sich Pilgerhütte. Sie bietet Jünglingen und Männern eine Zufluchtsstätte, um sie aus verfehlten Lebensverhältnissen
wieder auf bessere
Wege zu lenken. Ausser dem grossen landwirtschaftlichen Betriebe besteht noch eine Buchdruckerei mit drei
Schnellpressen und eine Buchbinderei, wo bezahlte Arbeiter angestellt sind. Hier werden christliche Schriften und die zahlreichen
Publikationen der Anstalt gedruckt.
Das weitschauende
Kirchlein, das Anlass zu der Gründung der Anstalt gegeben, wurde in seiner jetzigen Gestalt im Jahre 1516 vollendet.
Den Namen erhielt es nach der hier begrabenen heiligen
Jungfrau Christiana, was der Volksmund in Chrischona verwandelte. In
dem angebauten
Bruderhaus wohnte ein Eremit, dem die Pflege des Gottesdienstes und die Beratung der Wallfahrer
oblag. Das Recht, diesen zu wählen und Einnahmen zu erheben, sowie die Baupflicht gehörten der Markgrafschaft von
Baden,
resp. dem Landvogt zu Röteln. 1513 erwarb die Stadt
Basel die Gemeinde
Bettingen, wozu das
Kirchlein gehörte, und führte
die Reformation ein; gleichwohl blieb Chrischona noch längere Zeit ein Wallfahrtsort der Katholiken.
Im dreissigjährigen Krieg wurde dem Gotteshaus arg zugesetzt. 1633 plünderten die kaiserlichen Reiter in
Bettingen und ruinierten
die Chrischona Kirche inwendig vollkommen. 1634 kamen die Schweden, zerschlugen die Fenster und nahmen das
Blei, worin die
Scheiben gefasst waren, um daraus Kugeln zu giessen.
Der Gottesdienst scheint nie ganz aufgehört zu haben. Bis 1882 hatte der Pfarrer von
Riehen, in welche
Kirchgemeinde Chrischona gehört, am Pfingstsonntag hier zu predigen; ebenso diente der Friedhof den Einwohnern von
Bettingen
als Begräbnisstätte. Um die verwahrloste Kirche vor weiterer Profanierung zu schützen, nahm C. F. Spittler dieselbe im
Jahr 1840 vom Kanton Basel Stadt,
dem sie noch jetzt gehört, zur
Miete und richtete darin die Pilgermission ein. Durch
Aufführung von Neubauten und Ankauf des grossen
Gutes erreichte die Anstalt nach und nach die grosse Ausdehnung, die sie
jetzt besitzt. Die letzte Renovierung erfuhr die Kirche im Jahr 1901. - (Quellen: Linder. Geschichteder KirchgemeindeRiehen-Bettingen. Basel,
1884. - Rappard. Fünfzig Jahre der Pilgermission auf St. Chrischona.Basel,
1890. - Jahresberichte.Der Glaubensbote).
oder
Krottenbach(Kt. Thurgau,
Bez. Arbon).
Oberlauf des zwischen
Arbon und
Steinach in den
Bodensee mündenden
Fellenbachs. Entspringt in ca. 496 m s.
Muolen und fliesst auf eine Länge von 5 km von W.-O., um in 430 m den Namen zu ändern.
Zwei Brücken.
(Kt. Graubünden,
Bez. Plessur).
596 m. Gem. und Stadt. Hauptstadt des Kantons Graubünden
und Hauptort des Bezirkes
Plessur, bildet zugleich einen der 39 Verwaltungs-
und Gerichtskreise des Kantons. Die Stadt liegt am Ausgange des Schanfiggerthales in sehr geschützter Thaleinbuchtung an
derPlessur und 2,2 km oberhalb deren Einmündung in den
Rhein. Sie «wird eingeschlossen vom grossartigen
Bergrahmen des breitstirnigen
Calanda, des schroff aus der Rheinebene emporsteigenden
Montalins und des schön bewaldeten Pizokelberges».
Während die Vereinigten Schweizerbahnen in Chur endigen, führt die von
Davos her kommende schmalspurige
Rätische Bahn bis
nach
Thusis; die Linien
Reichenau-Ilanz und
Thusis-St. Moritz derselben sind im Bau begriffen und sollen
bis im Sommer 1903 vollendet sein. Bevor die Linie Chur-Thusis der
Rätischen Bahn gebaut war, bildete Chur den Ausgangspunkt
fast aller in das Innere des Kantons führenden Postkurse; heute gehen die meisten Posten von
Reichenau und
Thusis aus,
in Chur haben nur noch die über
Churwalden nach dem
Engadin (über
Julier und
Albula) und
Davos, sowie die nach
Arosa und
Tschiertschen
führenden Kurse ihren Ausgangspunkt.
Immerhin ist der Postverkehr, namentlich während der Sommermonate, noch ein sehr bedeutender. Das nämliche gilt auch vom
Depeschen- u. Telephonverkehr. Chur ist der Sitz der Direktion des X. eidgen. Postkreises, des Inspektorates
des VI. Telegraphenkreises, der Direktion des III. Zollkreises und der Direktion der
Rätischen Bahn. Residenz des BistumsChur (s. diesen Art.), das die Kantone Graubünden,
Uri,
Schwyz,
Unterwalden, Glarus
und Zürich,
sowie das Fürstentum Lichtenstein umfasst.
Die Häuserzahl Churs beträgt 966; davon treffen auf den bischöflichen
Hof u. die alte geschlossene
Stadt 336; 630 liegen ausserhalb dieser Grenzen. Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf 11706, wovon 7732 Ref. u. 3974 Kathol.;
ihrer Muttersprache nach scheiden sich die Einwohner in 9403 Deutsche, 1449 Romanen, 724 Italiener, 85 Franzosen u. 45 Angehörige
anderer Sprachen. Ein verhältnismässig kleiner Teil der Bevölkerung, vielleicht ca. 6%, gehört den
Landwirtschafttreibenden an; Wiesenbau und Viehzucht vermögen in Chur, wo die Milch jederzeit gut verwertet werden kann,
ihren Mann wohl zu ernähren; jedoch sind auch der Obst- und Weinbau nicht unbedeutend, wogegen der Ackerbau sich in ziemlich
engen Grenzen hält.
Der Hauptteil der Bevölkerung ist der kaufmännische; nachdem der Transithandel aufgehört hat, hat sich der Innenhandel
sehr erfreulich entwickelt; zahlreiche Vertreter zählt besonders der (Veltliner-) Weinhandel. Zwei
Banken, die Graubündner
Kantonalbank, eine reine Staatsbank, und die private «Bank für Graubünden"
vermitteln
einen grossen Teil des Geldverkehrs für den ganzen Kanton Graubünden.
Das Gewerbe leistet in einzelnen Zweigen, namentlich
der Schreinerei, recht Tüchtiges; dagegen hat das Fabrikwesen bisher sich noch nicht stark entwickelt, immerhin bestehen
eine Anzahl Etablissemente, die zusammen einer grossen Zahl von Personen Brot geben; so zwei Wollspinnereien und -webereien,
die sich mit der Fabrikation des sog. Bündnertuches beschäftigen, einige Baumwollstickereien, eine
Chokoladefabrik, eine Lack- u. Farbenfabrik etc. Einige hundert Arbeiter beschäftigt die Reparaturwerkstätte der Vereinigten
Schweizer Bahnen.
Die Stadt scheidet sich in 3 verschiedene Teile: 1. den im O. derselben auf einem
Plateau am Abhang des
Mittenberges, eines
Ausläufers des
Montalin, liegenden bischöflichen
Hof;
2. die alte Stadt, die im O. an den Fuss des
Mittenbergs
sich anlehnt und im S. durch die
Plessur begrenzt wird und 3. die im W., hauptsächlich aber im NW. und N. der alten Stadt
aus zahlreichen zerstreuten
Häusern bestehende
Neustadt.
dem linken, s. Ufer der Plessur nach W. verlaufende WelscheDörfli, sowie das 2½ km n. gelegene Masans, das eigene Kirche und
Schule hat.
Auf dem bischöflichen Hofe, wo unzweifelhaft die erste römische Anlage der Stadt war, stehen die Domkirche, das bischöfliche
Schloss, die Häuser der Domherren und die katholische Schule, etwas weiter oben das Priesterseminar St.
Luzius (bis anfangs des 19. Jahrhunderts Prämonstratenserkloster) mit hübscher Kirche; die Gymnasium, Realschule und Lehrerseminar
umfassende, von ungefähr 400 Schülern besuchte paritätische Kantonsschule und das 100 Schülern Raum bietende Konvikthaus
derselben.
Sehr sehenswert ist vor allem die Domkirche, deren ursprünglicher Bau Bischof Tello ums Jahr 780 zugeschrieben
wird, unzweifelhaft zum Teil aber bis ins 4. Jahrhundert zurückreicht. Der Ausbau des Domes ging sehr langsam vor sich; hieraus
erklärt sich die Mischung verschiedener Stilelemente vom byzantinischen bis zum spätgotischen. 1282 wurde die damals noch
mit einem flachen Dache versehene Kirche eingeweiht. In ihrem Innern enthält sie verschiedene Kunstdenkmäler,
Bilder von Dürer, Holbein dem jüngeren, Lukas Kranach, J. Stumm und der in Chur geborenen Angelika Kaufmann, einen
sehr schönen von J. Russ inLuzern
in Holz geschnitzten und von M. Wohlgemut aus Nürnberg bemalten Hochaltar, Sarkophage, Grabmonumente,
Sakramentshäuschen, Reliquienkästchen, Monstranzen, Messgewänder, Paramente und Urkunden aller Art. -
Das in seinem Hauptteil im Barokstil des 18. Jahrhunderts gehaltene bischöfliche Schloss ist ebenfalls ein verschiedenen
Zeiten angehörender Bau; im N. lehnt es sich an den römischen Turm Marsöl, in dem sich die Privatkapelle des Bischofs, Archiv
und Bibliothek befinden.
In der Stadt selbst, d. h. der ehemals von Mauern und Graben umgebenen Alt-Stadt, die wie die meisten alten
Städte noch recht enge Gassen aufweist, sind bemerkenswert die beiden reformierten Kirchen zu St. Martin und zu St. Regula,
die zwar keine besonderen Sehenswürdigkeiten bieten, das Rätische Museum mit der sehr sehenswerten Sammlung der historisch-antiquarischen
Gesellschaft, den naturhistorischen Sammlungen und der
Kantonsbibliothek; das Regierungsgebäude, das
Staats- und Bankgebäude, das städtische Rathaus mit der im Stil der spätern Renaissance getäfelten Bürgerratsstube,
das neue städtische Schulhaus, die sehr schöne in orientalischem Stil erbaute von Planta'sche Villa, die nunmehr in den
Besitz der Rätischen Bahn übergegangen ist und derselben als Verwaltungsgebäude dient, und das Geburtshaus
der Malerin Angelika Kaufmann.
Auf dem längst zu einer öffentlichen Anlage umgewandelten alten Friedhof befindet sich das Denkmal des bündnerischen Dichters
Johann Gaudenz von Salis-Seewis (geb. † den kleinen Vorplatz vor dem Rätischen Museum ziert das
Denkmal des um die Erforschung des Kantons in naturwissenschaftlicher Beziehung sehr verdienten Dr. med.
Ed. Killias (1829-1891), und in der Anlage vor dem Regierungsgebäude erhebt sich das Vazeroler Denkmal, ein dreiseitiger
Obelisk aus weissem Marmor, zur Erinnerung an das der Ueberlieferung nach (urkundlich jedoch nicht verbürgte) im Jahre 1471 zu
Vazerol geschlossene Bündnis der drei rätischen Bünde.
Die in breitem Gürtel von N. nach W. sich um die alte Stadt herumziehende Neustadt zählt viele freundliche Landhäuser;
aber auch die geräumige und gut eingerichtete Kaserne, das städtische Krankenhaus, das Kreuzspital, von dem gemeinnützigen
Kapuziner Pater Theodosius Florentini gegründet, befinden sich in dieser Gegend, während ein drittes Spital,
das «Krankenasyl auf dem Sand», eine Stiftung des 1881 verstorbenen Bürgermeisters Chr. Bener in Chur, auf der entgegengesetzten
Seite ö. der Stadt, am Ausgang des Plessurthales, liegt. In etwas weiterer Entfernung, in dem wunderschönen im N. der
Stadt sanft gegen O. ansteigenden Lürlibad, befindet sich die kantonale Irren- u. Krankenanstalt Waldhaus,
mit Raum für ca. 250 Kranke; mit derselben verbunden ist die Loë-Anstalt, eine von Baron Klemens von Loë herrührende Stiftung,
in welcher 20 heilbare körperlich Kranke unentgeltlich Aufnahme finden. In geringer Entfernung von der Anstalt Waldhaus ist
das bürgerliche Altersasyl, weiter n. das bürgerliche Waisenhaus, während zwei andere Waisenanstalten,
der «Foral» u. die
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