(Kt. Bern,
Amtsbez. Interlaken).
1057 m. Gem. u. Pfarrdorf, mit zahlreichen im obern Kessel des Grindelwaldthales zerstreut gelegenen
Häusergruppen, zu beiden Seiten der Schwarzen Lütschine und in einer an Schönheiten reichen Hochgebirgslandschaft; 21 km
sö. über Interlaken.
Station der Berner Oberland Bahnen (Linien Interlaken-Zweilütschinen-Grindelwald und Lauterbrunnen-Scheidegg-Grindelwald).
Postbureau, Telegraph, Telephon. Die Gemeinde umfasst folgende sieben grosse Unterabteilungen: Scheidegg,
Grindel, Holzmatten, Bach, Bussalp, Itramen und Wergisthal. Zusammen 558 Häuser, 3346 Ew., wovon 44 Katholiken. Grosse Pfarrkirche,
anglikanische und katholische Kapelle. Ackerbau und Viehzucht. Fremdenindustrie. Eine Buchdruckerei; während der Saison zahlreiche
Verkaufsläden.
Grindelwald eignet sich wegen seines gemässigten Klimas, sowie seiner windgeschützten, sonnigen und
nebelfreien Lage zum Sommer- wie auch zum Winterkurort. Zahlreiche Gasthöfe, die zusammen mehr als 1000 Fremde beherbergen
können und von denen ein Teil auch im Winter im Betrieb bleibt. Seit einigen Jahren hat sich Grindelwald zum stark besuchten
Winteraufenthalt entwickelt, zu welcher Zeit sich hier ganze Fremdenkolonien ansiedeln und allerlei Sport
(Schlitten-, Ski- und Schlittschuhfahren) obliegen. Daneben ist Grindelwald ein Exkursionszentrum ersten Ranges, sowohl für
eigentliche Hochtouren (Wetterhorn, Schreckhorn, Eiger, Mönch, Jungfrau etc.), wie auch für eine ganze Reihe von interessanten
und leichten Ausflügen (Kleine und Grosse Scheidegg, Wengernalp, Männlichen, Faulhorn, Ober und Unter Grindelwaldgletscher etc.).
Urkundlich erscheint Grindelwald zum erstenmal 1146 als Schenkung des Kaisers Konrad an das Kloster Interlaken. Schon 1180 hatte
der Ort seine eigene Kirche. 1319 erhoben sich die Bewohner des Grindelwaldthales gegen das Kloster und 1528 widersetzten sie
sich energisch aber erfolglos gegen die Einführung der Reformation. 1577 wird als Filiale der Kirche
Grindelwald eine auf der Nellenbalm über dem
linken Ufer des Untern Grindelwaldgletschers stehende St. Petronellakapelle erwähnt,
die dann vom vorrückenden Gletscher zerstört worden ist. Ebenfalls 1892 wurde nahezu die Hälfte des Dorfes durch eine Feuersbrunst
in Asche gelegt. Grindelwalds grossartige landschaftliche Lage wurde schon zu Ende des 18. Jahrhunderts
gewürdigt, kam aber erst mit dem seit 1870 mächtig anschwellenden Fremdenstrom zur vollen Geltung.
Fiescherfirn (Kt. Bern,
Amtsbez. Interlaken).
3600-1850 m. Firnfeld, mit 5 km maximaler Breite und 3 km lang, im weiten Kessel
zwischen Mittellegi, Eiger, Eigerjoch, Mönch, Fieschergrat, Grindelwald Fiescherhörnern und Grindelwald Grünhorn, links über
dem Untern Grindelwaldgletscher. In seiner SW. Ecke steht auf einer Felsinsel in 3299 m die neue Berglihütte
der Sektion Bern
des S. A. C. Der Firn ist stellen weise stark geneigt und vielfach zerklüftet. Wird begangen, wenn man von Grindelwald
aus die Berglihütte und von da über das Unter und Ober Mönchjoch die Konkordiahütte gewinnen will.
Firn (Kt. Bern,
Amtsbez. Interlaken).
3400-2500 m. Firnfeld, Nährgebiet des Obern Grindelwaldgletschers, zwischen Wetterhörnern,
Berglistock, Ankenbälli und Lauteraarsattel. Je 2 km breit und lang. Nw. von ihm der Krinnenfirn und -gletscher, die unmittelbar
nö. über der alten und neuen Glecksteinhütte der Sektion Blümlisalp bezw. Burgdorf des S. A. C. liegen.
Der Grindelwaldfirn wird begangen, wenn man den Berglistock besteigen oder über die Rosenegg zur Dossenhütte gelangen will.
(Ober) (Kt. Bern,
Amtsbez. Interlaken).
3000-1300 m. Gletscher, 5 km lang und im Mittel 600 m breit, zwischen den Wetterhörnern
im NO. und O., dem Kamm des Lauteraarsattels im SO. und dem nw. Abschnitt der Schreckhörner (mit Nässihorn 3749 m,
Klein Schreckhorn 3497 m, Gwächten 3169 m und Mettenberg 3107 m) im S. und SW. Seine Nährgebiete sind der Grindelwald Firn
im O. und NO. und die Firnfelder am Klein Schreckhorn im SW. Am untern Ende des Gletschers haben die Bewohner
von
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Grindelwald eine künstliche Eisgrotte angelegt, die nur 10 Minuten vom Hotel Wetterhorn entfernt ist und von den Fremden viel
besucht wird.
Dem Gletscher entspringt die Schwarze Lütschine.
Von Grindelwald aus erreicht man über einige hölzerne Leitern
und Stege beim Punkt 1585 m die Gletscherzunge, die hier überschritten wird, wenn man weiterhin zur
Glecksteinhütte und zum Lauteraarsattel gelangen will.
(Unter) (Kt. Bern,
Amtsbez. Interlaken).
3390-1240 m. Gletscher, 10 km lang und 0,5-2,2 km breit; zwischen Schreck-
und Strahlegghörnern im O. und SO., Agassizhorn, Grindelwald Fiescherhörnern und Fieschergrat im S. und Mönch und Eiger im SW.
und W. Ist in zwei deutliche Stufen gegliedert, das Ober Eismeer (2700-2300 m) und Unter Eismeer (1700-1600
m), die durch einen stark geneigten und zerklüfteten Eisfall von einander getrennt sind.
Das Unter Eismeer wird überschritten, wenn man von dem durch zwei Leitern mit dem Gletscher verbundenen Wirtshaus Bäregg zur
aussichtsreichen Zäsenbergalp gelangen will, und das Ober Eismeer wird gequert, wenn man sich von der
Zäsenbergalp zur alten und neuen Schwarzegghütte der Sektionen Oberland und Basel
bezw. Basel
des S. A. C. begibt. Diese beiden Hütten
liegen 5 Stunden über Grindelwald am rechten Ufer des Gletschers und können ohne Gletscherwanderung längs den Felsen rechts
vom Gletscher und über den Fussweg der Bänisegg leichter erreicht werden.
Nährgebiete des Gletschers sind der grosse Grindelwald Fiescherfirn, auf
den auch noch die vom Kalli Firn über das Kalliband
niedergehenden Eislawinen fallen, die Firnfelder an den O.- und NO.-Hängen der Grindelwald Fiescherhörner, diejenigen am
Agassizhorn und den Strahlegghörnern, der vom Lauteraarhorn und Grossen Schreckhorn nach SW. absteigende
Schreckfirn und der vom Nässihorn ebenfalls nach SW. ziehende Kastensteinfirn. Dieses ganze Becken ist eines der schönsten
Eisgebiete der Alpen und wird daher auch von Grindelwald aus häufig besucht.
Der Unter Grindelwaldgletscher ist einer der am tiefsten ins Thal hinunter reichenden Eisströme der
Alpen, indem er in blos 1240 m nahe bei ständig bewohnten Siedelungen endigt. Da er ein starkes Gefälle hat und unten
ausserdem noch vom Mettenberg und den NO.-Ausläufern des Eiger bedeutend eingeengt wird, ist seine Geschwindigkeit eine grosse
und machen sich auch Schwankungen in seinem Stand sehr rasch bemerkbar. Seit 1822 ist der Gletscher um
nahezu einen km zurückgegangen und hat eine grosse Fläche blosgelegt, die unten mit Grundmoräne überdeckt ist, oben aber
anstehenden Fels zeigt. Hier lassen sich die Wirkungen der Glazialerosion in Form von Gletscherschliffen, Schrammen, Rundhöckern,
Riesenkesseln etc. und diejenigen der Gletscherbacherosion in Form von Löchern, Trichtern, Furchen etc.
sehr klar überschauen. Drei aufeinanderfolgende und 100-200 m von einander entfernte Querwälle von Endmoränen zeigen uns
den Hochstand des Gletschers von 1822, den Stand von 1855
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und eine noch jüngere Stillstandsphase im Rückzug. Diese Stirnwälle sind alle drei vom Gletscherbach durchschnitten worden
und gehen rechts und links in zwei 5-10 m hohe ununterbrochene Seitenmoränen über. Wir kennen heute folgende bedeutendere
Schwankungen im Stand der Gletscherzunge: 1600-1620 Vorstoss bis zum Burgbühlschopf, dann Rückzug;
1703-1720 starker Vorstoss
bis zur Pfarrwiese, dann Rückzug;
1743 kurzer Vorstoss und sogleich starker Rückzug;
1770-1779 Vorstoss in die Ebene der
Lütschine, dann Rückzug;
1814-22 Vorstoss, dann Rückzug;
1840-1855 Vorstoss;
1855-1868 Rückzug mit Verminderung der Eisdicke
um nahezu 35 m. Seit 1868 weiterer Rückzug.
Neuerdings scheint der Gletscher wieder vorrücken zu wollen, was
Prof. Armin Baltzer in Bern
veranlasst hat, auf dem Felsboden vor dem Gletscher eine Reihe von Punkten zu fixieren, die eine spätere
Messung der erosiven Tätigkeit des Gletschereises ermöglichen sollen. Diese Stationen bestehen aus in den Fels gebohrten
Löchern, deren Tiefe genau ermittelt worden ist und die man nachher mit gefärbtem Gips und Thon wieder
ausfüllte und oben mit einem Deckel von Zement abschloss.
Nachdem der Gletscher diese heute eisfreie Fläche wieder bedeckt und er sich in späterer Zeit davon neuerdings zurückgezogen
haben wird, wird man durch neues Ausmessen der Tiefe dieser Löcher zahlenmässige Belege für den Betrag der Gletschererosion
erhalten können. Einen Beweis dafür, dass der Gletscher schon früher einmal sich bis nahe an seinen heutigen Stand zurückgezogen
hat, liefert die Entdeckung eines alten Steinbruches auf Marmorbreccie (oberer Jura) am Unteren Schopf mit von Menschenhand gehauenen
und geschliffenen Blöcken, die nachher sicherlich ein ganzes Jahrhundert lang wieder von Eis überflutet
worden sind. Einige dieser Blöcke werden heute im Naturhistorischen Museum zu Bern
aufbewahrt; ein schönes Stück befindet sich
auch in der geologischen Sammlung des eidg. Polytechnikums in Zürich.
Abbau des Bruches heute wieder aufgenommen. Vergl. Baltzer,
Armin. Studien am Unter Grindelwaldgletscher ... 1892-97 (Neue Denkschr. der allgem. schweiz.Gesellschaftfür die gesamten Naturwiss. Bd 33). Zürich
1898.