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bevölkerte Kanton der Schweiz. Ihm am nächsten stehen Uri mit 18 und Wallis mit 22 Ew. per km2. Berücksichtigt man nur den produktiven Boden (3851,6 km 2 oder 53,6% der Gesamtfläche), so kommen 27 Ew. auf den km2. Am dichtesten bevölkert sind die Bezirke Plessur (Chur, Churwalden, Schanfigg) mit 52 (ohne Chur aber nur 12,5), Unter Landquart (unteres Prätigau und Rheinthal unterhalb Chur) mit 33, Imboden (Rheinthal oberhalb Chur bis Flims und Räzüns) mit 29 und Heinzenberg (Domleschg, Thusis und Safien) mit 25 Ew. per km2, am schwächsten die Bezirke Hinterrhein (Rheinwald, Schams und Avers) mit nur 5, Inn (Unter Engadin) mit 6, Maloja (Ober Engadin und Bergell) mit 7-8, Münsterthal mit 8, Vorderrhein (von Brigels an aufwärts) mit 10-11 und Albula (Albulathal vom Schyn an aufwärts, Oberhalbstein und unteres Landwasserthal bis Wiesen) mit 11 Ew. per km2. Interessant sind die Einwohnerzahlen der einzelnen Thalschaften, die darum hier in einer Uebersicht folgen mögen:
Ew. | Ew. | ||
---|---|---|---|
Vorderrheinthal (ohne die Seitenthäler) | 14530 | ||
Medels | 585 | ↘ | |
Lugnez mit Vals | 3752 | 4873 | |
Safien | 536 | ↗ | |
. Rheinwald | 899 | ↘ | |
. Schams | 1336 | | | |
. Domleschg (im weiteren Sinn) | 5861 | | | |
Hinterrheinthal (ohne Seitenthäler) | 8096 | ||
Avers-Ferrera | 366 | ↘ | |
Albulathal | 5088 | 16295 | |
Landwasserthal | 8520 | | | |
Oberhalbstein | 2321 | ↗ | |
Unteres Rheinthal (von Reichenau abwärts) | 22901 | ||
Schanfigg (beide Thalseiten) | 2652 | ↘ | |
Churwaldenthal | 1022 | 12525 | |
Prätigau | 8851 | ↗ | |
Ober Engadin | 5429 | 11712 | |
Unter Engadin | 6283 | ↗ | |
Münsterthal | 1505 | ↘ | |
Puschlaverthal | 4301 | | | |
Bergell | 1754 | 13587 | |
Misoxerthal | 4579 | | | |
Calancathal | 1448 | ↗ | |
: | km2 | Ew. | per km2 |
Vorderrheingebiet | 1514 | 19403 | 12.8 |
Hinterrheingebiet | 1693 | 24392 | 14.4 |
Unteres Rheingebiet | 1088 | 35426 | 32.5 |
Rheingebiet: | 4295 | 79221 | 18.4 |
Donau- oder Inngebiet | 1717 | 11712 | 6.8 |
Pogebiet | 980 | 12082 | 12.3 |
Etschgebiet (Münsterthal) | 193 | 1505 | 8.0 |
Es ist also das Rheingebiet am dichtesten, das Inngebiet am schwächsten bevölkert, und das Pogebiet nimmt zwischen beiden eine Mittelstellung ein. Auch ohne Chur würde das Rheingebiet mit 16 Ew. per km 2 in Bezug auf Volksdichte die erste Stelle einnehmen. Im Rheingebiet weist begreiflicherweise der untere Abschnitt mit 32-33 Ew. per km2 die dichteste Bevölkerung auf, und es ist dies auch dann der Fall, wenn man Chur nicht mitrechnet, denn dann beträgt die Volksdichte immer noch 22 per km2.
Das kleine Uebergewicht des Hinterrheingebietes über dasjenige des Vorderrhein rührt her von den relativ gut bevölkerten Landschaften Davos (8089 Ew.) und Domleschg (5861 Ew.). Bei einem Blick auf die Tabelle fällt auf, wie klein die Einwohnerzahlen auch der grössern Thäler sind. Das ganze lange Engadin z. B. mit seinen 22 Gemeinden - ohne das abseits liegende Samnaun (357 Ew.) - hat kaum so viel Einwohner wie Chur, das doch auch nicht gross ist. Grössere Thäler mit zahlreichen Ortschaften, z. B. Calanca mit 11 Gemeinden, Bergell mit 6 Gemeinden, Münsterthal mit ebenfalls 6 Gemeinden, Oberhalbstein mit 11 Gemeinden, Schanfigg mit 12 Gemeinden etc. haben nicht mehr Einwohner als nur mittelgrosse Dörfer der untern Schweiz.
Und doch, wenn man diese Thäler durchwandert, erhält man den Eindruck von viel dichteren Bevölkerungen, denn die vielen Dörfer sind meist auf eine schmale Zone im Thalgrund oder auf den Gehängeterrassen zusammengedrängt und oft längs den Strassen wie an Perlschnüren aneinander gereiht. Auf diese einzig bewohnten Zonen von meist nur 1-2 km Breite berechnet, erhält man dann allerdings ganz andere Dichtezahlen. Nimmt man z. B. im Engadin die Breite des bewohnten Streifens durchschnittlich zu 1½ km an, so ergibt sich eine Volksdichte von 80-90 per km2; für das Vorderrheinthal sind es bei 2 km mittlerer Breite der bewohnten Zone 120 Ew. per km2. So findet man auch im Rheinwald 30, in Schams 60 und im Domleschg 120 Ew. per km2, wenn man je nur die für Besiedelung u. intensivere Bewirtschaftung in Betracht kommenden Flächen berücksichtigt, ja im Churer Rheinthal, im Kreis Domleschg und untern Prätigau steigt die Volksdichte dann auf nahe an 200 oder selbst noch darüber per km2. Nicht minder interessant ist die Verteilung der Bevölkerung nach Höhenstufen, wie sie aus folgender Uebersicht hervorgeht. Die Einwohnerzahl beträgt (nach der Zählung von 1900) in der Höhe
Ew. | % | |||
---|---|---|---|---|
bis zu 300 m (Misox) | 1653 | 1,6% | 22,3% | ↘ |
von 300-600 m | 21627 | 20,7% | 60,5% | |
von 600-900 m | 20715 | 19,8% | 38,2% | ↗ |
von 900-1200 m | 19239 | 18,4% | ||
von 1200-1500 m | 22572 | 21,6% | 35,6% | ↘ |
von 1500-1800 m | 14613 | 14,0% | 39,5% | |
über 1800 m | 4101 | 3,9% | 3,9% | ↗ |
: | 104520 | 100% | 100% | 100% |
oder bis 500 m | 2882 | 2,8% | ||
von 500-1000 m | 45937 | 43,9% | 46,7% | |
von 1000-1500 m | 36987 | 35,4% | ||
über 1500 m | 18714 | 17,9% | 53,3% |
Die Höhenstufen unter 300, resp. unter 500 und über 1800 kommen also für die Volkszahlen fast gar nicht in Betracht, die eine wegen zu geringer Ausdehnung, die andere wegen zu grosser Höhe. Von den übrigen Höhenstufen zu je 300 m Höhe zeigen die vier ersten ungefähr gleiche Volkszahlen (je etwa ein 1/5 der Gesamtbevölkerung). Erst über 1500 m lichtet sich die Bevölkerung, bleibt aber doch bis 1800 m noch beträchtlich, namentlich in Davos und im Engadin. Gut die Hälfte der Bündner wohnt über 1000 m, mehr als ein Drittel über 1200 m hoch.
Das sind Verhältnisse wie sie sonst in der Schweiz, ja in ganz Europa nicht wiederkehren, auch nicht im Wallis, denn hier kommen 66% der Bevölkerung auf die Höhenstufe unter 1000 m und nur 34% auf die höhern Stufen (nur 4% über 1500). Die Bündner sind also mehr als irgend ein anderes europäisches Volk Hochländer, ein ausgesprochenes Bergvolk. Dies zeigt sich denn auch deutlich in ihrem Volkscharakter, ihrer Beschäftigung und Geschichte. Der ausgeprägteste Zug ihres Wesens ist der Sinn für persönliche und staatliche Unabhängigkeit und Freiheit, an der sie zu allen Zeiten und oft unter den schwierigsten Verhältnissen mit ungeschwächter Kraft und Zähigkeit festgehalten, für die sie in schweren Zeiten die grössten Opfer gebracht haben.
Die Natur ihres Landes hat ihre körperliche Kraft, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit gefördert, sie an angestrengte Arbeit, Einfachheit in Lebensweise und Sitte, an haushälterischen Sinn, aber auch an eine gewisse Schwerfälligkeit und Bequemlichkeit gewöhnt. In geistiger Beziehung verbinden sie Intelligenz und Willenskraft mit Redlichkeit und Gutartigkeit, Sinn für materiellen Erwerb mit Biederkeit, kluge Berechnung und Zurückhaltung mit freundlichem Entgegenkommen, berechtigtes Selbstgefühl mit bescheidenem Zurücktreten.
Geschwätziges, aufdringliches Wesen berührt sie unangenehm. Ohne dem Fortschritt sich zu verschliessen, halten sie doch gerne am bewährten Alten fest, und eifersüchtig wachen sie über ihrer staatlichen und kommunalen Eigenart. Hier dringen auch berechtigte Neuerungen nur langsam ein. Auch ethnisch haben sich die Bündner gut erhalten. Dies beweist namentlich das immer noch starke romanische Element, das nach der letzten Volkszählung 35% der Gesamtbevölkerung ausmacht. Dasselbe ist zwar in einem langsamen Zurückweichen - 1880 waren es noch 40% - aber doch durchaus nicht im Aussterben begriffen. Romanisch sind noch folgende Thalschaften:
1. das Oberland oder Gebiet des Vorderrhein bis hinunter nach Ems bei Chur (ausgenommen Obersaxen w. von Ilanz, Vals und Safien);
2. der grössere Teil des Hinterrheingebietes: Domleschg (ausgenommen die Gegend von Thusis), dann Schams, Ferrera, Oberhalbstein und der grössere Teil des Albulathals;
3. das Engadin und Münsterthal (ohne Samnaun). ¶
Kanton Graubünden – Sprachen und Religionen
Lf. 75.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 7° 20’ O; 46° 30’ N; 1:960000]
KANTON GRAUBÜNDEN
SPRACHEN
▒ deutsch
▓ romanisch
▐ gemischt (25%)
░ italienisch
KANTON GRAUBÜNDEN
RELIGIONEN
▓ protestantisch
▒ katholisch
▐ gemischt (25%)
V. Attinger sc.
KANTON GRAUBÜNDEN – SPRACHEN, RELIGIONEN ¶
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Nach diesen drei Hauptverbreitungsgebieten unterscheidet man auch verschiedene Dialekte, und dabei zerfallen das Oberländer- und das Engadiner-Romanisch je noch in zwei gesonderte Mundarten: surselvisch und subselvisch im Oberland (ob und unter dem Flimser Wald), ober- und unterengadinisch im Engadin. Zwischen diesen Hauptdialekten, die auch ihre eigenen Literaturen haben, vermitteln die Mundarten des Hinterrheingebietes, besonders des Oberhalbsteins, ohne eigene Literatur (ausgenommen die 1755 in Bonaduz veröffentlichte Cuorta doitregna).
Einzelne Gegenden, besonders das Albulathal und Domleschg (mit Heinzenberg) sind sprachlich ausserordentlich gemischt: deutsch und romanisch gehen da durcheinander und wechseln nicht nur von Kreis zu Kreis, sondern auch von Ort zu Ort, ja es sind sogar die einzelnen Orte oft zweisprachig, und es entsteht dann da vorübergehend eine eigentümliche Mischsprache. Das sind die Gegenden des Kampfes der beiden Sprachen, der in der Regel über kurz oder lang mit dem Sieg des Deutschen endet.
Das letztere herrscht im untern Rheingebiet (Churer Rheinthal, Prätigau, Schanfigg, Churwalden), dann in Davos und im Landwasserthal bis Schmitten, in Rheinwald, Avers, Safien und Vals, ferner in einzelnen kleinen Sprachinseln innerhalb des romanischen Sprachgebietes, endlich auch in Samnaun (hier von Tirol eingedrungen). Das deutsche Element macht gegenwärtig 47% der Gesamtbevölkerung aus. Das italienische Element endlich ist ansässig in den Thälern des Pogebietes: Misox mit Calanca, Bergell und Puschlav, flottant mehr oder weniger zahlreich fast in allen Kantonsteilen, besonders aber längs der im Bau befindlichen Albula- und der Oberländerbahn.
Dasselbe erscheint darum gegenwärtig mit gegen 18000 Angehörigen oder 17% der Gesamtbevölkerung etwa um 3% stärker als gewöhnlich. Sieht man von dieser flottanten italienschen Arbeiterschar ab, so erhält man rund 100000 ständige Bewohner Graubündens und zwar etwa 49% Deutsche, 36% Rätoromanen, 14% Italiener und 1% Anderssprachige. Noch bunter wird das bündnerische Völkerbild, wenn man auch die Konfessionen berücksichtigt. Denn da finden wir Reformierte und Katholiken unter allen drei Sprachgruppen.
Die Reformierten machen etwa 53%, die Katholiken 47% der Gesamtbevölkerung aus. Die Reformierten herrschen vor im untern Rheingebiet, im Hinterrheinthal (alle drei Stufen), in Avers-Ferrera, im Engadin und Bergell, dann in einzelnen Teilen des Albulagebietes (Davos bis Wiesen, Bergün-Filisur, in letzterer Gegend momentan allerdings durch die vielen italienischen Bahnarbeiter alteriert) und des Oberlandes (Felsberg bis Flims, Safien, Versam bis Ilanz, Riein-Duvin, Waltensburg), die Katholiken im grössten Teil des Oberlandes, im untern Albulagebiet (Becken von Tiefenkastel), in Misox-Calanca, im Puschlav und Münsterthal, endlich in Samnaun und Schuls.
Mehrere Thalschaften sind konfessionell stark gemischt. So haben z. B. das Domleschg und untere Rheinthal starke katholische Minoritäten und selbst ganze katholische Gemeinden (Tomils, Paspels, Bonaduz, Räzüns, Ems), umgekehrt finden sich grössere reformierte Minoritäten im Puschlav und Münsterthal. Im allgemeinen sind die Deutschbündner reformiert, doch giebt es auch katholisch-deutsche Gemeinden, so z. B. in Vals, Obersaxen und Samnaun, dann auch im Domleschg, in Chur und anderwärts.
Die Rätoromanen sind etwa zu ⅔ katholisch und zu ⅓ reformiert. Zu den letztern gehören vor allem das Engadin (ausgenommen das katholische Tarasp), dann auch mehrere kleinere isolierte Gruppen, wie Waltensburg, Riein-Duvin, Bergün-Filisur, im Domleschg etc. Die bündnerischen Italiener endlich sind weit vorherrschend katholisch (vor allem im Misox-Calanca). Doch bietet das Bergell ein Beispiel eines fast rein italienisch-reformierten Thals, und auch das Puschlav hat einige hundert Reformierte. Gewiss spiegeln sich in diesen komplizierten sprachlichen und konfessionellen Verhältnissen Graubündens ebensowohl die Vielgestaltigkeit des Landes als eigentümliche geschichtliche Entwicklungen. Den Schluss dieses Abschnittes möge eine tabellarische Uebersicht bilden, aus der zugleich die politische Einteilung des Landes ersichtlich ist.
Bezirke | km2 | Einwohn. | Per km2 | Deutsche | Romanen | Italiener | Andere | Reform. | Kathol. | Andere |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Vorderrhein | 562.5 | 5917 | 10.5 | 116 | 5766 | 31 | 6 | 19 | 5900 | 0 |
Glenner | 698.1 | 10494 | 15.0 | 2721 | 7552 | 345 | 26 | 2982 | 7660 | 2 |
Imboden | 206.5 | 5939 | 29.0 | 1888 | 3706 | 315 | 11 | 2664 | 3286 | 0 |
Heinzenberg | 254.7 | 6446 | 25.2 | 3825 | 2216 | 403 | 19 | 4435 | 2025 | 3 |
Hinterrhein | 505.4 | 2601 | 5.1 | 1327 | 1203 | 81 | 0 | 2394 | 217 | 0 |
Moësa | 494.1 | 6027 | 12.2 | 53 | 15 | 5965 | 8 | 16 | 6018 | 7 |
Plessur | 292.2 | 15206 | 52.0 | 12734 | 1584 | 791 | 317 | 1032 | 4634 | 60 |
Unter Landquart | 352.5 | 11519 | 32.6 | 10977 | 147 | 333 | 52 | 8789 | 2718 | 2 |
Ober Landquart | 676.6 | 13258 | 19.6 | 11241 | 534 | 495 | 1208 | 10560 | 2753 | 165 |
Albula | 704.9 | 7841 | 11.1 | 1320 | 4876 | 1656 | 18 | 1354 | 6508 | 8 |
Maloja | 932.9 | 7183 | 7.7 | 1413 | 2691 | 2859 | 233 | 5020 | 2128 | 48 |
Inn | 1010.7 | 6283 | 6.2 | 947 | 5006 | 329 | 11 | 4914 | 1377 | 2 |
Bernina | 239.4 | 4301 | 18.0 | 96 | 40 | 4191 | 16 | 805 | 3537 | 1 |
Münsterthal | 193.3 | 1505 | 8.0 | 279 | 1172 | 59 | 1 | 687 | 824 | 0 |
: | 7123.8 *) | 104520 | 14.6 | 148937 | 36508 | 17883 | 1926 | 55371 | 49585 | 298 |
47% | 35% | 17% | 1-2% | 53% | 47% | - |
*) Feste Landfläche ohne die Gewässer.
Wie die Volksdichte und die sprachlichen und konfessionellen Verhältnisse zeigen auch die Siedelungen manches Eigenartige in Anordnung und Stil, und es lässt sich darin deutlich teils die Anpassung an die Landesnatur als Sitte und Brauch der verschiedenen Volkselemente ¶