mehr
bedeutet, und dass die Säulen als ein abgebrochener römischer Meilenstein oder eine Wegmarke aufzufassen seien, deren bedeutende Grösse sich durch den starken Schneefall auf der Passhöhe erkläre. Denn unzweifelhaft stand hier oben einst nur eine Säule, wie dies die ältesten Urkunden, die davon sprechen, beweisen (1396 und 1407). Später erst ist die Rede von zwei oder auch drei Säulenfragmenten. Die beiden jetzt noch erhaltenen Stücke sind jedes etwas über 2 m hoch und haben je ein Gewicht von etwas mehr als 20 Zentnern, sie sind etwas ungleich dick und haben in der Stirnfläche je ein Loch, das zur Aufnahme eines Zapfens bestimmt war.
Aus dem Umstand ferner, «dass die kleinere Stirnfläche der dickern Säule mit der grösseren Stirnfläche der grösseren Säule genau übereinstimmt, ist zu schliessen, dass beide Säulen ursprünglich nur ein Stück bildeten und einen abgestumpften Kegel von 0,48 m oben und 0,53 m Durchmesser unten in einer Länge von 4,20 m darstellten». (Bavier). Das Gestein der Säule ist ein schwarzer, serpentinähnlicher Ofen- oder Lavezstein. Im Jahr 1854 hat man bei diesen Säulen eine grosse Anzahl von Münzen aus der römischen Kaiserzeit aufgefunden, die von Augustus (31 v. Chr. -
14 n. Chr.) bis zu Konstantin II. (337-361) reichen und zeigen, dass die Strasse während der ersten Jahrhunderte n. Chr. als Verkehrsweg gedient hat. Damals stand auf der Passhöhe ein Hospiz, das mit zunehmender Verödung der Strasse allmählig zerfiel.
Während des ganzen Mittelalters war der Julier dann wieder ein wichtiger Heer- und Handelsweg. Die deutschen Kaiser massen den Bündner Alpenstrassen grossen Wert bei und erklärten neben andern auch die des Julier und Septimer zu Reichsstrassen, die der besondern Obhut des Bischofes von Chur anvertraut wurden. Dieser erhielt dafür das Recht, von den Kaufleuten einen Wegzoll zu erheben. 881 überschritten Karl der Dicke und 1160 Friedrich Barbarossa den Julier, 1128 Kaiser Konrad III. und 1212 Kaiser Friedrich II. den Septimer.
Vom 13.-15. Jahrhundert folgte der Handel Venedigs mit Deutschland und Frankreich mit Vorliebe dem Weg durch den Vintschgau und das Engadin über den Julier. Die damaligen Strassen waren schmäler, holperiger und steiler als die heutigen und wurden meist schlecht unterhalten, so dass sie nur dem Saumverkehr auf Pferden oder Maultieren dienen konnten. Nach dem Bau der Strassen über den St. Bernhardin und Splügen machte sich auch das Bedürfnis nach einer fahrbaren Julierstrasse geltend, die dann in verschiedenen Bauperioden als Strasse Chur-Parpan-Julier-Maloja-Casaccia-Castasegna (-Chiavenna) 1820-1840 zum grössten Teil unter Leitung des damaligen Kantonsingenieurs Richard La Nicca erstellt wurde.
Der Bau der einzelnen Strecken verteilte sich wie folgt: 1820-1826 Stalla-Julier-Silvaplana, 1827-1828 Silvaplana-Maloja-Casaccia, 1834-1840 Chur-Parpan-Tiefenkastel-Stalla und Casaccia-Castasegna. Der Bau dieser von Chur bis Castasegna 104,5 km langen Strasse erforderte die Summe von 1239700 Franken. Sie war bis zum heutigen Tag für den Waarenverkehr nach dem Engadin und Bergell sowie umgekehrt von grosser Bedeutung, so dass sie wie die übrigen Bündner Alpenstrassen (exkl. Lukmanier und Oberalp) das ganze Jahr offen gehalten wurde. Im Sommer verkehrten auf ihr täglich auf der Strecke Chur-Samaden (82,6 km) und zurück je 2 Postkurse und im Winter je einer; seit der Eröffnung der Albulabahn fährt die Post blos noch von Tiefenkastel bis Silvaplana. Der einst ausserordentlich rege Verkehr über den Julier, der eine Menge von Kutschen und andern Wagen aller Art in Bewegung setzte, wird mit dem Betrieb der Albulabahn ohne Zweifel beträchtlich zurückgehen. Die Post beförderte 1901 über den Julier 34895 Reisende und nahm an Passagier- und Gepäcktaxen 215850 Franken ein (1900: 30864 Personen, 192628 Franken). Vergl. auch Bavier, S. Die Strassen der Schweiz. Zürich 1878.