mehr
Dorf Gondo (858 m) durch seine strategisch wichtige Lage mitten zwischen den wildesten Engpässen des Simplon eine gewisse Bedeutung erlangt. Dieses lokale Ueberwiegen des Dorfes über die übrigen Teile der ausgedehnten, aber schwach bevölkerten Gemeinde hat den Namen Gondo zum vorwiegend gebräuchlichen gemacht, so dass er jetzt meist auch auf die ganze Gemeinde übertragen wird. Der deutsche Name hat sich eigentlich nur noch zur Bezeichnung des gegenüber dem Dorf Gondo ausmündenden Zwischbergenthales erhalten.
Postablage, Telegraph; Postwagen über den Simplon (Brig-Domo d'Ossola). Hauptzollamt. Eigene Kirchgemeinde, die lange Zeit zum Bistum Novara gehörte und erst um 1815 dem Bistum Sitten angegliedert worden ist. Das an eine tiefdunkle Felswand sich anlehnende und mitten zwischen tiefen Schluchten und schäumenden Wildbächen stehende Gondo besteht aus nur wenigen Häusern, die sich um einen am rechten Ufer der Diveria stehenden hohen viereckigen Turm schaaren. Dieser 7 Stockwerke umfassende und 1650 von Kaspar Stockalper als Zufluchtsstätte für die hier Durchreisenden erbaute Turm bildet heute einen Teil eines Gasthauses mit Verkaufsmagazin, macht aber eher den Eindruck eines Gefängnisses als den einer gastlichen Wohnstätte.
Vor dem Bau der neuen Strasse wurden alle Waaren auf Maultieren über den Simplon geführt, so dass es bei schlechtem Wetter oft vorkam, dass Hunderte von Lasttieren mehrere Tage lang im Wirtshaus von Gondo auf den Weitermarsch warten mussten. Steigt man von der Simplonpasshöhe nach S. ab, so gelangt man durch die Gallerie von Algaby zunächst in die 1814 befestigte Gondoschlucht u. erreicht etwas weiterhin die sog. alte Kaserne, ein einst zur Kaserne bestimmtes, aber nie von Truppen bezogenes und heute zur Ruine gewordenes Gebäude.
Nahe dabei befindet sich eine Kalkbrennerei, die eine kalkführende Schicht ausbeutet. Es ist dies dieselbe unmittelbar den mächtigen Bänken von Antigoriogneis auflagernde Schicht, die in dem einige km weiter ö. durchziehenden Simplontunnel die starken Wasserergüsse verursacht hat. Der Pass verengert sich neuerdings und wird beiderseits von derart mächtig hohen und steilen Felswänden begleitet, dass er zu einer der wildesten Schluchten der Alpen wird. Die Strasse geht an das rechte Ufer hinüber und kehrt bei dem Casermatta genannten und von einem Wegknecht bewohnten Haus wieder auf das linke Ufer zurück. Es ist dies die einzige bewohnte Stätte in der ganzen Schlucht.
Wenige Schritte weiter überschreitet man den Alpienbach, der vom Alpiengletscher herkommt und sich in einer Reihe von Fällen zu Thal stürzt, um hier von links in die Diveria zu münden. Gegenüber der Mündung Spuren eines alten Weges und alter Verschanzungen. Etwa tiefer treffen wir nahe einer Strassenschlinge unter einer ungeheuern, einheitlichen Felswand von 500 m Höhe eine Naturbrücke, gebildet durch einen in die Schlucht heruntergefallenen und eingeklemmten Felsblock.
Kurz vor dem Dorf Gondo zweigt von der Simplonstrasse mit einer Brücke über die Diveria der Weg ins Zwischbergenthal ab. Am Eingang in dieses finden sich die goldführenden Schichten, die vor etwa einem Dutzend Jahren der Bildung der Aktiengesellschaft der «Mines d'or d'Helvétie» riefen, deren ganze weitschichtigen Einrichtungen und Bauten heute wieder verlassen sind. Hier sollen schon die Salasser Gold gewonnen haben. Nachdem das Bergwerk bereits zur Römerzeit in Betrieb gestanden hatte, kam es für lange Jahre an die Familie Stockalper und wurde bis in die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts abgebaut. 1820 zahlte es dem Staate noch eine jährliche Steuer von 135 Franken; damals befanden sich hier Einrichtungen zum Waschen und Sortieren des Erzes, dessen Goldgehalt durch das Quecksilberverfahren extrahiert wurde.
Seit 1892 hat dann eine französische Gesellschaft den Betrieb mit Aufwendung von beträchtlichen Kapitalien neuerdings aufgenommen und Pochwerke, Maschinen zum Zerstossen und Söndern des Erzes und zu seiner Behandlung mit Quecksilber, sowie auch ein Wasser- und Elektrizitätswerk aufgestellt und eingerichtet. Das Bergwerk selbst wurde wieder in guten Zustand gesetzt, man setzte Druckluft-Gesteinsbohrmaschinen mit elektrischer Transmission in Betrieb und verband die verschiedenen Stollen mit den Fabrikanlagen durch eine elektrisch betriebene Förderbahn.
Seit 1898 hat aber auch diese «Société des mines d'or de l'Helvétie» ihre Tätigkeit einstellen und ihre Fabriken schliessen müssen, da alle Versuche, die unter der Camozellalp (1580 m) liegenden Goldgänge in tieferem Niveau anzuschneiden, fehlgeschlagen haben. Das Muttergestein des Goldes von Gondo ist an Quarz gebundener Pyrit, in welchen das Metall in sehr feiner Verteilung (30-50 gr auf eine Tonne Pochmasse) eingesprengt ist. Die 4-5 Quarz- und Pyritgänge stehen beinahe senkrecht aufgerichtet und schneiden den Antigoriogneis in der Richtung NW.-SO.