Von
Grindelwald aus erreicht man über einige hölzerne
Leitern
und
Stege beim Punkt 1585 m die Gletscherzunge, die hier überschritten wird, wenn man weiterhin zur
Glecksteinhütte und zum
Lauteraarsattel gelangen will.
Das
Unter Eismeer wird überschritten, wenn man von dem durch zwei
Leitern mit dem
Gletscher verbundenen Wirtshaus
Bäregg zur
aussichtsreichen Zäsenbergalp gelangen will, und das
Ober Eismeer wird gequert, wenn man sich von der
Zäsenbergalp zur alten und neuen Schwarzegghütte der Sektionen
Oberland und Basel
bezw. Basel
des S. A. C. begibt. Diese beiden
Hütten
liegen 5 Stunden über
Grindelwald am rechten Ufer des Gletschers und können ohne Gletscherwanderung längs den
Felsen rechts
vom
Gletscher und über den Fussweg der
Bänisegg leichter erreicht werden.
Der Unter Grindelwaldgletscher ist einer der am tiefsten ins Thal hinunter reichenden Eisströme der
Alpen, indem er in blos 1240 m nahe bei ständig bewohnten Siedelungen endigt. Da er ein starkes Gefälle hat und unten
ausserdem noch vom
Mettenberg und den NO.-Ausläufern des
Eiger bedeutend eingeengt wird, ist seine Geschwindigkeit eine grosse
und machen sich auch Schwankungen in seinem
Stand sehr rasch bemerkbar. Seit 1822 ist der
Gletscher um
nahezu einen km zurückgegangen und hat eine grosse Fläche blosgelegt, die unten mit Grundmoräne überdeckt ist, oben aber
anstehenden Fels zeigt. Hier lassen sich die Wirkungen der Glazialerosion in Form von Gletscherschliffen, Schrammen, Rundhöckern,
Riesenkesseln etc. und diejenigen der Gletscherbacherosion in Form vonLöchern,
Trichtern, Furchen etc.
sehr klar überschauen.
Drei aufeinanderfolgende und 100-200 m von einander entfernte Querwälle von Endmoränen zeigen uns
den Hochstand des Gletschers von 1822, den
Stand von 1855
¶
mehr
und eine noch jüngere Stillstandsphase im Rückzug. Diese Stirnwälle sind alle drei vom Gletscherbach durchschnitten worden
und gehen rechts und links in zwei 5-10 m hohe ununterbrochene Seitenmoränen über. Wir kennen heute folgende bedeutendere
Schwankungen im Stand der Gletscherzunge: 1600-1620 Vorstoss bis zum Burgbühlschopf, dann Rückzug;
1703-1720 starker Vorstoss
bis zur Pfarrwiese, dann Rückzug;
1743 kurzer Vorstoss und sogleich starker Rückzug;
1770-1779 Vorstoss in die Ebene der
Lütschine, dann Rückzug;
1814-22 Vorstoss, dann Rückzug;
1840-1855 Vorstoss;
1855-1868 Rückzug mit Verminderung der Eisdicke
um nahezu 35 m. Seit 1868 weiterer Rückzug.
Neuerdings scheint der Gletscher wieder vorrücken zu wollen, was
Prof. Armin Baltzer in Bern
veranlasst hat, auf dem Felsboden vor dem Gletscher eine Reihe von Punkten zu fixieren, die eine spätere
Messung der erosiven Tätigkeit des Gletschereises ermöglichen sollen. Diese Stationen bestehen aus in den Fels gebohrten
Löchern, deren Tiefe genau ermittelt worden ist und die man nachher mit gefärbtem Gips und Thon wieder
ausfüllte und oben mit einem Deckel von Zement abschloss.
Nachdem der Gletscher diese heute eisfreie Fläche wieder bedeckt und er sich in späterer Zeit davon neuerdings zurückgezogen
haben wird, wird man durch neues Ausmessen der Tiefe dieser Löcher zahlenmässige Belege für den Betrag der Gletschererosion
erhalten können. Einen Beweis dafür, dass der Gletscher schon früher einmal sich bis nahe an seinen heutigen Stand zurückgezogen
hat, liefert die Entdeckung eines alten Steinbruches auf Marmorbreccie (oberer Jura) am UnterenSchopf mit von Menschenhand gehauenen
und geschliffenen Blöcken, die nachher sicherlich ein ganzes Jahrhundert lang wieder von Eis überflutet
worden sind. Einige dieser Blöcke werden heute im Naturhistorischen Museum zu Bern
aufbewahrt; ein schönes Stück befindet sich
auch in der geologischen Sammlung des eidg. Polytechnikums in Zürich.
Abbau des Bruches heute wieder aufgenommen. Vergl. Baltzer,
Armin. Studien am Unter Grindelwaldgletscher ... 1892-97 (Neue Denkschr. der allgem. schweiz.Gesellschaftfür die gesamten Naturwiss. Bd 33). Zürich
1898.