Der Höhenunterschied zwischen dem
Spiegel des
Baldeggersees und dem höchsten Punkte im sogen. Kuhwald beträgt 344 m. Die
Länge der Erlosen beträgt ca. 12 km und die Breite zwischen
HitzkircherAa und der
Wina auf der Projektionsebene gemessen 4 km.
Der grösste Teil der Oberfläche ist mit
Wald bedeckt. So finden wir auf dem
NO.-Hang den ausgedehnten
Erloserwald, am
SW.-Hang gegen
Münster und
Neudorf hin den Kuhwald, Lindenwald und Bromerwald. Bemerkenswert sind ferner die
sogen.
Tobel.
Die
Wasser des
Berges eilen nämlich meist geradlinig, fast rechtwinklig zur Hauptrichtung des Höhenzuges in die
Thäler hinab.
Die
Betten dieser
Bäche sind gewöhnlich tief eingeschnitten. Die beiden Ufer, steinige
Halden, sind bewaldet,
in der Regel mit Laubholz, vorzugsweise
Buchen. Der Bach und die bewaldeten Ufer zusammen bilden diese
«Tobel». Die vorgenannten
ausgedehnten Waldungen bestehen fast ausschliesslich aus
Tannen, worunter wir wieder hauptsächlich die Rottanne treffen.
Das offene Land ist wohlangebautes Kulturland. Der Boden ist zwar etwas leicht, moränenartig (kiesig);
man trifft darin erratische Blöcke von ziemlicher Grösse an.
Im Sagenkreise des Kantons Luzern
spielen die Erlosen eine hervorragende
Rolle; ^[Note:] sie sind der eigentliche Blocksberg
der örtlichen Hexengeschichte. Auf der Erlosen, an einer abgeholzten Stelle des Erloserwaldes, versammelten sich zu Zeiten
die Hexen und hielten hier ihren Hexensabbath ab. Von allen
Seiten kamen sie dazu auf den Hexenbesen angeflogen. Fast in jedem
Hexenprozesse und Hexenverhöre werden die Erlosen genannt.
Die Erlosen sind jetzt noch der schönen Aussicht wegen viel besucht. Sie gewähren einen herrlichen
Ausblick auf die umliegenden
Thäler, in die
Voralpen und selbst auf die schneeweissen Gipfel der
Hochalpen. Vielbesuchte Aussichtspunkte
sind
Ober Reinach,
Ludigen,
Herlisberg und
Schwarzenbach.
(Kt. Thurgau,
Bez. Kreuzlingen).
400-440 m. Gem. und grosses Dorf, am
Untersee schön gelegen, 7 km w. Konstanz. Zerfällt in die
zwei getrennten Abschnitte des Dorfes und des
«Staad» (Gestade). Ersteres liegt an der Strasse
Konstanz-Schaffhausen und ihren
gegen
SchlossHard und
Fruthwilen-Märstetten nach S. abgehenden Verzweigungen; der
Staad, unmittelbar am
Seeufer gelegen, bildet auf einem in den
See vorgeschobenen und landfest gewordenen Delta einen Kreisbogen und ist stets von
einer Flottille von Gondeln, Nachen und Motorbooten umgehen.
Zwischen Dorf und
Staad zieht die Bahnlinie durch. Gemeinde, mit
Triboltingen: 326
Häuser, 1728 Ew.; Dorf: 258
Häuser, 1410 Ew.,
wovon 1244 Reformierte und 166 Katholiken. Bedeutende Station der Linie Konstanz-Schaffhausen. Zollamt, Postbureau, Telegraph,
Telephon. Früher bedeutender Landungsplatz für Segelschiffe, heute eine der wichtigsten Stationen der Dampfboote des
Untersees.
In gerader Fortsetzung der zum
Hafen führenden Strasse zieht sich eine 150 m lange hölzerne Landungsbrücke
in den
See hinaus.
Der Dialekt der Bewohner von
Staad zeigt die sonst nirgends^[Berichtigung: nur noch im st. gallischen Oberrheinthal] anzutreffende
Eigentümlichkeit, dass der Diphthongh
ei in ein dunkles, langgezogenes oa umgewandelt wird, so dass z. B. Wörter wie
Stein,
Bein, kein,
Leiter als Stoa, Boa, koa, Loater ausgesprochen werden.
Staad ist bei Hochwasser oft Ueberschwemmungen
ausgesetzt, so dass die endliche Durchführung der zur Regulierung der Seewasserstände vorgeschlagenen Massnahmen mit Ungeduld
erwartet wird.
Geplant wird eine elektrische Strassenbahn Ermatingen-Konstanz-Münsterlingen, da Ermatingen und die umliegenden
Schlösser
beliebtes Ausflugsziel der Konstanzer sind. Ermatingen ist auf dem besten
Wege, ein Kurort ersten Ranges
zu werden. Neben der Fremdenindustrie haben sich eine Reihe von andern industriellen Erwerbszweigen erst seit Kurzem eingebürgert,
so dass sie bis jetzt noch verhältnismässig wenige Hände beschäftigen. Es sind die Herstellung von
Waagen aller Art, von
Blechbüchsen, Karton- und Werkzeugfabrikation,
Bau von Luxuswagen, dann die Stickerei als Hausindustrie (10-12
Stickmaschinen), eine
Säge für
Bauholz, zwei Kleiderfabriken.
Holz- und Viehhandel, dieser besonders von den in
Wangen (Grossherzogtum
Baden) ansässigen
Juden betrieben, die in Ermatingen
eigene Stallungen gemietet haben. Haupterwerbsquelle der Bewohner ist aber immer noch die Landwirtschaft; mit Ausnahme von
etwa 20 ausschliesslich von der Fischerei lebenden Männern bebauen auch die Fischer von
Staad alle noch
einige kleine Aecker und Weinberge. Boden sehr fruchtbar und Klima günstig, so dass hier der Pflanzenwuchs durch seine
Fülle
einen auffallenden Gegensatz zu dem im
Thurthal bildet. Im Grossen und mit Sorgfalt wird besonders die Frühjahrsrosenkartoffel
gebaut, die in grossen Massen auf den Konstanzer
Markt zum Verkauf ausgeführt wird.
Als Dünger wird (heutzutage allerdings seltener als früher) eine im
See wachsende Wasserpflanze, das sog. Wasserheu, verwendet,
die man im Winter zur Zeit des Niedrigwasserstandes einsammelt. In den Beständen dieses Armleuchtergewächses (Chara) tummelt
sich die Groppe, ein kleiner Fisch mit breitem
Kopf, der einem der Ortschaft Ermatingen eigentümlichen
Fest, der sog. Groppenfastnacht, seinen Namen gegeben hat. Ueber den
Ursprung dieses
Festes sind die Meinungen noch verschieden,
indem es von den Einen mit dem Konzil zu Konstanz in Verbindung gebracht, von den Andern aber als alter germanischer
Brauch
angesprochen wird.
Weitbekannt ist Ermatingen durch seinen Handel mit Fischen geworden, die hauptsächlich in die übrigen
Teile der
Schweiz, ins Grossherzogtum
Baden und nach Württemberg ausgeführt werden; Forellen von Ermatingen kommen sogar
in Paris auf den
Markt. Der wichtigste und lohnendste Zweig der Fischerei ist der
Fang des Gangfisches, einer kleinen Felchenart
mit ausgezeichnet zartem Fleisch. Der Fisch wird im Winter gefangen und für den Export geräuchert.
Eine grosse, von der Eidgenossenschaft unterstützte Fischbrutanstalt sorgt für die stetige Neubevölkerung des
Sees. Während
der Laichzeit 1899-1900 hat die Anstalt aus 3546000 Eiern vom Silberfelchen 3195000, aus 1962000 Eiern vom Gangfisch 1737000
und aus 390000 Eiern von der Aesche 222000 junge Fischchen ausgebrütet.
Sowohl vom
See als auch von den umliegenden Höhen aus gesehen, bietet Ermatingen mit seinem Umgelände einen reizenden Anblick
dar. Vom
See aus sieht man zunächst den
Staad mit seinen unregelmässig, aber originell
¶
mehr
gruppierten Gebäudekomplexen, höher oben folgen, mitten in prächtig grünen Gärten und Obstbaumhainen versteckt, die
gut eingerichteten hohen Häuser des Dorfes, dann kommt die Kirche mit ihrem massiven Turm und ihrem steilen Giebeldach, und
das Ganze endlich wird beherrscht von Landhäusern u. Schlössern (Lilienberg, Breitenstein, Wolfsberg), hinter denen die mit
Reben, Wiesen, Aeckern, Obstbäumen und, zu oberst, mit Buchen- und Tannenwaldungen bestandenen Hänge ansteigen. 300 ha
dieser Wälder sind Ermatinger Bürgergut.
Noch schöner ist der Blick von den Höhen des schweizerischen Ufers auf den See, die prächtige, mit Villen und Kirchen übersäete
InselReichenau und hinüber ins badische Gebiet. Am schönsten geniesst man die Aussicht von dem 20 Minuten
über Ermatingen in 517 m Meereshöhe gelegenen SchlossWolfsberg aus, das heute zu einem Gasthof mit Restaurant umgewandelt
ist und stark besucht wird. (Reichhaltige Sammlung von Altertümern). Von hier aus liegen dem Blick der Untersee, die Reichenau,
Konstanz mit Umgebungen und das abwechslungsreiche schwäbische Hügelland offen da. Bemerkenswert ist
auch das s. vom Dorf in romantischem Tobel gelegene und von prächtigen Bäumen und wasserreichen Parkanlagen umgebene SchlossHard, das 1898 von einer Aktiengesellschaft angekauft und zu einer Trinkerheilanstalt für die wohlhabenden Klassen eingerichtet
wurde.
Die Gegend von Ermatingen ist schon frühzeitig besiedelt gewesen. Eine grosse Pfahlbaustation hat man
im «Bügen», in der w. vom Dorf gelegenen Seebucht, aufgefunden. Auf den
Aeckern sind hier und da römische Münzen zum Vorschein gekommen, und die Erdarbeiten beim Bau der Eisenbahn haben 1875 zahlreiche
Alemannengräber zu Tage gelegt. Im Wald über Ermatingen ist ein Steinbeil gefunden worden. Pfahlbaustationen
aus der Steinzeit im obern Staad und im Westerfeld.
Gräber mit zu Asche gebrannten Leichen bei der Musegg. Karl Martel schenkte 1724 Ermatinga dem soeben von Sintus gestifteten
Kloster Reichenau; nachdem es diesem lange angehört, ging das Dorf an den Bischof von Konstanz über, dem es bis 1798 zu
Eigen war. Die Pfarrkirche zu Sankt Albinus wird schon 1215 als Eigentum von Reichenau erwähnt; sie ist im Schwabenkrieg von
den Kaiserlichen geplündert worden. Im Erdgeschoss des Turmes die St. Katharinenkapelle. (Grabdenkmäler mit den Wappen derer
von Breitenlandenberg, von Ulm und von Hallwil). 1491 suchte eine furchtbare Hungersnot die Gegend heim,
so dass die Einwohner genötigt waren, sich mit Gras, Nesseln und Disteln zu ernähren. Im Schwabenkrieg wurde die aus 400 Mann
bestehende und vom Hauptmann Bluntschli befehligte schweizerische Besatzung von Ermatingen in der Nacht des von
dem 18000 Mann starken Feind überfallen und niedergemetzelt und das Dorf der Plünderung und den Flammen
überliefert.
Darauf wollten sich die schwäbischen Truppen nach Konstanz zurückziehen, stiessen aber bei Triboltingen auf 2000 Eidgenossen
aus dem Lager bei Schwaderloo, die ihnen eine blutige Niederlage beibrachten. Ermatingen erholte sich rasch wieder; schon 1501 entstand
das heute noch wohlerhaltene Rathaus, dessen sehenswerter Sitzungssaal mit schönen Glasgemälden (Wappen
der Schirmkantone des Thurgaus, Porträts, Szenen
aus dem Fischerleben etc.) geschmückt ist. Ermatingen war eine derjenigen
Ortschaften im Thurgau,
wo der jeweilige Landvogt den Bewohnern dieses Untertanenlandes den Treueid abzunehmen pflegte. Vergl. Mayer,
August. Geschichte von Ermatingen von 1600-1800 (in den Thurg. Beitr. 38). Frauenfeld 1898.