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Appenzell, Zug und Basel Stadt nach). Seine grösste Längenerstreckung misst in der Richtung N.-S. (zwischen dem Schloss Les Chavannes und Landecy) 19,8 km, in der Richtung W.-O. (zwischen der Grenze w. Dardagny u. Moniaz) 26,5 km; sein grösster Durchmesser liegt in der Richtung SW.-NO., reicht von der Rhone bei Chancy bis Hermance am Genfersee und misst 29,3 km. Der Kanton Genf ist fast ganz in französisches Gebiet vorgeschoben und grenzt nur auf kurze Strecken an die übrige Schweiz. Er wird begrenzt: im N. vom Genfersee und Kanton Waadt, in dessen Gebiet er noch die zwei Enklaven der Gemeinde Céligny liegen hat;
im W. vom französischen Département de l'Ain, von dem ihn eine stark gebrochene Grenzlinie scheidet;
im S. u. O. in ebenfalls unregelmässiger Linie vom Département de la Haute Savoie.
Der Kanton Genf bildet den südlichsten und tiefsten Abschnitt des Thales des Genfersees und liegt inmitten eines weiten Gebirgskreises, der von den Ketten des Jura, vom Mont Vuache, Mont de Sion, Salève und von den Voirons gebildet wird. Die unregelmässig verlaufenden Grenzen ziehen sich in kurzem Abstand vor diesen Bergketten hin. Das Gebiet Genfs wird durch Genfersee und Rhone in zwei Abschnitte geteilt, die kleinere sog. Rive droite (rechtes Ufer) und die grössere sog. Rive gauche (linkes Ufer).
Der Boden bildet eine gewellte Ebene, aus der sich sanftgeböschte Höhenzüge und Hügel erheben: der Höhenzug (côteau) von Cologny (499 m) und das Signal de Bernex (504 m) am linken Ufer und die Höhenzüge von Pregny (469 m) und Choully (508 m) am rechten Ufer. Tiefster Punkt des Kantons (am Rhoneufer s. Chancy) in 338 m, höchster Punkt (im O., nahe der Grenze gegen Frankreich und etwas n. Moniaz) in 521 m; der grösste Teil des Kantons liegt zwischen 425 und 475 m, d. h. zwischen 50 und 100 m über dem Spiegel des Genfersees. Da der Spiegel des Sees in 375 m und derjenige der Rhone bei ihrem Austritt aus dem Kanton in 338 m liegen, hat die Mehrzahl der das Genfer Gebiet durchziehenden Flüsse und Bäche sich mehr oder weniger tief in die Oberfläche einschneiden müssen; die bedeutendsten dieser entweder in der quaternären Decke oder in der tertiären Molasse ausgewaschenen Tobel sind die der Versoix, des Vengeron, des Nant des Grebattes, des Nant d'Avanchet, des Avril und der London rechts der Rhone und die der Hermance, der Eaumorte und der Laire links der Rhone.
Die Rhone selbst fliesst auf Genfer Boden in einem tiefen Einschnitt, der von hohen Steilufern begleitet ist und stellen weise sogar den Charakter eines wirklichen Canyon aufweist. Auch ihr grösster Nebenfluss, die Arve, hat sich tief in den Genfer Boden eingeschnitten und dessen ursprüngliche Gestaltung in Folge ihres stark unregelmässigen Laufes in bedeutendem Masse umgeformt. Der Kanton Genf gehört ganz dem Einzugsgebiet der Rhone an. Dieser Fluss durchzieht nach seinem Austritt aus dem Genfersee den Kanton zunächst von O.-W. und biegt nachher nach S. ab; er bildet zahlreiche anmutige Schlingen und lässt aus seinem Wasser einige unbedeutende Inselchen auftauchen.
Die Krümmung der Flussschlingen ist eine derartige, dass der Flusslauf zwischen der Jonction und Chancy eine Länge von 21 km hat, während diese beiden Punkte in der Luftlinie nur 13 km von einander entfernt sind. Das untere Ende des Genfersees schiebt sich keilförmig bis ins Herz des Genfer Gebietes vor und ist von grünen Höhenzügen anmutig umrahmt. Kurz nach ihrem Austritt aus dem See nimmt die Rhone von links die Arve auf, einen wasserreichen Fluss von Wildbachcharakter, der aus den Gletschergebieten des Mont Blanc herkommt und wie die Rhone selbst auf seinem Lauf durch den Kanton Genf malerische Schlingen bildet und stellenweise von hohen Steilufern quaternären Alters begleitet wird.
^[Ergänzung: Sie führt in der Sekunde im Minimum 20 m3 und im Maximum (Oktober 1888) 1136 m3 Wasser.] Nach der Vereinigung mit der Rhone hält sich das milchigtrübe Wasser der Arve noch auf eine lange Strecke hin vom blauen und klaren Rhonewasser vollständig getrennt, später mischen sich die beiden Wasser langsam miteinander und vereinigen sich zu einem gleichförmig graugrünlichen Strom. Neben diesen beiden Hauptadern wird der Kanton Genf noch von vielen andern Wasserläufen entweder durchzogen oder von Frankreich abgetrennt.
Solche sind: auf dem rechten Ufer der Nant de Braille, die Versoix und der Vengeron (die alle drei in den Genfersee münden), der Nant des Grebattes, der Nant d'Avanchet, der Avril und die London oder Allondon (Zuflüsse zur Rhone);
auf dem linken Ufer die in den Genfersee mündende Hermance, die Seimaz, der Foron und die Aire (alle drei Zuflüsse zur Arve) und endlich die zur Rhone gehenden Eaumorte und Laire. An dieser Stelle mögen auch noch die weiten Sumpfgebiete von La Pallanterie, Rouelbeau, Sionnet und Troinex erwähnt werden, von denen das letztgenannte durch Oeffnen eines grossen Abzugsgrabens jetzt trocken gelegt ist.
Geologie.
Der Kanton Genf liegt in seiner Gesamtheit in einer weiten Senke, nach welcher hin zwei grosse Flussläufe konvergieren und wo einst die Vorgänge der Eiszeiten eine grosse Rolle gespielt haben. Seine Bodenbedeckung besteht daher fast ausschliesslich aus quaternären Ablagerungen glazialen oder fluvioglazialen Ursprunges, die verschiedenartige Faciesausbildung zeigen und einer Grundlage von oligocäner Süsswassermolasse (aquitanische Stufe) auflagern.
Der Genfer Geologe Alph. Favre hat diese Ablagerungen ihrem Alter nach in drei Stufen gegliedert und unterscheidet: 1. Alte Alluvionen, die an der Basis aus kohlenführenden Mergeln und höher oben aus Sanden und besonders Kiesen bestehen, in mehr oder weniger regelmässigen und horizontalen, oder schwach nach W. fallenden Schichten gelagert sind und deren einzelne Bestandteile oft in einander übergreifen oder mit einander wechsellagern. Sie sind unverkennbar Fluss- und Wildbachablagerungen, die den im Kanton Genf zusammentreffenden grossen Flüssen ihren Ursprung verdanken, und bestehen aus gerundetem Geschiebe, das aus Savoyen, dem Wallis und dem östlichen Teil des Kantons Waadt stammt.
Die Zugehörigkeit dieser Alluvionen zur Eiszeit geht daraus hervor, dass ihnen an einzelnen Stellen Moränenmaterial eingelagert ist (so besonders am Fuss des Bois de la Bâtie und bei Mategnin). 2. Moränenschutt, ohne Schichtung und ohne Sonderung der Geschiebe nach ihrer Grösse, aus geschrammten Blöcken, eckigen Gesteinstrümmern und Lehm bestehend. Besonders hervorzuheben sind mächtige Granitblöcke, die zumeist aus dem Ober Wallis herstammen. Am Bois de la Bâtie sind Bänke dieses Moränenmaterials in die alten Alluvionen eingelagert, welche Erscheinung den wechselnden Schwankungen im Stand des einstigen Rhonegletschers entspricht. Diese glazialen und fluvioglazialen Ablagerungen der alten Alluvionen u. des Moränenschuttes häufen sich ganz besonders rund um das Ende des Genfersees, und in den alten Alluvionen haben sich die Rhone und Arve und einige ihrer Zuflüsse (Avril. London, Eaumorte, Laire) ihre hohen Steilufer
Lf. 59.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 3° 50’ O; 46° 10’ N; 1:140000]
Bevölkerungsdichtigkeit
Einwohner per km2
░ 50-75
▒ 75-100
▒ 100-150
▓ 150-200
▐ 200-1000
▐ 3000-6000
===== Strassenbahn
- - - Elektrische Kleinbahn
MCE. Borel & CIE NEUCHÂTEL
V. Attinger. sc
KANTON GENF
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ausgewaschen. Alph. Favre hat ihre durchschnittliche Mächtigkeit zu 10 m und ihr Gesamtvolumen im Kanton Genf auf 245 Millionen m3 geschätzt. 3. Postglaziale Alluvionen, die aus Sanden und Kiesen bestehen und deren Grenzen oft schwierig zu bestimmen sind. Sie treten in drei von einander verschiedenen Formen der Ausbildung auf: a) Alluvionen auf den heute nicht mehr von einem Flusslauf durchzogenen Hochflächen, deren Vorhandensein auf einst weit grössere und über weite Flächen hin und her pendelnde Wassermassen schliessen lässt (Ebene zwischen der Seimaz und dem Foron, Thal der Aire, SW.-Abschnitt des Kantons); b) Flussalluvionen, an den konvexen Krümmungen der Serpentinen in horizontalen Bänken abgelagert; die am höchsten gelegenen Bänke sind im Allgemeinen zugleich auch die ältesten und sind zu einer Zeit abgelagert worden, da das Bett der Flüsse noch in höherem Niveau lag als dies heute der Fall ist (Plainpalais, Thal der London, Les Pâquis, Les Eaux Vives, Uferterrassen der Rhone etc.); c) Seealluvionen, bestehend aus Deltabildungen von Wildbächen, deren schief geneigte Schichten zu einer Zeit im See abgelagert worden sind, da dessen Wasserspiegel noch weit höher stand als heute. Das bedeutendste dieser heute trocken liegenden Deltas ist das bei den Tranchées, ö. der Stadt; da es aus denselben Materialien besteht, wie sie heute von der Arve verfrachtet werden, hat man daraus den Schluss gezogen, dass dieser Fluss einst an dieser Stelle in den See ausgemündet haben müsse.
Im Verlauf der Quartärzeit hat die Bodenoberfläche des Kantons Genf durch die ihn durchziehenden Wasserläufe grosse Veränderungen erlitten. So hat besonders die erosionskräftige Arve zu Ende der Eiszeit das Becken ausgewaschen, das sich von Le Bachet de Pesay bis La Treille und vom Bois de la Bâtie bis Pinchat erstreckt und in dem heute die Ortschaften Plainpalais und Carouge liegen. Später, in historischer Zeit, ist dann dieses Becken von den Geschieben derselben Arve wieder teilweise aufgeschüttet worden.
Die Arve hat überhaupt während der Quartärzeit ihren Lauf vielfach gewechselt und als Zeugen hiefür zahlreiche Kiesablagerungen hinterlassen. Bei der Rhone ist dies dagegen trotz ihrer beträchtlichen Wassermenge nicht der Fall gewesen, da sie einerseits als geschiebearmer Fluss aus einem läuternden Seebecken kommt und andererseits zu tief eingeschnitten ist, als dass sie in ihrem Lauf beträchtlich hätte hin und her pendeln können. Wie die Arve haben sich aber auch die kleinen Flüsse des Kantons in beträchtlichem Umfang an der Umgestaltung seiner Oberfläche beteiligt: grosse Ablagerungen der Aire liegen zwischen Saint Julien u. Confignon, ebensolche der Laire bei Avusy und Chancy, und der Foron hat mit seinen Geschiebemassen die einstigen Sümpfe bei Puplinge überführt. (Näheres siehe bei Favre, Alphonse. Description géolog. du cant. de Genève. 2 vol. Avec planches. Genève 1880).
Die der aquitanischen Stufe angehörenden Ablagerungen des Tertiärs gliedern sich in drei Horizonte: einen unteren (gipsführende Mergel und Gips), einen mittleren (kalkige Mergel, Holzkohlen und einige Fossilien) und einen obern (mit Mergel als Basis und Sandsteinen als Decke). Diese tertiären Schichten treten in den von den Flussläufen ausgewaschenen Tobeln und an einigen Stellen der Rhoneufer zu Tage.
Der geologische Bau des Kantons Genf, wie wir ihn eben geschildert haben, erklärt dessen Armut an abbaufähigen Steinbrüchen oder Erz- u. Kohlenlagern. Anlass zu fabrikmässigem Abbau haben einzig die Bänke von Sand, Kies und brennbaren Tonen gegeben, von denen Sande und Kiese an zahlreichen Stellen des Kantons, der Töpferton bei Hermance und Bellevue ausgebeutet werden. Immerhin hat man zu verschiedenen Zeiten jeweilen auch Brüche auf Molasse (mit oder ohne Gips) aufgetan, die aber heute alle wieder aufgegeben sind. Im W. des Kantons findet man an mehreren Punkten (Choully, Granges, Dardagny) Lager von Bitumen und Holzkohle; auch diese sind heute nach verschiedenen unergibigen Abbauversuchen alle wieder verlassen. Der hie und da (bei Choully, Bernex, am Nant d'Avanchet) vorkommende Gips lohnt seiner geringen Mächtigkeit wegen den Abbau ebenfalls nicht. Der Kanton Genf hat einige Mineralquellen, so bei La Croix de Rozon (gefasst und benutzt), bei Drize und Hermance.
Klima.
Da der Kanton Genf von bis zu über 1700 m Höhe aufsteigenden und erst im Mai ihrer winterlichen Schneedecke sich entledigenden Bergmassen umrahmt ist und dazu den NO.-Winden ungehinderten Zugang gestattet, so müssten seine klimatischen Verhältnisse ziemlich ungünstige sein, wenn nicht als thermischer Ausgleicher die grosse Wasserfläche des Genfersees ihre Wirkung geltend machen würde. Sie mildert im Sommer die Hitze, im Winter die Kälte, so dass die mittleren Temperaturen für Genf im Winter 0,7°, im Frühjahr 8,9°, im Sommer 17,9°, im Herbst 9,7° und im Jahr 9,3 °C betragen.
Unter 0 °C fällt die Temperatur an durchschnittlich 65 Tagen im Winter (davon 20 Tage mit ganztägigem Frost), 18 Tagen im Frühjahr und 12 Tagen im Herbst (davon für Frühjahr und Herbst zusammen pro Jahr je ein Tag mit ganztägigem Frost), zusammen also im Jahr an 95 Tagen, wovon an 21 der Frost, jeweilen den ganzen Tag andauert. Im Zeitraum 1826-1895 sind folgende Temperaturextreme beobachtet worden: Minimum mit -25,3° am und Maximum mit +36,4° am Das Mittel aus den absoluten Minima eines Jahres gibt -13,27° für den 15. Januar und dasjenige aus den absoluten Maxima +32,51° für den 20.-21. Juli. Der mittlere jährliche Barometerstand ist 726,65 mm (im Winter 727,6 mm, im Frühjahr 724,8 mm, im Sommer 727,4 mm und im Herbst 726,8 mm). Während der letztvergangenen 50 Jahren hat das Barometer am mit 748,7 mm seinen höchsten und am mit 700,16 mm seinen tiefsten Stand erreicht.
Seit 1826 wird in Genf die Menge der Niederschläge regelmässig berechnet. Das Mittel aus diesen Beobachtungen gibt 836,6 mm für das Jahr, 138,0 für den Winter, 189,7 für das Frühjahr, 233,3 für den Sommer und 275,6 für den Herbst. Am geringsten ist der Niederschlag in den Monaten Januar, Februar und März, am stärksten im August, September und Oktober. Die dem Jura näher gelegenen Teile des Kantons weisen in dieser Hinsicht höhere Zahlen auf, als das übrige Kantonsgebiet; doch sind die Regenmessstationen (mit Ausnahme derjenigen der Sternwarte) noch zu jungen Datums, als dass aus ihren Ergebnissen jetzt schon brauchbare Mittelzahlen berechnet werden könnten.
Regentage zählt man jährlich 130,5, Regenstunden 716,2. Gewitter treten im Jahr durchschnittlich an 24,94 Tagen auf; sie sind am häufigsten im Juni und Juli und am seltensten im Dezember und Februar. Die Schneedecke bleibt nur ausnahmsweise länger als 15 Tage hintereinander liegen. Aus allen diesen Verhältnissen ergibt sich, dass das Klima von Genf im Vergleich zu der Menge der atmosphärischen Niederschläge weit milder ist, als dasjenige der den Kanton
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umrahmenden Gebirgszone und selbst noch milder als das der übrigen Ufergebiete am Genfersee.
Beobachtungen über den Wasserdampfgehalt der Luft (durch Bestimmung der Spannkraft des Wasserdampfes oder des Dampfdruckes - absolute Feuchtigkeit - und des Verhältnisses der zu einer bestimmten Zeit in der Luft vorhandenen Wasserdampfmenge zu der bei der herrschenden Temperatur möglichen Dampfmenge - relative Feuchtigkeit -) sind seit 1819 angestellt worden und haben folgende Mittelwerte ergeben:
Mittlere relative Feuchtigkeit in ‰ | |
---|---|
Winter | 844 |
Frühjahr | 713 |
Sommer | 693 |
Herbst | 810 |
Jahr: | 765 |
Jahr | Mittlere absolute Feuchtigkeit = 731 mm |
Ueber den Grad der Bedeckung des Himmels mit Wolken oder die Bewölkung gibt uns in Anzahl Tagen folgende Tabelle Auskunft:
Hell | Schwach bewölkt | Stark bewölkt | Bedeckt | |
---|---|---|---|---|
Winter | 7.5 | 10.0 | 13.8 | 59.0 |
Frühjahr | 19.0 | 16.2 | 19.1 | 37.7 |
Sommer | 26.8 | 21.8 | 19.2 | 23.2 |
Herbst | 13.9 | 14.3 | 18.3 | 43.5 |
Jahr: | 67.2 | 62.3 | 70.4 | 163.4 |
Nebel ist in Genf, besonders in den tiefer gelegenen Teilen des Kantons, ziemlich häufig und tritt hauptsächlich während der Zeit von Oktober bis Februar auf. Im Mittel hat man jährlich 32,8 Nebeltage festgestellt. Beobachtungen über die Dauer des Sonnenscheins werden in Genf erst seit einigen Jahren angestellt, so dass brauchbare Mittelzahlen noch nicht gegeben werden können. In Bezug auf die Windverhältnisse ist folgendes zu bemerken: Im Winter herrscht der trockene, kalte und oft sehr heftig wehende NO., die sog. Bise, vor, die die Temperatur fühlbar erniedrigt, aber auch die Luft kräftig reinigt; im Sommer weht meist der S. oder SW. (Vent du midi genannt), ein warmer und feuchter Luftstrom, der gewöhnlich Regen bringt. Neben diesen grossen Strömungen der Atmosphäre unterscheidet man in Genf noch zwei Arten von lokalen Winden, nämlich den von den Jurahöhen von W. und NW. her absteigenden Joran und den aus der Richtung des Môle von SO. her durch das Thal der Arve wehenden Môlan, der oft der Vorläufer eines Gewitters oder eines plötzlichen Witterungsumschlages ist.
Flora.
Seiner Lage zwischen dem Jura einerseits und den Voralpen andererseits verdankt der Kanton Genf die reiche Entwicklung seiner Flora, wie sie sich sonst in der Schweiz nicht wieder an vielen Stellen zeigt. Diese Flora setzt sich aus Elementen zusammen, die den Alpen von Savoyen, dem Jura, der Uferregion des Genfersees und dem französischen Rhonethal eigen sind, und bildet damit das Verbindungsglied zwischen der Flora des zentralen Europa und derjenigen des Mittelmeergebietes.
Sie ist, wie sich H. Christ ausdrückt, «eine Etappe in der Wanderung vieler südlicher Arten nach Norden». Von einzelnen bemerkenswerten Arten führt derselbe Forscher (Pflanzenleben der Schweiz. 2. Aufl. 1882. S. 71 f.) an: für den Fuss der Juraklusen beim Fort l'Écluse (Département de l'Ain) Acer monspessulanum, Helianthemum pulverulentum, Cytisus laburnum u. C. alpinus;
Arabis saxatilis, A. muralis und A. stricta;
Hutchinsia petræa, Ononis natrix, Potentilla rupestris, Sedum anopetalum, Parietaria diffusa, Ruscus aculeatus, Astragalus monspessulanus und Colutea arborescens;
für die Thalebene Fumaria capreolata, Reseda phyteuma;
Trifolium elegans, T. striatum u. T. scabrum;
Vicia lutea, Lathyrus sphæricus, Eruca sativa, Micropus erectus, Carduus tenuiflorus und C. pycnocephalus, Kentrophyllum lanatum, Centaurea calcitrapa, Picris echioides, Lactuca jvirosa und L. saligna, Crepis nicæensis, Anarrhinum bellidi folium, Anchusa italica, Lappula myosotis, Solanum miniatum, Scrophularia aquatica, Erythronium Jens canis, Narcissus biflorus, Gastridium australe Aira aggregata, Gladiolus segetum, Plantago ramosa und P. cynops, Amaranthus silvestris und A. deflexus;
Festuca tenuiflora, F. ciliata und F. sciuroides;
Bromus squarrosus, Lolium multiflorum, Ornithogalum pyrenaicum, Carex nitida, Rosa systyla und Calepina Corvini. Es sind dies meist Arten des grossen Rhonethales, von denen einige auch weiter oben, im Walliser Thalbecken, sich finden.
Weitere Arten gehören der deutschen und mittelfranzösischen Flora an und sind für die Schweiz Seltenheiten, so z. B. Agrimonia odorata, Dipsacus laciniatus, Vicia lathyroides, Silene otites, Veronica acinifolia, Gagea stenopetala, Allium scorodoprasum, Leonurus marrubiastrum, Pulmonaria angostifolia, Leontodon taraxacoides, Centaurea nigra, Asperula galioides, Rosa gallica, Potentilla alba, Lamiuni incisum. Von der sehr reichen Sumpf- und Uferflora nennt Christ Viola persicifolia, V. persicifolia var. staqnina, V. persicifolia var. elatior und V. pratensis; Lathyrus palustris, Isnardia palustris, Peplis portula, Ceratophyllum submersum, Apium nodiflorum, Oenanthe fistulosa und O. Lachenalii, Gladiolus palustris, Cirsium bulbosum, Inula Vaillantii, Blackstonia serotina, Mentha pulegium, Samolus Valerandi, Cladium mariscus und Naias minor.
Landwirtschaft, Weinbau, Wald.
Der Boden des Kantons Genf ist von Natur aus wenig ergibig, gibt aber dank einer rationellen Bewirtschaftung doch normalen Ertrag. Wesentlich haben zur Bodenverbesserung die Entwässerungsarbeiten beigetragen, und im Kanton Genf ist 1847 zum erstenmal in Europa die Drainage vermittels zylindrischer Röhren angewendet worden. Ferner haben auch Bewässerungsanlagen bei diesen Bodenverbesserungen eine bedeutende Rolle mitgespielt. Dem Weinstock sagen am besten die Molasse und die darüber liegenden Lehme, dem Weizen dagegen der Glaziallehm zu. Natürliche Wiesen finden sich wenige, und auch Baumgärten und Wald sind nicht stark vertreten; dagegen nehmen Weizen-, Hafer- und Kartoffelfelder, Kunstwiesen (Klee, Esparsette, Luzerne) und Weinberge einen verhältnismässig grossen Platz ein.
ha | % | |
---|---|---|
Wald | 2144.79 | 9 |
Weiden und Gebüsch | 511.81 | 2 |
Sümpfe | 130.03 | 1 |
Kunstwiesen | 6465.87 | 29 |
Aecker | 10325.77 | 46 |
Weinberge | 1928.13 | 8 |
Garten- und Gemüseland | 422.30 | 2 |
Baumgärten | 590.29 | 3 |
Total | 22518.99 | 100 |
Im Vergleich zu seiner Fläche besitzt der Kanton Genf von allen Kantonen die meisten Reben, die 1901 eine
Landwirtschaft und Bodenerzeugnisse des Kantons Genf
Lf. 60.
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Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 3° 50’ O; 46° 10’ N; 1:140000]
░ Ackerland
▓ Wald
▒ Parks u. Gärten
▐ Weinberge
▲ 50 Pferde
● 100 Rinder
.
❙ 100 Schweine
v 100 Ziegen
⥾ 100 Schafe
^ 100 Bienenst.
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V. Attinger. sc
LANDWIRTSCHAFT U. BODENERZEUGNISSE DES KANTONS GENF
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Fläche von 1813 ha umfassten. Alle Reben gehören derselben Art an, geben aber an besonders günstigen Lagen (so an den Hängen von Cologny, Pregny, Le Mandement, Bernex) einen den Durchschnitt an Güte übertreffenden Wein. Unter den Weissweinen ist neben einigen weniger wichtigen Sorten am verbreitetsten der sogen. «fendant roux», der dem Wein von La Côte in manchen Beziehungen gleicht, aber geringeren Gehalt an Alkohol hat. Die im Kanton Genf weniger verbreiteten Rotweine sind zumeist die Marken des Dôle und Salvagnin. Grosse Verwüstungen hat während der letztvergangenen Jahre die Reblaus angerichtet, so dass man seit einiger Zeit die Auffrischung der Genfer Rebberge mit amerikanischen Pfropfreben (von der Versuchsstation Ruth geliefert) begonnen hat.
Ueber den Ertrag der Weinernten im Kanton Genf geben folgende Zahlen Auskunft:
1896 | 1897 | 1898 | 1899 | 1900 | 1901 | |
---|---|---|---|---|---|---|
106949 | 104397 | 81381 | 95514 | 191536 | 122913 | hl. |
Von den 122913 hl des Jahres 1901 entfallen auf Weissweine 100929, auf Rotweine 20981 und auf gemischte Sorten 1003 hl, deren respektive Durchschnittspreise pro hl 20,50, 21,60 und 24,50 Fr. betrugen. Mit Berücksichtigung früherer Jahrgänge kann man den Durchschnittspreis für den hl Wein auf 30-40 Franken ansetzen. Die Weinernte von 1901 erzielte einen Gesamtertrag von Fr. 2555955.
Im Kanton Genf ist Hochwald wenig verbreitet; den Hauptplatz nehmen Buschholz und Gestrüpp ein, wie dies folgende Tabelle für 1898 zeigt:
ha | % | |
---|---|---|
Hochwald | 93.63 | 4% |
Reisholz | 22.91 | 1% |
Buschholz | 2253.78 | 87% |
Gestrüpp | 204.62 | 8% |
Total: | 2574.94 | 100% |
Die Waldfläche des Kantons ist im Verlauf des 19. Jahrhunderts zahlreichen Schwankungen unterworfen gewesen, hat aber im Grossen und Ganzen infolge grosser Abholzungen beständig abgenommen. Sie betrug:
1817 | 1829 | 1853 | 1882 | 1898 | |
---|---|---|---|---|---|
3993 | 4057 | 2220 | 2656 | 2575 | ha. |
Die Schuttbedeckung aus der Quaternärzeit, mit der beinahe die ganze Bodenfläche des Kantons Genf überführt ist, begünstigt vor Allem den Wuchs der Eiche, die zu mehr als 9/10 die Waldungen des Kantons zusammensetzt und dies hauptsächlich in der Form der Stieleiche (Quercus robur), während die Steineiche (Quercus sessiliflora) nur in kleinen und zerstreuten Beständen angetroffen wird. In den übrig bleibenden Zehnteil teilen sich Esche, Linde, Ahorn, Vogelbeerbaum, Wilder Kirschbaum, Elsbeerbaum, Spierling, Buche, Hagebuche, Kastanie, Birke, Erle, Weide, Pappel und einige Nadelhölzer. Der Gesamtertrag der Waldungen des Kantons belief sich 1898 auf 132040 Fr. (Vergl. Borel, W. Rapport sur les bois du canton de Genève. Genève 1899).
Die Genfer Bauern haben sich zum Zwecke besserer Wahrung ihrer Interessen gegenüber den Behörden und zur Erzielung günstigerer Absatzbedingungen ihrer Erzeugnisse gegenüber den Konsumenten zu landwirtschaftlichen Genossenschaften, sog. Syndicats agricoles, zusammen getan. Es bestehen heute deren 6 mit zusammen 1220 Mitgliedern und einem jährlichen Waarenumsatz von 175000 Fr. Die 1776 gegründete Klasse für Landwirtschaft der Société des Arts befasst sich nur mit dem wissenschaftlichen Studium landwirtschaftlicher Fragen und lässt die geschäftliche Seite ganz ausser Betracht.
Die von der Eidgenossenschaft und den Kantonen Waadt und Bern subventionierte kantonale Genfer Gartenbauschule Châtelaine vermittelt theoretische und praktische Kenntnisse in Garten-, Gemüse- und Weinbau. Ihr ist zum Zwecke landwirtschaftlicher Versuche und Analysen ein Laboratorium angegliedert, das den Landwirten auf alle vorkommenden Fragen Auskunft erteilt. Daneben besteht in der Stadt Genf unter dem Namen der Cours agricoles eine landwirtschaftliche Winterschule, die in den verschiedenen Zweigen dieses Faches Unterricht erteilt.
Fauna.
Die Fauna des Kantons Genf stimmt im Allgemeinen mit der des schweizerischen Mittellandes überein und unterscheidet sich von ihr nur in einzelnen wenigen interessanten Sondererscheinungen. V. Fatio zählt auf: in der Masse der Wirbeltiere 13 Nager (Eichhörnchen, Eichelmaus, Siebenschläfer, Haselmaus, Wanderratte, weissbauchige Ratte, Hausmaus, Hamster, Feldmaus, Waldmaus, Wasserwühlmaus, Schärrmaus, gemeiner Hase), 6 Insektenfresser (Igel, Maulwurf, Wasserspitzmaus, gemeine Spitzmaus, Hausspitzmaus und Feldspitzmaus), 7 Raubtiere (Fuchs, Dachs, Stein- oder Hausmarder, Iltis, Hermelinwiesel, kleines Wiesel, Fischotter) und 14 Fledermäuse;
in der Klasse der Reptilien 4 Echsen (grüne Eidechse, Wurzeleidechse, Mauereidechse, Blindschleiche), 4 Schlangen (Ringelnatter, gemeine Viper, österreichische Natter, Redische Viper);
in der Klasse der Amphibien 7 Froschlurche (grüner Wasserfrosch, brauner Grasfrosch, Springfrosch, Feuerkröte, gemeine Kröte, grüne Kröte und Laubfrosch) und 4 Schwanzlurche (gefleckter Salamander, Bergwassermolch, grosser Wassermolch u. Teichmolch);
14 Fische. Die Nähe von See und Gebirge sowie das Vorhandensein von weiten Sumpfgebieten bedingen eine reiche Entwickelung der Avifauna, in der man 307 einzelne Arten, d. h. etwa 3/5 aller in Europa vorkommenden Vogelarten, unterschieden hat.
Davon sind 214 Arten einheimisch (105 Arten der Ebene, 27 Arten des Gebirges, 47 Ufer- und Sumpfvögel, 35 Wasservögel); 146 Arten nisten im Lande selbst und 84 Arten sind Zugvögel (25 Arten der Ebene, 4 Arten des Gebirges, 20 Ufer- u. Sumpfvögel, 35 Wasservögel).
Für die Wirbellosen sind unsere Kenntnisse noch nicht so weit gefördert, dass man eine vollständige Liste der Arten aufstellen könnte. Immerhin sind bereits eine Anzahl von guten Monographien einzelner Gruppen von Wirbellosen aus Genfs Umgebungen vorhanden, so eine von Penard über die Rhizopoden, eine von Roux über die Infusorien, eine von Weber über die Rotatorien, eine von Brot über die Lamellibranchiaten und mehrere über die Arthropoden. Von diesen letztgenannten mögen hier noch einige auf Genfer Boden ziemlich häufig anzutreffende südliche Arten hervorgehoben werden, wie die Mantis religiosa, Sira Dollfusii und einige Tausendfüssler aus der Gattung Scutigera.
Jagd und Fischerei.
Der Kanton Genf ist arm an Jagdharem Wild, weshalb zahlreiche Genfer es vorziehen, in den benachbarten französischen Départements der Jagd nachzugehen. Im Jahre 1900 hat das Genfer Justiz- und Polizeidepartement 511 Jagdpatente zu einer Taxe von je 20 Franken ausgestellt und Schussprämien ausgerichtet für 91 Füchse, 25 Marder, 2 Iltisse, 2 Wiesel und 12 Sperber. Auch die Jagdgesellschaft «Diana» fördert die Jagdinteressen durch Bezahlung von Schussprämien für schädliche Tiere und Wiederbevölkerung der Wälder mit verschiedenen Vogelarten (Rebhühnern, Fasanen etc.).
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Im Kanton Genf wird die Jagd auf Flugwild am 1. September, die allgemeine Jagd am 1. Oktober geöffnet, und beide werden mit dem 15. Dezember geschlossen. Im Frühjahr ist die Jagd überall auf Schweizerboden untersagt; die Jagd auf die auf dem See lebenden Wasservögel wird von den Uferkantonen und -staaten gemeinsam geregelt.
Die Bewohner der See- und Rhoneufer treiben Fischerei und versehen den Markt zu Genf mit zahlreichen Arten von Fischen: Barsch, Forelle, Felchen, Aesche, Hecht, Trüsche etc. Der vor einigen Jahren noch gänzlich fehlende Aal wird jetzt in der Rhone häufig gefangen. Seit 1881 hat man den Versuch gemacht, im Genfersee einige fremde Arten einzuführen, wie die grosse Maräne (Coregonus maræna), den White fish (Coregonus alba) und einen Barsch (Eupomotis gibbosus). Von diesen hat sich die erstgenannte besonders gut akklimatisiert und wird heute auf den Fischmärkten häufig feilgehalten. 1899 sind 521 Jagdpatente ausgestellt worden, wovon 388 für Angelfischerei. 80 für Reusenfischerei, 23 für Netzfischerei im See und 30 für Netzfischerei in der Rhone und Arve.
Viehzucht.
Die unten folgende Tabelle zeit, dass die Viehzucht im Kanton Genf von grosser Wichtigkeit ist. Grosse Herden sind im Allgemeinen selten, dafür hält aber beinahe jeder Bauer einige Stück Vieh.
1888 | 1892 | 1901 | |
---|---|---|---|
Pferde | 3533 | 3434 | 3881 |
Maultiere | 10 | 9 | 16 |
Esel | 142 | 117 | 109 |
Zuchtstiere | 111 | 124 | 111 |
Kühe | 6285 | 6572 | 6586 |
Ochsen | 475 | 464 | 252 |
Kälber u. Rinder | 793 | 788 | 1157 |
Ziegen | 1526 | 1516 | 1670 |
Schafe | 1008 | 370 | 643 |
Schweine | 2555 | 2719 | 2468 |
Bienenstöcke | - | - | 2048 |
Zu nennen sind bei dieser Gelegenheit noch einige Geflügelzuchtanstalten, wie die von Crête, Chêne-Bougeries, Cointrin und Bellebouche bei Gy. Versuche zur Einführung der Seidenraupenzucht hat man s. Z. in Veyrier am Fuss des Salève unternommen, bald aber wieder aufgeben müssen.
Bevölkerung.
Mit seiner Wohnbevölkerung von 132510 Köpfen steht der Kanton Genf unter den 25 schweizerischen Kantonen an achter Stelle, während er seiner Fläche nach deren einundzwanzigster ist. Charakteristisch für die Bevölkerungsverhältnisse von Genf ist der mächtige Prozentsatz der Ausländer, von denen auf 1000 Ew. nicht weniger als 393,3 kommen, während die Genfer nur mit 345,1 und die übrigen Schweizer mit 261,6 Ew. vertreten sind. Dieses Ueberwiegen der fremden über die einheimische Bevölkerung erklärt sich aus der Lage Genfs als Grenzkanton und daraus, dass die Stadt Genf durch ihre reichen intellektuellen Hilfsmittel und andere Annehmlichkeiten die fremden Besucher zu dauernder Niederlassung anzieht und durch ihre rege Handels- und Gewerbetätigkeit Anderen Aussicht auf lohnenden Verdienst bietet. Die rasche Vermehrung der Bevölkerung erklärt sich zum weitaus grösseren Teile aus der beständigen Zuwanderung, als aus dem Ueberschuss der Geburten über die Todesfälle. Ueber diese Vermehrung gibt folgende Tabelle Auskunft:
Ew. | |
---|---|
1815 | 48489 |
1828 | 53407 |
1837 | 58666 |
1843 | 61871 |
1850 | 64146 |
1860 | 83345 |
1870 | 93239 |
1880 | 101595 |
1888 | 106738 |
1895 | 114975 |
1901 | 132510 |
Mit Bezug auf die Geburtsziffer nimmt Genf unter den Schweizer Kantonen die letzte Stelle ein. Für die Schweiz als Ganzes betrug im Zeitraum 1871-1890 das jährliche Mittel der Geburten 308 auf 10000 Ew., für Genf allein nur 243. Im Kanton Genf zählte man 1895 2361 Geburten (630 Genfer, 755 übrige Schweizer, 976 Ausländer) und 2534 Todesfälle (944 Genfer, 616 übrige Schweizer, 974 Ausländer); 1901 standen sich 2886 Geburten und 2529 Todesfälle gegenüber. Daraus ergibt sich zur Genüge, dass der Zuwachs der Bevölkerung fast ausschliesslich auf Rechnung der Zuwanderung zu setzen ist. Im Grossen und Ganzen würde sich die Bevölkerung ohne diesen Zuzug von fremden Elementen beinahe gleich bleiben; im Jahrzehnt 1860-70 ist das Genfer Element sogar zurückgegangen, zeigt aber jetzt wieder eine schwache Zunahme.
Die Resultate der eidgenössischen Volkszählung von 1900 und der kantonalen Zählung von 1901 lassen sich in folgende Tabellen gruppieren:
a) Geschlecht (Zählung von 1900).
Stadt | Uebr. Gem. | Kanton | % | |
---|---|---|---|---|
Männlich | 27619 | 35436 | 63055 | 47.18 |
Weiblich | 32245 | 38344 | 70589 | 52.82 |
: | 59864 | 73780 | 133644 | 100.00 |
b) Muttersprache (Zählung von 1900).
Stadt | Uebr. Gem. | Kanton | % | |
---|---|---|---|---|
Französisch | 46267 | 63791 | 110058 | 82.35 |
Deutsch | 8301 | 5465 | 13766 | 10.30 |
Italienisch | 4166 | 3134 | 7300 | 5.46 |
Romanisch | 74 | 40 | 114 | 0.10 |
And. Sprach. | 1056 | 1350 | 2406 | 1.79 |
: | 59864 | 73780 | 133644 | 100.00 |
c) Konfession (Zählung von 1900).
Stadt | Uebr. Gem. | Kanton | % | |
---|---|---|---|---|
Reformierte | 30376 | 32165 | 62541 | 46.80 |
Katholiken | 27664 | 39564 | 67228 | 50.30 |
Juden | 716 | 360 | 1076 | 0.81 |
Andere | 1108 | 1691 | 2799 | 2.09 |
: | 59864 | 73780 | 133644 | 160.00 |
Das Ueberwiegen der Katholiken über die Reformierten rührt von der Zuwanderung her und datiert seit 1857, in welchem Jahre beide Konfessionen sich noch die Wage gehalten hatten.
d) Heimat (Zählung von 1901).
Stadt | Uebr. Gem. | Kanton | % | |
---|---|---|---|---|
Genfer | 18620 | 27115 | 45735 | 34.52 |
Uebr. Schw. | 17009 | 17634 | 34643 | 26.14 |
Ausländer | 23252 | 28880 | 52132 | 39.34 |
: | 58881 | 73629 | 132510 | 100.00 |
Die Ausländer verteilen sich wieder auf die verschiedenen Nationen wie folgt: Franzosen 34054, Italiener 10861, Deutsche 4027, Russen 785, Engländer 580, Oesterreicher 477, Amerikaner 344, Belgier 241, Spanier 131, Holländer 117, Türken 108, Verschiedene 407.
e) Zivilstand (Zählung von 1900).
Stadt | Uebr. Gem. | Kanton | % | |
---|---|---|---|---|
Ledig | 32514 | 40597 | 73111 | 54.70 |
Verheiratet | 21795 | 26967 | 48762 | 36.49 |
Verwitwet | 4936 | 5689 | 10625 | 7.95 |
Geschieden | 619 | 527 | 1146 | 0.86 |
: | 59864 | 73780 | 133644 | 100,00% |
Der Kanton als Ganzes zählt 37332 Haushaltungen, was für, die einzelne Haushaltung im Mittel 3,5 Köpfe ergibt; die Dichtigkeit der Bevölkerung beträgt 532 Ew. auf einen km2 Fläche (Fläche des Kantons ohne den Anteil am Genfersee gerechnet).
1901 betrug die Anzahl der Geburten 2886, wovon
Ehelich | Ausserehelich | |
---|---|---|
Männlich | 1285 | 138 |
Weiblich | 1350 | 113 |
1901 betrug die Anzahl der Todesfälle 2529, wovon
Männlich | 1298 | (77 Totgeburten) |
Weiblich | 1231 | (56 Totgeburten) |
Industrie.
Die industrielle Tätigkeit im Kanton Genf zeichnet sich aus durch die grosse Mannigfaltigkeit der betriebenen Gewerbe, von denen besonders die Präzisionsmechanik (und diese wieder hauptsächlich in der Form der Uhrenindustrie) eines weltumspannenden Rufes sich erfreut. Die Uhrenmacherei ist in Genf 1587 durch den Franzosen Ch. Cusin eingeführt worden und hat sich seither beständig weiter entwickelt, sodass sie 1789 schon 4000 Arbeiter beschäftigte. Heute zeichnet sie sich weniger durch die Anzahl der fertiggestellten Uhren, als vielmehr durch die Vorzüglichkeit ihrer in der ganzen Welt geschätzten Fabrikate aus. Spezialitäten der Genfer Uhrenindustrie sind die Herstellung von Präzisionschronometern, kunstvollen Schlagwerken, reich verzierten Uhren und Damenuhren. Auf Begehren der Fabrikanten untersucht die Sternwarte jeden Chronometer auf die Genauigkeit seines Ganges, die in einem besonderen Begleitschein amtlich bezeugt wird. Daneben veranstaltet die Société des Arts alljährlich besondere Preisbewerbungen für genau gehende Uhren (Concours de
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réglage). Diese Einrichtungen tragen viel dazu bei, im Auslande den guten Ruf der Genfer Uhren zu erhalten. Der Wert der in Genf jährlich fertig gestellten Uhren wird auf ungefähr 10 Millionen Franken geschätzt. Kaum weniger wichtig sind die Juwelierkunst, Schmuckwaarenindustrie und Goldschmiedekunst. Zum Beweis dafür geben wir in Folgendem die Anzahl der 1899 vom Kontrolamt für Gold- und Silberwaaren gestempelten Stücke: 12422 goldene und 161217 silberne Uhrgehäuse, 7851 Stücke goldener Schmuckwaaren und 86 Stücke Goldschmiedearbeiten.
Von den 394 dem eidgenössischen Fabrikgesetz unterstellten industriellen Betrieben Genfs arbeiten nicht weniger als 70 auf den eben genannten Gebieten (38 Uhren- und 32 Gold- und Silberwaarengeschäfte). Trotz ihrer wichtigen Stellung im Erwerbsleben Genfs sind doch diese beiden Industriezweige während der letztvergangenen Jahre an Bedeutung zurückgegangen, indem sie 1896 300 Personen und 1902 700 Personen weniger beschäftigten als im Jahr 1888.
Auch die einst so blühende Herstellung von Musikdosen ist jetzt im Rückgang begriffen. Dafür haben sich aber in Genf in den letzten Jahren zahlreiche neue Industriezweige entwickelt, besonders seit die Stadt an der Rhone ihre zwei grossen Wasser- und Elektrizitätswerke von La Coulouvrenière und Chèvres errichtet hat, die das Wasser des Flusses in der Form von Druckwasser oder elektrischer Kraft nutzbar machen.
Im Jahre 1902 waren im Kanton Genf 394 Fabrikbetriebe dem eidgenössischen Fabrikgesetz unterstellt. Neben den 70 oben schon genannten Geschäften gehören hierher noch folgende: 23 Ateliers für graphische Künste und Buchdruckereien, 17 mechanische Werkstätten, 26 Zimmer- oder Schreinergeschäfte, 18 Schlossereien, 7 Giessereien, 7 Bierbrauereien, 9 Spenglereien, 9 Hutmachergeschäfte, 7 Fabriken für chemische Produkte, Anilinfarben und künstliche Parfumerien, 7 Tabak-, Zigarren- und Zigarettenfabriken, 5 Kerzen- und Seifenfabriken, 5 Backsteinfabriken und Ziegeleien, 2 Töpfereien, 4 Chokoladefabriken, 5 Zuckerwaarenfabriken, 5 Mühlen; dazu kommen noch Fabriken zur Herstellung von Automobilen, chirurgischen Instrumenten, Photographenapparaten, Waagen, Korkzapfen, Bürstenwaaren, physikalischen Instrumenten, Feuerwerk, dann Gerbereien, Parketterien etc. Die Anzahl der dem Haftpflichtgesetz (loi sur l'extension de la responsabilité civile) unterstellten Betriebe beläuft sich auf 197, wovon 178 dem Baugewerbe und 19 dem Verkehrswesen zu Wasser und zu Land dienen.
Da die landschaftliche Lage Genfs, die Schönheit und Anmut seiner Umgebungen, seine vielfachen wissenschaftlichen und künstlerischen Einrichtungen und Anregungen zahlreiche Fremde anziehen, so blüht hier auch ganz besonders noch die Hotelindustrie. Die Anzahl der in Genf verkehrenden Fremden nimmt von Jahr zu Jahr zu: so sind in den Gasthöfen der Stadt abgestiegen 1899: 158584, 1900: 175018 und 1901: 205767 Fremde. Diese letzte Zahl setzt sich zusammen aus 74280 Franzosen, 49180 Schweizern, 26487 Deutschen, 18902 Italienern, mehr als 20000 Engländern und Amerikanern. Am stärksten ist der Fremdenstrom in den Monaten Juli bis September, am schwächsten im Januar und Februar.
Handel.
Es ist wahrscheinlich, dass die Bewohner Genfs schon von den ältesten Zeiten an dem Handel ihre ganz besondere Aufmerksamkeit schenkten. Die geographische Lage der Siedelung bot hierfür zahlreiche Vorteile, und die schon von Aurelian im 4. Jahrhundert hier eingerichteten Messen entwickelten sich zu solcher Wichtigkeit, dass die Siedelung davon den Namen des Emporium Allobrogum (Handelsstadt der Allobroger) erhielt. Mit dem Untergang des Römerreiches nahm dann wahrscheinlich auch Genfs Bedeutung als Handelsplatz ein Ende, freilich nicht für allzulange Zeit, da zahlreiche Urkunden aus dem 14. und den folgenden Jahrhunderten uns von einem neuen Aufschwung von Handel und Gewerbe Zeugnis geben.
Heute ist Genf ein wichtiger Handels- und Finanzplatz, der seine Beziehungen überallhin angeknüpft hat und seine Waaren nicht nur in der Schweiz und Frankreich absetzt, sondern auch nach Italien und den Vereinigten Staaten von Nordamerika ausführt. Es gibt etwa 30 Speditionsgeschäfte und Auswanderungsagenturen und etwa 50 Geldinstitute (Banken, Spar- und Leihkassen etc). Emissionsbank ist einzig die Handelsbank (Banque du Commerce), die 1901 für 24 Millionen Franken Banknoten ausgegeben hat.
Im Jahr 1899 sind im Ganzen 8091 gewerbliche Patentbewilligungen ausgestellt worden, wovon 1023 für Auspacken, Feilhalten und Liquidation von Waaren, 3602 für Hausierer, 750 für wandernde Handwerker und Kleingewerbetreibende, 2716 für wandernde Artisten und 2494 Legitimationskarten für Handelsreisende. Von diesen letzteren wurden ohne Entgelt 2404 (1519 auf im Kanton
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selbst niedergelassene Geschäfte und 885 auf auswärtige Geschäfte) und gegen Taxe 90 (68 auf im Kanton selbst niedergelassene Geschäfte und 22 auf auswärtige Geschäfte) ausgegeben. Eine 1865 gegründete, vom Staate Genf subventionierte, aber von den Genfer Kaufleuten unterhaltene Handelskammer vertritt die Interessen der Kaufmannschaft den Behörden gegenüber und studiert alle in ihren Geschäftskreis einschlagenden Fragen. Seit 1888 besteht auch eine Handelsschule, die rasch zu grosser Blüte gelangt ist und jungen handelsbeflissenen die ihnen nötigen Kenntnisse vermittelt; ausserdem besteht noch je eine Handelsabteilung auch an der Sekundar- und Höhern Töchterschule.
Der Kanton Genf ist von einer in Zollangelegenheiten neutralen Zone umgeben, deren Grenzen über die politische Landesgrenze hinaus in französisches Gebiet verlegt sind. Das Rechte Ufer des Kantons grenzt an die Zone des Pays de Gex, die sich bis zur Valserine erstreckt und 1814 vom Pariser Kongress geschaffen worden ist. Das neutrale Gebiet hinter dem Linken Ufer des Kantons, die Zone von Savoyen, datiert aus dem Jahre der Vereinigung dieser Landschaft mit Frankreich (1860); ihre Schaffung ist damals durch Volksabstimmung der Bewohner Savoyens beschlossen worden.
Vom übrigen Frankreich ist diese neutrale Zone Savoyens durch eine unregelmässige Linie abgetrennt, die zunächst bis Seyssel dem Rhonelauf folgt, dann den Bach Les Usses hinaufgeht und weiterhin über Évire, Saint Jean de Sixt, La Giétaz und Flumet die italienische Grenze erreicht; die Zone umfasst die französischen Arrondissemente Thonon und Bonneville ganz, und Saint Julien und Annecy zu einem Teile. Diese Einrichtung der zollfreien Zonen erleichtert die Versorgung Genfs mit Lebensmitteln und gestattet den Bewohnern des Pays de Gex und Savoyens die bequeme Abfuhr ihrer Landesprodukte nach derjenigen Stadt, die deren natürlicher Absatz- und Ausfuhrmarkt ist. Diese zollfreie Zonen sind also für beide Länder vorteilhaft, ganz besonders aber für Savoyen und das Pays de Gex, die sich beide immer gegen ihre Einreihung in das allgemeine französische Zollsystem gewehrt haben.
Verkehrswege.
Seiner geographischen Lage entsprechend ist Genf das Verbindungslied zwischen der Schweiz einerseits, dem südl. Frankreich, Algerien und Spanien andererseits. Drei Eisenbahnlinien stellen die Verbindung Genfs mit seinen Nachbargebieten her, nämlich die Linien der Jura-Simplonbahn, Paris-Lyon-Méditerranée und Les Vollandes-Annemasse. Die zwei erst genannten gehen vom Bahnhof Cornavin aus, die andere verbindet Genf mit dem Bahnnetz der Haute Savoie, ist von weit geringerer Bedeutung, mündet in den Bahnhof von Les Eaux Vives ein und wird - obwohl Eigentum des Staates Genf - von der Paris-Lyon-Méditerranée-Bahn betrieben. Es ist für den Handel Genfs und auch für den internationalen Verkehr ein grosser Nachteil, dass diese Linien auf Genfer Boden nicht mit einander verbunden sind und in zwei verschiedene Bahnhöfe einmünden.
Obwohl schon verschiedene Projekte einer Verbindungsbahn zwischen den beiden Bahnhöfen Cornavin und Eaux Vives ausgearbeitet worden, ist doch die ganze Angelegenheit heute noch immer in der Schwebe. Das Gesamtgewicht der in beiden Bahnhöfen angekommenen Güter belief sich 1900 auf ungefähr 600000 Tonnen. Die Gesamtlänge der normalspurigen Bahnen auf Genfer Boden beträgt 30 km. Von grosser Bedeutung ist für den Kanton Genf daneben noch sein ausgedehntes Netz von Schmalspurbahnen, die 1887 mit der Eröffnung der Linie Genf-Veyrier ihren ersten Anfang nahmen und heute alle als elektrische Bahnen eingerichtet sind.
Dieses Netz dient vor allem den ländlichen Gebieten des Kantons und setzt sich noch über die Kantonsgrenzen hinaus bis zu wichtigen Ortschaften des Département de l'Ain (Fernex-Gex) und Hoch Savoyens (Saint Julien, Étrembières, Douvaine, Collonges sous Salève) fort. Endstationen dieser von Genf nach allen Seiten hin ausstrahlenden Linien sind Versoix, Fernex, Vernier, Saint Georges, Chancy, Lancy, Saint Julien, Collonges sous Salève, Jussy, Douvaine und Hermance. Gesamtlänge 117 km. Mit Ausnahme der von einer besonderen Gesellschaft betriebenen Linie Genf-Veyrier-Collonges sous Salève sind alle diese Bahnen Eigentum der Compagnie Genevoise des Tramways Électriques.
Die beiden Flussläufe des Kantons Genf sind nicht schiffbar. Die Arve ist hierfür zu seicht und hat zu sehr Wildbachcharakter, und die Rhone unterbricht ihren Lauf bei Bellegarde (Département de l'Ain) in der von ihr ausgewaschenen sog. Perte du Rhône. Ausserdem
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sperrt 6 km unterhalb der Stadt Genf der Staudamm des Elektrizitäts- und Wasserwerkes Chèvres den Rhonelauf seiner ganzen Breite nach. Von Bedeutung als Verkehrsweg ist dagegen der Genfersee, auf dem die Compagnie générale de Navigation 16 Dampfboote unterhalt, die beide Ufer regelmässig bedienen und fast ausschliesslich nur Personen befördern. Den Waarenverkehr vermitteln zahlreiche Segelschiffe, die dem Hafen von Genf die Erzeugnisse der Ufergebiete, vor Allem die Bausteine der Brüche von Meillerie (Hoch Savoyen) zuführen. Den Verkehr im Hafen selbst und in seinen nächsten Umgebungen besorgen endlich eine Anzahl von kleinen Motorbooten.
Staat und Verwaltung.
Der Kanton Genf wird nach der Verfassung vom verwaltet, die ihre Ausarbeitung der nach dem Aufruhr vom eingesetzten provisorischen Regierung verdankt und seither zu verschiedenen Malen abgeändert worden ist. Ihre Hauptbestimmungen sind: Verminderung der Mitgliederzahl des Staatsrates und des Grossen Rates, Verkürzung ihrer Amtsdauer, Beseitigung der Bürgermeister (syndics), Gewährleistung der Glaubensfreiheit, Wahl der ausübenden Behörde durch das Volk, Ausdehnung des Stimmrechtes auf die Almosengenössigen und die im Kanton niedergelassenen Schweizer aller Kantone, Unentgeltlichkeit des Volksschulunterrichtes, Gründung der Banque de Genève und der Hypothekarkasse, Aufhebung der Oekonomischen Gesellschaft (einer aristokratischen Einrichtung, deren Mitglieder blos alteingesessene Genfer Patrizier werden konnten und die aus ihrem beträchtlichen Vermögen bisher gewisse Ausgaben für die Volksschule und den reformierten Kultus bestritten hatte).
Diese Verfassung von 1847 ist später in manchen wichtigen Bestimmungen abgeändert worden, so besonders mit Bezug auf die Amtsdauer der Mitglieder des Staatsrates und Grossen Rates, die Einführung des Referendums und andere Punkte. Die Staatsform des Kantons Genf ist die einer repräsentativen Demokratie. Der Gesamtheit der Wähler (Conseil général) stehen folgende Rechte zu: Wahl der ausübenden und gesetzgebenden Behörden und der Vertreter des Kantons in den eidgenössischen Räten, Gewährleistung der Verfassung, fakultatives Referendum;
ferner das Hecht der Initiative, die aber, um in Kraft treten zu können, von mindestens 2500 stimmberechtigten Bürgern unterstützt werden muss, während das Referendum zu seiner Vollziehung die Unterschrift von mindestens 3500 Bürgern verlangt. 1899 zählte der Kanton 22189 stimmberechtigte Bürger, von denen 7431 auf die Stadt, 5770 auf das Rechte Ufer und 8988 auf das Linke Ufer entfielen.
Von den Stimmberechtigten sind 8600 oder 38,8% Schweizerbürger aus anderen Kantonen (3100 deutscher und 5500 französischer Zunge). Die Zunahme dieser Klasse von Stimmberechtigten macht sich weit mehr als in der Stadt in den ländlichen Gemeinden des Kantons bemerkbar.
Gesetzgebende Behörde ist der Grosse Rat (Grand Conseil), der sich aus 100 je für 3 Jahre von den drei Kreiswahlkörpern (Stadt, Rechtes Ufer, Linkes Ufer) proportional zur Zahl ihrer Bevölkerung gewählten Mitgliedern zusammensetzt. Die Wahl der Grossräte erfolgt vermittels des Listenskrutiniums nach dem durch Gesetz vom aufgestellten Prinzip der Proportionalvertretung. In den Geschäftskreis des Grossen Rates fallen die Beratung von Gesetzesvorschlägen, die Aufsicht über die kantonale Verwaltung, das Begnadigungs- und Amnestierecht, die Bestimmung des Steuerfusses, die Beschlussfassung über Ausgaben und Anleihen, Ratifikation von Konkordaten und Verträgen, Ernennung der richterlichen Behörden, Bürgerrechtsgesuche.
Die ausübende Behörde, der ebenfalls auf eine Amtsdauer von 3 Jahren ernannte Staatsrat (Conseil d'État) besteht aus 7 Mitgliedern, die den einzelnen Verwaltungsabteilungen (Erziehungswesen, Finanz- und Steuerwesen, Oeffentliche Arbeiten, Justiz und Polizei, Handel und Volkswirtschaft, Inneres, Landwirtschaft und Kultus, Militärwesen) vorstehen. Der Gesamtbehörde liegen ob die Bekanntmachung und Durchführung der Gesetze, die kantonale Verwaltung, die Aufsicht über die Gerichte, den Kultus und das Schulwesen, die Vermittlung der Beziehungen zu den eidgenössischen und übrigen kantonalen Behörden etc.
Der Kanton Genf ordnet in den Nationalrat 7 Mitglieder ab, die wie auch die beiden Ständeräte direkt vom Volke gewählt werden.
Die heutige Justizorganisation des Kantons beruht auf dem Gesetz vom das durch dasjenige vom in einigen Punkten abgeändert und ergänzt worden ist. Die richterlichen Funktionen werden ausgeübt durch Schiedsgerichte, Friedensgerichte, einen Gerichtshof erster Instanz, ein Zivil-, Straf- und Korrektionsgericht, den Staatsanwalt und den Untersuchungsrichter, eine Untersuchungskammer, eine Vormundschaftskammer und ein Kassationsgericht.
Alle richterlichen Behörden werden auf eine Amtsdauer von 4 Jahren vom Grossen Rate ernannt, mit Ausnahme der Schiedsgerichte, die von den Arbeitsgebern und Arbeitern nach Berufsgruppen getrennt bestellt werden. Diese gewerblichen Schiedsgerichte entscheiden in allen zwischen Prinzipalen und Angestellten entstehenden Streitigkeiten, wie z. B. Lohnfragen, Arbeitsausführungen und Lehrverträgen. Der Kanton ist in 4 Friedensgerichtsbezirke eingeteilt: Genf, Carouge, Chêne Bourg und Petit Saconnex, von denen die drei letztgenannten wieder in je vier Kreise gegliedert sind. Es gibt 3 Friedensrichter u. 4 Stellvertreter. Der Gerichtshof erster Instanz setzt sich zusammen aus 5 Richtern, 10 Beisitzern, 6 stellvertretenden Richtern u. 6 stellvertretenden Beisitzern; er gliedert sich in 5 Kammern (vier für Zivilsachen und
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eine für Handelssachen) u. entscheidet in allen den Betrag von 250 Franken nicht übersteigenden Streitigkeiten. Das Zivil-, Straf- und Korrektionsgericht besteht aus 3 Richtern, 2 Beisitzern, 5 stellvertretenden Richtern und 3 stellvertretenden Beisitzern. Zwei seiner Richter bilden mit 3 Richtern des gewerblichen Schiedsgerichtes die sog. Cour mixte. Oberste kantonale richterliche Instanz endlich ist das Kassationsgericht mit einem Präsidenten und 3 Richtern.
Der Kanton Genf umfasst 48 politische Gemeinden, wovon 13 rechts und 34 links der Rhone liegen und eine (Stadt Genf) beide Ufer des Flusses umfasst. Jeder Gemeinde steht ein alle 4 Jahre der Neuwahl unterliegender Gemeinderat vor, dessen Mitgliederzahl je nach der Grösse der einzelnen Gemeinden 9, 12 oder 15 betragen kann. Ausübende Behörde jeder Gemeinde ist der Gemeindepräsident (maire) mit 2 Adjunkten. Gemeinderäte, Gemeindepräsident und Adjunkten werden von den Stimmberechtigten ihrer Gemeinde direkt gewählt. Die davon abweichenden Verhältnisse der Stadt Genf S. im Art. Genf (Stadt).
Der Kanton Genf gehört zum 4. eidgenössischen Schwurgerichtskreis, zum 6. Zollkreis, zum 1. Postkreis und zur 1. und 2. Armeedivision. Er stellt zur eidgenössischen Armee die Infanterie Auszügerbataillone 10 und 13, das Bataillon 105 Landwehr ersten und zweiten Aufgebotes, die dritte Kompagnie des Schützenbataillons 2 Auszug, die 4. Kompagnie des Schützenbataillons 9 Landwehr 1. und 2. Aufgebotes, die Batterien 1 und 2 Feldartillerie, die Positionskompagnie 1 Auszug und Positionskompagnie 1 Landwehr.
Endlich liefert er auch noch Truppen zu folgenden Einheiten: Festungsartillerie III, Guidenkompagnie 1, Dragonerregiment 1, Parkkolonnen 1 u. 2, Geniebataillon 1, Trainbataillon 1, Feldlazaret 1, Verwaltungskompagnie 1. 1901 belief sich der Effektivbestand der Genfer Miliz auf 5830 Mann, von denen 3602 dem Auszug und 2228 der Landwehr zugeteilt waren. Militärsteuer bezahlten 9460 Mann, und 261 waren von jeder Dienstleistung befreit. 1902 wurden von 990 Stellungspflichtigen 540 diensttauglich befunden, 100 auf ein Jahr und 48 auf zwei Jahre zurückgestellt und 302 dienstuntauglich erklärt.
Kirchliche Verhältnisse.
Reformierte u. katholische Staatskirche stehen beide unter der Oberaufsicht des Staates, der die Kosten für den Kultus trägt. Der reformierten Kirche steht das Konsistorium vor, dessen je während 5 Jahren amtende 25 Laien- und 6 geistliche Mitglieder von der Gesamtheit aller im Aktivbürgerrecht nicht eingestellten reformierten Schweizerbürger des Kantons gewählt werden. Auf gleiche Weise erfolgt auch die Wahl der Geistlichen. Die Theologieprofessoren an der Universität und die im Amte stehenden Geistlichen bilden zusammen das Kapitel (Compagnie des pasteurs), das den religiösen und Theologieunterricht überwacht, über die Zulassung von Pfarramtskandidaten sein Gutachten abgibt, Kandidaten für die Wahl von Theologieprofessoren empfiehlt (unter Vorbehalt von deren Genehmigung durch das Konsistorium und den Staatsrat), die Aufsicht über die einzelnen Geistlichen ausübt etc. Die katholische Staatskirche hat als Aufsichtsbehörde den sogen. Conseil Supérieur, der sich aus 5 Geistlichen und 25 Laien zusammensetzt.
Während die (alt-)katholische Staatskirche nur einige Tausend Gläubige zählt, gehört die weitaus überwiegende Anzahl der übrigen Katholiken der vom Staate nicht anerkannten römisch-katholischen Konfession an. Römisch-Katholische und Reformierte halten sich im Kanton Genf an Zahl ungefähr die Wage. Die evangelisch-protestantische, deutschreformierte, lutherische, anglikanische, römisch-katholische und griechische Kirche, sowie die Juden sind vom Staat vollkommen unabhängig, haben ihre eigenen kirchlichen Behörden und tragen die Kosten für ihre respektiven Kulte selbst. Das Budget für den Kultus betrug im Jahr 1901 die Summe von 201475 Franken, wovon 122500 Fr. auf die reformierte, 62175 Fr. auf die katholische Kirche und 16800 Fr. auf Verschiedenes entfielen.
Schulwesen.
Schon im 15. Jahrhundert besass Genf eine höhere Schule (Collège), die für ihre Zeit ziemlich umfassende Kenntnisse vermittelte und von Calvin in wesentlichen Punkten verbessert worden ist. Zu gleicher Zeit wurde auch das Volksschulwesen kräftig gefördert, dem seither Staat und Bürger ununterbrochen ihre besondere Sorgfalt zugewendet haben. Wir werden im Abschnitt Finanzwesen zeigen, dass der Staat für seine Unterrichtsanstalten grosse Opfer bringt und alljährlich für das Schulwesen mehr als 2 Millionen Fr., d. h. etwa einen Vierteil der gesamten kantonalen Einnahmen ausgibt.
Dem Departement des Erziehungswesens ist die kantonale Schulkommission beigegeben, welche Behörde aus vom Staatsrat ernannten Nichtschulmännern und aus von den verschiedenen Unterrichtsanstalten erwählten Lehrern besteht. Nach dem Schulgesetz ist der Besuch der Schule obligatorisch vom 6.-15. Altersjahr für alle im Kanton wohnenden Kinder ohne Unterschied der Nationalität. Schon die Verfassung von 1847 hatte die Einteilung in Primar-, Sekundar- und höhern Schulunterricht aufgestellt und auch das Prinzip der Unentgeltlichkeit des Primarschulunterrichtes angenommen. Später hat man dann noch beschlossen, an die Primarschüler auch alle Schulmaterialien gratis abzugeben.
Der Primarschulunterricht umfasst die Kleinkinderschule, die Primarschule im engeren Sinn und die Fortbildungsschule. Diese letztere folgt auf die oberste Klasse der Primarschule und ist obligatorisch für junge Leute im Alter von 13-15 Jahren, denen eine andere Fortsetzung ihres Schulunterrichtes nicht zugänglich ist. Seit 1895 sind mit der Primarschule zwei Einrichtungen verbunden, die bisher in den interessierten Kreisen gute
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Aufnahme gefunden haben: Kinderhort (classes gardiennes) und Schülersuppe (cuisines scolaires). Jener ist dazu bestimmt, die Kinder von den ganzen Tag auswärts beschäftigten Eltern und überhaupt solche, die ohne häusliche Aufsicht bleiben, auch ausserhalb der Schulstunden aufzunehmen, zu beschäftigen und zu überwachen, diese (deren Organisation mit dem Kinderhort verbunden ist) liefert denselben Kindern ihr tägliches Mittagsmahl.
Dem Mittelschulunterricht dienen als die zwei wichtigsten derartigen Einrichtungen das Collège (Kantonsschule) und die höhere Mädchenschule (École secondaire et supérieure des jeunes filles). Beide teilen sich in eine Unter- und Oberstufe und umfassen 7 Schuljahre. Die Oberstufe des Collège gliedert sich ihrerseits wieder in 4 Abteilungen (Realgymnasium, humanistisches Gymnasium, Industrieschule und Lehrerseminar), die Oberstufe der höheren Mädchenschule umfasst eine pädagogische Abteilung (Lehrerinnenseminar) und litterarische Abteilung.
Mit dem Mittelschulwesen verknüpft sind die verschiedenen Zweige des beruflichen Unterrichtes: Berufsschule als Vorbereitung zur Industrieschule (Section technique du Collège), zur Gewerbeschule (Ecole des Arts industriels), zur Kunstschule (École des Beaux-Arts), zur Uhrenmacherschule (École d'Horlogerie), zum Technikum etc.;
freiwillige Abendschulen;
die 12 Sekundarschulen der Landgemeinden des Kantons, deren Unterricht vorzüglich praktische und landwirtschaftliche Ausbildung bezweckt.
Die 1893 begründete Bauhandwerkerschule (École des Métiers) unterrichtet in den dem Bauwesen dienenden Fächern. Das erst seit kurzer Zeit bestehende Technikum gliedert sich in eine Abteilung für Bau- und Ingenieurwesen und eine Abteilung für Mechanik und Elektrotechnik. Bauhandwerkerschule und Technikum dienen beide vorzugsweise der praktischen Berufsbildung. Unterricht in den landwirtschaftlichen Disziplinen erteilen die ländlichen Sekundarschulen, die kantonale Gartenbauschule Châtelaine und die schon früher genannte landwirtschaftliche Winterschule.
Die ehemalige Genfer Akademie datiert aus dem Jahr 1559. 1871 wurde sie zur Universität umgestaltet, die fünf Fakultäten umfasst: eine naturwissenschaftliche, philosophisch-philologische und volkswirtschaftliche, juristische, theologische und medizinische. Dieser letztern ist noch eine zahnärztliche Schule angegliedert. Näheres darüber s. im Art. Genf (Stadt).
Daneben bestehen noch vom Staat eingerichtete Unterrichtskurse für Rekruten und in der Stadt und auf dem Lande gehaltene öffentliche und unentgeltliche Fortbildungskurse. Der Kanton Genf unterhält eine vom Bund subventionierte blühende Gewerbeschule (École des Arts industriels), die in Keramik, Gravüre, Skulptur, Kunstschlosserei und Emailmalerei unterrichtet. Einige weitere Institute sind von der Stadt Genf eingerichtet worden und werden von ihr unterhalten, so die Handelsschule (École de Commerce), Kunstschule (École des Beaux-Arts), Uhrenmacherschule (École d'Horlogerie).
Neben diesen zahlreichen und allen denkbaren Zwecken dienenden öffentlichen und staatlichen Anstalten bestehen noch mehrere Institute, die ihre Entstehung der privaten Initiative verdanken und von denen hier die freie Theologieschule (École libre de Théologie) und das Konservatorium (Conservatoire de Musique) namhaft gemacht werden sollen.
Oeffentliches Gesundheits- und Armenwesen.
Vor dem Jahre 1884 war die staatliche Fürsorge für das öffentliche Gesundheitswesen in Genf noch eine recht unvollkommene. Es ist dann zu jener Zeit eine Amtsstelle für das öffentliche Gesundheitswesen (Bureau de Salubrité publique) eingerichtet worden, die zuerst dem Justiz- u. Polizeidepartement angegliedert war, später aber der Direktion des Innern unterstellt ward. Die diesem Bureau zufallenden Aufgaben sind recht zahlreich und bestehen z. B. in der Ueberwachung und Durchführung der staatlichen Impfung, in der Feststellung der verschiedenen Todesursachen, in der sanitarischen Aufsicht über die Schulen, in der Aufsicht über das Marktwesen, in der Kontrole von Nahrungsmitteln und Getränken, in der sanitarischen Aufsicht über Wohnungen, Fabriken, Gefängnisse etc., in der Inspektion aller zur Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken dienenden Lokale, in der Aufsicht über das Bestattungswesen, die Totenhalle und das Abfuhrwesen, in Massnahmen gegen Epidemien und, Viehseuchen und überhaupt in allen das öffentliche Gesundheitswesen betreffenden Angelegenheiten.
Mit diesem Gesundheitsamt sind ein bakteriologisches und ein chemisches Laboratorium verbunden, deren letzteres im Besonderen die Nahrungsmittel und Getränke zu analysieren und zu prüfen hat. Das Personal des Bureaus besteht aus einem dirigierenden Arzt, einem Assistenzarzt, einem Vorstand des chemischen Laboratoriums mit 2 Gehilfen, einem Vorstand des bakteriologischen Laboratoriums, zwei Architekten, einem kantonalen Tierarzt mit zwei Fleischschauern, zwei Marktaufsehern etc. Dem staatlichen Gesundheitsdienste sind ferner noch Aerzte beigegeben, denen die Impfungen, Totenschau, die Anordnung von Desinfektionsarbeiten und die gesundheitliche Inspektion der Schulen obliegen.
Zur Vornahme der öffentlichen und unentgeltlichen Impfungen ist der Kanton Genf in 10 Kreise eingeteilt. Dieses vom Volke zuerst wenig gewürdigte Institut wird heute sehr geschätzt, so dass die Zahl der Geimpften stetig wächst und von 636 im ersten Jahr bis auf 1094 im Jahre 1894 gestiegen ist. Die sanitarischen Schulinspektionen, deren Dienst in 12 Kreise eingeteilt ist, erstrecken sich im Besonderen auf Hautkrankheiten, von denen als am meisten vorkommend Kopfgrind, Haarschwund, Flechten und als am seltensten auftretend die Krätze konstatiert worden sind.
Seit der Einrichtung dieser zweimal im Jahr stattfindenden ärztlichen Schulbesuche sind sehr wesentliche Fortschritte in der Reinlichkeit der Schulkinder erzielt worden. Bei dieser Gelegenheit wollen wir auch eines in verschiedenen Schulhäusern Genfs unternommenen Versuches gedenken, der in der Errichtung von Schulbädern und warmen Douchen besteht, wo die Schüler in der Zeit vom Oktober bis April zweimal im Monat baden können. Diese Neuerung ist ausserordentlich günstig aufgenommen worden. Sehr schätzenswerte Dienste leistet der Oeffentlichkeit auch das chemische Laboratorium des Gesundheitsamtes, so dass von Jahr zu Jahr die Verfälschungen von Lebensmitteln und Getränken abnehmen. Im Jahr 1901 hat der Kanton für das öffentliche Gesundheitswesen die Summe von 73833 Fr. verausgabt. (Vergl. Vincent, Dr. L'hygiène publique à Genève pendant la période décennale de 1885 à 1894. Genève 1896).
Durch Gesetz vom ist die Organisation der öffentlichen ärztlichen Krankenpflege (Assistance publique médicale) geregelt worden. Man
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versteht darunter alle staatlichen Anstalten und Einrichtungen zur Pflege von armen Kranken, Verunglückten und Gebrechlichen. Alle diese Einrichtungen stehen unter der Aufsicht des Staatsrates und im Besonderen unter derjenigen einer von ihm bezeichneten bestimmten Verwaltungsabteilung; sie werden alle je von einer eigenen Verwaltungskommission geleitet, deren Mitglieder vom Staatsrat und Grossen Rat ernannt werden. Vollkommen ohne Entgelt können in diesen Anstalten nur bedürftige Genferbürger aufgenommen werden, während Nichtkantonsbürger hier auf Kosten des Justiz- und Polizeidepartements verpflegt werden.
Die älteste und wichtigste dieser Anstalten zur öffentlichen Krankenpflege ist der Kantonsspital, der in eine medizinische und chirurgische Abteilung zerfällt und keine Geisteskranke aufnimmt. Mit dem Kantonsspital verbunden ist die unter derselben Verwaltungskommission stehende Frauenklinik (Maternité), die Wöchnerinnen und mit Frauenleiden behaftete Kranke verpflegt. Beide Anstalten dienen wie die gleich zu nennende Irrenheilanstalt auch dem Unterricht an der medizinischen Fakultät der Universität.
Die kantonale Irrenheilanstalt behandelt Geisteskranke, Alkoholiker, Epileptiker und Schwachsinnige und ist 1900 von Plainpalais nach Bel Air (Gemeinde Thônex) verlegt worden. Andere vom Staate betriebene Krankenanstalten sind das Asyl von Loex (für chronische und unheilbare Krankheiten mit Ausnahme von Geistes- und ansteckenden Krankheiten) und das von der Baronin von Rothschild erbaute Erholungshaus (Hospice des Convalescents) in Petit Saconnex (für Erholungsbedürftige u. Unheilbare).
Diese Einrichtungen werden ergänzt durch die 1900 eingerichtete poliklinische Behandlung von bedürftigen Kranken zu Hause (Service d'Assistance médicale à domicile), die in ärztlichen Konsultationen und Besuchen, sowie im Bedürfnisfall auch in der kostenlosen Abgabe von Arzneimitteln, Verbandmaterial und Bädern besteht. Dieser Dienstzweig ist für das Stadtgebiet an die Universitätspoliklinik angegliedert, während die Landgemeinden gruppenweise von je einem vom Staatsrat ernannten Bezirksarzt versehen werden. Die Ausgaben für die staatliche Kranken- und Armenpflege betrugen 1901 518521 Franken, denen noch die vom Justiz- und Polizeidepartement für nichtgenferische Arme und Kranke ausgelegten 294240 Franken zugerechnet werden müssen. Man zählt im Kanton Genf 168 Aerzte, 50 Zahnärzte, 54 Apotheker und 100 Hebammen.
Daneben verdankt der Kanton Genf noch der privaten Initiative und der Freigebigkeit Einzelner zahlreiche andere Anstalten für die Pflege armer Kranken oder die unentgeltliche Abgabe von Arzneien. Wir wollen hier blos deren wichtigste nennen: Spital Butini in Plainpalais (für Frauen und Kinder), Spital Butini in Les Pâquis (für Männer und Knaben; beide Anstalten schliessen ansteckende Krankheiten aus), der von Baron A. von Rothschild gegründete und unterhaltene Spital für Augenkranke in Les Pâquis, der von Diakonissinnen geleitete Kinderspital (Maison des Enfants malades) in Plainpalais, die Apotheke für kranke Kinder (Dispensaire des Enfants malades), das Asile de la Miséricorde (für ledige Wöchnerinnen, die es später auch in Dienst zu bringen versucht), die Fondation Trembley-Tollot in Petit Saconnex (für erholungsbedürftige Frauen und Kinder beiderlei Geschlechtes), das Asile de Pressy (für Frauen und junge Mädchen), die Enfantine in Grand Saconnex (für Kinder beiderlei Geschlechtes). Dieser Liste wären noch anzufügen mehrere Apotheken (Dispensaires), die Kranke und Wöchnerinnen unterstützen und ihnen Arzneien, Nahrung, Leib- und Bettwäsche etc. liefern.
Die staatliche Fürsorge für die Armen, Waisen und Greise ist einer Einrichtung übertragen, die aus dem Jahre 1868 stammt und den Namen des Hospice général trägt. Durch Gesetz vom sind das Vermögen des Genfer Spitales (Hôpital de Genève) und des sog. Bureau de Bienfaisance, sowie die Fondation Tronchin, die Waisenfonds und alle anderen von den einzelnen Gemeinden verwalteten Stiftungen zu einer einzigen Stiftung, dem Hospice général, vereinigt worden.
Dieses untersteht keiner der staatlichen Verwaltungsabteilungen und wird von einer alle drei Jahre zu erneuernden Kommission von 23 Mitgliedern verwaltet, von denen 17 von den resp. Gemeinderäten, 3 vom Grossen Rate und 3 vom Staatsrat ernannt werden. Zum Zwecke der Armenunterstützung zu Hause oder in Anstalten ist der Kanton in 23 Kreise eingeteilt, deren jedem eines der Kommissionsmitglieder vorsteht. Unter der Verwaltung und Aufsicht des Hospice général stehen: das Waisenhaus für Knaben in Chêne Bougeries, das etwa 100 Knaben aufnehmen und erziehen kann;
das Waisenhaus für Mädchen in Varembé, mit Raum für etwa 60 Zöglinge;
das Altersasyl in Anières und das für reformierte Frauen bestimmte Asyl Magnenat in Carouge, die beide zusammen etwa 180 Greise verpflegen können.
Daneben besorgt das Hospice général die Unterbringung von Lehrlingen und die Versorgung von Pensionären in Privatfamilien oder in Spezialanstalten für Schwachsinnige, Geisteskranke, Trinker, Taubstumme, Blinde, Epileptiker, Erholungsbedürftige etc. Die folgenden aus dem Bericht des Hospice für 1901 geschöpften Zahlen können uns einen Begriff von dem Umfange dieser Tätigkeit vermitteln:
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Art der Unterstützung | Zahl der Unterstützten | Wert der Unterstützung Fr. |
---|---|---|
In barem Geld | 2515 | 165038 |
In Naturalien | - | 52670 |
Versorgte Kinder | 317 | 78397 |
Versorgte Greise | 212 | ➚ |
Lehrlinge | 116 | 42811 |
Waisen | 126 | 61856 |
Greise | 212 | 58752 |
Es hat somit 1901 das Hospice général im Ganzen 3498 Personen mit Aufwand einer Gesamtsumme von etwa 460000 Franken unterstützt, während seine Gesamtauslagen sich auf 520484 Franken beliefen. Das Hospice besitzt an Liegenschaften und Kapitalien ein die Summe von 3600000 Franken übersteigendes Vermögen, dessen Zinsenertrag im Betrage von 249890 Fr. den Hauptposten seiner Einnahmen bildet. Das Total der Einnahmen betrug 1901 die Summe von 347823 Fr., die sich neben den genannten Kapitalzinsen aus zahlreichen freiwilligen Gaben, der jährlichen Kollekte (27000 Fr.), Einkaufsgebühren von Neubürgern (10000 Franken), Zuschuss der Polizeikasse (10000 Fr.) etc. zusammensetzen. In seinem Kampfe gegen die Armut ist dem Staat die private Initiative in ausgibiger Weise zu Hilfe gekommen; Angaben über philanthropische Unternehmungen, die nicht vom Staate ausgehen, findet man im Art. Genf (Stadt).
Finanzwesen.
er für die Staatseinnahmen wichtigste Faktor der direkten Steuern ist die Vermögenssteuer (taxe mobiliaire), die jedes Vermögen über 3000 Franken zur Besteuerung zieht und als Progressivsteuer gedacht ist, wobei sich der Pflichtige selbst taxiert. Sie hat dem Staat 1901 die Summe von 1683063 Franken eingebracht. Dazu erhebt der Staat noch von jedem Familienvorstand oder Inhaber eines Mietvertrages eine Mietwertsteuer (taxe locative) im Verhältnis von 1,5% des Mietwertes einer Wohnung für Junggesellen, Witwer und Geschiedene und von 1% für Verheiratete und alle Personen mit minderjährigen Kindern.
Davon befreit sind solche Verheiratete oder Ledige, deren jährlicher Mietzins ein festgesetztes Minimum nicht überschreitet. Die Grundwertsteuern sind so bemessen, dass von jeder Gebäulichkeit 3% ihres Nettoertrages (wobei jedoch der bauliche Zustand des betreffenden Hauses berücksichtigt wird) und von jeder unbebauten Liegenschaft ein ihrem Werte proportionaler Betrag erhoben werden. Ferner werden besteuert das Halten von Dienstboten, Pferden, Wagen, Automobilen und Fahrrädern, von Billards, Hunden etc. Von den Gemeindesteuern der Gemeinden Genf, Plainpalais und Carouge fällt dem Staat ein Anteil im Betrag von etwa 75000 Franken zu. Die einzelnen Gemeinden besteuern Einkommen und Vermögen und teilen zu diesem Zweck die Pflichtigen in 11 Klassen ein, deren 9 erste die verschiedenen Berufsarten umfassen, während die beiden andern von den Rentnern und Grundbesitzern gebildet sind. Es kann ein Steuerpflichtiger in eine, zwei oder in drei dieser Klassen eingereiht und somit einmal, zweimal oder dreimal besteuert werden.
Jedes Jahr wird nach dem Budgetgesetz bestimmt, ob zu Handen des Staates auf einzelnen dieser verschiedenen Steuern Zuschlagstaxen (sog. centimes additionnels) erhoben werden sollen und in welchem Masse dies der Fall sein solle. Im Jahr 1901 sind diese Zuschlagstaxen erhoben worden auf den direkten Steuern, den Kanzleigebühren, der Erbschaftssteuer, der Wirtschaftssteuer und andern Abgaben; sie haben zusammen eine Einnahme von 716924 Fr. erzielt. Die beträchtlichsten Einnahmequellen des Staates sind die Kanzleigebühren und die Stempel- und Hypothekensporteln, die 1901 zusammen 2731975 Fr. eingetragen haben. Andere wichtige Einnahmeposten des Staates sind: Mietwertsteuer 129876 Fr.;
Liegenschaften, Mietzinse und Grundzinse 167280 Fr.;
Anteil am Alkoholmonopol 221472 Fr.;
Schulgelder 259265 Fr.;
Salzmonopol 238020 Fr.;
Militärsteuer 178314 Fr.
In Folgendem geben wir die Tabelle der Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Verwaltungszweige für 1901:
Ausgaben | Einnahmen | |
---|---|---|
Amortisierung der Staatsschuld | 1647083 | - |
Allgemeine Verwaltung, Verschiedenes | 612027 | - |
Finanzdepartement | 327830 | 7033002 |
Erziehungsdepartement | 2062750 | 305704 |
Justiz- und Polizeidepartement | 1598849 | 346922 |
Departement des Innern, der Landwirtschaft und des Kultus. | 955698 | 134199 |
Departement der öffentl. Bauten | 533567 | 93839 |
Militärdepartement | 285757 | 274118 |
Handels- u. Industriedepartement | 179038 | 288197 |
Subventionen u. Unterstützungen | 211469 | - |
Armen- und Krankenwesen | 518521 | - |
Unvorhergesehenes, Ausserordentliches und Verschiedenes | 682743 | 44984 |
Total Fr. | 9615332 | 8520965 |
Seit 1881 hat der Staat Genf 5 Anleihen im Gesamtbetrag von 42674200 Fr. aufgenommen, nämlich 1) 1881 eines im Betrag von 19529200 Fr., zu 3½%, in 66 Jahren rückzahlbar;
2) 1888 Obligationen im Betrag von 900000 Fr., zu 3½%, zu Gunsten der staatlichen Entrepôts;
3) 1900 245000 Fr., zu 3%, zu Gunsten der Wasserversorgung, in 55 Jahren rückzahlbar;
4) ein Anleihen von 10 Millionen Franken, zu 3½%, von 1901 an in 66 Jahren rückzahlbar;
5) ein Anleihen von 12 Millionen Fr., zu 4%, von 1910 an in 55 Jahren rückzahlbar.
Geschichtlicher Ueberblick.
Ueber die Frage der Entstehung Genfs herrscht das tiefste Dunkel. Wir wissen blos, dass Genf im 2. Jahrhundert v. Chr. eine Stadt der Allobroger war und 120 v. Chr. von den Römern erobert worden ist. Julius Cæesar berichtet in seinen Commentaria, dass er hier sein Lager aufgeschlagen und die über die Rhone führende Brücke zerstört habe, um die Helvetier am weitern Vordringen zu verhindern (58 v. Chr.). Zu dieser Zeit gehörte das Gebiet links des Flusses zum Lande der Alloroger, das rechts des Flusses zum Lande der Helvetier.
Das Christentum fand in Genf frühzeitig Eingang. Beim Untergang des Römerreiches kam Genf unter die Herrschaft der Burgunder (456) und entwickelte sich bald zu einer ihrer wichtigsten Städte. Als während der Regierung von König Sigismund (516-524) das Reich Burgund von den Ostgoten überflutet wurde, fiel Genf mit einem Teile des Reiches in die Gewalt dieses Volkes, das sich hier halten konnte, bis 536 ihr Reich dem Ansturm der Franken zum Opfer fiel. Die nun folgende fränkische Periode bietet für die Geschichte von Genf nur wenig Interesse.
Nach dem Tode Karls des Grossen zerbröckelte unter Karl dem Dicken auch das Frankenreich nach und nach, bis 888 das Königreich Neuburgund entstand, zu dessen Hauptzentren nun auch Genf zählte. Durch die Feigheit seines letzten Königs, Rudolfs III. des Unvernünftigen, kam dieses Reich, Genf mit inbegriffen, an Deutschland. Während Genfs Schicksale bis zu dieser Zeit stets aufs Engste mit demjenigen der rund herum gelegenen Mächte verknüpft gewesen, ward die kleine Stadt nun ein
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unter der Oberhoheit des Kaisers stehendes Lehen der Kirche, löste sich als solches von seinen Nachbarn los und lebte in der Folge als beinahe unabhängiges Gemeinwesen, hatte aber stets unter harten Kämpfen sich aller möglichen Eroberungsgelüste zu erwehren. Aus dieser Zeit stammt auch das Wappen von Genf: Schlüssel und Adler, jener das Symbol der Kirche, dieser dasjenige des Kaisers. Die von Friedrich (1017) bis Pierre de La Baume (1533) aufeinander folgenden 40 Bischöfe von Genf übten auf die Geschichte der Stadt einen sehr verschiedenen Einfluss aus: die einen waren gleichgiltig und bequem, die andern führten die Zügel der Regierung mit fester Hand und wahrten ihre Rechte mit allem Nachdruck.
Von diesen zeichneten sich besonders aus Humbert de Grammont, Ardutius, Aymon de Grandson, Guillaume de Marcossay und Adhémar Fabri. Die ersten Bischöfe von Genf mussten sich besonders gegen die begehrlichen Grafen von Savoyen vorsehen, die endlich doch die Schutzvogtei (vidomnat) über die Stadt erlangten, sie aber nur dazu benutzten, um fast alle Macht an sich zu bringen und den Einfluss der Bischöfe so viel als möglich zu schwächen. Der Bürgerschaft kamen diese beständigen Streitigkeiten zwischen den Grafen und Bischöfen in dem Sinne zu gute, als sie sich dadurch immer grössere Freiheiten und Vorrechte zu sichern wusste.
Als mit Amadeus VIII. (1417) die Grafen von Savoyen sich zu Herzogen emporgearbeitet hatten, eroberten sie nach und nach die gesamten Uferländer des Genfersees mit Ausnahme des kleinen Gebietes von Genf. Die Geschichte dieser aufgeregten Zeiten ist voller Kämpfe der Bürgerschaft gegen die immer mehr wachsende Begehrlichkeit des Hauses Savoyen. Dazu kam, dass die Bürger Genfs unter sich selbst uneinig waren und sich in einander heftig befehdende Parteien spaltete, so besonders zu Beginn des 16. Jahrhunderts in die sog. Mamelus (Anhänger Savoyens) und die Eidgnots (Anhänger der Eidgenossen).
Als endlich die Eidgnots die Oberhand erhielten, schloss Genf sein erstes Bündnis mit Freiburg An der Spitze der Eidgnots standen damals Philibert Berthelier, Pierre Lévrier und sein Sohn, François de Bonivard, Besançon Hugues und Jean Pécolat, von denen mehrere in den auf das Bündnis folgenden Wirren ihrer patriotischen Gesinnung zum Opfer fielen. Der Parteikampf wogte auf und nieder, bis es endlich den Eidgnots gelang, am neuerdings mit Freiburg und Bern einen Bund zu schliessen. Als aber trotzdem der Herzog von Savoyen und die berüchtigte Bande der sog. Chevaliers de la Cuiller fortfuhren, Genf zu bedrängen, sandten Bern und Freiburg der Stadt ihre Truppen zu Hilfe, worauf in Vervins am ein Friede zu Stand kam, dessen Bestimmungen am in Payerne endgiltig geregelt wurden.
Während Genf noch mit dem Herzog von Savoyen im Kampf lag, hatte in Deutschland und der Schweiz die Reformation bereits grosse Fortschritte gemacht. Nun unternahmen es Farel und nach ihm Froment, sie auch in Genf einzuführen, stiessen aber auf grosse Schwierigkeiten und konnten ihr Ziel erst 1535 nach dreijährigem Ringen erreichen. Dies hatte wieder zur Folge, dass Freiburg von seinem Bündnis mit Genf zurücktrat, worauf der Herzog von Savoyen sich dies zu Nutze machte und die Stadt neuerdings angriff, aber einer rasch zur Hilfe herangeeilten bernischen Armee wieder weichen musste (1536). Zu dieser Zeit nun kam Calvin nach Genf. Zwei Jahre lang tobte der Kampf zwischen Calvinisten und Libertinern, bis diese Calvins Verbannung durchzusetzen vermochten. Aber schon 1541 wurde der Reformator wieder zurückgerufen, der es nun unternahm, die Sitten der Bewohner und die Gerichtsbarkeit der Stadt vollständig umzuformen und der einen neuen Aufstand der Libertiner siegreich unterdrückte.
Calvin übte trotz der strengen Bestrafung seiner Gegner doch auf Genf einen tiefen und nachhaltigen Einfluss aus. Im Besonderen ist ihm ein kräftiger Aufschwung der Volksbildung zu verdanken, die er allen Schichten zugänglich machen wollte. Er gestaltete Genf zu einem Brennpunkt der Reformation und sorgte dafür, dass der Stadt Ruhm weithin in die Lande drang. Calvin starb 1564. Lange aber dauerte noch sein Regierungssystem fort, bestehend aus einer durch den Kleinen Rat mit absoluter Gewalt herrschenden Aristokratie.
Gründe religiöser Natur bestimmten Bern und Zürich, mit Genf sich zu verbinden, während die katholischen Orte der Eidgenossenschaft aus denselben Rücksichten die Ansprüche von Savoyen verteidigten. Da beschloss Herzog Karl Emmanuel von Savoyen, sich diese Verhältnisse zu Nutze zu machen und dem Vertrag von Vervins zum Trotz einen Handstreich auf Genf zu wagen, der denn auch in der Nacht vom 21./22. (oder 11./12. nach altem Stil) Dezember 1602 zur Ausführung kam, aber vollkommen scheiterte. Es ist dies die in der Geschichte berühmt gewordene Escalade, deren Andenken von den Genfern heute noch jeweils am 11. und 12. Dezember durch patriotische Bankette und Volksmaskeraden gefeiert wird.
Dem neu entfachten Kampf setzte aber sofort das Einschreiten von Frankreich, Spanien, des Papstes und der Eidgenossen ein Ziel, die am zu Saint Julien den Frieden diktierten. Das ganze 17. Jahrhundert ist in Genfs Geschichte durch endlose innere Streitigkeiten charakterisiert, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu einem Volksaufruhr gegen die stolze und harte aristokratische Regierung führten (1707). Trotzdem das Haupt des Aufstandes, Pierre Fatio, hingerichtet wurde, dauerte der Kampf noch 3 Jahre lang fort, bis endlich der Bürgerschaft die verlangten Rechte zugestanden wurden.
Die damit eingekehrte Ruhe war aber nicht von langer Dauer; bald brachen neue innere Streitigkeiten aus, denen endlich durch die von Frankreich. Bern und Zürich 1738 vorgeschlagene Mediationsakte gesteuert wurde. Es folgten 25 Jahre der Ruhe, eine für Genf glänzende Epoche, während welcher Wissenschaft, Kunst und Handel mächtig aufblühten. Die 1763 erfolgte öffentliche Verdammung von Rousseau's Schriften «Contrat social» und «Émile» regte das Volk noch einmal auf, bis es 1768 durch ein Friedensedikt (Édit de pacification) weitere Rechte erlangte. 1782 neuer Volksaufstand, dem am 2. Juli desselben Jahres durch den Einmarsch von sardinischen, bernischen und französischen Truppen in die Stadt und durch den Erlass eines die schon erlangten Volksrechte zum Teil wieder verkürzenden neuen Friedensediktes ein rasches Ende gemacht wurde.
Die Folgen der französischen Revolution haben sich auch in Genf fühlbar gemacht. Trotzdem die Regierung im Bewusstsein ihrer Ohnmacht dem Volke bedeutende Zugeständnisse machte, konnte sie doch den Ausbruch einer Schreckensherrschaft nicht hindern, der 11 vollzogene und 26 in contumaciam ausgesprochene Todesurteile zur Last fallen. Am kam eine neue Verfassung zu Stande, die alle Standesunterschiede zwischen Genfer Bürgern aufhob und die Souveränität des Volkes proklamierte.
Unter dem Vorwand einer in Genf gegen Frankreich bestehenden Verschwörung zog 1798 eine französische Armee vor die Stadt, die sich unterwerfen musste und nun zum Hauptort des Département du Léman wurde. Als kurz nach dem Sturze Napoleons eine österreichische Armee sich nahte, räumten am die französischen Behörden und Besatzungstruppen die Stadt, worauf am zweitfolgenden Tage von einer Anzahl mutiger Bürger die frühere Staatsordnung wieder aufgerichtet ward.
Zugleich ging ins Generalquartier der Verbündeten in Basel eine Deputation ab, die von diesen für den Fall des Sieges ihrer Waffen die Unabhängigkeit von Genf zugesichert erhielt. Schon bedrohten die Franzosen Genf neuerdings, doch machte die bald erfolgende Abdankung Napoleons diesen langen Kämpfen ein Ende, und durch den Frieden von Paris erhielt Genf seine Unabhängigkeit. Zugleich ward der Stadt gestattet, sich an die schweizerische Eidgenossenschaft anzuschliessen. Am marschierten 3 Freiburger Kompagnien in Genf ein, und am wurden Stadt und Kanton Genf endgiltig in den Schweizerbund aufgenommen.
Durch die Friedensverträge von Wien (1815), Paris (1815) und Turin (1816) wurden dem Gebiete von Genf 22 Gemeinden neu angefügt: 6 Gemeinden des Pays de Gex (Collex-Bossy, Meyrin, Pregny, Grand Saconnex, Vernier und Versoix) und 16 Gemeinden Savoyens (Aire la Ville, Avusy-Laconnex-Soral, Bernex-Onex-Confignon, Carouge, Chêne-Thônex, Choulex, Collonge-Bellerive, Compesières. Corsier, Hermance, Lancy, Meinier, Perly-Certoux, Presinge, Troinex und Veyrier). Vorher hatte der genferische