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die nötige Reklame besorgt und die Veranstaltung von Festen und Konzerten an Hand nimmt. Während die staatlichen Unterrichtsanstalten der körperlichen Entwicklung der Jugend vielleicht etwas zu geringe Aufmerksamkeit schenken, unterstützt der Staat nach Massgabe seiner Mittel andererseits doch alle auf Körperübungen, Turnen und Sport gerichteten Bestrebungen, die von privater Seite aus in ganz hervorragendem Masse gepflegt werden. Die sportlichen Vereinigungen erfreuen sich einer stets zunehmenden Beliebtheit, so dass ihre Anzahl 1901 bereits auf 99 gestiegen war, nämlich auf 12 Turnvereine, 7 Fecht- und Boxklubs, 1 Reitklub, 31 Alpenvereine, 4 Ruder- und Segelvereine, 21 Radfahrer- und Automobilfahrervereine, 14 Schiessvereine und 9 verschiedene Spielklubs.
Verwaltung, städtische Kraftwerke, Finanzen.
Die Verfassung von 1814 hatte der Stadt Genf keine selbständige Stellung eingeräumt, sondern ihre Verwaltung und die Wahrung ihrer Interessen in allen Punkten dem Staate übertragen. Es bestand zwar eine städtische Verwaltungskammer (Chambre municipale), deren Tätigkeit sich jedoch auf ein Minimum beschränkte und die schon ihrer ganzen Organisation nach (sie bestand aus 2 Mitgliedern des Staatsrates und' 9 von dieser Behörde bezeichneten weiteren Abgeordneten) jeder Unabhängigkeit entbehrte.
Von 1832 an machte sich eine Strömung geltend, die für die Stadt die gleichen Rechte forderte, wie sie auch den übrigen Gemeinden zugestanden waren, und eine von den Bürgern zu wählende eigene städtische Behörde anstrebte. Ein darauf bezügliches Begehren wurde 1835 von der Mehrheit des damaligen Conseil représentatif auf später verschoben und am neuerdings auf fünf weitere Jahre vertagt. Daraufhin entstand die sog. Vereinigung vom 3. März (Association du 3 Mars), die die geplante Reform kräftig an Hand nahm und es auch wirklich durchsetzte, dass die Verfassung von 1842 der Stadt einen aus 81 auf je 6 Jahre gewählten Mitgliedern bestehenden Stadtrat gab.
Seit dieser Zeit also ist Genf ein eigenes, selbständiges Gemeinwesen, dessen Organisation aber in manchen Punkten von derjenigen der übrigen Gemeinden abweicht. Als gesetzgebende Behörde amtet heute der aus 41 vom Volke auf je 4 Jahre erwählten Mitgliedern bestehende Stadtrat (Conseil municipal), als ausübende Behörde der aus 5 ebenfalls vom Volke auf je 4 Jahre ernannten Mitgliedern bestehende Verwaltungsrat (Conseil administratif). Dieser vollzieht die Beschlüsse des Stadtrates, verwaltet die städtischen Gelder, erhebt die Steuern, ernennt die Beamten und leitet den gesamten städtischen Verwaltungsmechanismus.
Jedes seiner Mitglieder steht an der Spitze von einer der 5 Verwaltungsabteilungen, die folgende Gebiete umfassen:
1) Promenadenwesen, botanischer Garten und botanisches Museum, Beleuchtung, Polizei und Aufsicht über Markthallen und offene Märkte, öffentliche Badeanstalten, Abfuhrwesen;
2) Finanzen, städtische Steuern, Steuerrekurse, Vermietung der Immobilien, Schlachthäuser und Viehmärkte, Feuerwehr, Kunstschulen;
3) Liegenschaftenverwaltung, öffentliche Arbeiten, Kraftwerke (Services industriels: gaz, eau, électricité), städtische Uhren;
4) Theater und Konzerte, Zivilstandsamt, Bestattungswesen, Friedhöfe;
5) Kleinkinder- und Primarschulen, Uhrenmacher- und Handelsschule, Stiftung Bouchet, naturhistorisches und archäologisches Museum, Münzkabinet, Kunst- und Kunstgewerbemuseum, Ariana, Bibliotheken. Eine Anzahl von öffentlichen Unternehmungen, die in anderen Städten von Gesellschaften privaten Charakters betrieben zu werden pflegen, sind in Genf der Reihe nach der städtischen Verwaltung angegliedert worden und bilden unter dem Namen der Services industriels einen ihrer wichtigsten Zweige. Es sind dies die Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke, sowie das Werk zur Nutzbarmachung der Wasserkraft der Rhone (Service des forces motrices du Rhône).
Ueber die einstigen Einrichtungen zur Versorgung Genfs mit Wasser haben wir bereits einige Angaben gemacht. Heute dienen der Versorgung Genfs mit Trink- und Brauchwasser das quer über der Rhone errichtete Wasserwerk der Coulouvrenière und die Reservoire von Bessinge und am Bois de la Bâtie. Am Eingang zum Quartier La Coulouvrenière ist 1879 zunächst ein Werk mit Dampfbetrieb erbaut worden, das aber bald der stets zunehmenden Nachfrage nach Brauchwasser nicht mehr genügen konnte, so dass sich die Stadt 1882 die Konzession zur Nutzbarmachung der Wasserkraft der Rhone erwarb und zu diesem Zwecke den Bau eines neuen Wasserwerkes mit Turbinenbetrieb in der Coulouvrenière beschloss. Dieser Bau machte tiefgreifende Arbeiten in beiden Rhonearmen notwendig, die, um den normalen Wasserstand des Sees nicht zu stören, auf drei Bauperioden verteilt ¶
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werden mussten. Während der ersten Periode 1883-84 legte man den linken Flussarm trocken und vertiefte ihn auf der ganzen Strecke zwischen der Passerelle de la Machine und dem Pont de la Coulouvrenière; zugleich zog man längs dem linken Rhoneufer einen Abzugskanal, der zur Aufnahme aller Abwasser der benachbarten Quartiere bestimmt ist. Die Arbeiten der zweiten Bauperiode 1885-86 bestanden in der Trockenlegung des untern Abschnittes des linken Flussarmes, im Bau des Turbinenhauses und in der Vollendung des erwähnten Abzugskanales.
Die dritte Bauperiode endlich brachte die Trocken- und Tieferlegung des rechten Rhonearmes, den Bau der notwendigen Stau- und Schutzwehre, sowie die Anlage des rechtsufrigen Abwassersammlers. Die beiden grossen Abzugskanäle sind zusammen etwa 4 km lang. Obwohl das Turbinenhaus in seiner Anlage möglichst einfach gehalten worden ist, entbehrt es doch nicht eines architektonisch schönen Gepräges; es hat die Form eines Winkelmasses, dessen einer Arm sich zum linken Flussufer hinüberzieht, während der andere an den vom untern Ende der Ile flussabwärts ziehenden Damm sich anschliesst.
Das Werk enthält 20 Turbinen, deren jede zwei Gruppen von Pumpen in Bewegung setzt. Diese heben das Wasser des Sees hinauf in die beiden Reservoirs, von denen das am Bois de la Bâtie 45 m, das in Bessinge 120 m über dem Seespiegel liegt. Das erstere versorgt die Häuser u. Brunnen der Stadt mit Niederdruckwasser, das andere die industriellen Betriebe mit Hochdruckwasser und gibt dazu noch Brauchwasser aufs Land ab. Die Länge des Röhrennetzes für Niederdruckwasser betrug 1901 über 102 km, diejenige des Netzes für Hochdruckwasser im gleichen Jahr 141 km. Das Wasserwerk speist 152 Brunnen und 1382 Mundlöcher und treibt ferner 9 Niederdruckmotoren, 62 Personen- und Waarenaufzüge und 214 Hochdruckturbinen.
Die Anzahl der Abonnenten auf Niederdruckwasser betrug 1901 4105, auf Hochdruckwasser 1289. In Fällen von ausserordentlicher Inanspruchnahme des Wasserwerkes kann auch noch das alte Werk mit Dampfbetrieb wieder in Dienst gestellt werden. Da nach der Fertigstellung der Coulouvrenière die Kraftabgabe ganz erhebliche Dimensionen annahm und zudem auch das elektrische Licht in Genf eingerichtet wurde, genügte dieses Werk den derart gesteigerten Anforderungen bald nicht mehr, sodass der Stadtrat am beschloss, in Chèvres - 6 km unterhalb Genf - ein zweites die Kraft der Rhone ausnutzendes Werk zu erstellen.
Dieses enthält 15 Turbinen, deren jede eine Dynamomaschine treibt. Die elektrische Kraft wird als zweiphasiger Wechselstrom nach Genf übergeführt und hier zur Beleuchtung, sowie zum Betrieb der Strassenbahnen und einer Anzahl von Motoren verwendet. 1901 betrug die Anzahl der im Gebrauche stehenden elektrischen Lampen 78784, die der elektrischen Motoren 787 und die der Kraftmesser 5221. Die Gesamtlänge der elektrischen Leitungen belief sich auf über 181 km, nämlich:
Leitungen | Volt | m | |
---|---|---|---|
Primäres Netz | unterirdische | 2500 | 47287 |
oberirdische | 5000 | 44815 | |
Sekundäres Netz | unterirdische | 110 | 43198.15 |
oberirdische | 500 | 45825 | |
Total | 181125.15 |
(Vergl. darüber: Usine de Chèvres; notice histor. et descriptive. Genève 1900. - Imer-Schneider. Notes et croquis techn. sur Genève. 3e éd. Genève 1902).
Auch die Versorgung der Stadt mit Leucht- und Heizgas steht seit 1896 unmittelbar unter der städtischen Verwaltung. Das in der Coulouvrenière gelegene zentrale Gaswerk umfasst einen Gasometer und eine vollkommene Einrichtung zur Herstellung von Karbidgas nach der Methode von Humphreys und Glasgow. 1901 hat das Werk im Ganzen 8189060 m3 Gas geliefert und zwar 7156200 m3 Steinkohlengas und 1032860 m3 Wassergas. Im selben Jahr erreichten die Gaszuleitungen eine Länge von 156 km und betrug die Anzahl der Abonnenten 20089.
Zum Schlusse unserer kurzen Besprechung der städtischen Verwaltung Genfs geben wir im Folgenden noch eine Zusammenstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben für 1901, aus der die bedeutende Rolle, die die Kraftwerke im Finanzhaushalt der Stadt spielen, sofort ersichtlich ist.
Einnahmen. Fr. Rp. | Ausgaben. Fr. Rp. | |
---|---|---|
Allgemeine Verwaltung | - | 94257.90 |
Kapital- u. Grundzinse, Amortisationen | 359314.70 | 2031743.10 |
Steuerwesen | 1042477.40 | 10355.85 |
Schlachthäuser u. Viehmärkte | 164957.15 | 65888.60 |
Markthallen u. offene Märkte | 125645.60 | 17827.90 |
Bestattungswesen | 78157.20 | 74972.40 |
Friedhöfe | 47253.25 | 40001.75 |
Zivilstandsamt | 2413.50 | 17048.- |
Schulwesen | 212232.30 | 1097354.15 |
Theater und Konzerte | 700.- | 169136.10 |
Städtische Liegenschaften | 481973.10 | 545444.80 |
Abfuhrwesen | 43010.75 | 692665.65 |
Städtische Beleuchtung | 3005.10 | 160877.55 |
Polizeiwesen | 20494.- | 44997.10 |
Feuerwehr | 1083.10 | 42347.55 |
Verschiedenes und Unvorhergesehenes | 1569.80 | 43748.70 |
Verwaltung der Kraftwerke | - | 165513.80 |
Wasserversorgung | 956588.40 | 277605.- |
Elektrische Kraftabgabe | 704781.05 | 366502.70 |
Elektrische Lichtabgabe | 976955.90 | 545399.15 |
Gaswerk | 2286111.20 | 1601873.10 |
Elektrische Strassenbahn | 203572.05 | 162854.50 |
Nachtragskredite | - | 2000.- |
Zusammen Fr. | 7712295.55 | 8270415.35 |
Geschichtlicher Ueberblick.
Da die politische Geschichte der Stadt Genf mit derjenigen des Kantons Genf untrennbar verknüpft ist, verweisen wir auf den betreffenden Abschnitt im Artikel Kanton Genf und beschränken uns hier auf eine kurze Darstellung der rein materiellen Entwicklung der Stadt, sowie der Gebietserweiterungen, Umgestaltungen und Verschönerungen, die sie im Laufe der Zeiten sukzessive erfahren hat. Ueber Genf als Stadt der Allobroger gibt uns keine Urkunde Bericht. Wir wissen aber, dass sich die Stadt mit ihrem Uebergang an das Römerreich vergrössert und eine ziemlich bedeutende Stellung eingenommen hat, was aus den einigen ihrer Magistraten verliehenen Würden ersichtlich ist. Da Caesar und Cicero Genf als oppidum bezeichnen, muss man annehmen, dass die Stadt damals schon befestigt gewesen ist. Als unter der Regierung des Kaisers Aurelian Genf durch eine Feuersbrunst in Asche gelegt worden war, erleichterte dieser den Bewohnern den Wiederaufbau und verlieh ihnen zugleich mit anderen Freiheiten auch das Marktrecht. Ums Jahr 500 zog Gondubald um die nur unvollkommen befestigte Stadt einen ¶