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Rorschach-Heiden. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach Berneck, Trogen-Teufen, St. Gallen und Rheineck. Gemeinde, mit Bischofsberg, Brunnen, Bühlen, Enge, Geern, Gmeind, Gstalden, Paradies, Schwendi, Stapfen, Stöckli und Wässern: 628 Häuser, 3745 Ew. (wovon 382 Katholiken);
Dorf: 340 Häuser, 2076 Ew. Reform. und kathol. Kirchgemeinde.
Viehzucht. Stickerei und Seidenbandweberei. Stark besuchter Luftkurort, Molkenkur. Gasthöfe. Kurhalle mit Kurgarten und Musikpavillon. Krankenhaus, Waisenhaus, Armenhaus. Schöne reform. Kirche und artige kathol. Kapelle. Verschiedene Gesellschaften und Vereine. Kleines Museum.
Heiden ist das schmuckste aller Appenzeller Dörfer. Es steht auf einer Terrasse der nördlichen Ausläufer des Säntisgebirges und gewährt eine prachtvolle Aussicht auf den Bodensee, die Bregenzer Bucht und die altersgrauen Türme von Konstanz einerseits und auf die Alpen Baierns und Tirols andererseits. Von Wiesen und Wald umrahmt. Das Klima ist kein allzurauhes; an heissen Sommertagen kühlt oft eine vom Bodensee aufsteigende schwache Brise die Luft angenehm ab. Nördl. von Heiden die wohlbekannten Molassesandsteinbrüche von Buchen und Wienachten.
Die Flora ist der Höhenlage entsprechend die der Bergregion. Doch kommen hier auch noch vereinzelt Obstbäume vor. Heiden hat sich als Kurort erst seit kurzen Jahren entwickelt. Seit 1854 begann der Ort durch seine Molkenkuren allmählig bekannt zu werden. Einen grossen Anteil am Aufschwung von Heiden als Sommerfrische hatte der berühmte Berliner Augenarzt Professor Albrecht von Graefe, der regelmässig jedes Jahr hier seinen Sommeraufenthalt nahm. Heute ist eine schöne Waldpartie nahe dem Dorf nach ihm der Graefeplatz benannt.
Seit 1875 ist der Ort mit Rorschach am Bodensee durch eine nach dem System Riggenbach und Zschokke erbaute Zahnradbahn verbunden, die 5,5 km lang ist und eine maximale Steigung von 9% hat. Reizend ist eine Fahrt auf dieser Bahn. Bald nach Verlassen der fruchtbaren Uferlandschaft am Bodensee geht die Linie am Fuss des Schlosses Wartensee vorbei, zieht durch ein romantisches Tobel und gewinnt dann die Höhe, hier dem Auge ein beständig wechselndes Panorama bietend. Zahlreich sind die Aussichtspunkte in der Umgebung von Heiden; wir nennen blos den in 1½ Stunden zu erreichenden Kaien (1160 m). In der Nachbarschaft von Heiden sprudeln vier Mineralquellen.
Heiden erfreut sich ausgezeichneter Schulen, so auch einer Realschule. Kurhalle mit Parkanlagen. Seit 1901 ist der Ort elektrisch beleuchtet und mit einer Wasserversorgung in den Häusern und einem Hydrantennetz ausgerüstet.
Ums Jahr 1200 gehörte «Allmend» oder «Haide» zum Bistum Konstanz. 1536 urkundlich «Hof Heiden», der sich 1600 bis 1651 zu einem Weiler entwickelte und 1652 kirchlich von Thal losgelöst und mit eigener Kirche zur selbständigen Pfarrei erhoben wurde. Der erste Markt wurde hier 1685 abgehalten. Am fast das ganze Dorf durch eine mächtige Feuersbrunst zerstört. Im Spital zu Heiden lebt seit einer Reihe von Jahren Henri Dunant aus Genf, der Gründer des Roten Kreuzes. Vergl. Rohner, Mich. Die Gemeinde Heiden. Teufen 1867. - Szadrowsky, H. Heiden und die Rorschach-Heidenbahn (Europ. Wanderbilder. IV). Zürich 1878. S. ferner die Veröffentlichungen der gemeinnützigen Gesellschaft von Heiden.