Gebrauche stehenden Phosphorzündhölzchen werden nicht mehr hergestellt, die gegenwärtig fabrizierten bieten weniger Gefahr
in sanitarischer Hinsicht. Herstellung von Zündholzschachteln. Seidenweberei. Seit einigen Jahren hat sich die Fremdenindustrie
stark entwickelt, deren hauptsächlichsten Mittelpunkte heute
Aeschi,
BadHeustrich, das
Kienthal,
Adelboden und
Kandersteg sind.
Häufigen Besuch von Touristen erhalten
Niesen, Blauseeli, Oeschinensee,
Engstligenalp und
Gemmi. Der Amtsbezirk
zählt 11166 Ew. mit 2452 Haushaltungen in 2082
Häusern; 10695 Reformierte und 188 Katholiken; 10714 Ew. deutscher und 22 französischer
Zunge.
Der Amtsbezirk Frutigen wird an seiner schmalsten Stelle, der
Krattighalde, von der Bahnlinie
Thun-Interlaken durchzogen, deren
Bau hier wegen der geologischen Beschaffenheit des
Bodens auf grosse Schwierigkeiten gestossen ist. Seit dem Sommer 1901 ist
auch der übrige Abschnitt des Bezirkes mit der Strecke Frutigen-Spiez der Thunerseebahn an das Netz
der
Berner Eisenbahnen angeschlossen. Dieser erste Teil der künftigen Lötschbergbahn ist 13,7 km lang, hat normale Spurweite
und im Maximum 1,55% Steigung; bemerkenswert sind der Hondrichtunnel und die Strecke von da bis nahe
Mühlenen, wo der
Bahnkörper
dem einstigen Kanderbett folgt.
Zur Sicherung der Bahnanlage hat man die
Kander an zwei
Stellen korrigieren und 5 weitere
Wildbäche verbauen
müssen. Von der linksufrigen Thunerseestrasse zweigt bei
Spiezmoos eine gute Strasse ab, die längs der
Kander über
Emdthal,
Mühlenen,
Reichenbach und Frutigen führt und nach starker Steigung bei
Kandersteg endigt. Hier schliesst sich an
sie der gute Saumweg über die
Gemmi an. Die schöne Strasse Frutigen-Adelboden geht zweimal über das Engstligenwasser und
ferner über die diesem zufliessenden 20
Wildbäche; die Stegmattbrücke spannt sich 51 m hoch über dem Flussbett.
(Kt. Bern,
Amtsbez. Frutigen). 806 m. Gem. und Hauptort des gleichnamigen Amtsbezirkes, an der
Ausmündung des
Engstligenthales ins Thal der
Kander, am linken Ufer des
Engstligenbachs 1 km oberhalb dessen Mündung in die
Kander und 13 km s.
Spiez. Das Dorf steigt amphitheatralisch am N.-Fuss der
Niesenkette auf. Der Thalboden ist hier breit und
von steilen Rasenhängen begrenzt, über denen die von zahlreichen Wildbachschluchten zerfressenen Felswände
der Kette sich erheben.
Frutigen: 189 Häuser, 1380 Ew. Der Kirchgemeinde Frutigen ist neben den eben genannten Siedelungen noch der zur politischen
Gemeinde Reichenbach gehörende WeilerWengi zugeteilt. Ein Grossratsbeschluss hat 1840 die bis dahin ebenfalls dieser Kirchgemeinde
angegliederten Orte Kandergrund, Mitholz und Kandersteg von ihr abgelöst und zu einer Helferei vereinigt, die
nach Vollendung von Kirche und Pfarrhaus in Bunderbach 1859 in eine eigene Pfarrei umgewandelt wurde.
Bezirksspital. Sekundarschule. Hauptbeschäftigung der Bewohner sind Landwirtschaft und Viehzucht, die heute in beträchtlichem
Umfange betrieben werden. Bedeutender Viehhandel und stark besuchte Viehmärkte. 6 Zündholzfabriken. In den Wildbachrunsen
der aus Flyschsandsteinen und -schiefern bestehenden Niesenkette bricht man Schiefer, die in Frutigen
selbst zu Schreibtafeln verarbeitet werden. Uhrsteinschleifereien. Von geringer Bedeutung sind Seidenweberei und Holzschnitzerei.
Die Fabrikation des einst weitbekannten und stark gesuchten sog. Frutigentuches ist heute beinahe völlig eingegangen. Dafür
hat sich in neuerer Zeit die Fremdenindustrie mächtig entwickelt. Frutigen ist der Ausgangspunkt des häufig begangenen
Weges über die Gemmi und der Strasse zum klimatischen Kurort Adelboden. Mehrere Gasthöfe. Im Sommer grosser Wagenverkehr auf
den Strassen nach Kandersteg und Adelboden. Mühlen.
Frutigen mit der Tellenburg.
Zu beiden Seiten der die Ortschaft in das Oberdorf und Unterdorf trennenden 1 km langen Hauptgasse stehen schöne Häuser. Mitten
im Dorf zweigt davon die Strasse nach Kandersteg ab, die zunächst mit einer eisernen Brücke über den
Engstligenbach setzt, dann das Aussenviertel Widi durchzieht und am weiten Schiessplatz vorübergeht, wo alle 2 Jahre ein Bezirksschützenfest
abgehalten wird. Auf einer Anhöhe über der Kanderbrücke stehen die noch beträchtlichen Ueberreste der 1885 durch eine
Feuersbrunst zerstörten Tellenburg.
Hoch über dem Dorf die Pfarrkirche mit ihrem hohen Turm, eine ausgeprägt typische BernerOberländer Kirche; daneben eine
hoch gewachsene alte Linde. Von hier aus weite Rundsicht auf die ganze umliegende Landschaft und weiterhin auf Doldenhorn,
Altels, Balmhorn und die Gebirge
um das Thal von Adelboden. Die erste Kirche soll in Frutigen von König
Rudolf II. von Burgund 933 erbaut worden sein; 1421 folgte ein Neubau, der 1726 mit dem ganzen Dorf Frutigen durch eine Feuersbrunst
in Asche gelegt wurde, während der Brand vom die wiederum erstandene Kirche verschonte. Damals hat man das Dorf nach
einem neuen Bauplan aufgebaut und seine Häuser aus Stein errichtet. 1830 verursachte ein Ausbruch des
von der Niesenkette herabkommenden Leimbachs grosse Verheerungen, deren Folgen z. T. heute noch sichtbar sind.
Aus vorhistorischer Zeit ist oberhalb Frutigen ein Bronzebeil aufgefunden worden. Im 11. Jahrhundert war das Frutigland unmittelbares
Reichsland, woher wahrscheinlich auch der Reichsadler im Wappen der Ortschaft stammt. 1232: Wrutingium;
1234: Frutingen. Im 12. und 13. Jahrhundert tauchen die Edelgeschlechter von Kien, Scharnachthal und Faltschen auf. Die ersten
urkundlich beglaubigten Herren des Landes waren zu Beginn des 13. Jahrhunderts die Freiherren von Wädiswil, von denen aber
die Herrschaft durch Heirat schon 1302 an das Walliser Geschlecht Im Thurm zu Gestelen (La Tour-Châtillon)
überging. 1400 verkaufte Anton Im Thurm das Frutigland an Bern,
bei welcher Gelegenheit sich dessen Bewohner gewisse Ausnahmsrechte,
so namentlich ihr eigenes Zivil- und Strafrecht, zu sichern verstanden.
Die Verwaltung besorgte ein auf der Tellenburg wohnender bernischer Burgvogt. Die Reformation fand im
Frutigland kräftigen Widerstand und konnte 1528 nur durch Anwendung von Zwangsmitteln durchgeführt werden. Ursprünglich
zerfiel das ganze Land in nur zwei Kirchgemeinden: Frutigen und Aeschi. 1433 erstand dann die Kirche zu Adelboden und 1564 diejenige
zu Reichenbach. Eine heftige Pestseuche raffte 1669 in Aeschi 313 und in Adelboden 550 Personen hinweg. 1798 zeichneten
sich die Frutigländer im Gefecht von Neuenegg durch besondere Tapferkeit aus. Vergl. Stettler, Karl. Das Frutigland.Bern
1887. -
Stettler, Karl. Des Frutiglands Geschichte.Bern
1901.