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vus und U. tumidus). Diese letztere kommt aus dem N. und fehlt im Becken des Genfersees. Die Coelenteraten sind besonders durch Süsswasserpolypen vertreten. Der vom Genfer Zoologen Trembley zu seinen berühmten Regenerationsversuchen verwendete grüne Armpolyp (Hydra viridis) ist nicht gerade häufig, während der braune Armpolyp (Hydra fusca) im Neuenburgersee unter Steinen gemein ist. Der kieselhaltige kleine Seeschwamm (Spongilla fragilis) haftet vielfach an den unter Wasser stehenden Stengelgliedern von Binsen und Schilfrohr oder auf den flachen Steinen am Seeboden.
Protozoen. Die Juraseen werden von einer Unmasse von mikroskopischen Tierchen belebt, die meist unter dem allgemeinen Namen der Infusorien zusammengefasst werden. Mehrere ausschliesslich pelagische Formen tummeln sich im Neuenburger- und Bielersee. Die bis jetzt gefundenen Arten, die alle meist auch über ganz Europa verbreitet sind, sind verzeichnet im Jahrg. 1899-1900 des Bulletin de la Soc. Neuchâteloise des Sc. nat.
[P. Godet.]
Anthropogeographie:
Kolonisation, Siedelungen, Sitten und Gebräuche, Trachten.
Das zur Zeit der Kelten und Römer mit dichten und grossen Waldungen bestandene Gebirgsland des Jura ist nicht überall zugleich und im gleichen Masse urbar gemacht worden. Zunächst hatte sich der Mensch nur in seinen tiefern Lagen angesiedelt. Die Kultur der Römer drang von 4 verschiedenen Zentren aus auf den gleichen Wegen ins Gebirge vor, die heute noch die wichtigsten Zugänge dahin sind. Diese Ausstrahlungszentren waren: für den Südjura Lyon mit seinen Vorposten Izernore, Lons le Saulnier (Ledo) und Genf; für den Westjura Besançon mit Mandeure (Epomanduodurum);
für den Ostjura Augusta Rauracorum (Kaiser Augst) mit Vindonissa (Windisch) und endlich Aventicum (Avenches).
Die einstigen Römerstrassen bestehen in mehr oder weniger gutem Zustand noch heute und sind z. T. von den modernen Strassen überbaut worden. Die bemerkenswertesten dieser Strassen sind für den schweizerischen Jura die Züge Orbe-Col de Jougne-Pontarlier (Ariolica), Orbe (Urba)-Romainmôtier-Petra Felix-Lons le Saulnier, Aventicum-Salodurum-Schüssthal-Col de Pierre Pertuis-Birsthal mit Abzweigung Pierre Pertuis-La Tane-Tramelan-Goumois-Sequanien.
Die römische Inschrift an der Front des kleinen natürlichen
Tunnels der
Pierre Pertuis stammt etwa aus dem Jahre 330 n. Chr.
und
^[Supplement: streichen] ist viel jünger als der Bau der ersten Verkehrszüge. Am Col de la Tane kann man noch auf eine
Strecke von mehreren hundert Metern (längs einem heutigen Feldweg, der sog.
Charrière du
Chenau du
Sonnenberg)
die in den
Felsen gehauene und sehr gut erhaltene einstige
Römerstrasse mit ihren Treppenstufen erkennen.
Eine andere Römerstrasse führte von Solothurn über Balsthal und Gänsbrunnen (Saint Joseph) gegen Envelier, wo sie der Strasse der Pierre Pertuis begegnete, um dann über Vermes nach Vicques, dem damals bedeutendsten Ort im zentralen Jura (Reste von Römerhäusern und -villen), abzusteigen. Ohne Zweifel sind schon zur keltischen Zeit auch die ostjurassischen Pässe des Hauensteins und besonders des Bötzbergs (Vocetius mons), die Vindonissa (Windisch bei Brugg; Ueberreste eines grossen Amphitheaters) mit Augusta Rauracorum (Kaiser Augst; ebenfalls mit einem Amphitheater) verbanden, begangen worden, wenn sie auch zur Zeit der Römer den Strassen durch das Birsthal an Bedeutung nachstanden.
Die der römischen Kultur so verderbliche Invasion der Alemannen im 5. Jahrhundert drängte die zersprengten Reste der gallisch-römischen Bevölkerung des Ostjura gegen den zentralen Jura zurück, während die den übrigen Teil des Gebirges erobernden Burgunder sich mit dessen altangesessenen Bewohnern vermischten und in den Besitz des Bodens teilten. Die Grenze zwischen den die Sprache der Besiegten annehmenden Burgundern und den im zentralen und östlichen Helvetien als unumschränkte Herren schaltenden Alemannen ist immer eine scharfe gewesen und fällt zusammen mit der französisch-deutschen Sprachgrenze, die den Jura schief schneidet und östlich an folgenden Ortschaften vorbeizieht: Charmoille, Soyhières, Vermes, Envelier, Corcelles, Court, Romont, Évilard (Leubringen) und La Neuveville (Neuenstadt). Oestlich Neuenstadt hat das Deutsche die mitten in einem kleinen Weinbaugebiet gelegene Gemeinde Ligerz (Gléresse) erobert. Diese heutige Sprachgrenze entspricht zum Teil der politischen Grenze zwischen den Kantonen Bern (Berner Jura, ehemaliges Gebiet des Bistums Basel) und Solothurn und wird stellenweise von natürlichen Hindernissen, wie Bergkämmen, Klusen mit festen Schlössern etc. markiert.
Die Mehrzahl der tiefer gelegenen Thäler besitzt wie der Fuss des schweizerischen Jura eine Reihe von sehr alten Siedelungen, die entweder an der Stelle von gallisch-römischen Flecken stehen oder aus den ersten Zeiten nach der Einführung des Christentums stammen. Dies beweisen schon ihre aus dem Keltischen oder Lateinischen herzuleitenden Namen: Yverdon (Eburodunum), Orbe (Urba), Romainmôtier, Colombier (Columbarium) bei Neuenburg, Solothurn (Salodurum), Windisch (Vindo nissa), Delémont, Vicques, Lugnez, Porrentruy (Bornedruit, Brundrut = Druidenbrunnen) etc. Die Verbreitung des Christentums durch Schüler des h. Columban und h. Gallus (Saint Ursanne, Saint Imier, Saint Germain) bedingte die Entstehung von Klöstern und neuen Siedelungen, deren Namen von ihren Schutzheiligen oder von Schlössern, Bergen, Flüssen, Wäldern, Gewannen, angebauten und wildwachsenden Pflanzen, wilden Tieren etc. herzuleiten sind.
Die zahlreichen Ortsnamen auf -court, -villiers, -villers, -velier (deutsch: -hof und -wil) kommen von curtis = Hof und Garten und von villare oder villa = Haus. Die bemerkenswertesten und gebräuchlichsten Flurnamen sowohl lateinischer wie keltischer Herkunft (joux, chaux, ran, moron, peu, sagne oder fagne, meil, mait und mas, drase, combe etc.) finden sich auch in andern ehemals gallischen Landschaften in derselben Form und Bedeutung. (Vergl. über die Etymologie dieser Ausdrücke die betr. Artikel dieses Geograph. Lexikons der Schweiz, ferner die verschiedenen Bände des Musée Neuchâtelois, Bull. de la Soc. neuch. des sc. nat., Bull. de la Soc. de Géogr. de Nancy etc.). Vom ältesten Gallischen und Keltischen (agglutinierenden Sprachen orientalischer Herkunft) leiten sich die Mehrzahl der Flussund verschiedene Bergnamen ab (Aare, Areuse, Doubs, Birs, Sorne, Trame, Suze oder Susinga, Jura, Dôle etc.), sowie auch die auf dunum (Hügel) oder durum (Fluss, Furt) endigenden Namen der frühesten Siedelungen.
Weit später wurden besiedelt und urbar gemacht der ¶
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Hochjura, die Vallée de Joux, das Neuenburger Gebirgsland oder die Thäler von La Chaux de Fonds, Le Locle und La Sagne (Jagdgebiete der ersten Grafen von Neuenburg und Valangin), ferner die Freiberge (ehemaliges Eigentum der Fürstbischöfe von Basel) und ein Teil des Saugeais (Kanton Montbenoît im französischen Departement Doubs). Es erfolgte diese Besiedelung vom 13. und 14. Jahrhundert an durch freiwillige Kolonisten, denen die Grundeigentümer gewisse Vorrechte einräumten.
Les Hauts Geneveys im Val de Ruz und Les Genevez bei Bellelay sind Gründungen von Genfer Auswanderern, die Umgegend von Montbenoît wurde durch Savoyarden besiedelt, auf den Freibergen liessen sich sog. Ajoulots oder Bewohner der Ajoie (Gegend um Pruntrut) nieder etc. Mittelalterliche Burgen (bourgs, châtels oder castels), die z. T. an der Stelle einstiger römischer Vesten oder Wachttürme entstanden, sind besonders zahlreich im ehemaligen Bistum Basel und in den Kantonen Solothurn und Aargau vorhanden. Mit Ausnahme derjenigen in den einstigen Untertanenländern Berns (Kantone Waadt und Aargau) und im Kanton Neuenburg liegt heute deren Mehrzahl in Trümmern, indem die französische Invasion in den Berner Jura und die Kantone Basel und Solothurn 1798 auch alle die zu Ende des 18. Jahrhunderts hier noch stehenden Burgen zu Boden legte.
Die Siedelungen im Hochjura haben dann durch die seit dem 18. Jahrhundert beginnende Einführung von neuen Industriezweigen zum grössten Teil ein ganz anderes Gepräge erhalten. Die Bewohner dieser Hochthäler hatten seit einer Reihe von Jahrhunderten einzig mit Viehzucht. Holzschlag, etwas Landwirtschaft und Ackerbau sich beschäftigt. Nun liess die Einführung der Uhrenmacherei in La Sagne und ihr Uebergreifen nach Le Locle und La Chaux de Fonds (17. und 18. Jahrhundert), sowie ihr rasches Aufblühen im 19. Jahrhundert in fast allen Thälern des Jura bedeutende Ortschaften entstehen, und dies trotz des rauhen, aber der intellektuellen und künstlerischen Entwicklung der Bewohner günstigen Klimas.
Das zuweilen mühsame, aber einfache und anspruchslose Landleben ist ersetzt worden durch die gemeinsame Arbeit in Fabriken oder Werkstätten mit ihren schwankenden Lohnansätzen. So sind im vergangenen Jahrhundert dicht neben Sennbergen und Tannendickichten saubere und gut gebaute Städte von 5000, 13000 und bis zu 38000 Einwohnern aus dem Boden gewachsen. Aber auch die zerstreut gelegenen Höfe stehen jetzt im unmittelbaren Kontakt mit dem modernen Leben der Industrieorte: jedes Wohnhaus hat seine Uhrenmacherwerkstätte (l'établi), in der Scheune stehen moderne landwirtschaftliche Maschinen, Viehzucht und Milchwirtschaft werden wie die Bienenzucht nach neuen Grundsätzen betrieben, die das unreine Dachwasser sammelnden Zisternen haben den oft von weither zugeführten Trinkwasserleitungen weichen müssen, überall sind elektrisches Licht und Kraft eingeführt etc. Zahlreiche gut unterhaltene Strassen durchziehen das Gebirge, und die Hauptstränge der durch den Jura führenden Eisenbahnen sind unter sich wieder durch Lokal- oder Schmalspurbahnen verknüpft.
Die Hütte mit Strohdach ist im Hochjura nie heimisch gewesen. Dafür besitzt er einen andern, sehr eigenartigen Siedelungstypus in Gestalt eines viereckigen Hauses mit niederer und weiss getünchter Front, über der sich ein mächtiges Giebeldach erhebt, dessen einer Flügel nach O. (côté de la bise) und dessen anderer nach W. (côté du vent) sich senkt. Zu oberst entragt diesem Dach ein weites Kamin, das vermittels eines in Angeln sich drehenden Brettes nach Belieben geöffnet oder geschlossen werden kann.
Bis vor kurzem waren diese Dächer mit schwarzen Schindeln und viereckigen Tannenholzblöcken (étèles oder ancelles) gedeckt, während heute das Gesetz überall Ziegeldächer verlangt. Die oft strengen Winter, die heftigen und andauernden Winde und Regengüsse erfordern zum Schutz gegen Kälte und Nässe sehr solide Bauten mit ausserordentlich dicken Mauern. Dieser Haustypus ist auch in kleineren oder grösseren Ortschaften immer noch der vorherrschende und erscheint hier blos durch die grössere Zahl der Stockwerke und Fenster den städtischen Bedürfnissen angepasst.
In den Thälern des Berner, Solothurner und Aargauer Jura nähert sich das Bauernhaus mit seinen Riegelwänden und den den Schmalseiten aufgesetzten Holzgiebeln mehr der in der nördlichen deutschen Schweiz üblichen Bauart. In den Neuenburger und Bieler Weinbaubezirken fällt andererseits wieder das aus solidem gelben Neocomstein gefügte Haus auf, das seinen Bewohnern im Sommer ein angenehm kühles, im kalten und düstern Winter aber ein warmes Heim bietet. Diese wenig luxuriösen, dafür aber umso bequemer eingerichteten Behausungen mit ihren grünen Fensterladen werden meist von grossen Nussbäumen oder Linden umrahmt und sind mit Weinlaub und Epheu umrankt.
Die bemerkenswerten landschaftlichen Stellen im Jura, wie alte Burgen, Aussichtspunkte (bellevue, belvédère, belvoir, miribel, mirebeau, miroir, muriaux, beauregard, béridiai, bel air etc. genannt), Gipfel, Felsvorsprünge, Schluchten, Wälder und Matten sind dem Publikum von Seiten der Verschönerungsvereine, Gemeinde- oder Stadtverwaltungen etc. überall bequem zugänglich gemacht worden. Ueberall kann man ungestört auf schönen Wegen sich ergehen, und nur an wenigen Stellen wird eine kleine Gebühr gefordert (z. B. im Taubenloch).
Neben den Eisenbahnlinien bestehen einige Drahtseilbahnen (Biel-Magglingen, Biel-Leubringen, Neuenburg-Plan, St. Immer-Sonnenberg). Von Yverdon steigt eine Bahn in weiten Schlingen nach Baulmes und zur Hochfläche von Sainte Croix auf, verkehrt aber an Sonntagen nicht (nach einer von ihrem Begründer gestellten Bedingung). Die während der arbeitsreichen Woche an ihre Werkstätten gebundene Bevölkerung der Industrieorte pflegt von allen diesen Verkehrsmitteln einen lebhaften Gebrauch zu machen, um an Sonn- und Feiertagen durch Berg, Schlucht, Wald und Weide zu schweifen, frische und reine Luft zu schöpfen, die Schönheiten der Natur zu geniessen, essbare Schwämme oder Beeren zu sammeln etc. Oft werden dann im Freien auch sportliche, wissenschaftliche und selbst religiöse Versammlungen veranstaltet.
Nur die Bauern pflegen am Sonntag zu Hause zu bleiben und von ihrer beschwerlichen Feldarbeit auszuruhen, wenn sie nicht - wie dies vielfach der Fall ist zugleich auch Uhrenmacher sind. Das gesellige Leben ist überall, selbst in den reinen Bauerndörfern, ein recht reges und wird von zahlreichen Gesang-, Musik-, Turn- und Schiessvereinen gepflegt. Wie anderswo in der Schweiz lösen auch hier Feste aller Art (Schulfeste, kantonale und Bezirksschützenfeste, Turn-, Musik- und Sängerfeste, vaterländische Jahresfeiern etc.) einander in oft nur allzureicher Fülle ab. Feste zu Ehren des Kirchenpatrones (sog. bénichons) werden nur in den katholischen Landesgegenden gefeiert.
Die Trachten der Jurassier haben sich zu keiner Zeit weder durch Reichtum noch durch Farbenglanz ausgezeichnet. Die Kleidung des Landmannes ist eine ¶