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(Perm) bis zu tertiären (oligocänen) Tonschiefern auf. Doch sieht man an einigen Stellen, wo die Erosion tief genug eingeschnitten hat, die zentralmassivischen Gesteine unter den Sedimenten durchblicken, so im Val Frisal, im Limmernboden und bei Vättis im Taminathal. Das Zentralmassiv ist also hier in die Tiefe gesunken und von mächtigen Schichtgesteinen bedeckt worden. Sehr eigentümlich ist die Lagerung der letztern. Fast überall sieht man in der Gipfelregion ältere Gesteine, namentlich Verrucano, auf jüngern liegen.
Dabei sind die Schichten schräg aufgerichtet, indem sie vom Rhein gegen den Kamm aufsteigen, wenn auch lange nicht so steil wie im zentralmassivischen Abschnitt. Aehnliche Auflagerungen älterer Gesteine auf jüngere beobachtet man auch auf der N.-Seite der Glarner- und St. Galleralpen, wobei aber die Schichten von N. nach S., vom Walensee gegen den Kamm aufsteigen. Beide Erscheinungen erklärt man sich durch die von Albert Heim eingehend begründete Theorie der Glarner Doppelfalte, d. h. durch zwei liegende, gegen einander geneigte Falten, von welchen die eine von N. nach S. (N.-Schenkel), die andere umgekehrt von S. nach N. (S.-Schenkel) übergelegt ist.
Der verbindende Muldenschenkel mit normal gelagerten, aber stark gefalteten Gesteinen (Oligocänschiefer zu oberst) liegt in der Tiefe begraben. Wo der Verrucano oben auf sitzt, hat man Teile des Mittelschenkels mit verkehrter Lagerung, so am Hausstock, Vorab, Piz Segnes und Ringelspitz. Der einst darüber liegende Gewölbeschenkel ist da überall durch die zerstörenden Kräfte abgetragen. Gegen NO. sinkt die Basis und damit der ganze Schichtenkomplex immer tiefer, so dass dieselbe Schicht im NO. um mehrere hundert Meter tiefer liegt als im SW. und der Calanda als ein noch erhalten gebliebener Rest des Gewölbeschenkels erscheint und darum normale Schichtenfolge hat. Andere, neuere Erklärungen setzen an Stelle der genannten Doppel- oder Grabenfaltung eine einzige sehr ausgedehnte Ueberschiebung älterer Gesteine auf jüngere von S. nach N. Siehe darüber auch den Art. Glarus (Kanton) auf S. 326 dieses Bandes.
2. Die Adulagruppe
ist orographisch wie geologisch völlig verschieden von der Tödikette. Zunächst ist ihr wasserscheidender Hauptkamm
zwischen den
Flussgebieten des
Rhein und des Po zweimal gebrochen, indem er vom
Gotthard zuerst ö. bis gegen den
Piz Terri, dann s. bis
etwa zum
Rheinwaldhorn, zuletzt wieder ö. bis zum
Splügen verläuft. Dazu kommt eine mehr strahlenförmige
Gliederung des ganzen Gebirgskomplexes und ein Vorherrschen von N.-S. verlaufenden Ketten. Den Mittelpunkt des Ganzen bildet
die schöne Pyramide des
Rheinwaldhorns (3406 m), die mit dem
Güferhorn (3393 m), dem
Vogelberg (3220 m) und andern Trabanten
in prachtvollem Zirkus das weite Becken des
Rheinwaldfirns und
Zapportgletschers umschliesst, während
sich an der Aussenseite desselben der
Lentagletscher nach N. und der Brescianagletscher nach W. senken. (Vergl. Karte zum
Art.
Adula).
Nach O. verlängern sich die Zirkuswände in die beiden Ketten, die das Rheinwaldthal einschliessen, einerseits über das St. Lorenzhorn (3047 m) und Bärenhorn (2932 m) bis zu den Splügner Kalkbergen (3045, 3002, 2992 m etc.), andererseits über das Marscholhorn (2902 m) und Tambohorn (3276 m) zu den Surettahörnern (3025, 3039 m etc.). Ueber die n. Kette führen Saumpfade über den Valserberg (2507 m) und Safienberg (2490 m) nach den gleichnamigen Thälern, über die s. Kette die schönen Gebirgsstrassen des St. Bernhardin (2063 m) und des Splügen (2117 m) ins Misox und ins S. Giacomothal (Chiavenna).
Aus der Gegend des Safienberges zweigen wieder zwei lange Parallelketten nahezu nach N. ab, zwischen welchen das
Safienthal
eingebettet ist: die Kette des
Piz Beverin (3000 m) und
Heinzenberg (bis über 2100 m) auf der rechten
und diejenige des
Piz Tomül (2949 m) und der Saninagruppe (2874, 2836, 2752 m) auf der linken
Seite. Nur kurz ist dagegen
der an das
St. Lorenzhorn sich anschliessende Zweig des
Fanellahorns (3122 m), noch kürzer derjenige des
Lentahorns (3237 m), dem auch das kecke
Zervreilerhorn (2899 m) angehört. Genau n. gerichtet ist die Kette, die vom
Rheinwaldhorn
über den
Plattenberg (3041 m),
Piz Terri (3151 m) und
Piz Cavell (2944 m) bis an den
Rhein vordringt. An denselben schliessen
sich mit nö. Streichen die kurzen, breiten Ketten des
Piz Aul (3124 m) und des aussichtsreichen
Piz
Mundaun
(2065 m) bei
Ilanz. - Westlich folgt, durch den
La Greina
Pass (2360 m) abgetrennt, die Medelser-, resp. die ö. Gotthardgruppe
mit dem eisgepanzerten
Piz Medel (3203 m) und der stolzen Felspyramide des
Piz
Scopi (3200 m), dann jenseits des
Lukmanierpasses (1917 m) der
Piz Rondadura (3019 m), der
Piz Blas (3023 m), der
Piz Ravetsch (3010 m) im wasserscheidenden Hauptkamm
,
der
Piz Ganneretsch (3043 m) und der
Badus oder
Six Madun (2931 m) in n. Auszweigungen. - Dem grossen n. Gebirgsfächer vom
Rheinwaldhorn bis zum
Heinzenberg im NO. und zum
Badus im NW. stellen sich drei nach S. gehende Parallelketten
im Gebiet der
Moësa gegenüber.
Die östlichste ist die längste und höchste. Sie knüpft an das Tambohorn (3276 m) an und überschreitet im Pizzo Terre, im Corbet und einigen andern Spitzen noch 3000 m. Am Joriopass (1956 m) geht sie in die s. Voralpen über. Die westlichste Kette hat nur wenige Gipfel mit 3000 m, darunter als Haupt den Piz dei Cogni (3068 m). Mit der vom Rheinwaldhorn nach N. streichenden Kette bildet sie den längsten Meridionalkamm der Schweizer Alpen. In der mittleren und niedrigsten Kette zwischen Misox und Calancathal halten sich die meisten Gipfel an Höhen von 2600-2800 m. Da aber die Thalsohlen der Mesolcina und der Riviera sehr tief liegen, so erscheinen die Misoxerketten doch mit relativen Höhen von 2400-2600 m, und es machen dieselben trotz ihrer mässigen absoluten Höhen und trotz des Mangels grösserer Gletscher einen recht imposanten Eindruck.
Ein Blick auf die geologische Karte lässt uns in der Adulagruppe zwei getrennte krystalline Massen und ein grosses zusammenhängendes Sedimentgebiet erkennen, welch' letzteres zonen- und zungenförmig zwischen und in die ersteren hineingreift, diese von einander trennt und teilweise gliedert. Das Sedimentgebiet umfasst in zusammenhängender Masse die nö. Ketten im Gebiet des Safien- und Lugnezerthals. Vom letztern geht ein Streifen sw. über den Piz Terri und über Campo nach dem Val Piora und Bedretto. Er trennt die s. Zentralmassive der Adula- und Tessingruppe von dem n. der Gotthard-Medelsergruppe. Ein zweiter Sedimentstreifen im Rheinthal trennt dann letztere vom nö. Ausläufer des Aarmassivs. Das breite Adulamassiv reicht s. bis an den Joriopass, n. bis ¶
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an eine Linie von Olivone nach Vals, dann s. über den Valserberg zum Bernhardin und endlich nö. über Splügen nach Andeer. Von Olivone, sowie vom Bernhardin- und Splügenpass streichen schmale Sedimentstreifen nach S. in die oberen Teile des Blenio-, Misox- und S. Giacomothals. Das Gotthard-Medelsermassiv nähert sich in Gesteinsbeschaffenheit und Tektonik (Protogine, Gneise, Serizit- und Hornblendeschiefer, Granit, Eurit, Diorit in höchst komplizierter Gliederung; fächerförmigen, nördlich übergelegten Falten) noch dem Aarmassiv.
Das Adulamassiv ist einfacher und übersichtlicher. Die Grundlage bildet der aus dem Tessin bekannte, vielfach als Baustein ausgeführte Antigoriogneis, darüber folgt selten gut ausgebildeter Glimmerschiefer und dann als Decke der für dieses Massiv besonders charakteristische Adulagneis, ein schöner, von reichlichem Glimmergehalt glänzender Glimmergneis. Andere Gesteine sind von untergeordneter Bedeutung. Protogine, Hornblendegneis, Serizitgesteine, ebenso alle Eruptivgesteine (Granit, Syenit, Diorit) fehlen vollständig. Dagegen finden sich manche gute Marmorlager. Tektonisch stellt sich das Adulamassiv als ein breites, regelmässiges Gewölbe dar. Auf den Gipfeln und Kämmen liegen die Gesteinsschichten flach, gegen die Ränder nimmt ihre Neigung allmählich und regelmässig zu. Wo Sedimente vorkommen, legen sie sich konkordant an und auf die zentralmassivischen Gesteine.
Komplizierter werden die Verhältnisse wieder im Sedimentgebiet. Was da auf der «Geologischen
Karte der Schweiz» von Heim und Schmidt als Bündnerschiefer dargestellt ist, umfasst Gesteine von sehr
verschiedener Beschaffenheit, wobei aber doch die kalkig-tonigen vorherrschen. Die Haupt
masse bilden dunkle und graue, teils
kalkfreie, teils mehr oder weniger kalkhaltige Tonschiefer, die Bündnerschiefer im engern Sinn. Sie sind wohl wie diejenigen
des Prätigaus von oligocänem Alter, wenn auch von etwas anderer Ausbildung.
Namentlich da wo diese Schiefer auf schmale Zonen zwischen den Zentralmassiven zusammengedrängt sind, erscheinen sie mehr oder weniger krystallinisch umgewandelt als Glimmer-Bündnerschiefer, Knotenschiefer etc. Dazu kommen aber auch Liasschiefer, sowie reine Kalk- und Dolomitgesteine, Sandstein- und Quarzitschiefer, Rauhwacken, Zellendolomite und Gipse der Trias und strichweise, besonders im hintern Safienthal, auch Serpentine und grüne Schiefer ähnlich denjenigen des Oberhalbsteins.
Als Ganzes stellt dieses Gebiet eine Region von schiefen nach N. und NW. übergelegten Isoklinalfalten dar, wobei weite Faltenzüge und enge Zerknitterungen abwechseln oder auch ineinander gearbeitet sind. Auf weiten Strecken wird dieselbe von einem Dolomitband umsäumt, unter welchem im Rheinthal von Ilanz aufwärts Verrucano folgt. Dagegen weist die auf den Schiefer hinauf geschobene Scholle der Splügner Kalkberge auf die Klippenregion des Rätikon und Plessurgebirges hin, als deren westlichstes, abgetrenntes Glied jene erscheint.
3. Die Albulagruppe,
vom Splügen bis zum Flesspass und vom Engadin und Bergell bis zum Landwasser- und untern Albulathal reichend,
zerfällt durch das meridionale Thal des Oberhalbsteins und des Septimer in zwei orographisch und geologisch sehr verschiedene
Teile: die Aversergruppe im SW. und die engere Albulagruppe im NO. In der erstern herrscht noch meridionale Richtung der Gebirgszüge
und Thäler wie in der Adulagruppe. Der wasserscheidende Hauptkamm
bildet am Piz Stella einen ungefähr
rechten Winkel, dessen ungegliederte Aussenseite ungewöhnlich steil gegen das S. Giacomothal und Bergell abfällt (Gefälle
bis 50% und mehr), während die Innenseite sich mählicher senkt (Gefälle kaum 10%) und in fiederförmig angeordnete Seitenketten
gegliedert ist.
Die Passe, wie der Passo di Madesimo (2280 m) nach dem S. Giacomothal, der Stellapass (2276 m) nach Chiavenna, der Prassignolapass (2720 m) und der Duanapass (2750 bis 2800 m) nach dem Bergell, steigen daher von der N.-Seite (Avers-Ferrera) mit viel geringerer Steilheit an als von der S.-Seite. Die Gipfel, von denen manche 3000 m übersteigen, sind ihrer nach S. vorgeschobenen Lage wegen meist herrliche Aussichtspunkte. Dies gilt besonders vom Piz Timun (3201 m), dem höchsten von allen, vom Piz Stella (3129 m), Piz Gallegione (3135 m), Piz della Duana (3133 m) und Gletscherhorn (3106 m). Die Vergletscherung ist gering, am bedeutendsten noch in den Surettahörnern (3025 u. 3039 m). - In der zuerst nw., dann n. streichenden langen Kette des Piz Platta zwischen Oberhalbstein und Avers-Schams ist die Vergletscherung noch geringer, obwohl die Gipfel zum Teil höher sind als im Gebiet des Piz Stella.
Einzig der hochragende, kühn aufgetürmte Piz Platta (3398 m) erscheint wenigstens teilweise in weithin schimmerndem Eispanzer. Trotzige, meist schwer zu ersteigende Gestalten seiner nähern Umgebung sind das Jupperhorn (3151 m), der Mazzerspitz (3168 m), der Kalk- und Marmorstock des mehrgipfligen Weissbergs (3044, 3041, 2987 m etc.) über Avers, die wild zerrissenen schwarzen Schieferberge des Piz Forbisch (3258 m) und des Piz d'Arblatsch (3204 m) über Mühlen. Weiter n. folgen der Kalkgipfel des Piz Grisch (3048 m), der Schieferberg des Piz Curvèr (2975 m) und hart daneben die dem Schiefer aufgesetzte Kalkscholle des Piz Toissa ¶