Der Höhenunterschied zwischen dem Spiegel des Baldeggersees und dem höchsten Punkte im sogen. Kuhwald beträgt 344 m. Die
Länge der Erlosen beträgt ca. 12 km und die Breite zwischen Hitzkircher Aa und der Wina auf der Projektionsebene gemessen 4 km.
Der grösste Teil der Oberfläche ist mit Wald bedeckt. So finden wir auf dem NO.-Hang den ausgedehnten
Erloserwald, am SW.-Hang gegen Münster und Neudorf hin den Kuhwald, Lindenwald und Bromerwald. Bemerkenswert sind ferner die
sogen. Tobel.
Die Wasser des Berges eilen nämlich meist geradlinig, fast rechtwinklig zur Hauptrichtung des Höhenzuges in die Thäler hinab.
Die Betten dieser Bäche sind gewöhnlich tief eingeschnitten. Die beiden Ufer, steinige Halden, sind bewaldet,
in der Regel mit Laubholz, vorzugsweise Buchen. Der Bach und die bewaldeten Ufer zusammen bilden diese «Tobel». Die vorgenannten
ausgedehnten Waldungen bestehen fast ausschliesslich aus Tannen, worunter wir wieder hauptsächlich die Rottanne treffen.
Das offene Land ist wohlangebautes Kulturland. Der Boden ist zwar etwas leicht, moränenartig (kiesig);
man trifft darin erratische Blöcke von ziemlicher Grösse an.
Fast jede Kulturpflanze kommt fort;
so werden Korn, Roggen
und Kartoffeln gebaut;
wir treffen an Futterpflanzen Esparsette, Luzerne, Klee und die gewöhnlichen Wiesengräser.
Auch die
Fruchtbäume, als Apfel-, Birn-, Kirsch- und Zwetschgenbäume liefern schöne Erträge.
Der Berg selber ist übersät mit einer Menge von Gehöften und selbst kleineren Dörfern; so finden wir über die Kammlinie
Schwarzenberg, Herlisberg, Ober Reinach und Römerswil. Die Strassenzüge sind im s. Teile besser als im n., wo sie noch ganz
bedeutend der Verbesserung fähig sind. Von Herlisberg führt eine Strasse über die Höhe nach Römerswil
und Willischwil. Sie hat im W. Abzweigungen nach Münster, Neudorf und Hildisrieden und im NO. nach Stäffligen. Im n. Teile
gehen von Schwarzenbach aus Strassen nach Münster, Menziken, Beinwil und Mosen.
Im Sagenkreise des Kantons Luzern
spielen die Erlosen eine hervorragende Rolle; ^[Note:] sie sind der eigentliche Blocksberg
der örtlichen Hexengeschichte. Auf der Erlosen, an einer abgeholzten Stelle des Erloserwaldes, versammelten sich zu Zeiten
die Hexen und hielten hier ihren Hexensabbath ab. Von allen Seiten kamen sie dazu auf den Hexenbesen angeflogen. Fast in jedem
Hexenprozesse und Hexenverhöre werden die Erlosen genannt.
Die Erlosen sind jetzt noch der schönen Aussicht wegen viel besucht. Sie gewähren einen herrlichen
Ausblick auf die umliegenden Thäler, in die Voralpen und selbst auf die schneeweissen Gipfel der Hochalpen. Vielbesuchte Aussichtspunkte
sind Ober Reinach, Ludigen, Herlisberg und Schwarzenbach.
(Kt. Thurgau,
Bez. Kreuzlingen).
400-440 m. Gem. und grosses Dorf, am Untersee schön gelegen, 7 km w. Konstanz. Zerfällt in die
zwei getrennten Abschnitte des Dorfes und des «Staad» (Gestade). Ersteres liegt an der Strasse Konstanz-Schaffhausen und ihren
gegen Schloss Hard und Fruthwilen-Märstetten nach S. abgehenden Verzweigungen; der Staad, unmittelbar am
Seeufer gelegen, bildet auf einem in den See vorgeschobenen und landfest gewordenen Delta einen Kreisbogen und ist stets von
einer Flottille von Gondeln, Nachen und Motorbooten umgehen.
Zwischen Dorf und Staad zieht die Bahnlinie durch. Gemeinde, mit Triboltingen: 326 Häuser, 1728 Ew.; Dorf: 258 Häuser, 1410 Ew.,
wovon 1244 Reformierte und 166 Katholiken. Bedeutende Station der Linie Konstanz-Schaffhausen. Zollamt, Postbureau, Telegraph,
Telephon. Früher bedeutender Landungsplatz für Segelschiffe, heute eine der wichtigsten Stationen der Dampfboote des Untersees.
In gerader Fortsetzung der zum Hafen führenden Strasse zieht sich eine 150 m lange hölzerne Landungsbrücke
in den See hinaus.
Der Dialekt der Bewohner von Staad zeigt die sonst nirgends^[Berichtigung: nur noch im st. gallischen Oberrheinthal] anzutreffende
Eigentümlichkeit, dass der Diphthongh ei in ein dunkles, langgezogenes oa umgewandelt wird, so dass z. B. Wörter wie Stein,
Bein, kein, Leiter als Stoa, Boa, koa, Loater ausgesprochen werden. Staad ist bei Hochwasser oft Ueberschwemmungen
ausgesetzt, so dass die endliche Durchführung der zur Regulierung der Seewasserstände vorgeschlagenen Massnahmen mit Ungeduld
erwartet wird.
Geplant wird eine elektrische Strassenbahn Ermatingen-Konstanz-Münsterlingen, da Ermatingen und die umliegenden Schlösser
beliebtes Ausflugsziel der Konstanzer sind. Ermatingen ist auf dem besten Wege, ein Kurort ersten Ranges
zu werden. Neben der Fremdenindustrie haben sich eine Reihe von andern industriellen Erwerbszweigen erst seit Kurzem eingebürgert,
so dass sie bis jetzt noch verhältnismässig wenige Hände beschäftigen. Es sind die Herstellung von Waagen aller Art, von
Blechbüchsen, Karton- und Werkzeugfabrikation, Bau von Luxuswagen, dann die Stickerei als Hausindustrie (10-12
Stickmaschinen), eine Säge für Bauholz, zwei Kleiderfabriken.
Holz- und Viehhandel, dieser besonders von den in Wangen (Grossherzogtum Baden) ansässigen Juden betrieben, die in Ermatingen
eigene Stallungen gemietet haben. Haupterwerbsquelle der Bewohner ist aber immer noch die Landwirtschaft; mit Ausnahme von
etwa 20 ausschliesslich von der Fischerei lebenden Männern bebauen auch die Fischer von Staad alle noch
einige kleine Aecker und Weinberge. Boden sehr fruchtbar und Klima günstig, so dass hier der Pflanzenwuchs durch seine Fülle
einen auffallenden Gegensatz zu dem im Thurthal bildet. Im Grossen und mit Sorgfalt wird besonders die Frühjahrsrosenkartoffel
gebaut, die in grossen Massen auf den Konstanzer Markt zum Verkauf ausgeführt wird.
Als Dünger wird (heutzutage allerdings seltener als früher) eine im See wachsende Wasserpflanze, das sog. Wasserheu, verwendet,
die man im Winter zur Zeit des Niedrigwasserstandes einsammelt. In den Beständen dieses Armleuchtergewächses (Chara) tummelt
sich die Groppe, ein kleiner Fisch mit breitem Kopf, der einem der Ortschaft Ermatingen eigentümlichen
Fest, der sog. Groppenfastnacht, seinen Namen gegeben hat. Ueber den Ursprung dieses Festes sind die Meinungen noch verschieden,
indem es von den Einen mit dem Konzil zu Konstanz in Verbindung gebracht, von den Andern aber als alter germanischer Brauch
angesprochen wird.
Weitbekannt ist Ermatingen durch seinen Handel mit Fischen geworden, die hauptsächlich in die übrigen
Teile der Schweiz, ins Grossherzogtum Baden und nach Württemberg ausgeführt werden; Forellen von Ermatingen kommen sogar
in Paris auf den Markt. Der wichtigste und lohnendste Zweig der Fischerei ist der Fang des Gangfisches, einer kleinen Felchenart
mit ausgezeichnet zartem Fleisch. Der Fisch wird im Winter gefangen und für den Export geräuchert.
Eine grosse, von der Eidgenossenschaft unterstützte Fischbrutanstalt sorgt für die stetige Neubevölkerung des Sees. Während
der Laichzeit 1899-1900 hat die Anstalt aus 3546000 Eiern vom Silberfelchen 3195000, aus 1962000 Eiern vom Gangfisch 1737000
und aus 390000 Eiern von der Aesche 222000 junge Fischchen ausgebrütet.
Sowohl vom See als auch von den umliegenden Höhen aus gesehen, bietet Ermatingen mit seinem Umgelände einen reizenden Anblick
dar. Vom See aus sieht man zunächst den Staad mit seinen unregelmässig, aber originell
mehr
gruppierten Gebäudekomplexen, höher oben folgen, mitten in prächtig grünen Gärten und Obstbaumhainen versteckt, die
gut eingerichteten hohen Häuser des Dorfes, dann kommt die Kirche mit ihrem massiven Turm und ihrem steilen Giebeldach, und
das Ganze endlich wird beherrscht von Landhäusern u. Schlössern (Lilienberg, Breitenstein, Wolfsberg), hinter denen die mit
Reben, Wiesen, Aeckern, Obstbäumen und, zu oberst, mit Buchen- und Tannenwaldungen bestandenen Hänge ansteigen. 300 ha
dieser Wälder sind Ermatinger Bürgergut.
Noch schöner ist der Blick von den Höhen des schweizerischen Ufers auf den See, die prächtige, mit Villen und Kirchen übersäete
Insel Reichenau und hinüber ins badische Gebiet. Am schönsten geniesst man die Aussicht von dem 20 Minuten
über Ermatingen in 517 m Meereshöhe gelegenen Schloss Wolfsberg aus, das heute zu einem Gasthof mit Restaurant umgewandelt
ist und stark besucht wird. (Reichhaltige Sammlung von Altertümern). Von hier aus liegen dem Blick der Untersee, die Reichenau,
Konstanz mit Umgebungen und das abwechslungsreiche schwäbische Hügelland offen da. Bemerkenswert ist
auch das s. vom Dorf in romantischem Tobel gelegene und von prächtigen Bäumen und wasserreichen Parkanlagen umgebene Schloss
Hard, das 1898 von einer Aktiengesellschaft angekauft und zu einer Trinkerheilanstalt für die wohlhabenden Klassen eingerichtet
wurde.
Die Gegend von Ermatingen ist schon frühzeitig besiedelt gewesen. Eine grosse Pfahlbaustation hat man
im «Bügen», in der w. vom Dorf gelegenen Seebucht, aufgefunden. Auf den
Aeckern sind hier und da römische Münzen zum Vorschein gekommen, und die Erdarbeiten beim Bau der Eisenbahn haben 1875 zahlreiche
Alemannengräber zu Tage gelegt. Im Wald über Ermatingen ist ein Steinbeil gefunden worden. Pfahlbaustationen
aus der Steinzeit im obern Staad und im Westerfeld.
Gräber mit zu Asche gebrannten Leichen bei der Musegg. Karl Martel schenkte 1724 Ermatinga dem soeben von Sintus gestifteten
Kloster Reichenau; nachdem es diesem lange angehört, ging das Dorf an den Bischof von Konstanz über, dem es bis 1798 zu
Eigen war. Die Pfarrkirche zu Sankt Albinus wird schon 1215 als Eigentum von Reichenau erwähnt; sie ist im Schwabenkrieg von
den Kaiserlichen geplündert worden. Im Erdgeschoss des Turmes die St. Katharinenkapelle. (Grabdenkmäler mit den Wappen derer
von Breitenlandenberg, von Ulm und von Hallwil). 1491 suchte eine furchtbare Hungersnot die Gegend heim,
so dass die Einwohner genötigt waren, sich mit Gras, Nesseln und Disteln zu ernähren. Im Schwabenkrieg wurde die aus 400 Mann
bestehende und vom Hauptmann Bluntschli befehligte schweizerische Besatzung von Ermatingen in der Nacht des 11. April 1499 von
dem 18000 Mann starken Feind überfallen und niedergemetzelt und das Dorf der Plünderung und den Flammen
überliefert.
Darauf wollten sich die schwäbischen Truppen nach Konstanz zurückziehen, stiessen aber bei Triboltingen auf 2000 Eidgenossen
aus dem Lager bei Schwaderloo, die ihnen eine blutige Niederlage beibrachten. Ermatingen erholte sich rasch wieder; schon 1501 entstand
das heute noch wohlerhaltene Rathaus, dessen sehenswerter Sitzungssaal mit schönen Glasgemälden (Wappen
der Schirmkantone des Thurgaus, Porträts, Szenen
aus dem Fischerleben etc.) geschmückt ist. Ermatingen war eine derjenigen
Ortschaften im Thurgau,
wo der jeweilige Landvogt den Bewohnern dieses Untertanenlandes den Treueid abzunehmen pflegte. Vergl. Mayer,
August. Geschichte von Ermatingen von 1600-1800 (in den Thurg. Beitr. 38). Frauenfeld 1898.