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werden mussten. Während der ersten Periode 1883-84 legte man den linken Flussarm trocken und vertiefte ihn auf der ganzen Strecke zwischen der Passerelle de la Machine und dem Pont de la Coulouvrenière; zugleich zog man längs dem linken Rhoneufer einen Abzugskanal, der zur Aufnahme aller Abwasser der benachbarten Quartiere bestimmt ist. Die Arbeiten der zweiten Bauperiode 1885-86 bestanden in der Trockenlegung des untern Abschnittes des linken Flussarmes, im Bau des Turbinenhauses und in der Vollendung des erwähnten Abzugskanales.
Die dritte Bauperiode endlich brachte die Trocken- und Tieferlegung des rechten Rhonearmes, den Bau der notwendigen Stau- und Schutzwehre, sowie die Anlage des rechtsufrigen Abwassersammlers. Die beiden grossen Abzugskanäle sind zusammen etwa 4 km lang. Obwohl das Turbinenhaus in seiner Anlage möglichst einfach gehalten worden ist, entbehrt es doch nicht eines architektonisch schönen Gepräges; es hat die Form eines Winkelmasses, dessen einer Arm sich zum linken Flussufer hinüberzieht, während der andere an den vom untern Ende der Ile flussabwärts ziehenden Damm sich anschliesst.
Das Werk enthält 20 Turbinen, deren jede zwei Gruppen von Pumpen in Bewegung setzt. Diese heben das Wasser des Sees hinauf in die beiden Reservoirs, von denen das am Bois de la Bâtie 45 m, das in Bessinge 120 m über dem Seespiegel liegt. Das erstere versorgt die Häuser u. Brunnen der Stadt mit Niederdruckwasser, das andere die industriellen Betriebe mit Hochdruckwasser und gibt dazu noch Brauchwasser aufs Land ab. Die Länge des Röhrennetzes für Niederdruckwasser betrug 1901 über 102 km, diejenige des Netzes für Hochdruckwasser im gleichen Jahr 141 km. Das Wasserwerk speist 152 Brunnen und 1382 Mundlöcher und treibt ferner 9 Niederdruckmotoren, 62 Personen- und Waarenaufzüge und 214 Hochdruckturbinen.
Die Anzahl der Abonnenten auf Niederdruckwasser betrug 1901 4105, auf Hochdruckwasser 1289. In Fällen von ausserordentlicher Inanspruchnahme des Wasserwerkes kann auch noch das alte Werk mit Dampfbetrieb wieder in Dienst gestellt werden. Da nach der Fertigstellung der Coulouvrenière die Kraftabgabe ganz erhebliche Dimensionen annahm und zudem auch das elektrische Licht in Genf eingerichtet wurde, genügte dieses Werk den derart gesteigerten Anforderungen bald nicht mehr, sodass der Stadtrat am beschloss, in Chèvres - 6 km unterhalb Genf - ein zweites die Kraft der Rhone ausnutzendes Werk zu erstellen.
Dieses enthält 15 Turbinen, deren jede eine Dynamomaschine treibt. Die elektrische Kraft wird als zweiphasiger Wechselstrom nach Genf übergeführt und hier zur Beleuchtung, sowie zum Betrieb der Strassenbahnen und einer Anzahl von Motoren verwendet. 1901 betrug die Anzahl der im Gebrauche stehenden elektrischen Lampen 78784, die der elektrischen Motoren 787 und die der Kraftmesser 5221. Die Gesamtlänge der elektrischen Leitungen belief sich auf über 181 km, nämlich:
Leitungen | Volt | m | |
---|---|---|---|
Primäres Netz | unterirdische | 2500 | 47287 |
oberirdische | 5000 | 44815 | |
Sekundäres Netz | unterirdische | 110 | 43198.15 |
oberirdische | 500 | 45825 | |
Total | 181125.15 |
(Vergl. darüber: Usine de Chèvres; notice histor. et descriptive. Genève 1900. - Imer-Schneider. Notes et croquis techn. sur Genève. 3e éd. Genève 1902).
Auch die Versorgung der Stadt mit Leucht- und Heizgas steht seit 1896 unmittelbar unter der städtischen Verwaltung. Das in der Coulouvrenière gelegene zentrale Gaswerk umfasst einen Gasometer und eine vollkommene Einrichtung zur Herstellung von Karbidgas nach der Methode von Humphreys und Glasgow. 1901 hat das Werk im Ganzen 8189060 m3 Gas geliefert und zwar 7156200 m3 Steinkohlengas und 1032860 m3 Wassergas. Im selben Jahr erreichten die Gaszuleitungen eine Länge von 156 km und betrug die Anzahl der Abonnenten 20089.
Zum Schlusse unserer kurzen Besprechung der städtischen Verwaltung Genfs geben wir im Folgenden noch eine Zusammenstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben für 1901, aus der die bedeutende Rolle, die die Kraftwerke im Finanzhaushalt der Stadt spielen, sofort ersichtlich ist.
Einnahmen. Fr. Rp. | Ausgaben. Fr. Rp. | |
---|---|---|
Allgemeine Verwaltung | - | 94257.90 |
Kapital- u. Grundzinse, Amortisationen | 359314.70 | 2031743.10 |
Steuerwesen | 1042477.40 | 10355.85 |
Schlachthäuser u. Viehmärkte | 164957.15 | 65888.60 |
Markthallen u. offene Märkte | 125645.60 | 17827.90 |
Bestattungswesen | 78157.20 | 74972.40 |
Friedhöfe | 47253.25 | 40001.75 |
Zivilstandsamt | 2413.50 | 17048.- |
Schulwesen | 212232.30 | 1097354.15 |
Theater und Konzerte | 700.- | 169136.10 |
Städtische Liegenschaften | 481973.10 | 545444.80 |
Abfuhrwesen | 43010.75 | 692665.65 |
Städtische Beleuchtung | 3005.10 | 160877.55 |
Polizeiwesen | 20494.- | 44997.10 |
Feuerwehr | 1083.10 | 42347.55 |
Verschiedenes und Unvorhergesehenes | 1569.80 | 43748.70 |
Verwaltung der Kraftwerke | - | 165513.80 |
Wasserversorgung | 956588.40 | 277605.- |
Elektrische Kraftabgabe | 704781.05 | 366502.70 |
Elektrische Lichtabgabe | 976955.90 | 545399.15 |
Gaswerk | 2286111.20 | 1601873.10 |
Elektrische Strassenbahn | 203572.05 | 162854.50 |
Nachtragskredite | - | 2000.- |
Zusammen Fr. | 7712295.55 | 8270415.35 |
Geschichtlicher Ueberblick.
Da die politische Geschichte der Stadt Genf mit derjenigen des Kantons Genf untrennbar verknüpft ist, verweisen wir auf den betreffenden Abschnitt im Artikel Kanton Genf und beschränken uns hier auf eine kurze Darstellung der rein materiellen Entwicklung der Stadt, sowie der Gebietserweiterungen, Umgestaltungen und Verschönerungen, die sie im Laufe der Zeiten sukzessive erfahren hat. Ueber Genf als Stadt der Allobroger gibt uns keine Urkunde Bericht. Wir wissen aber, dass sich die Stadt mit ihrem Uebergang an das Römerreich vergrössert und eine ziemlich bedeutende Stellung eingenommen hat, was aus den einigen ihrer Magistraten verliehenen Würden ersichtlich ist. Da Caesar und Cicero Genf als oppidum bezeichnen, muss man annehmen, dass die Stadt damals schon befestigt gewesen ist. Als unter der Regierung des Kaisers Aurelian Genf durch eine Feuersbrunst in Asche gelegt worden war, erleichterte dieser den Bewohnern den Wiederaufbau und verlieh ihnen zugleich mit anderen Freiheiten auch das Marktrecht. Ums Jahr 500 zog Gondubald um die nur unvollkommen befestigte Stadt einen ¶
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vollständigen Mauergürtel, der aber blos den Hügel am linken Ufer umfasste und den Bourg du Four, Saint Léger u. Saint Victor ausschloss. Zu dieser Zeit bespühlte auch der See noch den Fuss des Hügels und reichte bis unmittelbar an die Rues Basses hinan. Als sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte das Gemeinwesen stetsfort vergrösserte, siedelten sich nach und nach eine Reihe von Vororten ausserhalb der von Gondubald errichteten Mauern an. Da diese Aussenquartiere von den Feinden der Stadt u. des Bischofes viel zu leiden hatten u. zu wiederholten Malen geplündert u. in Asche gelegt wurden, beschloss der städtische Generalrat 1364 den Bau eines neuen umfassenderen Befestigungsgürtels.
Die Arbeit begann unter dem Bischof Allaman de Saint Jeoire, wurde aber erst unter einem seiner Nachfolger, dem Bischof Guillaume Fournier de Marcossay (13661377) energisch gefördert. Diese unter dem Namen der Enceinte de Marcossay bekannten, aber erst 1428 gänzlich vollendeten Befestigungsanlagen schlossen nun auch das Quartier Le Bourg du Four in sich ein und sollen mit 22 Türmen versehen gewesen sein. Sie folgten ungefähr folgender Linie: Bel Air-La Corraterie-La Tertasse-Le Bourg du Four-Saint Antoine-Rive-Seeufer-Bel Air. In Rive stand der Hauptturm (Tour Maitresse), in Bel Air der Münzturm (Tour de la Monnaie). 9 Tore durchbrachen die Mauern, nämlich 1) das Tor von Saint Léger, südlich vom Bourg du Four;
2) u. 3) die Tore von aint Christophe und Saint Antoine, zwischen dem Bourg du Four und Rive;
4) das Tor von Rive;
5) das Tor des Molard, das sich auf den See zu öffnete und von einem z. T. noch erhaltenen Turm geschützt war;
6) das Tor von Bel Air, mit starkem, die Brücke über die Rhone schliessenden Turm;
7) das Münztor (Porte de la Monnaie), das sich gegen die Vorstadt La Corraterie öffnete;
8) das Tor von La Tertasse;
9) das Arvetor oder Tor Baudet, dessen einer mächtiger Turm heute noch das Rathaus flankiert. Aber auch am rechten Ufer hatten sich unterdessen um die alte Kirche von Saint Gervais Häuser geschaart, die immer zahlreicher wurden, so dass auch dieses Quartier mit Mauern umgeben werden musste. Zu welcher Zeit dies geschah, ist schwer zu bestimmen; doch sagt Bonivard, dass der «bourg» Saint Gervais vor der Erbauung der Enceinte de Marcossay noch offen (déclos) gewesen sei.
Im 14. Jahrhundert wurde Genf zweimal von verheerenden Feuersbrünsten heimgesucht. Am zerstörte ein heftiger Brand das am See gelegene Handelsviertel (die am stärksten mitgenommene Rue Neuve de la Rivière hat seit diesem Unglück den Namen der «Rôtisserie» sich bewahrt) u. 13 Jahre später, am ein nicht minder verderbliches Feuer beinahe die ganze Oberstadt. Erst viel später, zu Beginn des 15. Jahrhunderts, öffnete man die seit diesen zwei Katastrophen voller Schutt und Unrat gebliebenen Gassen wieder und räumte sie aus.
Der Schutt wurde an der Jonction abgeladen, worauf wahrscheinlich auch die grosse Fruchtbarkeit der später hier angepflanzten Gärten zurückzuführen ist. Seit dieser Zeit begann die Stadt, sich zu verschönern, indem man einen Teil der Gassen mit Pflastersteinen besetzte und in die «Franchises» offiziell das Verbot, mit Holz zu bauen und mit Stroh zu decken, aufnahm. Schon im 14. Jahrhundert hatten die Messen und der Handel in Genf solche Bedeutung erlangt, dass die bestehenden zwei alten Herbergen (Auberge de la Mule - ums Jahr 1000 im Viertel La Madeleine eröffnet - und Auberge du Bœuf Couronné - 1009 am Grand Mézel erbaut -) dem Andrang der Fremden nicht mehr zu genügen vermochten. Es vermehrten sich nun die zur Aufnahme und Bewirtung der von allen Seiten her zu den Messen Genfs strömenden Händler bestimmten Herbergen in staunenswerter Weise, und auf einem zwischen Longemalle und der Rhonebrücke nach und nach dem See abgewonnenen Strich Landes siedelte sich rasch ein ganzes Handelsviertel an. Zu dieser Zeit waren die verschiedenen Handwerke und Handelszweige noch streng nach einzelnen Gassen und Stadtvierteln geschieden: die Küfer (fustiers) wohnten an der Fusterie, die Sattler (corroyeurs) an der Corraterie, die Schuhmacher (taconniers) an der Taconnerie, die Metzger am Grand Mézel, die Kupferschmiede (chaudronniers) an der heute noch nach ihnen genannten Gasse etc. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden in Genf auch drei Spitäler: derjenige von Saint Jacques nahe der Rhonebrücke, derjenige der Trinité in Saint Léger und derjenige von Saint Bernard nahe Saint Antoine.
Die Geschichtschreiber berichten ferner, dass zu dieser Zeit auch schon eine geschätzte höhere Schulanstalt bestand, die Karl IV. 1365 sogar zu einer Akademie umwandeln wollte. 1429 gründete der reiche Kaufheer F. de Versonnex eine Schule. Eine dritte verheerende Feuersbrunst zerstörte am einen Teil des zwischen den Kirchen Saint Pierre und La Madeleine gelegenen Viertels und beschädigte auch die genannten zwei Gotteshäuser. Im 15. Jahrhundert war es namentlich Bischof François de Mies, der sich der Interessen Genfs kräftig annahm, indem er die Vergrösserung der Stadt begünstigte, die Kathedrale neu aufbauen liess und das Quartier Saint Gervais mit von Toren und Türmen besetzten Erdwerken umgab.
Ein schwerer Schlag traf Genf, als Ludwig XI. 1462 seine Messen aufhob. Dann kamen zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Pest und eine Hungersnot, die beide erschreckliche Dimensionen annahmen, während mehrere Feuerausbrüche die schon bedenkliche Lage der Stadt noch verschlimmerten. Zu gleicher Zeit sahen sich die Genfer durch neue Streitigkeiten mit dem Herzog von Savoyen gezwungen, ihre Stadt neu zu befestigen. Die ¶