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Grafen von Toggenburg, an welches Geschlecht Davos nach dem Tod der Freiherren von Vaz übergegangen war, starb, schlossen die Abgeordneten der Toggenburgischen Besitzungen in Rätien in Davos den Zehngerichtenbund. Davos wurde Sitz desselben, und sein erster Magistrat, der Landammann, war zugleich das Haupt des Bundes mit dem Titel Bundslandammann. Im Jahre 1477 kam Davos mit andern rätischen Thalschaften durch Kauf an das Haus Oesterreich. Zu der Huldigung liessen sich die Davoser aber erst herbei, nachdem ihnen die alten Freiheiten und Rechte bestätigt und überdies noch Zollbefreiung bewilligt worden war.
Unter der Herrschaft der österreichischen Erzherzoge wurde dem Bergbau, der schon früher in Davos betrieben worden war, vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt; im 16. Jahrhundert wurde in 34 Gruben nach Eisen, Kupfer, Blei und Silber gegraben. Welche Bedeutung dem Bergbau zukam, ergibt sich auch aus dem Umstande, dass gegen Ende des 16. Jahrhunderts der österreichische Bergrichter von Davos zugleich kaiserlicher Blutrichter und Einzieher des Lehenszinses in den österreichischen Besitzungen Rätiens war. Der Bergbau wurde auch später noch, allerdings mit zeitweiliger Unterbrechung und in geringerm Umfange, fortbetrieben; in der Hoffnungsau ist 1848 das letzte Blei geschmolzen worden.
Die Reformation fand in Davos schon im Jahre 1526 ohne grosse Kämpfe Eingang. Während des 30jährigen Krieges versuchte Oesterreich, sich ein unbedingtes Herrschaftsrecht in Rätien zu sichern und den protestantischen Glauben zu verdrängen. In den dadurch hervorgerufenen Kämpfen wurden 1622 Davos Platz und Davos Dorf durch ein über den Scaletta her eingedrungenes österreichisches Heer geplündert, viele Häuser verbrannt und Frauen und Greise gemordet. Zu dem Elend des Krieges gesellte sich später auch noch das der Pest, welche ebenfalls durch die österreichischen Soldaten ins Land gebracht worden war. 1639 endeten die Kämpfe gegen Oesterreich mit der Unterjochung von Davos und Prätigau; doch schon 10 Jahre später kauften sich beide um 76000 Gulden von Oesterreich los.
Unterdessen hatte Davos einen Teil seiner Bundesvorrechte verloren; es blieb zwar Sitz des Zehngerichtenbundes, und bis im Anfang des 19. Jahrhunderts trat auch der Bundestag, die Versammlung der Abgeordneten aller drei Bünde, abwechselnd mit Chur und Ilanz in Davos zusammen, jedoch brauchte der Bundslandammann seit 1644 kein Davoser mehr zu sein. Bis im Jahre 1900 waren die richterliche und administrative Gewalt in Davos in einer Hand vereinigt, der Vorstand der politischen Gemeinde mit dem Landammann an der Spitze bildete zugleich das Gericht des Kreises Davos; im Jahre 1901 endlich wurden die Gewalten geschieden, an der Spitze des Gemeindevorstandes steht nach wie vor der Landammann, an der Spitze des Kreisgerichtes dagegen der Kreispräsident.
Davos hat im Laufe der Zeit dem Lande manchen tüchtigen Mann gegeben, so die beiden während der Kämpfe mit Oesterreich hervorragenden Heldengestalten eines Ritter Johannes Guler von Wyneck, der auch eine rätische Chronik schrieb, und Johannes von Sprecher. Als Geschichtschreiber hat sich auch der Bruder dieses letztern, Fortunat von Sprecher, einen geachteten Namen erworben. Während einer Reihe von Jahren lebte zu jener Zeit auch Georg Jenatsch, «Graubündens Pfarrer und Held», in Davos. Wir nennen ausserdem noch den zur Zeit der Loslösung von Oesterreich amtenden Bundslandammann Meinrad Buol (1588-1656) und den 1557 geborenen Maler und Chronisten Hans Ardüser. Auch in späterer Zeit noch brachte Davos manchen Mann hervor, der in der Geschichte Graubündens eine ehrenvolle Rolle spielte und dessen Name auch nach Aussen einen guten Klang hatte.
Davos als Kurort.
Eine ganz neue Phase, nicht der politischen, wohl aber der sozialen Geschichte hat für Davos Mitte der Sechziger Jahre letzten Jahrhunderts begonnen. Der damalige Landschaftsarzt Dr. A. Spengler hatte die Beobachtung gemacht, dass die Lungenschwindsucht in Davos so gut wie gar nicht vorkomme und dass Davoser, welche schwindsüchtig aus dem Auslande in die Heimat zurückkehrten, hier in verhältnismässig kurzer Zeit wieder genasen. Eine Publikation dieser Tatsache in einer medizinischen Zeitschrift hatte die Folge, dass einige fremde Kranke nach Davos kamen, andere ihnen folgten und Davos in sehr kurzer Zeit als Sommerkurort zu Ansehen und Ruf gelangte; länger ging es, bis auch sein Ruf als Winterkurort, der heute fest gegründet ist, zur Geltung kam. Mit der Zunahme der Gäste ging Hand in Hand die Vermehrung und Verbesserung der Hotels und sanitarischen Einrichtungen. Heute darf sich Davos in ¶
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dieser Beziehung getrost neben jeden andern Kurort stellen und behaupten, nach verschiedenen Richtungen hin Bahnbrechendes geleistet zu haben. Die grossen Sanatorien, Hotels und Pensionen lassen sich den besten des Kontinentes an die Seite stellen, den Anforderungen des Hochgebirgsklimas ist durch zahlreiche praktische Einrichtungen gebührend Rechnung getragen worden, und auch in den kleinern und einfachern Häusern, die für die Aufnahme von Fremden eingerichtet sind, hat man den Ansprüchen der modernen Hygiene volle Rechnung getragen.
Die geradezu riesige Entwicklung, welche der Kurort Davos in ca. 35 Jahren durchgemacht hat, war allerdings nur möglich durch das günstige Zusammentreffen der klimatischen Bedingungen und der vereinten Anstrengungen der Bewohner von Davos. Das Landwasser, welches eine Zeit lang die Gegend zu versumpfen drohte, ist auf eine Strecke von 7 km eingedämmt, ausserordentlich reiche Quellen, die aus den Seitenthälern hergeleitet wurden, versorgen den ganzen Kurort mit trefflichem Wasser, ein ausgedehntes Kanalisationsnetz sorgt für Wegschaffung aller Unreinigkeiten, wie denn auch sonst für Reinlichkeit nach allen Richtungen hin gesorgt ist.
Für die Isolierung etwa auftretender Infektionskrankheiten besteht seit 1896 ein Absonderungshaus. Alle von Tuberkulösen bewohnten Räume müssen amtlich desinfiziert werden. Häuser und Strassen werden elektrisch beleuchtet. In neuerer Zeit sind in Davos auch mehrere Sanatorien für unbemittelte Lungenkranke erbaut worden, so zuerst das von der gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Basel Stadt für Angehörige dieses Kantons errichtete u. 1896 eröffnete Sanatorium am Seehorn, dann im Jahre 1901 das deutsche Sanatorium unterhalb des Wolfgangs und das niederländische Sanatorium bei Davos Platz.
Von andern Anstalten in Davos verdienen besonderer Erwähnung das Schulsanatorium «Fridericianum», das alle Schulstufen von der Primarschule bis zum Obergymnasium umfasst, ein Schulsanatorium für Mädchen, das Diakonissenhaus, in dem schwer Kranke Aufnahme und Pflege finden. Mit dem Diakonissenhaus ist eine Kirche verbunden, in welcher durch einen besonders angestellten reformierten Geistlichen allsonntäglich Gottesdienst für die Kurgemeinde gehalten wird. Für die religiösen Bedürfnisse der Einwohner von Davos wird ausserdem, abgesehen von den fünf Pfarrkirchen der Landschaft, noch in zwei katholischen Kirchen und in der englischen Kirche gesorgt.
Wie als Kurort, so geniesst Davos auch als Sportsplatz einen Weltruf; der Wintersport, das Schlitteln, Schlittschuhfahren und Skilaufen, wird daselbst eifrig gepflegt. Alljährlich finden hier Wettschlitteln und Wettschlittschuhlaufen statt, zu denen sich Sportsleute aus aller Welt einfinden. Im Sommer bietet sich in Davos auch reichliche Gelegenheit zu Bergtouren.
Mit der Entwicklung des Kurortes hat auch die Bevölkerung von Davos sehr stark zugenommen: Im Jahre 1850 zählte Davos nur 1680 Ew., 1860 deren 1705, 1870 deren 2002, 1880 deren 2865, 1888 deren 3891 und 1900 deren 8089. Von der am ortsanwesenden Bevölkerung von Davos von 8334 Seelen waren 2233 in Davos selbst, 1469 in einer andern Gemeinde des Kantons, 1176 in andern Schweizerkantonen und 3456 im Ausland geboren;
ihre Heimat in Davos hatten 1387 Personen, in andern Gemeinden des Kantons Graubünden 1710, in andern Schweizerkantonen 1376, im Ausland 3861;
zum Protestantismus bekannten sich 5530, zum Katholizismus 2644 Personen, 112 waren Israeliten und 218 Bekenner einer andern oder keiner Konfession;
der Muttersprache nach waren 6178 deutsch, 273 französisch, 475 italienisch, 479 romanisch, und 939 verteilten sich auf andere Sprachen.
Die Namen der heutigen Kirchgemeinden von Davos eigneten ursprünglich nur der Häusergruppe bei der betreffenden Kirche, nach und nach jedoch wurden sie auf das ganze zu der Kirche gehörende Gebiet ausgedehnt.
So war Davos-Dorf oder Dörfli, wie es bis vor einigen Jahren hiess, ursprünglich eine kleine Häusergruppe bei der Kirche zu St. Theodor; jetzt fallen unter den Begriff Davos-Dorf die zahlreichen Höfe und Ansiedelungen, deren Bewohner zur Kirchgemeinde von St. Theodor gehören, mit Inbegriff auch des Dörfchens Laret, das jenseits des Wolfgang gegen das Prätigau hin liegt. Davos-Dorf liegt in einer Höhe von 1574 m am Fusse des Schiahorns auf der rechten Thalseite, unweit der Einmündung des Flüelathales und des Dischma in das Hauptthal, da wo die Thalsohle der Landschaft die grösste Breite besitzt.
Die kleine Häusergruppe, welche einst das Dörfli bildete, ist heute zu einem sehr stattlichen Dorfe geworden, das weithin gegen Davos-Platz zu sich erstreckt. Davos-Dorf besitzt eine Eisenbahnstation und ein Post-, Telegraphen- und Telephonbureau. Die Davos mit Thusis und Chur verbindende Fahrpost hat hier ihren Ausgangs- und Endpunkt, und hier zweigt die von Davos-Platz nach dem Unterengadin führende Flüelapost ab. In einer Entfernung von cirka 1 km liegt der einen Flächenraum von 0,56 km2 bedeckende Davoser Grosssee, die schönste Zierde der Landschaft am Fusse des schönbewaldeten Seehorns. Auf einer Terrasse am sö. Ufer des Sees erhebt sich das Basler Sanatorium und im N. desselben das Deutsche Sanatorium. Die Bevölkerung von Davos-Dorf beträgt in 144 Häusern 1660 Ew.
Das jenseits des Wolfgang 7 km von Davos Dorf entfernt am Fusse der Totalp liegende Davos-Laret im ¶