diesem selbst beigelegt wurde. Zum
Val Munteratsch,
Val Julier und
Val Suvrettafallen der SW.- und
N.-Grat mit so steilen
Wänden
ab, dass
Eis und
Schnee an ihnen nicht zu haften vermögen. Der Piz Julier trägt deshalb auch keinen grossen
Gletscher. Ausser
einigen in Nischen und Runsen sich haltenden Firnflecken finden sich nur am
N.-Hang des O.-Grates und
auf beiden
Seiten des N.
Grates je ein kleiner Hängegletscher. Die Besteigung des Gipfels galt einst als sehr schwierig, während
sie heute häufig und von verschiedenen
Seiten her unternommen wird.
Zum erstenmal ward sie 1859 von Landammann Saratz und J. Rüedi aus
Pontresina als böse Kletterpartie
über den
O.-Grat ausgeführt. Seither zieht man die von der Julierstrasse ausgehende und durch das
Val Munteratsch führende
Route vor, die mit Wegmarken bezeichnet und teil weise durch einen Fussweg zugänglicher gemacht ist. Der Kurverein
St. Moritz
hat kürzlich einen guten, mit Geländern und Drahtseilen versicherten Weg auf den Gipfel anlegen lassen,
der von der
AlpeSuvretta ausgeht und dem
O.-Grat folgt. Es ist dies zugleich die landschaftlich schönste Anstiegsroute.
Andere gehen von der
Julieralp über den SW.-Grat, vom
Val Julier über die W.-Flanke und vom
Val Munteratsch über die Julierscharte
(in dem kurzen
Kamm, der nahe dem Gipfel vom
O.-Grat gegen S. abbiegt). Der Piz Julier ist einer der von
den Kurgästen des
Ober Engadin am häufigsten besuchten Gipfel; seine Besteigung ist von allen
Seiten her ausserordentlich
lohnend, bietet wohl einige schwierige
Stellen, ist aber nirgends eigentlich gefährlich zu nennen. Die Aussicht ist eine
der grossartigsten im
Ober Engadin und umfasst die Alpenkette vom
Gross Glockner bis zum
Gran Paradiso.
Ihr Glanzpunkt ist die gegenüberliegende Berninagruppe, der sich die ganzen Bündner
Alpen, die Gruppen des
Finsteraarhorns,
Monte Rosa und Ortler, die Oetzthaler
Alpen und die Hohen Tauern zugesellen. Panorama von Ludwig
Schröter in Zürich.
(Kt. Graubünden,
Bez. Maloja).
2287 m. Passübergang mit Poststrasse, verbindet
Stalla im
Oberhalbstein mit
Silvaplana im
Ober Engadin. Die gut gebaute Strasse ist 16 km lang und 5 m breit, steigt von
Stalla nach O. an und überschreitet die Passhöhe
zwischen den
Stöcken des
Piz Julier im N. und
Piz Lagrev im S. Unmittelbar über der Strasse stehen im N. der
Piz Brascheng,
Piz Bardella, Piz Valletta,
Piz Julier und
Piz d'Albana, im S. die
Roccabella, der
Piz d'Emmat,
Piz dellas Colonnas
und
PizPolaschin. Tiefer nach
hinten sind sichtbar im N. der
Piz d'Agnelli, die
CornAlv und der
Piz Suvretta, im S. der
Piz Materdell,
Piz Lagrev und Crutscharöls. Alle diese Gipfel bieten durch die grosse Mannigfaltigkeit ihrer Formen
schöne landschaftliche
Bilder. Von Gletschern ist nur wenig zu sehen. Die schönste Aussicht geniesst man am Abstieg gegen
Silvaplana, wo dem Wanderer zu
Füssen der Silvaplaner- und
Campfèrersee mit einem Teil des
Ober Engadin liegen und gegenüber
ein Teil der Berninagruppe in den Gesichtskreis tritt. Keine andere der ins
Engadin führenden Alpenstrassen
kann sich einer so schönen Aussicht rühmen wie der
Julier, ob wohl z. B. der
Albulapass mehr Abwechslung in seinen Tiefblicken
bietet und der
Berninapass eine grossartigere Umrahmung von Gletschern und stolzen Hochgipfeln aufweist. Der
Julier ist zusammen
mit dem
Splügen und GrossenSt. Bernhard einer der wenigen Alpenübergänge, die unbestreitbar schon von
einer
Römerstrasse überschritten worden sind. An vielen
Stellen sind hier noch Reste dieser alten Strasse sichtbar, deren
Tracé aber von dem der jetzigen Poststrasse abwich. Von
Tiefenkastel bis oberhalb
Tinzen folgte sie dieser ziemlich genau,
hielt sich dann aber vonWindeck bis
Roffna weit höher oben und stieg bis zur Terrasse von Flix auf, um
erst bei
Marmels oder vielleicht auch erst gegen
Stalla wieder den Thalboden zu erreichen. Ueber den
Pass selbst konnte sie
natürlich nicht stark von der heutigen Strasse abweichen, stieg aber nicht auf
Silvaplana zu ab, sondern
wendete sich zunächst nach rechts, folgte dem Berghang über den Ober
EngadinerSeen und erreichte den Thalboden erst bei
Sils, wo sie über den
Maloja und das
Bergell weiter ging. Sie vermied somit die schattigen oder sumpfigen
Stellen des
Thales
sowie dessen enge
Schluchten und zog sich über die sonnigen Terrassen hin. Damals waren die Thalböden
eben weniger dicht besiedelt und wahrscheinlich auch stärker bewaldet oder sumpfiger als heute.
Man hat viel über die etymologische Bedeutung des Wortes
Julier und über den
Ursprung der auf der Passhöhe links und rechts
der Strasse stehenden beiden
Säulen gestritten.
Campbell und Andere wollten den Namen von Julius Caesar
herleiten und die
Säulen als Ueberreste eines Triumphbogens deuten. Dem widersprechen aber die Tatsachen, dass
Rätien erst
ein Vierteljahrhundert nach Caesars Tod in die Gewalt der
Römer kam und dass die
Säulen nur roh bearbeitet sind und keinerlei
Inschriften tragen. Andere Forscher bringen den Namen mit dem keltischen Sonnengott Jul in Verbindung
und sehen in den
Säulen Reste von Altären. Eine dritte Meinung geht dahin, dass im Ausdruck
Julier das keltische Wort jol,jul zu suchen sei, das sowohl Grenze als
Pass¶
mehr
bedeutet, und dass die Säulen als ein abgebrochener römischer Meilenstein oder eine Wegmarke aufzufassen seien, deren bedeutende
Grösse sich durch den starken Schneefall auf der Passhöhe erkläre. Denn unzweifelhaft stand hier oben einst nur eine Säule,
wie dies die ältesten Urkunden, die davon sprechen, beweisen (1396 und 1407). Später erst ist die Rede
von zwei oder auch drei Säulenfragmenten. Die beiden jetzt noch erhaltenen Stücke sind jedes etwas über 2 m hoch und haben
je ein Gewicht von etwas mehr als 20 Zentnern, sie sind etwas ungleich dick und haben in der Stirnfläche je ein Loch, das
zur Aufnahme eines Zapfens bestimmt war.
Aus dem Umstand ferner, «dass die kleinere Stirnfläche der dickern Säule mit
der grösseren Stirnfläche der grösseren Säule genau übereinstimmt, ist zu schliessen, dass beide Säulen ursprünglich
nur ein Stück bildeten und einen abgestumpften Kegel von 0,48 m oben und 0,53 m Durchmesser unten in einer
Länge von 4,20 m darstellten». (Bavier). Das Gestein der Säule ist ein schwarzer, serpentinähnlicher Ofen- oder Lavezstein.
Im Jahr 1854 hat man bei diesen Säulen eine grosse Anzahl von Münzen aus der römischen Kaiserzeit aufgefunden, die von
Augustus (31 v. Chr. -
14 n. Chr.) bis zu Konstantin II. (337-361) reichen und zeigen, dass die Strasse während der ersten
Jahrhunderte n. Chr. als Verkehrsweg gedient hat. Damals stand auf der Passhöhe ein Hospiz, das mit zunehmender Verödung
der Strasse allmählig zerfiel.
Während des ganzen Mittelalters war der Julier dann wieder ein wichtiger Heer- und Handelsweg. Die deutschen Kaiser massen
den Bündner Alpenstrassen grossen Wert bei und erklärten neben andern auch die des Julier und Septimer
zu Reichsstrassen, die der besondern Obhut des Bischofes von Chur anvertraut wurden. Dieser erhielt dafür das Recht, von den
Kaufleuten einen Wegzoll zu erheben. 881 überschritten Karl der Dicke und 1160 Friedrich Barbarossa den Julier, 1128 Kaiser
Konrad III. und 1212 Kaiser Friedrich II. den Septimer.
Vom 13.-15. Jahrhundert folgte der Handel Venedigs mit Deutschland und Frankreich mit Vorliebe dem Weg durch den Vintschgau
und das Engadin über den Julier. Die damaligen Strassen waren schmäler, holperiger und
steiler als die heutigen und wurden
meist schlecht unterhalten, so dass sie nur dem Saumverkehr auf Pferden oder Maultieren dienen konnten.
Nach dem Bau der Strassen über den St. Bernhardin und Splügen machte sich auch das Bedürfnis nach einer fahrbaren Julierstrasse
geltend, die dann in verschiedenen Bauperioden als Strasse Chur-Parpan-Julier-Maloja-Casaccia-Castasegna (-Chiavenna) 1820-1840
zum grössten Teil unter Leitung des damaligen Kantonsingenieurs Richard La Nicca erstellt wurde.
Der Bau der einzelnen Strecken verteilte sich wie folgt: 1820-1826 Stalla-Julier-Silvaplana, 1827-1828 Silvaplana-Maloja-Casaccia,
1834-1840 Chur-Parpan-Tiefenkastel-Stalla und Casaccia-Castasegna. Der Bau dieser von Chur bis Castasegna 104,5 km langen Strasse
erforderte die Summe von 1239700 Franken. Sie war bis zum heutigen Tag für den Waarenverkehr nach dem Engadin
und Bergell sowie umgekehrt von grosser Bedeutung, so dass sie wie die übrigen Bündner Alpenstrassen (exkl. Lukmanier und
Oberalp) das ganze Jahr offen gehalten wurde. Im Sommer verkehrten auf ihr täglich auf der Strecke Chur-Samaden (82,6 km)
und zurück je 2 Postkurse und im Winter je einer; seit der Eröffnung der Albulabahn fährt die Post
blos noch von Tiefenkastel bis Silvaplana. Der einst ausserordentlich rege Verkehr über den Julier, der eine Menge von Kutschen
und andern Wagen aller Art in Bewegung setzte, wird mit dem Betrieb der Albulabahn ohne Zweifel beträchtlich zurückgehen.
Die Post beförderte 1901 über den Julier 34895 Reisende und nahm an Passagier- und Gepäcktaxen 215850
Franken ein (1900: 30864 Personen, 192628 Franken). Vergl. auch Bavier, S. DieStrassenderSchweiz. Zürich
1878.