und eine noch jüngere Stillstandsphase im Rückzug. Diese Stirnwälle sind alle drei vom Gletscherbach durchschnitten worden
und gehen rechts und links in zwei 5-10 m hohe ununterbrochene Seitenmoränen über. Wir kennen heute folgende bedeutendere
Schwankungen im
Stand der Gletscherzunge: 1600-1620 Vorstoss bis zum Burgbühlschopf, dann Rückzug;
1703-1720 starker Vorstoss
bis zur Pfarrwiese, dann Rückzug;
1743 kurzer Vorstoss und sogleich starker Rückzug;
1770-1779 Vorstoss in die
Ebene der
Lütschine, dann Rückzug;
1814-22 Vorstoss, dann Rückzug;
1840-1855 Vorstoss;
1855-1868 Rückzug mit Verminderung der Eisdicke
um nahezu 35 m. Seit 1868 weiterer Rückzug.
Neuerdings scheint der
Gletscher wieder vorrücken zu wollen, was
Prof. Armin Baltzer in Bern
veranlasst hat, auf dem Felsboden vor dem
Gletscher eine Reihe von Punkten zu fixieren, die eine spätere
Messung der erosiven Tätigkeit des Gletschereises ermöglichen sollen. Diese Stationen bestehen aus in den Fels gebohrten
Löchern, deren
Tiefe genau ermittelt worden ist und die man nachher mit gefärbtem Gips und
Thon wieder
ausfüllte und oben mit einem Deckel von Zement abschloss.
Nachdem der
Gletscher diese heute eisfreie Fläche wieder bedeckt und er sich in späterer Zeit davon neuerdings zurückgezogen
haben wird, wird man durch neues Ausmessen der
Tiefe dieser
Löcher zahlenmässige Belege für den Betrag der Gletschererosion
erhalten können. Einen Beweis dafür, dass der
Gletscher schon früher einmal sich bis nahe an seinen heutigen
Stand zurückgezogen
hat, liefert die Entdeckung eines alten
Steinbruches auf Marmorbreccie (oberer
Jura) am
UnterenSchopf mit von Menschenhand gehauenen
und geschliffenen Blöcken, die nachher sicherlich ein ganzes Jahrhundert lang wieder vonEis überflutet
worden sind. Einige dieser Blöcke werden heute im Naturhistorischen Museum zu Bern
aufbewahrt; ein schönes Stück befindet sich
auch in der geologischen Sammlung des eidg. Polytechnikums in Zürich.
Abbau des
Bruches heute wieder aufgenommen. Vergl. Baltzer,
Armin. Studien am Unter Grindelwaldgletscher ... 1892-97 (Neue Denkschr. der allgem. schweiz.Gesellschaftfür die gesamten Naturwiss. Bd 33). Zürich
1898.
Hochgebirgstouren. Nach unten geht dieser Thalkessel von Grindelwald mit einer schmalen Stufe über in den untern Thalboden,
das enge und von Schwendi (937 m) bis Zweilütschinen (655 m) 8 km lange sog. Lütschenthal, dessen Gehänge beiderseits mit
langen Felsbändern durchsetzt sind. Es ist schwach besiedelt und zählt nur in seinem untern Abschnitt
einige Häusergruppen und Weiler, wie Burglauenen, Lütschenthal und Gündliswand (an der Ausmündung ins Thal der Weissen Lütschine).
Jedem Besucher des BernerOberlandes drängt sich der grosse Unterschied im Charakter der Thäler von Lauterbrunnen und Grindelwald
auf. Jenes eng, von senkrechten und weit sich hinziehenden Felswänden eingeschlossen, einem Graben gleich
tief eindringend in den Schoss des Hochgebirges; dieses in seinem obern Teile breit, weit ausladend gegen W., N. und O. und
nur im S. wie abgeschnitten durch die Wände des Eiger, Mettenbergs und Wetterhorns. Lauterbrunnen liegt gleichsam in einer engen
Spalte, Grindelwald in einem weiten Kessel.
Nur der untere
Teil beider Lütschinenthäler stimmt im landschaftlichen Charakter überein: beiderorts
steile und enge V förmige Thäler, beiderorts auch deutliche Thalstufen, die von der Eisenbahn mittels des Zahnrades überwunden
werden. Der auffallende Unterschied der beiden Thäler in ihren obern Teilen aber hängt eng zusammen mit der Gesteinsbeschaffenheit
und dem Gebirgsbau der ganzen Gegend. Wenn wir zunächst vom Hochgebirge absehen, das in steiler Wand
abgeschnitten wohl nirgends schärfer sich von den Voralpen scheidet, so fällt der ganze Bezirk des Grindelwaldthales in
jene Zone der Voralpen, wo die Gesteine der Juraformation, im Grossen wie im Detail stark gefaltet, die Gebirgsgruppen des
Schilthorns, Männlichen und Faulhorns zusammensetzen. Während aber die obern Glieder der Juraablagerungen
(Malm) in der Gestalt harter schwarzer, aber weiss anwitternder Kalke erscheinen, die landschaftlich als Felswände und Fluhbänder
dem Gebirge ein ewig wechselndes und vielgestaltiges Relief verleihen, bestehen die untern
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