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Absinth etc., eingeführt dagegen Südfrüchte, Kolonialwaaren, chemische Produkte, französische Weine, ferner Oel, Seife, Fette, Leder, Papier, Bücher, Kurz- und Merceriewaaren, Seidenartikel, Schmucksachen, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte (wenigstens zum Teil), Präzisionsinstrumente, elektrische Apparate etc. Das Netz der Verkehrswege ist heute ein viel zu umfangreiches, als dass seine bis ins Einzelne gehende Beschreibung notwendig oder wünschenswert wäre. Es ist aber für ein Gebirgsland doch angezeigt, die wichtigsten Züge kurz zu besprechen.
Die Strassen schliessen sich natürlicherweise immer noch dem ehemaligen römischen Strassennetz an, da es stets die bequemste und kürzeste Verbindung zwischen den einst wichtigen (heute allerdings vielfach unbedeutenden) Städten darstellte. Alle Thäler haben ihre Fahrstrassen, die gut unterhalten werden, aber im allgemeinen schmäler sind als diejenigen in den benachbarten französischen Departementen. Als Kies- und Schottermaterial eignen sich gut die Neocomkalke und besonders die Echinodermenbreccien, weil sie wegen ihrer körnigen Struktur und ihres Kieselgehaltes sich schwerer abnutzen und weniger Staub und Schmutz liefern, als die an einigen Orten verwendeten, meist weichen weissen Kalksteine.
Nicht besser als diese sind die zum grossen Teil aus alpinen Jurakalken bestehenden Aarekiese. Auf Grundlage der orographischen Gliederung des Juragebirges kann man zwei gut von einander getrennte Strassentypen unterscheiden: Quer- und Längsstrassen. Von hervorragender Wichtigkeit für die Beziehungen der Schweiz mit dem Hochjura und dem Ausland sind namentlich die durch Schluchten und Klusen ziehenden und die Pässe überschreitenden Querstrassen. Die wichtigsten davon sind, von W. nach O. gezählt, folgende: Route de l'Écluse, von Genf nach Bellegarde, mit Abzweigungen nach Lyon, Bourg, zum Fort und Col de l'Écluse (425 m);
Route de La Faucille (1323 m), von Genf über Gex nach Saint Claude-Clairvaux-Lons le Saulnier;
Route de Saint Cergues (1263 m), von Nyon über Les Rousses nach Morez-Saint-Laurent-Clairvaux (Passübergang über den Mont Noir in 980 m)-Lons le Saulnier und weiterhin über Champagnole nach Poligny und Salins;
Route du Marchairuz (1450 m), von Aubonne, Rolle und Nyon nach Le Brassus (Jouxthal);
Route du Molendruz (1184 m), von Lausanne und Morges über Cossonay und L'Isle nach Le Pont (Jouxthal);
Route de Jougne (1121 m), von
La Sarraz oder
Orbe über
Vallorbe oder
Ballaigues nach Pont
arlier,
mit Abzweigungen über Bonnevaux und Andelot nach
Salins und Arbois, oder über Levier nach
Salins oder
endlich über Mouthier und Ornans nach Besançon;
Strasse von
Yverdon nach Pont
arlier über
Sainte Croix und Les Fourgs, mit
Abzweigung über
Noirvaux
(Col des
Étroits 1153 m) nach
Buttes;
Strasse des
Val de Travers (Valus transversa), von Neuenburg
über
Les Verrières
(929 m) nach Pont
arlier und weiterhin entweder über Frasne und Champagnole nach Lons le Saulnier oder über Arbois und
Salins
nach
Dôle;
Route de La Tourne (1172 m), von Neuenburg über Les Ponts (Anschluss eines vom Val de Travers kommenden Zweiges) nach Le Locle und weiterhin über den Col des Roches (915 m) nach Morteau und Besançon;
Route de la Vue des Alpes (1286 m), von Neuenburg über Valangin und Les Hauts Geneveys nach La Chaux de Fonds und weiterhin über Biaufond (Brücke über den Doubs in 658 m) nach Maîche, Pont de Roide und Montbéliard;
Route de Pierre Pertuis (830 m), von Biel über La Reuchenette und Sonceboz nach Tavannes, mit Abzweigungen von Tavannes 1) über Tramelan nach Saignelégier und weiterhin über Maîche nach Goumois (Brücke über den Doubs in 503 m), 2) über Bellelay (940 m) und den Felsentunnel des Col du Pichoux nach Glovelier und weiterhin über den Col de La Caquerelle (836 m) nach Pruntrut, 3) längs der Birs über Court, Münster, Delsberg und Laufen nach Basel (Zweig von Delsberg über den Col des Rangiers, 856 m, nach Pruntrut);
Strasse von Solothurn nach Basel, über Balsthal, Langenbruck (734 m), Waldenburg und Liestal, mit heute abseits vom Verkehr liegender Abzweigung über den Passwang (1005 m) nach Zwingen;
Hauensteinstrasse von Olten nach Basel über den Hauenstein (695 m), Sissach und Liestal;
Stafeleggstrasse von Aarau über die Stafelegg (624 m) nach Frick;
Bötzbergstrasse von Brugg über den Bötzberg (611 m) und Frick nach Stein und Säckingen;
die dem Aaredurchbruch folgende Strasse von Brugg über Klingnau nach Koblenz.
Den Jura und seine Klusen durchqueren ferner noch die Strassen Zürich-Baden-Turgi und Mellingen-Brugg.
Unter den Längsstrassen ist natürlich am wichtigsten der (streng genommen nicht mehr unserm Gebirge zuzurechnende) Strassenzug längs dem Jurafuss, den jurassischen Randseen und der Aare, der vom französischen Fort de l'Écluse bis Brugg etwa 250 km lang ist und von dem als Basis alle Querstrassen des Jura ausstrahlen. Diese Strasse geht über Gex, Gingins, Bière, L'Isle, La Sarraz, Orbe, Yverdon, Neuenburg, Biel, Solothurn, Olten. Weitere Längsstrassen, von W. nach O. gezählt: im Waadtländer Jura die Strasse der Vallée de Joux, von Le Pont nach Le Brassus und weiterhin über Les Rousses zum Col de la Faucille; im Neuenburger und Berner Jura 1) die Strecke Buttes-Travers der Strasse des Val de Travers, mit La Chaux de Fonds durch die Strasse der Vallée des Ponts und Vallée de La Sagne verbunden, 2) weiter gegen N. die Strasse der Vallée de La Brévine von Les Verrières über La Brévine und La Chaux du Milieu nach Le Locle und weiterhin nach La Chaux de Fonds und La Cibourg, wo sie sich in 2 Aeste gabelt, deren südlicher das St. Immerthal durchzieht und in Sonceboz an die Strasse der Pierre Pertuis anschliesst, während der nördliche über Le Noirmont, Saignelégier und Saint Braix die Freiberge durchzieht [neue Gabelung in La Roche a) über den Col de la Caquerelle und b) nach Glovelier-Delsbergerthal und Birsthal-Laufen-Basel]; im Solothurner Jura die Strasse von Gänsbrunnen, die Münster über Welschenrohr (Rosières) mit Balsthal im Thal der Dünnern verbindet; endlich ganz im N. die bernerische Längsstrasse durch die Ajoie, von Damvant über Pruntrut nach Charmoille, die sich durch das Thal der Lützel (Lucelle) fortsetzt und in Laufen auf die Birsthalstrasse ausmündet.
Seit dem Durchbruch der grossen Alpentunnels sind die Eisenbahnen im Jura von grosser Bedeutung geworden, da es sich jetzt hauptsächlich darum handelt, die kürzesten Zufahrten zum Gotthard oder Simplon ausfindig zu machen. Diese Bestrebungen haben zur Ausarbeitung einer Reihe von neuen Bahnprojekten geführt, wie derjenigen durch den Col de La Faucille, über Frasne-Vallorbe, durch den Stierenberg (Court-Grenchen und weiter nach Büren-Bern) oder den Passwang (Zwingen-Balsthal).
Die jetzt bestehenden Hauptlinien sind, von O.-W. gezählt, folgende: Zürich-Brugg-Bötzberg-Frick-Stein-Rheinfelden-Basel (Schnellzug in 1 Stunde 40 Minuten);
Olten-Hauenstein (1856 durchbrochen)-Liestal-Basel;
die sehr malerische aber wenig schnelle Jurabahn Basel-Delsberg-Münster-Pierre Pertuis (Tunnel, N.-Eingang in 760 m, S.-Eingang in 780 m)-Sonceboz-Biel (2¼ Stunden Fahrt).
Man plant eine Abkürzung durch einen zwischen Münster und Grenchen durch den Graitery und Stierenberg führenden, 15 km langen Tunnel und hat bereits eine Verbindung Münster-Solothurn mit einem Weissensteintunnel angefangen. In Delsberg zweigt die Linie nach Belfort ab, die über Saint Ursanne (grosser Viadukt), Pruntrut und Delle führt und somit Mülhausen umgeht; von Sonceboz aus Sekundärbahn mit starken Steigungen durch das St. Immerthal nach La Chaux de Fonds, Le Locle, Morteau und Besançon (Betrieb im Winter wegen zu grosser Schneemassen zeitweise eingestellt).
Ferner die im Winter ebenfalls hie und da durch Schnee blockierte Sekundärbahn Neuenburg-Tunnel des Loges (1859 durchbrochen)-La Chaux de Fonds. Die internationale Linie Bern-Neuenburg-Pontarlier-Dijon-Paris führt in zahlreichen Tunnels durch die Gorges de l'Areuse, geht am linksseitigen Gehänge des Val de Travers (ohne Fleurier zu berühren) weiter und erreicht mit unmerklicher Steigung das Hochthal von Les Verrières. Die Linie Lausanne-Vallorbe-Pontarlier soll durch einen Tunnel durch den Mont d'Or zwischen Frasne und Vallorbe abgekürzt werden, um dem Konkurrenzprojekt Lons le Saulnier-Morez-Col de La Faucille (16-17 km langer Tunnel)-Genf die Spitze bieten zu können.
Lokal- oder Regionalbahnen des Jura: Nyon-Crassier, im Anschluss an die französische Linie Collonge-Gex-Divonne;
Vallorbe-Le Pont-Le Brassus (Jouxthal);
Yverdon-Sainte Croix (Betrieb an Sonntagen eingestellt);
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Lokalbahn des Val de Travers, von Travers nach Fleurier, Saint Sulpice und Buttes;
La Chaux de Fonds-La Sagne-Les Ponts;
La Chaux de Fonds-Saignelégier;
Pruntrut-Bonfol, wird in den Elsass fortgesetzt;
Oensingen-Balsthal etc.
Dieses ganze Bahnnetz dient in erster Linie den Bedürfnissen der Industrie, trägt aber auch viel dazu bei, dass die eigenartigen landschaftlichen Schönheiten und klimatischen Vorzüge des Juragebirges in immer grössern Kreisen bekannt werden. Damit hängt nun wieder die Entstehung einer Reihe von Gasthöfen, Kurhäusern und Sommerfrischen zusammen. Im Sommer ist ein Ferienaufenthalt im Jura, besonders in der Nähe der grossen Tannenwaldungen, sehr gesund und angenehm.
Erdbeerkuren gegen Entzündungen. Kurorte: Boujailles und Gilley, auf dem Plateau von Pontarlier;
in der Schweiz Ballaigues (870 m), Saint Cergues (1045 m), Arzier (848 m), Marchissy (825 m), Gimel (736 m), Vaulion (939 m), Sainte Croix (1097 m), Les Rasses (1183 m).
Le Pont im Jouxthal (1020 m), Chaumont (1175 m), Magglingen oder Macolin (900 m), Leubringen oder Évilard (700 m), Kurhaus Weissenstein (1290 m), Hotel Balmberg (1060 m), Hotel Friedau (665 m) etc. Im frühen Frühjahr und Spätherbst, zu welcher Zeit das Klima des Hochjura wenig Anziehendes hat, kommen als angenehme Uebergangsstationen in Betracht Yverdon, Neuenburg, Biel, Münster, Solothurn, Olten, Aarau. Sehr stark besucht werden die das ganze Jahr geöffneten Bäder von Schinznach und Baden.
Der Winter ist im Hochjura sehr schön: blendend weisse Schneedecke, heller Sonnenschein, prachtvolle Aussicht von den Pässen und Kämmen auf das das Mittelland überwogende Nebelmeer und die dahinter in hehrer Majestät aufragenden weissen Ketten der Alpen. Oft werden Schlittenpartien von einem That ins andere hinüber ausgeführt, und zahlreich sind in neuerer Zeit die Skifahrer, die an den durch die topographischen Verhältnisse bedingten sanften Gehängen ihre Kunstfertigkeit zu vervollkommnen suchen.
Geistiges und soziales Leben, Volkscharakter, Sprache und Konfession.
Der Satz, dass Boden und Klima einer Gegend auf die physische und geistige Eigenart ihrer Bewohner von einem gewissen Einfluss sind, findet im Juragebirge eine vorzügliche Bestätigung. Obwohl im Jura an verschiedenen Stellen romanische und germanische Volkselemente räumlich von einander getrennt sich angesiedelt oder auch, wie namentlich in den industriellen Ortschaften, mit einander vermischt haben, kann doch mit Sicherheit von einem speziell jurassischen Volkscharakter und -typus gesprochen werden.
Dies ist aber nicht so zu verstehen, als ob der Charakter der Jurassier überall und durchweg ein gleichförmiger sei. Gleich wie das landschaftliche Bild im Juragebirge an verschiedenen Stellen wieder ein anderes Gepräge hat, so bestehen auch von einem Ende der Kette zum andern beträchtliche Unterschiede in der Bevölkerung: die Bewohner des Aargauer Jura sind anders geartet als die heterogenen Volkselemente des Berner Jura, diese wieder anders als die industriellen Bewohner der Neuenburger Bergregion und diese wieder anders als der Weinbauer am Jurafuss oder der Bewohner des Jouxthales.
Der Jurassier ist von mittlerer Körperlänge (grösser im Weinbaubezirk als im Innern des Gebirges) und mehr nervig als muskulös; er ist zäh und ausdauernd, im nüchternen Zustande meist friedliebend, berechnend und bedachtsam, ein Freund der Ordnung und Ruhe; er begeistert sich nicht stark für das Schöne und Grosse, ist meist kein Träumer und eher konservativ als zu gewagten Unternehmungen geneigt. Der Welschjurassier darf als Gallier mit germanischer Kultur angesprochen werden.
Der Bewohner des deutschschweizerischen Jura ist noch schwerfälliger und dazu sehr alltäglich gesinnt und auf seinen Vorteil bedacht; er ist stolz, hat Liebe und Sinn für militärisches Leben und ist mit seinen heimischen Bergen innig verwachsen. In den Solothurner und Aargauer Thälern sieht man vielfach Typen von aussergewöhnlicher Körperkraft. Eine besondere Gruppe für sich bilden die Ajoulots, d. h. die Bewohner der Ajoie, Nachbarn der Elsässer und Burgunder der Freigrafschaft; sie pflegen noch ihre alten Gebräuche, halten sich gern bei Seite und sind gegen Fremde vorsichtig und misstrauisch.
Aehnliche Züge zeigen die ebenfalls an die Freigrafschaft angrenzenden Bewohner des Waadtländer Jura. Anders die reinen Neuenburger mit ihrem lebhaften gallischen Charakter, die dem Unbekannten gegenüber anfangs zwar auch zurückhaltend und etwas kühl sein können. Während der Neuenburger Weinbauer seine Ruhe liebt und gerne zu Hause bleibt, ist der «Montagnard» unternehmend, lebhaft und tätig. Im rauhen Klima des Juragebirges findet man seltener schöne Frauentypen als in klimatisch günstiger gestellten Gegenden. Zu grosse Fruchtbarkeit, die harten Feldarbeiten, der Fabrikdienst und eine Menge anderer Beschäftigungen und Sorgen - Alles das wirkt zusammen, um die jurassische Frau vor der Zeit verwelken zu lassen. Man kann auch noch betonen, dass die zu sehr einseitig pflanzliche Nahrung der romanischen Volkselemente dem Körper nicht diejenige Kraft, Gesundheit und Widerstandsfähigkeit zu verleihen vermag, wie dies die abwechslungsreicheren und gesünderen Milch- und Fleischspeisen der Aelpler und Südländer tun.
Die Bevölkerung des Schweizer Jura ist ihrer Konfessionalität nach stark gemischt und kann im ganzen genommen ebensogut als katholisch wie als reformiert bezeichnet werden. Der Waadtländer und Neuenburger Jura ist reformiert, mit Ausnahme des dem alten Glauben treu gebliebenen Gebietes um Le Landeron (mit Cressier, Enges und Combes), der erst 1814 von der Freigrafschaft losgelösten Gemeinde Le Cerneux-Péquignot und der von eingewanderten Katholiken in den verschiedenen Städten begründeten eigenen Pfarreien.
Der Berner Jura teilt sich in zwei beinahe gleiche Hälften: die südlichen Bezirke von Biel bis Münster (mit dem St. Immerthal oder der Landschaft Erguel, Neuenstadt und dem Tessenberg oder Montagne de Diesse) sind reformiert, während die nördlichen Bezirke (Freiberge, Pruntrut, Delsberg, das deutschsprechende Laufen und ein Teil von Münster) katholisch sind. Dazu kommen da und dort noch freie kirchliche Gemeinschaften, die erst seit wenigen Jahren zu entstehen begonnen haben. Die konfessionelle Spaltung des Amtsbezirkes Münster datiert von dem 1711 zwischen dem Staat Bern und dem damaligen Fürstbischof von Basel, Johann Konrad von Reinach, abgeschlossenen sog. Aarberger Vertrag. Ganz katholisch ist der Solothurner Jura, ¶