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an eine Linie von Olivone nach Vals, dann s. über den Valserberg zum Bernhardin und endlich nö. über Splügen nach Andeer. Von Olivone, sowie vom Bernhardin- und Splügenpass streichen schmale Sedimentstreifen nach S. in die oberen Teile des Blenio-, Misox- und S. Giacomothals. Das Gotthard-Medelsermassiv nähert sich in Gesteinsbeschaffenheit und Tektonik (Protogine, Gneise, Serizit- und Hornblendeschiefer, Granit, Eurit, Diorit in höchst komplizierter Gliederung; fächerförmigen, nördlich übergelegten Falten) noch dem Aarmassiv.
Das Adulamassiv ist einfacher und übersichtlicher. Die Grundlage bildet der aus dem Tessin bekannte, vielfach als Baustein ausgeführte Antigoriogneis, darüber folgt selten gut ausgebildeter Glimmerschiefer und dann als Decke der für dieses Massiv besonders charakteristische Adulagneis, ein schöner, von reichlichem Glimmergehalt glänzender Glimmergneis. Andere Gesteine sind von untergeordneter Bedeutung. Protogine, Hornblendegneis, Serizitgesteine, ebenso alle Eruptivgesteine (Granit, Syenit, Diorit) fehlen vollständig. Dagegen finden sich manche gute Marmorlager. Tektonisch stellt sich das Adulamassiv als ein breites, regelmässiges Gewölbe dar. Auf den Gipfeln und Kämmen liegen die Gesteinsschichten flach, gegen die Ränder nimmt ihre Neigung allmählich und regelmässig zu. Wo Sedimente vorkommen, legen sie sich konkordant an und auf die zentralmassivischen Gesteine.
Komplizierter werden die Verhältnisse wieder im Sedimentgebiet. Was da auf der «Geologischen Karte der Schweiz» von Heim und Schmidt als Bündnerschiefer dargestellt ist, umfasst Gesteine von sehr verschiedener Beschaffenheit, wobei aber doch die kalkig-tonigen vorherrschen. Die Hauptmasse bilden dunkle und graue, teils kalkfreie, teils mehr oder weniger kalkhaltige Tonschiefer, die Bündnerschiefer im engern Sinn. Sie sind wohl wie diejenigen des Prätigaus von oligocänem Alter, wenn auch von etwas anderer Ausbildung.
Namentlich da wo diese Schiefer auf schmale Zonen zwischen den Zentralmassiven zusammengedrängt sind, erscheinen sie mehr oder weniger krystallinisch umgewandelt als Glimmer-Bündnerschiefer, Knotenschiefer etc. Dazu kommen aber auch Liasschiefer, sowie reine Kalk- und Dolomitgesteine, Sandstein- und Quarzitschiefer, Rauhwacken, Zellendolomite und Gipse der Trias und strichweise, besonders im hintern Safienthal, auch Serpentine und grüne Schiefer ähnlich denjenigen des Oberhalbsteins.
Als Ganzes stellt dieses Gebiet eine Region von schiefen nach N. und NW. übergelegten Isoklinalfalten dar, wobei weite Faltenzüge und enge Zerknitterungen abwechseln oder auch ineinander gearbeitet sind. Auf weiten Strecken wird dieselbe von einem Dolomitband umsäumt, unter welchem im Rheinthal von Ilanz aufwärts Verrucano folgt. Dagegen weist die auf den Schiefer hinauf geschobene Scholle der Splügner Kalkberge auf die Klippenregion des Rätikon und Plessurgebirges hin, als deren westlichstes, abgetrenntes Glied jene erscheint.
3. Die Albulagruppe,
vom Splügen bis zum Flesspass und vom Engadin und Bergell bis zum Landwasser- und untern Albulathal reichend, zerfällt durch das meridionale Thal des Oberhalbsteins und des Septimer in zwei orographisch und geologisch sehr verschiedene Teile: die Aversergruppe im SW. und die engere Albulagruppe im NO. In der erstern herrscht noch meridionale Richtung der Gebirgszüge und Thäler wie in der Adulagruppe. Der wasserscheidende Hauptkamm bildet am Piz Stella einen ungefähr rechten Winkel, dessen ungegliederte Aussenseite ungewöhnlich steil gegen das S. Giacomothal und Bergell abfällt (Gefälle bis 50% und mehr), während die Innenseite sich mählicher senkt (Gefälle kaum 10%) und in fiederförmig angeordnete Seitenketten gegliedert ist.
Die Passe, wie der Passo di Madesimo (2280 m) nach dem S. Giacomothal, der Stellapass (2276 m) nach Chiavenna, der Prassignolapass (2720 m) und der Duanapass (2750 bis 2800 m) nach dem Bergell, steigen daher von der N.-Seite (Avers-Ferrera) mit viel geringerer Steilheit an als von der S.-Seite. Die Gipfel, von denen manche 3000 m übersteigen, sind ihrer nach S. vorgeschobenen Lage wegen meist herrliche Aussichtspunkte. Dies gilt besonders vom Piz Timun (3201 m), dem höchsten von allen, vom Piz Stella (3129 m), Piz Gallegione (3135 m), Piz della Duana (3133 m) und Gletscherhorn (3106 m). Die Vergletscherung ist gering, am bedeutendsten noch in den Surettahörnern (3025 u. 3039 m). - In der zuerst nw., dann n. streichenden langen Kette des Piz Platta zwischen Oberhalbstein und Avers-Schams ist die Vergletscherung noch geringer, obwohl die Gipfel zum Teil höher sind als im Gebiet des Piz Stella.
Einzig der hochragende, kühn aufgetürmte Piz Platta (3398 m) erscheint wenigstens teilweise in weithin schimmerndem Eispanzer. Trotzige, meist schwer zu ersteigende Gestalten seiner nähern Umgebung sind das Jupperhorn (3151 m), der Mazzerspitz (3168 m), der Kalk- und Marmorstock des mehrgipfligen Weissbergs (3044, 3041, 2987 m etc.) über Avers, die wild zerrissenen schwarzen Schieferberge des Piz Forbisch (3258 m) und des Piz d'Arblatsch (3204 m) über Mühlen. Weiter n. folgen der Kalkgipfel des Piz Grisch (3048 m), der Schieferberg des Piz Curvèr (2975 m) und hart daneben die dem Schiefer aufgesetzte Kalkscholle des Piz Toissa ¶
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(2367 m). Die wichtigsten, immerhin nur dem Touristenverkehr dienenden Pässe sind das Fallerjoch (etwa 2740 m) von Avers-Juf nach Mühlen, der Stallerberg (2584 m) nach Stalla und die Forcellina (2673 m) nach dem Septimer. Die letztere ergibt mit dem Lunghinopass (2635 m) zusammen den kürzesten und oft benutzten Uebergang von Avers nach dem Engadin.
Auch geologisch schliesst sich die Aversergruppe gut an die Adulagruppe an, da sie in der Hauptsache aus ähnlichen zentralmassivischen Gesteinen und Sedimenten zusammengesetzt ist wie diese. Im SW. herrschen vom Bergell bis zum Val d'Emet typische Gneise und Glimmerschiefer, dann folgen bis Sufers und Andeer die sog. Rofnagneise oder Rofnaporphyre, durch Druck schieferig gneisartig gewordene Quarzporphyre, die zur Bezeichnung sowohl ihrer ursprünglichen als gegenwärtigen Beschaffenheit am besten Gneisporphyre genannt würden.
Der grösste Teil der Piz Plattakette besteht aus veränderten Bündnerschiefern mit grössern Einschaltungen von grünen Schiefern, die sich als gequetschte Diabase und Gabbro erweisen und darum oft mit diesen und mit Serpentin vergesellschaftet sind. Dazu kommen triasische Kalk- und Dolomitgesteine ähnlich wie im Klippengebiet von Arosa, nur dass hier die grünen Schiefer fehlen und die Gesteine überhaupt weniger durch den Gebirgsdruck umgewandelt sind. Und wie hier, so sind auch im Oberhalbstein die tektonischen Verhältnisse sehr verwickelte, die Schichtgesteine oft verkehrt gelagert und mesozoische Kalke in Form von Klippen oder Schollen auf jüngere Schiefer geschoben, z. B. am Piz Toissa. An manchen Stellen finden sich auch schöne Marmore und verschiedene Erze, die früher ausgebeutet wurden, so besonders im Gebiet von Ferrera.
In der engern Albulagruppe tritt die NO.-Richtung der Hauptkette und der begrenzenden Thäler des Inn und
des Landwassers wieder entschieden hervor, zum Teil auch in den kleinern Gliedern, wie in der Ducankette und den anliegenden
Thälern. Auch die Abdachungsverhältnisse entsprechen denjenigen der Alpen überhaupt: steiler nach SO., weniger steil nach
NW. Einer der auffallendsten Züge besteht aber darin, dass die Hauptkette trotz ihrer bedeutenden Höhe
und zum Teil starken Vergletscherung doch wegsamer ist als irgend eine andere Alpenkette der Schweiz. Es ist auch das wesentlich
eine Folge der grossen Thalhöhen bei relativ mässiger Höhe der Kämme und Gipfel, dann freilich auch der Zugehörigkeit
des Engadin zu Graubünden
.
Nicht weniger als drei grosse Bergstrassen führen über den Hauptkamm und verbinden das
Engadin mit dem n. Bünden: der Julierpass (2287 m) speziell mit dem Oberhalbstein, der Albulapass (2315 m) mit dem Albulathal
und der Flüelapass (2388 m) mit Davos. Dazu kommen als touristisch wichtige Pässe noch der Scaletta-
und der Sertigpass (2619 und 2762 m), der erstere, als kürzester Uebergang von Davos nach dem Ober Engadin, vor der Zeit der
Alpenstrassen ein wichtiger Saumpfad, der andere ein Hauptzugang zu dem relativ viel besuchten Piz Kesch. Bald werden nun
auch die Strassenpässe durch die Albulabahn sehr viel von ihrer Bedeutung verlieren.
Durch den Albula- und Scalettapass zerlegen wir den Hauptkamm und seine n. Vorlagen in die drei Gruppen des Piz d'Err, des Piz Kesch und des Piz Vadret. In der erstern entragen der Piz d'Err (3383 m), der Piz dellas Calderas (3393 m), die Cima da Flex (3287 m) und der Piz d'Agnelli (3209 m) einer mächtigen Zinnenmauer, die mit nackten Wänden zum Oberhalbstein abfällt, während die dem Val Beyer zugekehrte O.-Flanke in einen weiten, mehrteiligen Eismantel gehüllt ist.
Eine formenreiche Gipfelreihe ist ferner dem Engadin zugekehrt, darunter als Zentrum der stolze Bau des Piz Julier (3385 m), dann die schöne Pyramide des Piz Ot (3249 m), die düstere Crasta Mora (2937 m), der Piz Lagrev (3168 m) und der auch als Wasserscheide zwischen den Gebieten des Rhein, der Donau und des Po bemerkenswerte Piz Lunghino (2784 m). Mit diesem vorherrschend granitischen Gebirgsabschnitt verknüpft sich n. vom Piz d'Err das Kalkgebirge der Bergünerstöcke mit dem herrlichen Dreigestirn des Piz d'Aela (3340 m), des Tinzenhorns (3179 m) und des Piz Michel (3163 m). - Ein Berg von vollendeter Schönheit ist der Piz Kesch (3420 m) mit dem flach vor ihm ausgebreiteten Porchabellagletscher. Ihn begleiten als Vorposten neben vielen andern der Kalkstock des Piz Uertsch (3273 m) im SW., der granitgekrönte Piz Griatschouls (2973 m) im O. und der Piz Forun (3056 m) im N. Weiter nw. vorgelagert sind die geradlinig von NO. nach SW. verlaufende Kette des Hoch Ducan (3066 m) und Gletscher Ducan (3020 m), dann der Bogen der Monsteiner Berge mit der Pyramide des Aelplihorns (3010 m) und dem sanften Rücken des Stulsergrates (2680 u. 2626 m.). - Im nö. Abschnitt der Albulagruppe thront der doppeltürmige Piz Vadret (3226 m) inmitten weiter Gletscherfelder, von welchen der Sarsura-, der Grialetsch- und der Scalettagletscher die grössten sind. In drei nach NW. vorspringenden Seitenketten, die das Dischma- und Flüelathal einschliessen, erheben sich als Hauptgipfel das Kühalphorn (3081 m), das vielbesuchte Schwarzhorn (3150 m) und das Weisshorn (3088 m) am Flüelapass und das gegen Klosters vorgeschobene Pischahorn (2982 m).
Geologisch zerfällt die Albulagruppe ebenfalls in drei Teile, in ein Granit-, Gneis- und Kalkgebirge, die aber nicht mit den orographischen Abschnitten zusammenfallen. Eine Granitmasse ist die Errgruppe vom Lunghino- bis zum Albulapass und vom Engadin bis etwas über den Piz d'Err hinaus. Doch zerfällt dieselbe in zwei getrennte Stücke, indem ein von zwei Verwerfungsspalten begrenzter Streifen gefalteter Trias- und Liasgesteine von Stalla in der Richtung über Piz Brascheng, Piz Suvretta und Piz Padella nach Samaden zieht.
Der Granit zu beiden Seiten ist teils ein grüner Zweiglimmer-Granit (Albulagranit), teils ein Hornblendegranit (Juliergranit), untermischt mit Syenit und Diorit. Am Silsersee und im Oberhalbstein lässt sich beobachten, wie er auf Grünschiefer (mit Serpentin- und Gabbrostöcken) und auf Sedimenten (Verrucano, Dolomit, Liasschiefer) liegt und auf diese von O. nach W. überschoben ist. Gneise und krystalline Schiefer (Protogin, Glimmer- und Hornblendegneis, Quarzit-, Glimmer-, Hornblende- und Talkschiefer), ähnlich denjenigen der Silvrettagruppe, setzen die Gruppe des Piz Vadret mit allen ihren Auszweigungen zusammen, dann auch den Zentralstock des Piz Kesch bis zum Piz Forun und ins Val Tisch, überall in steiler Aufrichtung der Gesteinslagen nach Art der Fächer- und Isoklinalfalten. Wesentlich ein Kalk- und Dolomitgebirge sind dagegen die nw. Vorlagen der Err- und Keschgruppe, also die Bergünerstöcke, die Ducan- und die Monsteinerkette, obwohl Gneise deren Unterlage bilden und stellenweise, z. B. am Leidbachhorn über Sertig Dörfli, am Stulsergrat und am Cuolm da Latsch auch bis auf die Kämme steigen. In der Hauptsache bestehen die Sedimente aus Perm- und Triasgesteinen vom Verrucano bis ¶