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Fast auf allen flachern Bergabhängen und in den Sohlen der kleinen Seitenthäler treffen wir Zeugen der diluvialen Vergletscherung in Gestalt von Moränendecken, Moränenwällen und erratischen Blöcken. In der Sohle des Linththales dagegen sind die Moränen grösstenteils wieder durch die Gewässer fortgespült oder durch ihre Geschiebeablagerungen überdeckt worden. Die Bergwiesen und Alpweiden verdanken ihre Kulturfähigkeit und Fruchtbarkeit zu einem grossen Teil dem Gletscherschutte, der ihre Unterlage bildet.
Unter die quartären Schuttbildungen sind endlich auch die vielen prähistorischen, zum Teil noch in die Eiszeit zurückreichenden Bergstürze zu rechnen. Erscheinungen dieser Art sind z. B. die Trümmerfelder auf Mullern am Fronalpstock, auf Beglingen am Schild, auf der Mürtschen- und Meerenalp, auf der obern Braunwaldalp, ferner die grosse Thalbarrière zwischen Glarus und Schwanden, der Sackberg im Klönthal, die Hügel in der Thalsohle bei Glarus, Netstal und Näfels lind die Trümmermassen des Oberseethals.
b) Tektonik. Die tektonischen Verhältnisse der Glarner Alpen sind ausserordentlich kompliziert und heute noch nicht in allen Punkten aufgehellt, obschon eine Reihe der namhaftesten Alpengeologen, wie Arnold Escher von der Linth, Heim, Baltzer, Burckhardt, Rothpletz, sich eingehend damit beschäftigt haben. Unbestrittene Tatsache ist, dass im ganzen weiten Gebiet zwischen Walensee und Vorderrheinthal die vom Verrucano bis zum Eocän reichende, normal gelagerte Sedimentserie auf Eocänbildungen aufruht, die zu eng gepressten, nach N. überliegenden Falten zusammengeschoben sind, und dass zwischen diesem Eocän und dem darüberliegenden Verrucano der Malm in Gestalt eines meist nur 1-10 m mächtigen Kalkbandes (Lochseitenkalk) auftritt, oft begleitet von verkehrt gelagerten, dünn ausgewalzten Fetzen der übrigen Jurabildungen und des Rötidolomits.
Die Kontaktfläche zwischen dem Eocän und Lochseitenkalk einerseits und dem darüber liegenden Verrucano anderseits steigt von NW. nach SO. bis in den s. Teil des Kantons stetig in die Höhe, um dann ziemlich rasch gegen das Vorderrheinthal zu sinken. Deswegen gewinnt an den Thalwänden des Linththales und Sernfthales das Eocän nach S. hin eine immer mächtigere Entwicklung, und in der Tödigruppe treten unter demselben die ältern Sedimente bis zu den krystallinen Schiefern herunter in normaler Lagerung, doch selber wieder intensiv gefaltet, zu Tage. Gleichzeitig ist die über das Eocän hinaufgeschobene Sedimentdecke nach S. hin immer mehr der Erosion zum Opfer gefallen; während sie in der Glärnisch-, Schild- und Magereugruppe, sowie im n. Teil der Kärpfgruppe die Hauptmasse des Gebirges ausmacht, sind von ihr in der Hausstock- und Sardonagruppe nur noch vereinzelte Reste von Verrucano erhalten geblieben, welche auf den Gipfeln und Gräten mützenartig auf der Eocänunterlage sitzen.
Diese grossartige Lagerungsstörung ist zuerst von Arnold Escher von der Linth erkannt und von Albert Heim eingehend geschildert worden und war seither unter dem Namen der Glarner Doppelfalte bekannt. Nach der Darstellung dieser Forscher haben wir es nämlich mit zwei mächtigen liegenden Falten, einer N.-Falte und einer S.-Falte zu tun, deren Kerne einerseits aus der Gegend des Walensees, anderseits aus dem bündnerischen Rheinthale allmählig emporsteigen. (Siehe das geolog. Profil im Artikel Alpen. Band I, Seite 49). Von anderer Seite wird dagegen behauptet, die Lagerungsumkehr in den Glarneralpen werde durch eine einzige gewaltige, von S. nach N. überschobene Falte erzeugt.
Die neuesten Untersuchungen in diesem Gebiete scheinen diese Ansicht zu bestätigen und machen es überdies sehr wahrscheinlich, dass auch die Sedimentdecke, die in der Glärnisch-, der Schild-Mürtschenstock- und der Wiggisgruppe über der Ueberschiebungsmasse der «Glarner Doppelfalte» liegt, nicht ein einfaches, normales Faltensystem bildet, sondern wieder mehreren grossen Ueberschiebungsmassen angehört, von denen jede einzelne auf Flysch ruht und ihre Wurzel in weiter s. gelegenen Gebieten besitzt. (Vergl. Lugeon, Maur. Les grandes nappes de recouvrement des Alpes du Chablais et de la Suisse; im Bull. Soc. géol. de France. Paris 1901).
In der Glärnisch- und der Wiggisgruppe ist der ¶
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Faltenwurf der obern Ueberschiebungsmassen noch nicht in dem Masse durch die Erosion zerstört worden, wie im S. und O. des Kantons; daher lässt sich hier der Einfluss der tektonischen Struktur auf die orographische Gestaltung des Gebirgsreliefs noch deutlich erkennen. Im O. des Kantons dagegen, in der Kärpfstock- und Magereugruppe, wo jene obere Faltenserie infolge der Denudation ganz verschwunden ist, sehen wir die Bergketten nach allen Richtungen sich verästeln; die gegenwärtige Anordnung der Berge und Thäler ist hier das reine Ergebnis der Arbeit des fliessenden Wassers.
Klima.
Die klimatischen Verhältnisse stimmen im Wesentlichen mit denjenigen der übrigen zentral- und ostschweizerischen Teile der Nordabdachung der Alpen überein. Sie werden durch folgende Zahlen illustriert (mitgeteilt von der schweiz. meteorologischen Zentralanstalt in Zürich):
Mittelwerte der Temperaturen (1864-1900)
Station | m | Jahr °C | Januar °C | Juli °C |
---|---|---|---|---|
Glarus | 482 | 7.9 | -2,5 | 17.3 |
Linthal | 660 | 7.0 | -3,0 | 16.2 |
Elm | 961 | 5.7 | -3,3 | 14.9 |
Mittlere Höhe der jährlichen Niederschläge (1864-1900)
m | mm | |
---|---|---|
Glarus | 482 | 1421 |
Auen bei Linthal | 821 | 1705 |
Elm | 961 | 1587 |
Obstalden | 685 | 1692 |
Linthkolonie bei Ziegelbrücke | 427 | 1615 |
Winter- und Sommertemperatur, wie auch die mittlere Jahrestemperatur stehen in der Thalsohle bei Glarus nur wenig tiefer als im schweizerischen Mittellande. Die mittlere Jahrestemperatur von Glarus ist um 0,6 °C geringer als diejenige von Zürich und um 1,2 °C geringer als diejenige von Altorf, wahrscheinlich infolge der durch die ungünstige Richtung des Thales bedingten kürzern Dauer der Insolation. Die Abnahme der Temperatur mit der Höhe zeigen deutlich die Zahlen der Stationen Linthal und Elm. Das mildeste Klima besitzt die Uferzone des Walensees. Einen günstigen Einfluss auf die Temperatur übt der Föhn aus, der häufig im Spätherbst und Winter während längern Perioden als leichte, in der Höhe fliessende s. Luftströmung prachtvoll helles und warmes Wetter bringt, oft aber auch als heftiger Sturm die Thäler durchtobt.
Das ganze Gebiet des Kantons Glarus ist wie überhaupt die gesamte N.-Abdachung der nö. Schweizeralpen reich an Niederschlägen. Die jährliche Regenmenge scheint zwar in Glarus durchschnittlich etwas geringer zu sein als im w. angrenzenden Kanton Schwyz, übersteigt aber diejenige der annähernd gleich hoch liegenden Station Altorf im Reussthal um 156 mm und erreicht fast die doppelte Höhe wie in Chur. Die oben genannten Zahlen veranschaulichen deutlich die rasche Zunahme der Regenmenge mit der Höhe; schon im s. Teile des Linththales ist sie um 280 mm grösser als in Glarus. Eine Zone maximaler Niederschläge streicht durch den nördlichsten Teil des Kantons. Etwas trockener sind dagegen die Thalsohle bei Glarus und der s. Teil des Sernfthales, wo sich bereits die Trockenzone des bündnerischen Rheinthalbeckens bemerkbar macht. Heftige Gewitter kommen nicht sehr häufig vor, und verheerende Hagelschläge sind, wenigstens für die tieferen Teile des Landes, eine seltene Naturerscheinung.
Flora.
Da der Kanton Glarus vom Kamme der Hochalpen bis nahe an den Rand des schweizerischen Mittellandes sich erstreckt und durch das Linththal mit diesem in direktem Zusammenhang steht, zeigt seine Pflanzenwelt alle Uebergänge von der Ebenenflora bis zur Flora des Hochgebirges. Die Flora der Thalsohlen, der Hügel- und Bergregion hat hier im ganzen denselben Charakter wie im ostschweizerischen Mittellande, mit dem Unterschiede jedoch, dass die Artenzahl der Ackerunkräuter stark zurücktritt, weil der Ackerbau durch die Wiesenkultur sehr zurückgedrängt worden ist.
In den Laubwäldern, welche, stark mit Tannen durchsetzt, den Fuss der Berge bekleiden, wiegt die Buche durch Individuenzahl ausserordentlich vor. Ihr gesellt sich der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) bei, der, meist ohne grössere Bestände zu bilden, in der Bergregion zur schönsten Entwicklung gelangt und mancherorts (so im Klönthal, auf den Ennetbergen ob Ennenda, auf Braunwald) eine Zierde der Landschaft bildet, Eiche und Birke treten nur vereinzelt auf, während Linden, ¶