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Propstei Broc zugeteilt, seit 1578 eigene Kirchgemeinde.
Propstei Broc zugeteilt, seit 1578 eigene Kirchgemeinde.
le Gibloux oder Estavayer En Ogoz, deutsch Stäffis am Gibel (Kt. Freiburg, Bez. Saane). 705 m. Gem. und Dorf, am Glèbes und am N.-Hang des Mont Gibloux, 4 km s. der Station Cottens der Linie Bern-Freiburg-Lausanne. Postablage, Telephon. 40 Häuser, 260 kathol. Ew. Gemeinsame Kirchgemeinde mit Rueyres, Saint Laurent, Villarsel le Gibloux und Villarlod. Viehzucht und Milchwirtschaft, Getreidebau, Holzhandel. Säge. Molkerei. Pfarrkirche zu St. Clément, 1847 geweiht. Sehr alte Kirchgemeinde. Am ganzen W.-Hang des Mont Gibloux zahlreiche Ueberreste aus Vorgeschichte, Römerzeit und Mittelalter; bei der Kirche von Estavayer hat man den Unterbau von römischem Mauerwerk blosgelegt. In der Gegend viele in architektonischer Hinsicht besonders merkwürdige Häuser aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die Landschaft um Estavayer weist mit ihren dunkelbewaldeten Berghängen einen strengen Charakter auf. Von den benachbarten Höhen schöne Aussicht. Viele vereinzelte Häusergruppen, wie z. B. Les Planchettes, Praz Miaux, Le Vivier, Les Errouvenoux, Le Charmet, Le Pré de la Cure, Le Praz de l'Épenaz, Sur les Côtes u. Masagne. 1163: Stavaiel; 1227: Staviolum sub Jublor; 1328: Stavayer lo Jublour; 1513: Estavayer le Gibliauz.
le Lac, deutsch Stäffis am See (Kt. Freiburg, Bez. Broye). Oberstadt 464, Unterstadt 437 m. Hauptort des Bezirkes Broye, 25 km wnw. Freiburg. Reizende kleine Stadt am rechten Ufer des Neuenburgersees in fruchtbarer und gut angebauter Gegend malerisch gelegen. Station der Linie Freiburg-Payerne-Yverdon; Dampfboote nach Neuenburg und den übrigen Ortschaften am See. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach Prahins und Avenches. Gemeinde, mit Vers la Gare: 262 Häuser, 1636 kathol. Ew.; Stadt: 237 Häuser, 1511 Ew. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist Landwirtschaft, doch entwickeln sich auch Handel und Industrie immer mehr. Eine Zigarren- und Tabakfabrik, Glockengiesserei, zahlreiche Bau- und Möbelschreinereien, Schlosser- und Steinhauerwerkstätten, Mühlen und Sägen, eine Buchdruckerei (druckt drei Zeitungen).
Sekundarschule, zahlreiche Primarschulklassen, eine reformierte Schule, Pensionnate für junge Leute beider Geschlechter, mehrere Leihkassen. Gesang-, Musik-, Schiess- und Turnvereine, gemeinnützige Gesellschaften, landwirtschaftliche Genossenschaften. Im ehemaligen Jesuitenpensionnat, dessen Kirche heute dem reformierten Gottesdienst eingeräumt ist, der Bezirksspital der Broye (dessen Gründung hauptsächlich dem Pfarrer Guinard von Belfaux zu verdanken ist).
Wasserversorgung (Quellfassungen auf den Höhen von Châtillon). Das Städtchen hat sich seinen mittelalterlichen Charakter noch wohl bewahrt: alte Türme, Laubengänge und Tore mit Wappenschilden. Auch die Ringmauer ist noch erhalten. Zahlreiche Neu- und Umbauten geben dem Ort aber allmählig doch einen modernen Anstrich: Umbau der Pfarrkirche, Vergrösserung des Bezirksspitals, neues Schulhaus, Postgebäude, Kasino-Theater etc. Früher wurden die Häuser der Unterstadt und der Fuss des Steilufers, das den alten Burgturm trägt, noch direkt von den Wellen des Sees bespühlt; seit der Durchführung der Juragewässerkorrektion ist aber der Seespiegel derart gesunken, dass der ehemalige Hafenplatz unbrauchbar geworden ist und durch einen neuen, am Aussenende eines langen Hafendammes gelegenen Landungsplatz hat ersetzt werden müssen. Der trocken gelegte breite Strand ist seither mit Bäumen und Sträuchern (Weiden, Erlen, Birken) bepflanzt worden; auf ihm liegen zahlreiche erratische Blöcke. Mehrere Pfahlbaustationen aus der Eisen- und Bronzezeit, mit reicher Ausbeute an Fundgegenständen. Einige römische Altertümer. Zur Bronzezeit muss hier eine Werkstätte zur Herstellung von Fibeln und Schmuckgegenständen für Frauen bestanden haben.
Einige der Bauwerke der Stadt sind besonderer Erwähnung wert. Die Pfarrkirche zu St. Laurent, Ende des 14. Jahrhunderts erbaut, mit schöner Aussentreppe, schönem Kirchturm und einigen Glockentürmchen; prächtiger Hauptaltar, bemerkenswerte Malereien, schmiedeeisernes Gitter, Kirchenstühle aus 1522, altertümliche Kelche und Antiphonarien; Orgel von Aloys Mooser. Während früher die kirchlichen Funktionen von 14 Geistlichen besorgt wurden, amten heute nur noch deren vier. - Nahe der Kirche die Place de Moudon, eine von einer alten Linde beschattete Terrasse mit prachtvoller Aussicht auf den Neuenburgersee, das Neuenburger Ufer und den Jura. Hier versammelten sich einst an schönen Sommer- und Herbstabenden die Bürger des Städtchens, um ihre Heimatslieder zu singen und nach einer originellen Melodie ihre Rundtänze (coraules) zu tanzen. - Die alte Burg, bemerkenswert sowohl durch ihre Lage auf dem Steilufer über dem See als auch durch ihre massive viereckige Bauart, ihre Gräben, Mauern, Türme und doppelten Umfassungsmauern. Der Burgturm ist etwa 45 m hoch; von ihm aus ausgedehnte Fernsicht. Daneben der der Stadt zugekehrte viereckige Turm Jaquemart. Heute ist die Burg Sitz der Bezirksbehörden. - Das Dominikanerinnenkloster, in dessen Chor Guillaume d'Estavayer († Chorherr zu Lausanne und Archidiakon von Lincoln in England, ruht, ein Hauptgönner des Klosters, dem er sein am neuen Stadtgraben gelegenes Haus schenkte; andere Förderer des Klosters waren die Herren von Estavayer, Billens, La Molière, Neuchâtel-Gorgier, Fégely, Affry und Forel, sowie Frau La Poype etc. Die aus der Gegend von Lausanne gekommenen Dominikanerinnen liessen sich ums Jahr 1316 in Estavayer nieder; zwei Flügel des baufällig gewordenen Klosters wurden 1687, der dritte 1735 neu aufgebaut.
Die aus dem Jahr 1319 stammende Klosterkirche mit Ausnahme des um 1440 von dem hier begrabenen Humbert von Savoyen († 1443) errichteten Chores und der Rosenkranzkapelle umgebaut und am neu geweiht. Das Kloster 1848 auf den Aussterbeetat gesetzt, aber 1857 wieder in seine vollen Rechte eingesetzt. Auch andere religiöse Gemeinschaften hatten sich zeitweilig in Estavayer niedergelassen. Die Inquisitoren erschienen 1685, die Minoriten zu Beginn des 17. Jahrhunderts, Ursulinerinnen wohnten hier 1637 bis 1677, 1747 gründeten Schwestern vom Orden Herz Jesu (Sacré Cœur) hier ein Kloster, zu Beginn des 19. Jahrhunderts tauchten die Brüder vom christlichen Glauben auf, Trappisten und bald nachher auch Liguorianer eröffneten Schulen. Der Grosse Rat erlaubte mit seinem Beschluss vom den Jesuiten zu Brig, ihr Noviziat hierher zu versetzen (seit 1848 wieder aufgehoben). Die Kapelle von Rivaz (Notre Dame de Consolation et Sainte Marguerite), in der einige Glieder des Geschlechtes von Neuchâtel-Gorgier ruhen, im 15. Jahrhundert von Jacques Catelan gestiftet und 1487 von Dom Assenti d'Estavayer, Chorherrn von Lausanne, in gotischem Stil umgebaut. - Bemerkenswert noch durch seine schöne Lage am See das Landhaus und die Kapelle La Corbière.
Die Anfänge der Stadt und des Geschlechtes derer von Estavayer sind unbekannt. Der Name erscheint urkundlich nicht vor der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Die ¶
Herren von Estavayer scheinen zuerst Dienstmannen der Herzoge von Zähringen und dann der Grafen von Savoyen gewesen zu sein. Estavayer muss schon früh eine eigene Kirchgemeinde gebildet haben, erscheint aber als solche erst 1228. Es war auch eine der Städte, die das Recht hatten, ihre eigenen Vertreter in die Waadtländer Ständeversammlung abzuordnen. Der erste geschichtlich bekannte Herr von Estavayer ist der in den Urkunden von 1135-1159 als einziger seines Namens und Geschlechtes genannte Raynald I. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts spalteten sich seine Nachkommen in drei Zweige: die Herren von Vieux Châtel, Chenaux und Savoyen, die alle an der Oberhoheit über die Stadt noch ihren Anteil hatten. Am verliehen Isabelle de Châlon, Dame de Vaud et d'Estavayer, und die Ritter Aymon und Pierre d'Estavayer der Stadt eine Reihe von Freiheiten und Vorrechten.
Berühmt durch seinen Rechtsstreit mit Otto von Grandson ist Gérard d'Estavayer; Claude d'Estavayer verteidigte zur Zeit der Burgunderkriege die Stadt kräftig gegen die Eidgenossen, konnte aber ihre Erstürmung nicht hindern, wobei er kämpfend seinen Tod fand. Zur Zeit der Eroberung der Waadt kam Estavayer 1536 an Freiburg, das es zum Sitz einer Landvogtei umgestaltete. Seine Vorrechte wurden 1611 bestätigt und 1761 in einem eigenen Gesetzbuch, dem sogen. Coutumier d'Estavayer, niedergelegt.
Verschiedene Glieder des reichen und einflussreichen Geschlechtes der Herren von Estavayer haben sich als Gouverneure der Grafschaft Neuenburg, als Räte der Städte Freiburg und Solothurn und als Offiziere in französischen Diensten hervorgetan. Es ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts erloschen. Der grosse Zehnten, der im Prinzip dem jeweiligen Pfarrer von Estavayer zustand, wurde von Papst Innozenz IV. dem Bistum Lausanne verliehen; nach der Eroberung der Waadt kam er an Bern, das ihn in der Folge an Freiburg abtrat.
Sein Inhaber (amodiateur) war verpflichtet, den Bürgern der Stadt einmal jährlich ein grosses Festmahl (banquet royal oder, allgemeiner, Conrey genannt) zu spenden, das dem Schutzheiligen der Stadt zu Ehren am St. Laurentius-Tage auf der Place Chenaux stattfand und nach dessen Beendigung die Teilnehmer gemeinsam zur Kirche zogen, um der Messe beizuwohnen und für die Stifter des Festmahls ein Totenamt zu feiern. Wie so viele andere alte Bräuche, die mit der Zeit alle mehr oder weniger ausarteten, ist auch dieses Festmahl allmählig verschwunden und durch eine, endlich ebenfalls aufgehobene, Kompensation in barem Gelde ersetzt worden.
Estavayer hat einer Reihe von hervorragenden Männern das Leben gegeben. Wir nennen: Conon d'Estavayer, Kanonikus und Propst der Kathedrale von Lausanne (im 13. Jahrhundert), den Verfasser des für die profane und Kirchengeschichte der französischen Schweiz eine unerschöpfliche Quelle bildenden Cartulaire;
Humbert von Savoyen, Coseigneur d'Estavayer, der in der berühmten Schlacht von Nikopolis König Sigismund von Ungarn und die von Jean Sans-Peur geführten französischen Edelleute von Bajazet geschlagen) mitkämpfte, in die Gewalt des Siegers fiel und erst nach 7 Jahren harter Gefangenschaft gegen Lösegeld wieder frei gegeben wurde;
den 1600 geborenen Mathematiker Jean Juat;
Christophe de Molin oder Miloeus, eine litterarische Berühmtheit des 16. Jahrhunderts, Professor am Collège de la Trinité in Lyon und Verfasser einer grossen Anzahl von in Lyon, Florenz und Basel verlegten Werken;
Alexis Genet, Doktor der Sorbonne, Leiter der École Militaire zu Paris, St. Lazarusritter etc.;
den Kanonikus und Geschichtsschreiber Jacques Philippe Grangier (1743-1817);
den Litteraturhistoriker und Linguisten Louis Grangier (1817-1891), der während mehr als 30 Jahren die Nouvelles Étrennes Fribourgeoises herausgab.
Grangier, Jacques Philippe. Annales soit mémoires pour servir à l'histoire d'Estavayer et lieux circonvoisins. Manuskript. 5 vol. - Gremaud, J. Le Château de Chenaux à Estavayer (in Fribourg artistique. 1892). - Étrennes fribourgeoises. III, 80; IV, 91; V, 77; VII, 14; XIII, 69; XV, 110. - Mémoires et documents publ. par la Société d'hist. de la Suisse romande. XXVII, 114.