schauerlichste
Krachen der
Alpen, ein Werk fortwährender Zerstörung.
Kein Halm, kein
Baum vermochte im ganzen weiten Illgraben
Wurzel zu fassen! Rechts unten schimmert, ein lieblicher Kontrast, der meerfarbige
Spiegel des
Illsees, und von ihm weg zieht
sich ein frischgrünes Thal zur
Tiefe, dessen Mitte, kaum sichtbar, ein Silberstreif, der Illbach, durchschlängelt...»
(Wolf,
F. O. DieThälervonTurtmanund Eifisch in Europ. Wanderbilder. 108-110).
2724 m. Gipfel, in der Kette zwischen Eifisch- und
Turtmanthal, 7 km
sö.
Siders.
Steigt nach SW. mit ziemlich sanft geböschten Rasenhängen gegen
Chandolin und
Saint Luc ab, während am
SO.-Hang
die steinige und magere
ObereIllalp liegt.
Von N. her greift der mächtige
Illgraben in den Bergstock hinauf, so dass man hier
auf dem Gipfel unvermittelt am
Rande der schaurigen
Tiefe steht (vergl. den Art.
Illgraben).
Prachtvoller
Aussichtspunkt, von
Chandolin aus in 2¼ Stunden und von
Saint Luc aus in 3½ Stunden bequem zu erreichen und auch ziemlich
häufig besucht.
Der Bergstock besteht aus triasischen Quarziten, leicht verwitterbaren Dolomitkalken, krystallinisch körnigem Dolomit etc.,
die alle auf einer Unterlage von Gips und Anhydrit ruhen.
Illier oder
Val d'Illiez (Kt. Wallis,
Bez. Monthey).
952 m. Gem. und Pfarrdorf, mitten im
Val d'Illiez: früher einzige Gemeinde
des
Thales, da
Champéry mit ihr vereinigt war und
Troistorrents zur Gemeinde
Collombey-Monthey gehörte.
Es erklärt dies den Umstand, dass Thal und Gemeinde einen und denselben Namen tragen. Das Dorf Illiez steht auf einer Terrasse
am Gehänge links über der
Vièze. 8 km sw. der Station
Monthey der Linie
Saint Maurice-Le
Bouveret und
an der Strasse
Monthey-Champéry. Postablage, Telegraph, Telephon; Postwagen
Monthey-Champéry. Gemeinde, mit den Häusergruppen
Lysay und
Praby: 235
Häuser, 931 kathol. Ew.; Dorf: 61
Häuser, 221 Ew. Ein Gasthof. Wie in
Troistorrents stehen auch hier die
Häuser meist vereinzelt an den beidseitigen Thalgehängen. Das saubere und sonnenreiche Dorf hat die älteste
Kirche
im Thal, die im Verlaufe des 17. Jahrhunderts zweimal umgebaut worden ist. Vom
Platz vor der Kirche weite Fernsicht
bis hinunter in die Gegend von
Bex,
Saint Triphon und
Ollon und auf die
Diablerets, hinauf bis
Champéry und an die hohen, zerfressenen
Felswände der
Dent du Midi. Vor der Abtrennung von
Champéry im Jahre 1815 zählte die Gemeinde 1225 Ew.; 1888 zählte
Illiez allein noch 953 Ew., wovon nur 114 im eigentlichen
Dorf wohnten; 1900: 931 Ew. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist,
wie übrigens im ganzen Thal, die Viehzucht. Aus der Zeit, da Illiez Hauptort des
Thales war, stammen noch
seine grossen, stark besuchten Viehmärkte. Der Pfarrer der Kirchgemeinde Illiez, von der sich
Champéry erst 1857 loslöste,
trägt den Titel Prior. Als nähmlich
Bischof Aymon de
la Tour von
Sitten auf dem Hügel von
Géronde (bei
Siders) 1331 an Stelle
eines noch älteren Filialhauses der Abtei
Abondance in Savoyen ein unter einem Prior stehendes Karthäuserkloster
erstellen liess, verlieh er ihm u. a. auch die Pfarrei des
Thales von Illiez mit allen ihren Einkünften.
Nachdem dann die Karthäuser das Kloster schon 1354 wieder verlassen hatten, ward der Pfarrer von Illiez
Erbe des Priortitels
und der Einkünfte seines
Thales. Illiez ist die Heimat von
Pierre Maurice Bellet, der
Gros Bellet genannt,
eines der Vorkämpfer für die Unabhängigkeit des Unter Wallis.
Dieser mit einer herkulischen Körperkraft ausgestattete Mann verjagte 1790 durch
seine Drohungen den Gouverneur von
Monthey, Stephan Schinner, von seinem Posten. Am 6. Februar des folgenden Jahres tagte darauf
in Illiez eine Versammlung von Landleuten, die den allgemeinen Aufstand gegen die Obrigkeit beschloss.
Der
Plan wurde aber verraten und kam für einmal noch nicht zur Ausführung. Auf dem
Kirchhof von Illiez das
Grab des aus
Champéry
stammenden langjährigen Priesters der Gemeinde, des Abbé Clément († 1810), der sich als Geschichts- und Naturforscher
auszeichnete, als erster die
Dent du Midi zu besteigen wagte und sich der Freundschaft eines Horace Bénédict
de Saussure rühmen durfte.
(Val d')(Kt. Wallis,
Bez. Monthey).
Linksseitiges Nebenthal zur
Rhone, im Unter Wallis.
Beginnt am
Col de Coux (1924 m), über den man in
das savoyische Drancethal gelangt, und steigt zwischen dem Massiv der
Dent du Midi im SO. und den
Alpen
des Chablais im NW. in der Richtung nach NO. bis
Monthey (430 m) ab. Wird von der in zwei Armen am
Col de Coux und im Thälchen
von
La Barmaz entspringenden
Vièze entwässert, die bei rascher Schneeschmelze und starken Gewitterregen
zu einem recht gefährlichen
Wildbach anschwellen kann.
Das Thal ist 17 km lang; seine grösste Breite beträgt zwischen der auf dem Grenzkamm gegen das
Val de Morgins stehenden
Pointe de l'Haut und der
Dent du Midi 8 km. Das Val d'Illiez liegt an der äussern, NW.-Flanke der mächtigen
Dent du Midi und damit ausserhalb des Gebietes der eigentlichen
Hochalpen. Es unterscheidet sich daher auch von allen andern
Querthälern des Kantons sowohl mit Bezug auf seine Streichungsrichtung, seine geologische Beschaffenheit, seinen ganzen
landschaftlichen Charakter, wie auch auf die
Sitten und Lebensweise seiner Bewohner.
Das Thal ist ganz übersät mit grössern und kleinern Ortschaften und einzelnen
Höfen, die sich auf
drei Gemeinden verteilen: 1.
Troistorrents an der
Schwelle das
Thales und den ganzen Seitenzweig des
Val de Morgins umfassend, 2. Val d'Illiez
oder Illiez in der Mitte und 3.
Champéry, dessen Gebiet sich fächerförmig bis auf die Gipfel und kulissenförmig
vorspringenden Seitenkämme des halbkreisförmigen Thalabschlusses hinaufzieht. Die drei Gemeinden sind unter
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mehr
sich durch eine gute Fahrstrasse verbunden, deren Bau 1853 beschlossen und 1865 vollendet wurde. Postwagen Monthey-Champéry.
Unterhalb Troistorrents zweigt die Fahrstrasse des Val de Morgins, des grössten (linksseitigen) Neben- und Parallelthales
des Val d'Illiez, ab, die nach dem Bade- und Kurort Morgins (im Sommer Postwagen Monthey-Morgins) und weiterhin über
den Pas de Morgins nach Châtel und Abondance in Savoyen führt. Das im S. und W. an Savoyen grenzende Thalbecken von Illiez-Morgins
steht mit den Thälern von Abondance und des Giffre über einige Pässe in Verbindung, deren begangenster und namentlich auch
für den Waarenverkehr bedeutendster der Col de Coux (1924 m) ist.
Die das Thal entwässernde Vièze nimmt von beiden Seiten her zahlreiche Nebenarme auf und fliesst ohne Schluchtenbildung zwischen
Gras- und Waldhängen rasch thalauswärts. Die hier fehlenden Felsen- und Schluchtenwildnisse werden reichlich ersetzt durch
landschaftliche Anmut und den guten und fruchtbaren Boden, der schwere Arbeit entbehrlich macht und auch
der anderswo nötigen teueren Bewässerungsanlagen nicht bedarf. Die für den Kanton Wallis
so verderbliche Dürre des Jahres 1893 hat
sich im Val d'Illiez nur an den der Sonne am meisten ausgesetzten Hängen fühlbar gemacht, aber auch da keinen grossen Schaden
angerichtet.
Ein weiterer günstiger Umstand liegt darin, dass das Val d'Illiez die einzige Gebirgsgegend des Kantons
ist, wo der Bodenbesitz nicht in unzählige kleine Parzellen zerstückelt ist. Wir können zwar auch hier wie in andern Thälern
des Wallis
in wenigen Stunden aus dem Gebiet der mediterranen in das der alpinen und nivalen Flora gelangen, doch ist der Uebergang
hier ein weit gemässigterer, da die anderswo so furchtbar heissen und sterilen Hänge fehlen und die
Thalumrandung nicht durchweg aus Gipfeln und Kämmen der höchsten Alpenregionen besteht.
Die fruchtbaren Gehänge am Thaleingang tragen bis Troistorrents einen üppigen Wuchs von Kastanienbäumen, Reben, Nussbäumen
und Aeckern mit bis zu vierzigfachem Ertrag; weiter oben finden wir noch Aepfel, Birnen, Pflaumen und
Kirschen. Letztere beiden liefern dem Thalbewohner einen vortrefflichen Branntwein, der zwar durchweg als Getränke dient,
aber doch nur mässig genossen wird. Es ist dies um so eher verständlich, als die Leute des Val d'Illiez in der Rhoneebene
draussen keine Weinberge besitzen, wie dies ja für die Bewohner der zentralen Thalschaften in so starkem
Umfange der Fall zu sein pflegt.
Die Bevölkerungszahl des Val d'Illiez ist in beständiger Vermehrung begriffen. So zählte man 1815: 2245 Ew.;
1850: 2645 Ew.;
1870: 2890 Ew.;
1888: 3095 Ew. und 1900: 3191 Ew. Hauptbeschäftigung sind Rindviehzucht und Milchwirtschaft, die
hier
in rationellerer Weise betrieben werden als in den andern Walliser Seitenthälern.
Die Wiesen sind üppig und ernähren
die gerühmten, starken und schönen Rinder, die auffallend der Rasse des Lötschenthals im Ober Wallis
gleichen; ihre Milchprodukte
(Käse und Butter) und ihr Fleisch sind gesuchte Handelsartikel. Die noch vor etwa 30 Jahren als
Nebenzweig betriebene Aufzucht von Pferden und Maultieren ist heute beinahe ganz aufgegeben. Die Bewohner von Troistorrents
besitzen an den untern Thalhängen auch Weizenäcker; bei Illiez sieht man noch einige Roggen-, Hafer-, Hanf- und Kartoffelfelder.
Da das Thal reich an Wald (namentlich Buchenwald) ist, hat auch der Handel mit Bauholz eine gewisse Bedeutung.
Mehrere Sägen. Oberhalb Champéry steht ein Elektrizitätswerk. Troistorrents, Illiez, Morgins und Champéry sind geschätzte
Fremdenstationen, ganz besonders die beiden letztgenannten. Morgins, das einst eine blosse Maiensässe der Gemeinde Troistorrents
war, hat sich seit 1846 rasch zu einem grossen alpinen Kurort entwickelt, der über eine Eisenquelle verfügt
und jetzt neben vielen in dem anmutigen und einsamen Thälchen zerstreuten Villen und Pensionen für Fremde auch eine Reihe
von grossen und stattlichen Gasthöfen besitzt.
Ueberlieferungen aus frühern Zeiten berichten, dass die Bewohner des Val d'Illiez die Nachkommen von Soldaten der thebäischen
Legion seien, die dem grossen Blutbad von Agaunum (bei Saint Maurice; etwa 302 n. Chr.) entrannen und
sich hier ansiedelten. Heute ist freilich diese Ansicht kaum mehr haltbar. Die Leute des Val d'llliez gehören zur Mehrzahl
dem braunen Typus an und sind über Mittelgrösse. Der Schädelbildung nach sind sie überwiegend Brachycephalen, deren Schädelindex
um die Zahl 83 schwankt.
Ihre Tracht ist einfach und ernst, in dunkeln Farben gehalten; die Männer tragen schwarzen Tuchrock und
sehr niederen Strohhut. Auch die Frauen sind ihrem althergebrachten, mit schwarzen Bändern artig verzierten Strohhut treu
geblieben und tragen unter demselben ein graziös aufgewundenes scharlachrotes Tuch. Da sich die Frauen hier wie meist im
Wallis
mit den Männern in die schwersten Feldarbeiten teilen, so tragen sie nicht selten Männerhosen, wobei
sie sich dann nur durch ihr rotes Kopftuch von den Männern unterscheiden, zumal sie auch wohl ein Pfeifchen Rauchtabak nicht
verschmähen. «Jeder Fremde, der dieses Thal zum erstenmal betritt, ist äusserst
angenehm überrascht, daselbst so stattliche und schmucke Wohnhäuser zu erblicken, welche nicht nur
Zeugnis geben von dem Wohlstande der Bewohner, sondern auch von ihrem Sinn für Ordnung und Reinlichkeit. Sie sind zwar grösstenteils
nur aus Holz erbaut, aber äusserst bequem und behäbig,
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