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fast horizontaler Strasse vom baierischen Alpenvorland auf den Maloja gelangen kann. Hier wird das Thal nicht durch eine Bergwand abgeschlossen. Es hat kein Hintergehänge, sondern setzt sich in das entgegengesetzt verlaufende Bergell fort. Der Maloja erscheint nur vom Bergell aus als Bergwand, vom Engadin aus dagegen nur als oberster Teil des Thalbodens, der dann plötzlich gegen das steil abfallende Bergell abbricht. Vom Maloja bis in die Schlucht Finstermünz und zur schweizerisch-tirolischen Grenze hat das Engadin eine Länge von etwa 90 km, wovon die Hälfte auf das geradlinige Stück bis Zernez kommt.
Dann folgt ein etwa 12 km langer, nach SO. geöffneter Bogen um den Gebirgsstock des Piz Nuna herum, von Zernez bis Giarsun, in dessen ungefährer Mitte Süs liegt; endlich ein ganz flacher, nach NW. geöffneter Bogen bis zur Einmündung des Schergenbachs aus dem Samnaunthal. Die Hauptrichtung des Thals geht von SW.-NO. Ist dies auch nicht genau parallel mit der Hauptrichtung der Alpen, so muss man das Engadin im ganzen doch als ein Längsthal bezeichnen. Nur die kurze Strecke von Zernez bis Süs erscheint als Querthal.
Die einschliessenden Bergketten sind links die Albula- und Silvrettagruppe, rechts die Bernina- und Ofenpassgruppe, die man auch als N.- und S.-Engadiner Alpen zusammenfasst. Die Kammlinien beider Ketten weichen nur wenig von der geraden Linie ab und begleiten die Thalfurche in Abständen von meist nur etwa 5-10 km, so dass die Hohlform des Thales auch oben in der Höhe der Kämme auffallend schmal ist, viel schmäler als z. B. beim Rhein- und Rhonethal und bei andern Längsthälern von ähnlichem Grössenrang.
Den Verlauf der Kammlinien bezeichnen etwa folgende Pässe und Gipfel: Septimer, Julier, Piz d'Err, Albula, Piz Kesch, Scaletta, Piz Vadret, Flüela, Piz Linard, Piz Buin, Augstenberg, Fimberpass, Samnaunerjoch und Bürkelkopf im Norden, Murettopass, Piz Bernina, Berninapass, Piz della Stretta, Casanapass, Piz del Diavel, Piz Plavna da Daint, Piz Pisoc, Piz Lischanna, Piz S-chalambert und Piz Lad im Süden. Die Wasserscheide freilich geht mehrfach ihre eigenen Wege. Im N. zwar hält sie sich mit geringen Ausnahmen an die Kammlinie, im S. auch noch vom Muretto- bis zum Berninapass.
Dann aber springt sie auf eine südlichere Kette über, um über Corno di Campo, Monte Foscagno, Piz Murtaröl, Ofenpass (Sür Som), Piz Seesvenna und Piz Lad zu verlaufen, wobei sie namentlich im Gebiet des Münsterthals eigentümliche Seitensprünge und Krümmungen macht. Wir finden darum auf der rechten Seite des Engadins einige grössere Seitenthäler. Davon sind das Pontresina- und das Scarlthal richtige Querthäler, während das Livignothal im grössten Teil seines Verlaufs ein Längsthal ist und nur im untern Teil zu einem tief eingerissenen, schluchtartigen Querthal wird.
Diese drei grössern Seitenthäler sind die einzigen ständig bewohnten der Südseite. Alle andern, insbesondere auch alle auf der linken Seite des Engadin, sind nur ganz kurz und steil ansteigend. Davon ist nur das Samnaun in einigen kleinen Dörfern bewohnt und zwar in seinem obern Teil, wo es in ein Längsthal mit flacherem Thalboden übergeht. Auch das Val Sulsanna hat zwar noch ein Dörfchen, aber nur an seinem Ausgang zum Hauptthal und nur in geringer Höhe über der Sohle des letztern.
Manche dieser Seitenthäler ragen in die Gletscherwelt hinauf, besonders im Ober Engadin, wo vor allem die Berninagruppe eine grossartige Gletscherentwicklung aufweist und mächtige Eiszungen gegen das Hauptthal vorschiebt. Die übrigen Engadiner Gruppen sind ihrer geringern Höhe entsprechend weit weniger vergletschert, am meisten noch die Silvrettagruppe vom Piz Linard bis zum Fluchthorn. Doch fallen die meisten und grössten Gletscher hier nicht zum Engadin ab, da sie auf der N.- und W.-Seite des Gebirges liegen. Die Albulagruppe hat grössere Gletscher nur beim Piz Vadret, beim Piz Kesch und besonders in der Errgruppe; diese entwässern sich zum grössern Teil zum Engadin. Noch viel spärlicher ist die Vergletscherung in der Ofenpassgruppe, wo nur kleine Plateau- und Terrassengletscher vorkommen.
Die geologischen Verhältnisse
des Engadin und seiner einschliessenden Bergketten sind sehr mannigfaltige u. verwickelte. Zwar gehört das Thal den Zentralalpen an, ist also vorherrschend in altkrystalline Schiefer und alteruptive Massengesteine eingeschnitten. Doch sind dieselben vielfach von paläozoischen und mesozoischen Sedimenten unterbrochen oder in solche eingehüllt. Es lassen sich drei grössere Sedimentgebiete unterscheiden. Das grösste liegt rechts vom Unter Engadin und breitet sich durch das gesamte Gebiet der Münsterthaler Alpen bis in die Ortlergruppe aus. Es setzt sich aus verschiedenartigen Schiefern, Kalken und Dolomiten der Trias zusammen. Die schönen, stolzen Gipfelformen des ¶
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Piz Plavna, Piz Pisoc, Piz San Jon, Piz Lischanna, Piz Ajüz, Piz S-chalambert, Piz Lad etc. sind daraus aufgebaut, eine Gipfelreihe von einer Mannigfaltigkeit der Formen und Farben, wie sie nur selten in solcher Höhe und in so langer Front vorkommt. Doch reicht dieses Triasgebiet nicht überall an die Innlinie. Im NW. grenzt es längs einer ziemlich geraden, aber orographisch nicht markierten Linie von Cinuskel über den Stragliavitapass etwa bis Tarasp an die Gneis- und Schiefermasse des Piz Nuna, die vom Inn w. und n. umflossen wird und nach SW. und NO. sich allmählig verschmälert, so dass gegen die genannten Enden hin noch der Sockel der Bergwände aus krystallinen Felsarten, die obern Stockwerke aber aus Triasgesteinen bestehen. Von Tarasp weiter abwärts und von Cinuskel weiter aufwärts etwa bis Ponte treten dann die Triasformationen bis an die Innlinie heran. - Ein zweites Sedimentgebiet liegt links vom untersten Engadin, etwa von Giarsun unter Guarda bis über Finstermünz hinaus und von der Thalsohle hinauf zum Piz Minschun, Piz Tasna, Piz Spadla, Stammerspitz, Muttler, Piz Mondin und bis ins Samnaun.
Hier dominieren die in ihrem Alter immer noch nicht sicher bestimmten und in ihrem petrographischen Charakter sehr wechselnden Bündnerschiefer mit grossen Einlagerungen von Gips und Serpentin und mit reichen Mineralquellen, letztere besonders bei Fetan, Schuls, Tarasp und im Val Sinestra. Die mächtigsten Serpentinmassen finden sich oben am Piz Minschun und hinter demselben, dann unten bei Ardez, sowie in zwei durch Gneis getrennten Streifen auch auf der rechten Thalseite. Dazwischen finden sich auch einzelne kleinere Massen von Granit, Diorit, Kalk und andern Gesteinen. Das dritte und kleinste Sedimentgebiet zieht sich als schmaler Streifen aus dem mittleren Bünden über Bergün und den Albulapass bis nach Ponte und Capella und setzt sich über den Piz Casana und quer durch das Livignothal fort bis nach den Quellen der Adda und in die Nähe der Bäder von Bormio. Er besteht hauptsächlich aus Jurakalken.
Auch die alteruptiven und altkrystallinen Gesteine des Engadin zerfallen in drei Gruppen:
1) die Granite, Diorite, Syenite in teils massiger, teils schiefriger Ausbildung; dann Gneise, Hornblendegneise und verschiedene krystalline Schiefer der Berninagruppe vom Murettopass bis zum Berninapass und auch noch darüber hinaus in der Piz Languardgruppe bis ins Val Chamuera;
2) die Granitmasse (vorwiegend Hornblendegranite, Julier- und Albulagranit) vom Septimer bis zum Albulapass und Piz d'Err mit einigen Trias-, Lias-, Serpentin-, Grünschiefer- und Gabbroeinlagerungen;
3) die ausgedehnte Gruppe von vorherrschenden Gneisen und Hornblendeschiefern vom Piz Kesch bis zum Fluchthorn, die die Thalsohle des Engadin auf der Strecke von Capella bis Giarsun erreicht und im Piz Nunastock auch noch beträchtlich auf die rechte Thalseite hinübergreift. Dazu gesellen sich partienweise auch Sericit- und Talkschiefer, Phyllite (Theobalds Casanaschiefer) und verwandte Gesteine. Verfolgt man diese Gesteinsgruppen speziell längs der Thalfurche des Engadin, so zerlegt sich dieses in fünf geologisch verschiedene Abschnitte.
Vom Maloja bis Ponte ist es in krystalline Felsarten (Granit, Syenit, Diorit, Gneis, Glimmerschiefer), von Ponte bis Capella in Trias- und Liaskalke, von Capella bis Zernez als ungefähre Formationsgrenze zwischen Gneisgebirge links und Dolomitgebirge rechts, von Zernez bis Giarsun in Gneis und krystalline Schiefer und von Giarsun bis Finstermünz in Kalkformationen (links Lias, rechts Trias) eingegraben. Jeder dieser Abschnitte zeigt seinen besondern landschaftlichen Charakter.
Doch ist dieser nicht allein durch die Gesteinsverhältnisse bestimmt. Es spielen dabei vielmehr auch die Höhenlage, die Thalbreite, das Klima und die Vegetation eine wesentliche Rolle, und man unterscheidet darum unter Berücksichtigung aller Verhältnisse nicht fünf, sondern nur zwei Hauptstufen des Thales: das Ober Engadin und das Unter Engadin. Die Grenze zwischen beiden nimmt man in der Regel bei der Brücke Punt Auta, etwa 5 km unterhalb Scanfs, an.
Das Ober Engadin ist ein flaches Muldenthal mit weitem, ebenem Thalboden und meist nicht allzusteil ansteigenden Seitengehängen. Durch einen Querriegel zwischen St. Moritz und Celerina zerfällt es selber wieder in zwei Stufen. Die oberste Stufe schmückt eine lange Kette prächtiger Seen, die die stolzen Formen und blinkenden Gletscher der umstehenden Gebirge wiederspiegeln und an deren Ufer stattliche Dörfer mit den einfachen Häusern der Eingebornen und den glänzenden Palästen der Fremdenetablissemente sich ausbreiten. Auch die zweite Thalstufe von Celerina bis unter Scanfs muss einst ihren See gehabt haben, der aber durch die Ablagerungen der Seitenbäche längst zugeschüttet worden ist. Jetzt nehmen weite Wiesenflächen, zum Teil auch Sumpf- und Moorböden seine Stelle ein. Aehnlich wie auf der obern Stufe ¶