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die an ihren Enden plötzlich steil abbrechen, die Rücken bald plateauartig breit, bald zu einer schmalen "Egg» (Ecke, First) zulaufend, die Seiten mit Dammerde bedeckt und selten den Nagelfluhfels zeigend, bis zu oberst mit Wald und Weiden bekleidet, zerrissen in bald breitere, bald enge, steil ansteigende Gräben und in Runsen, die sich erst zu Thälern entwickeln. Es bietet weder das Grosse und Erhabene, noch das Interessante der Alpenwelt, wenig Abwechslung der Formen und malerische Effekte; sein Reiz liegt im Idyllischen und Lieblichen. Die saubern und heimeligen Dörfer tragen noch vielfach den altertümlichen Typus: stattliche Holzhäuser mit weit vorspringendem Dach, die appetitlichsten Bauernhäuser vielleicht der ganzen Schweiz, wie sie ein Schriftsteller nennt;
oft mit Sprüchen schalkhaften oder moralischen Inhalts geschmückt.
Die Wirtshäuser des Emmenthales
sind bekannt durch ihr unverfälschtes Getränk. Vielfach sind auch die Gasthöfe mächtige
Holzbauten.
Den reinsten Typus eines ächten Emmenthal
erdorfes bietet
Rüderswil mit seinen stolzen Bauernhäusern;
moderner sind Langnau und Sumiswald;
den Uebergang von alter zu neuer Zeit bietet Signau. Im Ganzen sind die Dörfer klein und entsprechen nicht der Grösse der Bevölkerung;
das Dorf
Trachselwald z. B. zählt blos 120 Ew., die ganze Gemeinde hingegen 1475 Ew.,
die grösstenteils zerstreut im
Dürrgraben wohnen. Im Emmenthal
herrscht im Gegensatz zum Flachland das
Hofsystem;
die Leute leben nicht in geschlossenen Dörfern bei einander, sondern zerstreut über die Halden und Thalgründe hin auf ihren Höfen. Es sind stattliche Bauernsitze, inmitten des dazu gehörenden Acker- und Wieslandes;
Wohnung, Stall und Scheune unter dem gleichen Dache, versteckt hinter Obstbäumen, umgeben von einem Speicher u. einem Nebengebäude, dem «Stock», dem Ruhesitz der Alten, jedes Heimwesen ein für sich bestehendes Ganzes, eine Welt für sich.
Strenger
als in den andern Landesteilen wurde im Emmenthal
das schon seit der Gerichtsordnung vom Jahre 1539 für den ganzen Kanton
geltende Recht des Minorats beobachtet, wonach es dem jüngsten Sohne gestattet war, nach dem Tode des
Vaters dessen
Hof um eine «billige», nach dem gegenwärtigen Zivilgesetz um eine
«gerichtliche» Schatzung an sich zu ziehen. Bei diesem Verfahren blieben
die
Höfe oft Jahrhunderte lang in der gleichen Familie, und es bildete sich so jener Bauernadel, wie ihn
Jeremias Gotthelf
unübertrefflich schildert.
Für die nachfolgenden statistischen Angaben sei bemerkt, dass die politische Einteilung in die Amtsbezirke
Signau und
Trachselwald
sich mit dem geographischen Begriff Emmenthal
als dem
Thale der
Emme nicht vollständig deckt, indem die zum
Amtsbezirk Trachselwald
gehörenden Gemeinden
Dürrenroth,
Walterswil,
Huttwil,
Eriswil und
Wissachengraben, das sogenannte
Unter Emmenthal, im
Thale der
Langeten liegen, jedoch in Bodenbeschaffenheit und Lebensweise der Bevölkerung mit dem Emmenthal
übereinstimmen.
Dagegen sind die im untersten Emmenthal
gelesenen
Dörfer
Hasli,
Oberburg,
Krauchthal und
Heimiswil dem Amtsbezirke
Burgdorf, mithin
dem
Mittelland, zugeteilt. An Fläche umfasst der
Amtsbezirk Signau 322,6 km2, der
Amtsbezirk Trachselwald 189,7 km2,
zusammen also 512,3 km2.
Das Emmenthal
umfasst 19 Kirchgemeinden (9 im
Amtsbezirk Signau, 10 im
Amtsbezirk Trachselwald). Kirchgemeinden und Einwohnergemeinden
treffen überall zusammen mit Ausnahme der Kirchgemeinde
Eriswil, die in die Zivilgemeinden
Eriswil und
Wissachengraben zerfällt;
umgekehrt gehört die Kirchgemeinde
Wasen zur Einwohnergemeinde
Sumiswald. Die
Dörfer sind geteilt in
Viertel, Drittel,
Höfe
oder
Güter. Die Gemeinden haben meist grosse Ausdehnung. So stossen
Trachselwald,
Sumiswald und
Langnau in der Nähe der Rafrütti
zusammen in einer Entfernung von je 3 Zeitstunden vom Hauptdorf. Die Schulhäuser liegen daher zerstreut in den einzelnen
Vierteln; in der Gemeinde
Langnau verteilen sich die 32 Primarschulklassen auf 11 Schulhäuser. Den geographischen
Verhältnissen entsprechend standen die Amtsbezirke
Trachselwald u.
Signau bei den Rekrutenprüfungen der letzten 5 Jahre von
den 30 Bezirken des Kantons im 18. und 19.
Rang.
An Gemeindegütern ist das Emmenthal
der ärmste Landesteil; auf den
Kopf der Bevölkerung traf es im Jahre 1890 blos 75 Franken,
gegenüber dem kantonalen Durchschnitt von 186 Franken. Burgergüter bestehen im Amte
Signau gar nicht,
da schon seit dem Ende des 16. Jahrhunderts die Wälder und
Allmenden auf die einzelnen
Höfe als dauerndes Eigentum verteilt
wurden.
In der Sprache bietet das Emmenthal
keine Einheitlichkeit; im untern Emmenthal wird der Dialekt des
Oberaargaus,
im obern derjenige des
Mittellandes gesprochen. Die altemmenthalische Frauentracht weicht immer mehr der allgemeinen Bernertracht;
das reizende «Schwefelhütli» und die
Haube mit Rosshaarspitzen gehören bereits der Vergangenheit an. ^[Note:] Auch das früher
allgemein übliche «du» ist nur noch unter den Dorfgenossen gebräuchlich.
Das Lieblingsspiel der emmenthalischen Burschen, das von hier aus auch im Flachland Verbreitung gefunden
hat, ist das viel Gewandtheit und Sicherheit des
Auges erfordernde «Hurnussen». Wie alle Bergbewohner der Innerschweiz
sind die Emmenthaler auch als Schwinger berühmt; ausgezeichnet haben sich jeweilen in diesem Nationalspiel die
Truber. Ausser
an den kantonalen und eidgenössischen
Festen messen sich die Schwinger an kleineren Alpfesten, den sogenannten
«Kilbenen» (Kirchweih).
Auffällig ist es, dass sich die Bevölkerung seit einem halben Jahrhundert nur unbedeutend vermehrt hat. Im Jahre 1850 zählte das Amt Signau 22338, Trachselwald 23970, zusammen 46308 Ew.; 1900: 25047 und 23731 = 48778 Ew., d. h. 8,3% der Bevölkerung des ganzen Kantons. Auf den km2 trifft es im Amte Signau 77,6, in Trachselwald 125,1, im Ganzen 95,2 Ew. Davon sind 48590 Reformierte, 257 Katholiken und 9 Juden. In diesen 50 Jahren weist der Kanton eine Bevölkerungszunahme von 28%, das Emmenthal eine solche von blos 5% auf, obgleich der Ueberschuss der Geburten über die Todesfälle im Emmenthal bei der kräftigen Konstitution der Bevölkerung von allen Landesteilen am grössten ist, von 1888 bis 1897 13‰, im Kanton 11,8‰ per Jahr.
Der Grund dieser auffälligen Erscheinung liegt in der starken Auswanderung, nicht zwar übers Meer (denn in der überseeischen Auswanderung steht das Emmenthal in den letzten 20 Jahren mit durchschnittlich 2,17‰ per Jahr gegenüber dem kantonalen Durchschnitt von 3,48‰ im letzten Rang), sondern meist in den bernischen Jura, wo schon die wegen ihres Glaubens verfolgten Wiedertäufer beim Bischof von Basel Aufnahme fanden, ferner in die Kantone Neuenburg, Waadt, Freiburg, wo sich die Auswanderer meist dem Ackerbau widmen; andere ziehen als Käser in die Fremde. Durch das schon oben erwähnte Minorat, das ¶
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Vorrecht des jüngsten Sohnes auf den väterlichen Hof, wurden die ältern Söhne vielfach zur Auswanderung gezwungen; dazu kam die später noch zu berührende Umwandlung im Ackerbau, der Uebergang von der Getreideproduktion zur Milchwirtschaft, die viele Hände überflüssig machte. Die Auswanderung stieg zu der Höhe, dass im Jahre 1888 das Emmenthal bei einer Bevölkerung von 48945 Köpfen 97833 auswärts wohnende Bürger zählte, d. h. 200%, gegenüber dem kantonalen Durchschnitt von 72%. Auf Trub und Langnau fielen davon je 13-14000, auf Eggiwil 7000, auf das kleine Schangnau 5000.
Armenwesen.
Diese zwei Erscheinungen, die Volksvermehrung und die Aenderung der Wirtschaftsweise, zu denen noch der Rückgang der Landesindustrie, der Leinwandweberei, kam, hatten nicht nur eine starke Auswanderung zur Folge, ihnen hat das Emmenthal auch sein dunkelstes Blatt, sein ländliches Proletariat und damit die Armennot zu verdanken. Bei der seit 1690 im Kanton herrschenden burgerlichen Armenpflege waren die Gemeinden ausser zur Unterstützung der Ortsarmen auch zum Unterhalt ihrer in der Fremde verarmten Mitbürger verpflichtet.
Aus der grossen Zahl der Ausgewanderten wurde den Heimatgemeinden jeweilen eine Menge Verarmter zugeführt, und das Emmenthal wurde schliesslich zu einem grossen «Spittel» (Armenhaus). Die Armensteuer stieg zu einer Höhe, dass viele Reiche sich anschickten, ihr Vermögen flüssig zu machen und das Land ebenfalls zu verlassen. Erst das Schenk'sche Armengesetz vom Jahre 1857, das an die Stelle der burgerlichen die örtliche Armenpflege setzte, rettete das Emmenthal vor dem wirtschaftlichen Ruin.
Seitdem haben sich die Verhältnisse gebessert; während im Jahre 1858 im Amtsbezirk Signau auf 1000 Einwohner 86, im Amt Trachselwald 96 Notarme (dauernd Unterstützte) kamen, sank ihre Zahl im Jahre 1895 in beiden Aemtern auf 54; da aber der Durchschnitt im alten Kantonsteil 46 beträgt und nur die Aemter Ober Simmenthal, Schwarzenburg und Saanen schlimmer dastehen, können die Armenverhältnisse noch nicht als vollständig saniert bezeichnet werden. Erleichtert wird im Amte Signau die Armenlast durch die grossen Armengüter, worin es im Jahre 1894 von allen Aemtern im dritten Range stand.
Landwirtschaft.
In dem ohnehin ackerbautreibenden Kanton Bern ist das Emmenthal die eigentliche Bauernlandschaft. Schon ein offizieller Bericht des Jahres 1796 nennt das Emmenthal den in Landwirtschaft und Viehzucht vorgeschrittensten Teil des Kantons, vielleicht der ganzen Schweiz. Die Landwirtschaft kann nicht intensiver betrieben werden; bis weit in die Berge hinauf reichen die Heimwesen, und immer mehr Boden wird den Alpweiden zum Ackerbau abgerungen; bis zur Höhe von 1200 m werden Kartoffeln gepflanzt, wenig tiefer (bis 1050 m auf der Rafrütti) gedeihen noch Winter- und Sommergetreide und Fruchtbäume. «Es dürfte kaum ein zweites Exempel sich vorfinden, wo der Mensch den Kampf mit einer rauhen, kargen, alle möglichen Schwierigkeiten darbietenden Natur energischer und ausdauernder unternommen und es zu Erfolgen gebracht hat, vor denen man den Hut abziehen muss», urteilt ein Kenner der Landwirtschaft.
Ueber die Bodenverhältnisse gibt die Statistik folgenden Bericht:
Amt Signau | Amt Trachselwald | Total | % | |
---|---|---|---|---|
Gesamtareal in ha | 32260 | 18970 | 51230 | . |
Produktives Land | 24830 | 17980 | 42810 | [100] |
Davon Aecker u. Gärten | 5110 | 9995 | 15105 | 35.3 |
Wiesen und Hofstatten | 5707 | 1614 | 7321 | 17.1 |
Weiden und Alpen | 7988 | 1142 | 9130 | 21.3 |
Wald | 6024 | 5229 | 11253 | 26.3 |
Auf dem Ackerlande wurde 1895 gepflanzt:
% | im Kanton | |
---|---|---|
Getreide | 28,0% | 34,2% |
Hackfrüchte | 13,7% | 19,5% |
Kunstfutter | 55,8% | 43,9% |
Versch. Pflanzungen | 2,5% | 2,4% |
In Kunstfutter steht das Emmenthal im Kanton in erster, in Getreide in letzter Reihe; es wird besonders Korn, Roggen und Hafer angebaut, Weizen nur wenig. Der Anbau von Hanf und Flachs ist gegenüber früher stark zurückgegangen; 85,05 ha lieferten 424,3 Zentner Flachs, 57,8 ha 324,9 Zentner Hanf. Mit Gewinnung der Naturerzeugnisse waren 1888 60% der Erwerbenden beschäftigt, gegenüber 45,9% im Kanton.
Zu einem rationellen Betrieb der Landwirtschaft trägt sehr viel bei die Grösse und Abrundung der Grundstücke. Während im Jahre 1888 im ganzen Kanton die Grundstücke des Kulturlandes eine durchschnittliche Grösse von 62,7 Aren hatten, massen sie im Emmenthal 305 Aren. 32,3% der Grundbesitzungen hatten eine Grösse von 5-20 ha, im Kanton deren 17,7%; diese grösseren Höfe machen 63,5% des ganzen Kulturlandes aus. Von den 4607 Grundbesitzungen bestanden 3335, d. h. 72%, aus einem zusammenhängenden Areal. Der Grund dieser Erscheinung ist einzig im Minorat zu suchen; es verhinderte die Zerstückelung und ein armseliges Kleinbauernwesen und ermöglichte eine rationelle Bewirtschaftung.
Obgleich dabei die älteren Geschwister durch Auszahlungen entschädigt werden mussten, sind dank dem Fleisse und der Sparsamkeit ihrer Besitzer die Güter nicht übermässig verschuldet, immerhin stärker als im übrigen Kanton. Im Jahre 1898 lasteten 48,8% der Grundsteuerschatzung als Hypothekarschuld darauf, gegenüber dem kantonalen Durchschnitt von 36,8%. Als Gläubigerin ist die kantonale Hypothekarkasse, bei welcher 22,5% aller Grundschulden des Kantons verschrieben sind, nur mit 0,6% beteiligt; das Uebrige fällt meistens auf die 9 Ersparniskassen des eigenen Landes; im Amte Signau sind ⅔ der Grundschulden bei Privaten untergebracht. Das Emmenthal hilft sich selbst.
Viehzucht.
Im 18. Jahrhundert war das Emmenthal berühmt durch seine Pferdezucht; der Pferdemarkt in Langnau genoss einen vortrefflichen Ruf nicht nur in der ganzen Eidgenossenschaft, sondern auch in den Nachbarstaaten. Diesen Ruf hat das Emmenthal allerdings in Bezug auf Quantität und Qualität der Zucht verloren; der Rückgang des Getreidebaus und die Eisenbahnen hatten auch einen Rückgang in der Pferdezucht zur Folge. Immerhin ist es diejenige Landesgegend, die nach dem Jura den stärksten Pferdebestand aufweist, im Jahre 1901 3429 Stück, 7 auf 100 Einwohner (im Jura 8,7, im Kanton 6);
ebenfalls im zweiten Rang steht sein Bestand an Rindvieh mit 36274 Stück, 74 auf 100 Einwohner (im Kanton 50, im Oberland 66);
während aber der Bestand im Oberland seit 1808 sich nur um 42% vermehrt hat, hat er sich im Emmenthal verdreifacht (1808: 12472 Stück), eine Folge der Käseproduktion;
damit hängt auch die auf das fast vierfache gestiegene Zahl der Schweine zusammen (1808: 4272; 1901: 15972), gegenüber einer Verdoppelung in den andern Landesteilen;
die Schafzucht hingegen hat wie im ganzen Kanton sehr stark abgenommen (1808: 10141; 1901: 5338).
Alpwirtschaft.
Grosse Bedeutung für die Viehzucht haben die Alpweiden, die sich über die Napfgruppe, das Bergland zwischen Ilfis und Emme und über die Ketten w. von der oberen Emme von Eggiwil und Rötenbach bis zum Hohgant und der Schrattenfluh erstrecken. Eine zuverlässige Alpstatistik über das Emmenthal besteht nicht, da einzig das Amt Trachselwald im Jahre 1901 neu inspiziert wurde, für das Amt Signau hingegen die 1864 vorgenommene Untersuchung keinen Wert mehr hat. In den letzten Jahrzehnten ist nämlich das Weideareal einerseits zurückgegangen, indem es in Bergheimwesen umgewandelt und in den bessern Teilen zu Acker- und Heuland eingeschlagen wurde; andererseits sind die Weiden durch bessere Bewirtschaftung ertragsfähiger gemacht worden.
Die meisten Weiden liegen in den Gemeinden Schangnau, dessen Krone sie sind, in Rötenbach, Eggiwil, Trub, Langnau und Sumiswald. Im Amt Trachselwald liegen sie in einer Höhe von 800-1360 m, im obersten Emmenthal steigen sie bis 1500 m. Weidezeit im Napfgebiet 125 Tage, in höhern Lagen kürzer. Die Gesamtfläche des Weidegebiets (38 Weiden) im Amt Trachselwald beträgt 1951 ha und reicht für ca. 1000 Kuhrechte gegenüber 730 im Jahre 1864. Davon fallen auf die Einschläge 317 ha, auf die produktive Weide 910 ha, auf den Wald 716 ha, auf Ried 2 ha, auf unproduktives Land 9 ha. Der Katasterwert des Gesamtareals erreicht die Summe von Fr. 1336500, der Weiden allein Fr. 498170.
Früher als «Herrenalpen» meist im Besitze von ¶