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Herren von Estavayer scheinen zuerst Dienstmannen der Herzoge von Zähringen und dann der Grafen von Savoyen gewesen zu sein. Estavayer muss schon früh eine eigene Kirchgemeinde gebildet haben, erscheint aber als solche erst 1228. Es war auch eine der Städte, die das Recht hatten, ihre eigenen Vertreter in die Waadtländer Ständeversammlung abzuordnen. Der erste geschichtlich bekannte Herr von Estavayer ist der in den Urkunden von 1135-1159 als einziger seines Namens und Geschlechtes genannte Raynald I. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts spalteten sich seine Nachkommen in drei Zweige: die Herren von Vieux Châtel, Chenaux und Savoyen, die alle an der Oberhoheit über die Stadt noch ihren Anteil hatten. Am verliehen Isabelle de Châlon, Dame de Vaud et d'Estavayer, und die Ritter Aymon und Pierre d'Estavayer der Stadt eine Reihe von Freiheiten und Vorrechten.
Berühmt durch seinen Rechtsstreit mit Otto von Grandson ist Gérard d'Estavayer; Claude d'Estavayer verteidigte zur Zeit der Burgunderkriege die Stadt kräftig gegen die Eidgenossen, konnte aber ihre Erstürmung nicht hindern, wobei er kämpfend seinen Tod fand. Zur Zeit der Eroberung der Waadt kam Estavayer 1536 an Freiburg, das es zum Sitz einer Landvogtei umgestaltete. Seine Vorrechte wurden 1611 bestätigt und 1761 in einem eigenen Gesetzbuch, dem sogen. Coutumier d'Estavayer, niedergelegt.
Verschiedene Glieder des reichen und einflussreichen Geschlechtes der Herren von Estavayer haben sich als Gouverneure der Grafschaft Neuenburg, als Räte der Städte Freiburg und Solothurn und als Offiziere in französischen Diensten hervorgetan. Es ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts erloschen. Der grosse Zehnten, der im Prinzip dem jeweiligen Pfarrer von Estavayer zustand, wurde von Papst Innozenz IV. dem Bistum Lausanne verliehen; nach der Eroberung der Waadt kam er an Bern, das ihn in der Folge an Freiburg abtrat.
Sein Inhaber (amodiateur) war verpflichtet, den Bürgern der Stadt einmal jährlich ein grosses Festmahl (banquet royal oder, allgemeiner, Conrey genannt) zu spenden, das dem Schutzheiligen der Stadt zu Ehren am St. Laurentius-Tage auf der Place Chenaux stattfand und nach dessen Beendigung die Teilnehmer gemeinsam zur Kirche zogen, um der Messe beizuwohnen und für die Stifter des Festmahls ein Totenamt zu feiern. Wie so viele andere alte Bräuche, die mit der Zeit alle mehr oder weniger ausarteten, ist auch dieses Festmahl allmählig verschwunden und durch eine, endlich ebenfalls aufgehobene, Kompensation in barem Gelde ersetzt worden.
Estavayer hat einer Reihe von hervorragenden Männern das Leben gegeben. Wir nennen: Conon d'Estavayer, Kanonikus und Propst der Kathedrale von Lausanne (im 13. Jahrhundert), den Verfasser des für die profane und Kirchengeschichte der französischen Schweiz eine unerschöpfliche Quelle bildenden Cartulaire;
Humbert von Savoyen, Coseigneur d'Estavayer, der in der berühmten Schlacht von Nikopolis König Sigismund von Ungarn und die von Jean Sans-Peur geführten französischen Edelleute von Bajazet geschlagen) mitkämpfte, in die Gewalt des Siegers fiel und erst nach 7 Jahren harter Gefangenschaft gegen Lösegeld wieder frei gegeben wurde;
den 1600 geborenen Mathematiker Jean Juat;
Christophe de Molin oder Miloeus, eine litterarische Berühmtheit des 16. Jahrhunderts, Professor am Collège de la Trinité in Lyon und Verfasser einer grossen Anzahl von in Lyon, Florenz und Basel verlegten Werken;
Alexis Genet, Doktor der Sorbonne, Leiter der École Militaire zu Paris, St. Lazarusritter etc.;
den Kanonikus und Geschichtsschreiber Jacques Philippe Grangier (1743-1817);
den Litteraturhistoriker und Linguisten Louis Grangier (1817-1891), der während mehr als 30 Jahren
die Nouvelles Étrennes Fribourg
eoises herausgab.
Bibliographie:
Grangier, Jacques Philippe. Annales soit mémoires pour servir à l'histoire d'Estavayer et lieux circonvoisins.
Manuskript. 5 vol. - Gremaud, J.
Le Château de
Chenaux à
Estavayer (in
Fribourg artistique. 1892). - Étrennes fribourg
eoises.
III, 80; IV, 91; V, 77; VII, 14; XIII, 69; XV, 110. - Mémoires et documents publ. par la Société d'hist.
de la Suisse romande. XXVII, 114.