entweder die Wiedereinsetzung
ihres einstigen Oberherrn in seine Rechte oder dann die Erhebung ihres Gebietes zu einem selbständigen Kanton der Eidgenossenschaft
wünschte. 1818 ging das Land dann an Bern
über, das sich von dessen bisherigen Behörden in Delsberg den Treueid ablegen liess. 1830 nahm
der Jura lebhaften Anteil an der Bewegung gegen die Herrschaft des Berner Patriziates. Eine ausserordentlich
tief greifende religiöse Krise verursachten endlich im katholischen Jura die Badener Artikel von 1836 und der Kulturkampf
von 1873.