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Meiringen-Handeck 20 km, Meiringen-Hospiz 27 km, Meiringen-Passhöhe 31,1 km. Im Sommer zweimal täglich Postwagenverbindung Meiringen-Gletsch und umgekehrt mit Pferdewechsel in Guttannen und beim Wirtshaus Handeck. Die Grimselstrasse durchzieht in ihrer ganzen Länge eine grossartige und an Abwechslung reiche Hochgebirgslandschaft und ist zusammen mit der Simplonroute eine der schönsten, interessantesten und von Touristen am meisten begangenen Alpenstrassen der Schweiz.
Gleich hinter Meiringen sehen wir rechts die Fälle des Reichenbaches und links den Eingang zur berühmten Aareschlucht, dann überschreiten wir den Querriegel des Kirchet (705 m) und steigen in den breiten und ebenen Thalboden von Hasle Im Grund ab, um bald über eine prachtvolle gedeckte Brücke das rechte Ufer der Aare zu gewinnen und Hof, den Siedelungsmittelpunkt der Gemeinde Innertkirchen, zu erreichen. Hier zweigen nach links hin die Sustenstrasse und der Weg auf die Engstlenalp ab. Dann treten wir in einen langen Engpass ein, durchschreiten mehrere Gallerien, gehen wieder auf das linke Aareufer über und gelangen über den Weiler Mettlen nach dem in einer Thalweitung stehenden Dorf Guttannen.
Hinter Guttannen engt sich das Ober Hasle neuerdings ein; überall sehen wir wilde Felswände, die stellenweise mit von Lawinen verwüsteten Waldresten bestanden sind, und eine Menge von zu beiden Seiten des Flusses ausgestreuten und oft mit grünem Pflanzenkleid umsponnenen Felsblöcken. Einige Schlingen führen uns zu dem prachtvollen Aarefall an der Handeck empor, dem jetzt die Strasse alljährlich eine grosse Anzahl von Bewundern zuführt. Hier steht am Eingang zu einer neuen Thalstufe das Wirtshaus Handeck.
Das landschaftliche Bild wird ernster und wilder, die Tannen verschwinden, und Lawinenzüge, deren Schneereste oft noch im Hochsommer im Thalboden liegen, schneiden sich in immer grösserer Anzahl in die Felswände ein. Bei einem schönen Wasserfall gehen wir neuerdings auf das rechte Ufer der Aare über und folgen ihm von nun an ununterbrochen, bis wir in der Nähe des Hospizes vom Fluss Abschied nehmen und das oberste Stück seines Thales mit den weiten Eisrevieren des Unter-, Finster-, Lauter- und Oberaargletschers im Westen liegen lassen.
Das 27 km von Meiringen entfernte und 4,1 km unterhalb der Passhöhe am kleinen Grimselsee stehende einstige Grimselhospiz (1875 m) ist heute zu einem einfachen Berggasthof umgewandelt. Die Berner Kantonalforstverwaltung hat im Ober Hasle umfassende Aufforstungen ausführen lassen. Zahlreiche Gemsen und Murmeltiere beleben die Landschaft um das Hospiz, wo 1815 für kurze Zeit auch noch Bären ihre Aufwartung gemacht haben. Der Gasthof Grimsel ist Ausgangspunkt und Zentrum für eine Menge von Exkursionen und Hochtouren, wie in das die Aaregletscher umrahmende Hochgebirgsgebiet, auf das Klein Siedelhorn, den Juchlistock und die Gerstenhörner, über den Kamm des Nägelisgrätli direkt zur Furka (5 Stunden), über die aufeinanderfolgenden Gletscherpässe des Oberaarjochs, Rothornsattels und der Grünhornlücke nach Fiesch im Ober Wallis oder endlich auch über die Parallelpässe der Strahlegg, des Finsteraarjoches oder des Lauteraarjoches nach Grindelwald.
Der einzige vom Hospiz aus sichtbare Schneeberg ist das Agassizhorn, ein Vorberg des Finsteraarhorns. Nun überschreitet die Strasse den Grimselsee an seiner schmalsten Stelle und trennt ihn in zwei Hälften; dann steigt sie in kurzen Kehren zur Passhöhe auf, wo uns mit einem Male die Eisriesen des Ober Wallis grüssen, und geht von da mit einer Reihe von grossen Schlingen nach Gletsch (37 km von Meiringen, 50 km von Brig und 39 km von Göschenen) hinunter, wo sie in die Furkastrasse ausmündet.
[E. De La Harpe.]
In geologischer Hinsicht ist die Grimselroute deswegen von grossem Interesse, weil sie das Aarmassiv nahe an seinem östlichen Ende quer durchschneidet. Sie zieht sich durch vier verschiedene Zonen von krystallinen Gesteinen, und zwar von N. nach S. gezählt: 1. durch schiefrige Gneise, 2. durch Amphibolschiefer, 3. durch die zentrale Masse von Gneisgranit und 4. wiederum durch schiefrige Gneise. Diese vier Zonen schliessen den für die nördlichen Zentralmassive der Alpen typischen Fächerbau recht schön auf. Der Gneisgranit kann als ein durch den ungeheuern Druck zu Gneis umgewandelter Granit angesehen ¶
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werden, und auch die Serpentine, Ofen- oder Giltsteine und Amphibolite der Zone der Amphibolschiefer sind zum Teil ohne Zweifel ursprüngliche Eruptivmassen, während die Gneise auf der Seite gegen Guttannen wie gegen das Ober Wallis wahrscheinlich umgeformte Sedimente sind. Die zentrale Zone zeigt mit ihrem massigen, hie und da undeutlich geschichteten Gneisgranit auffallende Charakterformen. Auf die mit Schieferschutt bekleideten, einförmigen Hänge der Zonen der Gneise und krystallinen Schiefer folgen massige Felsen, die senkrechte Wände und wenig gegliederte Gipfelformen bilden. In den in die Gneise eingeschnittenen Thälern finden wir von den ehemaligen Gletschern geglättete Felsformen und Rundhöcker, wie sie für eine vom Gletscher bearbeitete Landschaft typisch sind. In der Nachbarschaft des Grimselsees sind solche Zeichen glazialer Erosion noch bis in eine Höhe von mehr als 600 m über der Thalsohle sichtbar.
[Dr. H. Schardt.]
Geschichte.
Nach J. Heierli soll die Grimsel schon zur Eisenzeit benutzt worden sein. In historischer Zeit diente sodann der Grimselweg trotz seiner vielfachen Schwierigkeiten schon frühe dem Verkehr und auch kriegerischen Zügen. Die erste urkundliche Erwähnung des Passes finden wir im Jahr 1211, als Berthold von Zähringen ihn mit seinen Truppen zu einem Raubzug ins Ober Wallis überschritt, «wenn die Einzelheiten dieses Ereignisses durch Sage und Missverständnisse auch so überrankt sind, dass kaum ein sicheres Bild zu gewinnen ist».
Der ewige Bund von Luzern und den Waldstätten mit der Reichsstadt Zürich vom erwähnt als eine der Grenzlinien des Bundesgebietes auch «den Grymsel, da die Ar entspringt». 1382 erkauften sich die Leute der Thalschaft Ober Hasle vom Geschlecht Bubenberg die Grimselalp. 1397 schlossen die Stadt Bern, die Leute aus dem Berner Oberland, dem Ober Wallis, dem Pommat und Eschenthal zusammen einen Vertrag zum Ausbau und zur Sicherung des Weges über den Spital «an Grymslen» (und weiterhin über den Griespass).
Daraus folgt, dass hier schon zu dieser frühen Zeit ein «Spital», d. h. ein Schutz- und Unterkunftshaus, gestanden hat, «der - wie es in einer alten Berner Urkunde heisst - dann in grosser wilde ligt und mangen mänschen zu trost und uffenthalt lips und guts erschuisst». Aus den von Abbé Gremaud gesammelten Urkunden geht ferner hervor, dass im Raronkrieg 1418 die Berner den Pass in feindlicher Absicht überschritten hatten, von den Wallisern aber bei Ulrichen geschlagen und wieder per montem qui dictus est Grimbslen zurückgejagt wurden.
Berner Truppen passierten dann wiederum die Grimsel am um durch das Binnenthal und über den Albrunpass einer im Eschenthal hart bedrängten Schaar von Eidgenossen zu Hilfe zu eilen. Das Hospiz wird sodann 1479 wieder erwähnt. Im ersten Band seiner Geschichte des eidgenössischen Freistaates Bern (Bern 1838) spricht Anton v. Tillier von einem seit 1419 über die Grimsel gehenden regen Handelsverkehr, dem in Thun und Unterseen eingerichtete Waarenniederlagen als Stützpunkte dienten. Im Deutschen Missivenbuch lesen wir ferner, dass 1479 «der Inhaber der auf der Grimsel angelegten Herberge einen Steuerbrief» erhielt, d. h. zur Erhebung eines Wegzolles berechtigt wurde, und A. Bähler erzählt Uns in seinen Mitteilungen über den Grimselpass (Biel 1895) von einem die Unterhaltspflichten des Hospizes und Weges betreffenden Streit zwischen den Wallisern und den Leuten im Ober Hasle. Aegidius Tschudi's Schweizerkarte von 1583 verzeichnet «die Grimsel», und Sebastian Münster's Cosmographia universalis (ed. lat. von 1550, S. 333) beschreibt sie wie folgt: non procul a Furca est mons alias quem Grimsslen vocant, per quem quoque exitus in Helvetiam de Vallesia inventus est, sed qui absque sudore et labore magno superari non potest.
^[Latein = Nicht weit von der Furka ist ein Berg, den sie Grimsel nennen, durch den ein Ausgang nach der Schweiz aus dem Wallis gefunden ist, aber der nicht ohne Schweiss und grosse Arbeit überwunden werden kann.] Johannes Stumpf übernachtete vom 26. auf den im Hospiz und überschritt den Pass am 27. August, von welcher Tour er in seiner Gemeiner loblicher Eydgnoschafft Chronik (Zürich 1548) wie folgt spricht: «Vom ursprung (scil. der Aare) bey einer grossen halben meyl oder mer gegen Aufgang biss an die Straass so über die Grimsslen in Walliss gen Gestilen gadt, an der selbigen strassen auff der rechten seyten empfacht die Aar den aussgang zweyer Seelin ligend hinder einander zu oberist an der ¶