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Meter hohen Büscheln wachsen Farnkräuter, die sich durch ihre Fülle und ihr niedlich gefiedertes Blattwerk auszeichnen, so der weibliche Mittelfarn (Athyrium filix femina), der Wurmfarn (Aspidium filix mas), Schildfarn (Aspidium spinulosum und A. lonchitis). Mitten aus diesen Büscheln ragen die schattenliebenden langen Stengel des purpurnen Hasenlattichs (Prenanthes purpurea), der Wald-Witwenblume (Knautia silvatica), Berg-Bärenklaue (Heracleum montanum), des Mauer-Habichtskrautes (Hieracium murorum), Wald-Wachtelweizens (Melampyrum silvaticum), Wald-Schwingels (Festuca silvatica) etc. Diesen schliesst sich in den noch feuchtern Comben und Thälchen eine Reihe von üppig entwickelten anderen Arten an: Mulgedium alpinum, Adenostyles albifrons, Ranunculus lanuginosus, Chaerophyllum hirsutum, Polygonatum verticillatum, Paris quadrifolia, Phyteuma spicatum, Ajuga reptans u. a. Neben diesem eben beschriebenen und nahezu über die ganze obere jurassische Waldregion verbreiteten Waldtypus kommen aber auch noch anders gestaltete vor, die stets der wechselnden Zusammensetzung ihres Untergrundes entsprechen.
Auf den Wald folgt als zweitwichtigste und -ausgedehnteste Formation die Wiese und Weide. Trotz der nach der wechselnden Beschaffenheit des Untergrundes lokal verschiedenen floristischen Zusammensetzung der Jurawiesen kann man doch eine Anzahl von Typen aufstellen, die je durch ganz bestimmte vorherrschende Arten und Begleitpflanzen charakterisiert sind. So unterscheidet Aubert z. B. im Jouxthal etwa 15 solcher Typen. Solche sind: die Wiese der blauen Seslerie (Sesleria coerulea), wo in den Teppich dieses den Grundton angebenden Grases noch manche andere Arten eingewirkt sind, wie besonders das wohlriechende Riechgras (Anthoxanthum odoratum), die Schlüsselblume (Primula officinalis), der echte Wundklee (Anthyllis vulneraria), gemeine Hornklee (Lotus corniculatus), Bergklee (Trifolium montanum), die weisse Winterblume (Chrysanthemum leucanthemum), das Tauben-Krätzkraut (Scabiosa columbaria), nickende Leimkraut (Silene nutans), der Hunds-Waldmeister (Asperula cynanchica) etc.; ferner die Wiese der immergrünen Segge (Carex sempervirens), die besonders die höhern, sonnigen Hänge bekleidet, stellenweise auch in die Bergweide übergeht und dann eine weniger dichte aber abwechslungsreichere Vegetationsform bildet; dann die Wiesen des Bromus erectus und der Nardus stricta, die ebenfalls hochgelegene und trockene Stellen bevorzugt. In feuchten Gegenden und um die Torfmoore herrschen dagegen auf den Wiesen Riedgras, Binsen und Pfeifengras (Molinia coerulea) vor.
Durch künstliche Besämung, Düngung oder Entwässerung wird, auch wenn solche Arbeiten nur selten vorgenommen werden, der Artenbestand der Wiesen aufs gründlichste abgeändert. Auf diesen Kunstwiesen sieht man dann als vorherrschende Gewächse den weichhaarigen Hafer (Avena pubescens), das gemeine Knäuelgras (Dactylis glomerata), verschiedene Rispengräser (Poa), den gemeinen Windhalm (Agrostis vulgaris), das gemeine Kammgras (Cynosurus cristatus), den roten Schwingel (Festuca rubra), Wald-Klettenkerbel (Anthriscus silvestris), eine Reihe von Kleearten, sowie an feuchten Stellen die europäische Trollblume (Trollius europaeus), den scharfen Hahnenfuss (Ranunculus acer), doppeltgedrehten Knöterich (Polygonum bistorta), die rasige Waldschmiele (Deschampsia caespitosa), den gemeinen Frauenmantel (Alchimilla vulgaris), die uferbewohnende Kratzdistel (Cirsium rivulare) u. a.
Während der Wiesenteppich der untern und mittleren Regionen meist nur aus verhältnismässig wenigen Arten, durchschnittlich 30-50 auf einem Quadrat von 100-200 m Seitenlänge, besteht, ist der Artenreichtum der Hochweiden im allgemeinen viel grösser. Hier blühen im Hochsommer auf derselben Fläche oft über 100 verschiedene Arten zu gleicher Zeit. Eine sorgfältige Zählung auf zwölf solchen Hochweidenquadraten von 100-200 m Seite zwischen dem Suchet und Reculet hat ergeben, dass man an ähnlichen Standorten etwa 80 Arten mindestens jedes andere Mal anzutreffen erwarten darf, und dass diese selben Arten mit nur ganz wenigen Ausnahmen auf allen Hochweidenflächen des westlichen Jura wiederkehren.
Diese Arten sind: Alchimilla alpina und A. vulgaris, Anemone alpina und A. narcissiflora, Anthoxanthum odoratum, Anthyllis vulneraria, Antennaria dioica, Aster alpinus, Astrantia maior, Avena pubescens, Bartschia alpina, Bellidiastrum Michelii, Botrychium lunaria, Briza media, Carex sempervirens, Campanula rotundifolia und C. rhomboidalis, Cerastium arvense, Chrysanthemum leucanthemum, Cirsium acaule, Daphne mezereum, Deschampsia caespitosa, Dryas octopetala, Festuca ovina und F. rubra, Galium anisophyllum, Gentiana verna und G. lutea, Geranium silvaticum, Globularia cordifolia, Gymnadenia conopea, Hypericum Richeri und H. quadrangulum, Helianthemum vulgare, Hieracium murorum, H. auricula und H. villosum, Hippocrepis comosa, Homogyne alpina, Juniperus nana, Leontodon hastilis, Linum alpinum, Lotus corniculatus, Myosotis alpestris, Nigritella angustifolia, Orchis globosa, Phleum alpinum, Phyteuma orbiculare und Ph. spicatum, Pinguicula vulgaris und P. grandiflora, Plantago media und P. montana, Poa alpina, Polygala alpestris, Polygonum viviparum, Potentilla aurea, Primula elatior, Ranunculus montanus und R. thora, Satureia alpina, Saxifraga aizoon, Scabiosa lucida, Sesleria coerulea, Silene nutans und S. inflata, Soldanella alpina, Sorbus chamaemespilus, Thesium alpinum, Thymus serpyllum subsp. subcitratus, Trifolium pratense und T. montanum, Trollius europaeus, Taraxacum officinale, Vaccinium myrtillus, Valeriana montana, Veratrum album, Viola biflora. Diesen vorherrschenden Arten gesellen sich noch etwa 100 weniger häufige, etwa 60 seltene und ungefähr ebensoviel zufällig auf die Hochweiden verirrte Arten bei. Man kann daher sagen, dass der Artenbestand der Hochwiesen und -weiden im sw. Jura zusammen etwa die Zahl 300 erreicht.
Den Schutthalden und felsigen Gebieten sind daneben noch zahlreiche weitere Typen eigen. An den felsigen Steilhängen der Gipfelregionen finden sich Draba aizoides, Kernera saxatilis, Thlaspi montanum, Dianthus caesius, Coronilla coronata und C. vaginalis, Saxifraga aizoon, Athamantha hirsuta, Bupleurum longifolium, Laserpitium siler, Valeriana montana, Hieracium Jacquini, H. bupleuroides und H. scorzoneraefolium, Globularia cordifolia, Primula auricula u. a. ¶
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Die Felswände der mittleren Zone tragen dagegen meistens den Weissdorn, die Zwergmispel (Cotoneaster vulgaris), strauchige Kronwicke (Coronilla emerus), Gebüsch von Mehlbeerbäumen, skandinavischen Ebereschen, Alpenkreuzdorn und Wachholder, während auf den schmalen Rasenbändern («vires») das Laserkraut (Laserpitium siler und L. latifolium) grosse Büschel bildet und daneben Alpendistel (Carduus defloratus), Mauer-Habichtskraut (Hieracium murorum), Hasenohr (Bupleurum falcatum), geruchlose Nelke (Dianthus inodorus), blaue Seslerie (Sesleria cœrulea) und Sonnenröschen (Helianthemum vulgare) blühen.
Von den für die Schutthalden des Jura charakteristischen Arten können wir nennen die Hundsbraunwurz (Scrophularia canina) und die spezifisch jurassische Hoppe'sche Braunwurz (Scrophularia Hoppei), den Bergbaldrian (Valeriana montana), die niedrige und rundblätterige Glockenblume (Campanula pusilla und C. rotundifolia), stinkende Niesswurz (Helleborus fœtidus), Zypressenwolfsmilch (Euphorbia cyparissias), das basilienartige Seifenkraut (Saponaria ocymoides), den blassgelben Schotendotter (Erysimum ochroleucum) u. a. Die Karrenfelder oder nach allen Richtungen hin ausgewaschenen und mit Spalten durchsetzten Kalksteinflächen, die grossen Klüfte und feuchten Schluchten, die oft mit üppig vegetierenden Farnen mit Adenostyles und Mulgedium ausgekleidet sind, bilden alle für sich besondere Standorte mit eigenartiger Florenentwicklung, die aber im ganzen Gebirge ziemlich allgemein sich wiederholt.
Die Hochmoore nehmen zwar im Juragebirge als Ganzes keinen grossen Raum in Anspruch, bilden aber unbestreitbar seine interessanteste Pflanzenformation und zugleich diejenige, die uns die wertvollsten Aufschlüsse über die Entwickelungsgeschichte der jurassischen Flora an Hand gibt. Während sumpfige Wiesenmoore (saignes, sagnes, mouilles, laichères) beinahe überall im ganzen Gebirge und in fast allen Höhenstufen vorkommen, sind die eigentlichen Hochmoore mit über das Wasser aufragenden Pflanzeninseln und -polstern beinahe ausschliesslich auf den zentralen Jura beschränkt. Vom Berner Jura und den Freibergen an werden diese Hochmoore nach S. zu immer häufiger und erreichen ihre bedeudendste Entwicklung da, wo das Gebirge am breitesten ist, d. h. im Neuenburger und Waadtländer Jura. Sie liegen hauptsächlich in den Hochthälern zwischen 700 und 1000 m, die zwischen den parallelen Ketten des Jura oft stundenlang, aber in geringer Breite sich hinziehen.
Die bekanntesten dieser von Lesquereux, Charles Martins, Gagnebin u. A. untersuchten und beschriebenen Hochmoore sind die von Bellelay, La Chaux d'Abel, Les Pontins, La Sagne, Les Ponts de Martel, La Brévine, La Vraconnaz, Les Rousses etc. Die Physiognomie dieser Formation ist ausserordentlich charakteristisch und erinnerte Charles Martins an die von ihm besuchten Landschaften Lapplands. Es gibt nichts niederdrückenderes und melancholischeres als eine an einem trüben Herbsttag unternommene Wanderung durch diese Gebiete mit ihren von tief herabhängendem Nebel umwallten weiten Sumpfflächen und gespenstig vom Horizont sich abhebenden dunkeln Kiefergruppen.
Diese verkrüppelten und gleichsam rhachitisch gekrümmten Stämme mit ihren auf dem Moose aufliegenden und nach oben zu einem rundlichen Wipfel sich schliessenden Aesten werden begleitet von einigen kümmerlichen Ebereschen und Birken, deren weissglänzendes Laubwerk einen lebhaften Gegensatz zu den dunkeln Koniferen bildet. Rund herum stehen auf den schwammigen, grünen, grauen oder rötlichen Moos- und Riedgraspolstern als weitere Vertreter der holzartigen Gewächse zahlreiche niedrige Sträucher, wie Heidel-, Rausch- und Preisselbeere (Vaccinium myrtillus, V. uliginosum und V. vitis idaea), schwarze Rauschbeere (Empetrum nigrum), blaue Lonizere (Lonicera coerulea), kriechende und Ohr weide (Salix repens und S. aurita), Zwergbirke (Betula nana) und die seltene Betula nana × pubescens, Andromeda (A. polifolia), die Moosbeere (Oxycoccus palustris) mit ihren entzückend rosenroten Kronblättern und endlich die über Wasser rasch grosse Flächen erobernde Besenheide (Calluna vulgaris).
Hier und da unterbrechen die Eintönigkeit des Hochmoores grosse Wasserlachen, an deren Rändern sich die weissflockigen Wollgräser dicht aneinander drängen. Binsen und Seggen bilden allmählig feste kleine Raseninseln, die dem nach den schwimmenden Algen und Wasserschlaucharten (Utricularien) begierigen Botaniker zwischen dem schwammigen Moos einen willkommenen festen Anhalt bieten. Leider büssen diese jurassischen Hochmoore ihren ursprünglichen Charakter mehr und mehr ein.
Regelmässige und tiefe Einschnitte, an deren Grund schwarzbraunes, mit Wasserlinsen bedecktes Wasser ruht, entwässern den Boden und schaffen allmählig andere Vegetationsverhältnisse. Mit der zunehmenden Zahl der unter Bretterhütten aufgeschichteten Torfziegel trocknet der Boden aus und überzieht sich mit Seggen und Heidekraut, auf die dann langsam eine immer dichter werdende Grasnarbe folgt. Damit verschwinden nun endgiltig die Torfmoorpflanzen, deren durch Jahrhunderte fortgesetzte Arbeit das einstige Hochmoor langsam aufgebaut hatte.
Von den für die Hochmoore am meisten bezeichnenden Kräutern und Gräsern sind zu nennen Carex heleonastes, C. pauciflora und C. chordorrhiza, Scheuchzeria palustris, Calamagrostis neglecta und Saxifraga hirculus, die mit ihren schönen gelben Blüten oft Flächen von mehreren Quadratmetern überzieht; ferner Orchis Traunsteineri, Sagina nodosa, Alsine stricta, Comarum palustre, Viola palustris, Sweertia perennis, Gentiana campestris und G. pneumonanthe, Cineraria spathulaefolia und C. campestris, Trichophorum alpinum, T. vaginatum und T. gracile.
Auf den über Wasser aufragenden Moospolstern öffnen sich neben den Andromeden und Sumpfmoosbeeren die zarten Blattrosetten des Sonnentaus (Drosera) mit ihrem Kranz von Drüsenhaaren, in denen sich die Sonnenstrahlen farbig brechen. Aus den Wasserlachen erheben sich mitten zwischen Algen und Utricularien die langen Stengel des Igelkolbens (Sparganium natans). Alle die genannten Pflanzen sind arktische Formen aus dem nördlichen Europa oder sogar (wie Empetrum nigrum, Alsine stricte, Viola palustris, Saxifraga hirculus) ¶