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Orte an, der 1781 schon eine Bevölkerung von 3586 und 1794 eine solche von 4556 Seelen aufwies. Im letztgenannten Jahre arbeiteten im Neuenburger Jura wohl an die 4000 Uhrenmacher.
Schon aber kündigen sich schwere Ereignisse an; der in Frankreich tobende Sturm der Revolution schlägt in ganz Europa seine Wellen, u. das kleine Fürstentum Neuenburg läuft jeden Augenblick Gefahr, in den mächtigen Kampf zwischen den europäischen Monarchien und der Französischen Republik mit hineingerissen zu werden. Die Bergbewohner nehmen Partei, und ein ausserordentlich leidenschaftlicher Meinungsaustausch erhitzt die ohnehin schon lebhaften Gemüter, der schliesslich zur Bildung zweier feindlicher Lager führt, demjenigen der zur preussischen Herrschaft haltenden «Orangistes» und dem der auf das neue Evangelium des «Contrat social» und der allgemeinen Menschenrechte schwörenden «Patrioten».
Diese werfen der aristokratischen Regierung des Fürstentumes ihre einseitige Parteilichkeit und das systematische Fernhalten der zahlreichen u. wohlhabenden Bevölkerung der Berge von den Staatsgeschäften vor. Der Streit wird hitziger, Freiheitsbäume erheben sich, die Jakobinermütze wird gehisst, man tanzt die «Carmagnole» und singt «Ça ira» - die Regierung verliert den Kopf und vertreibt durch Anwendung von Zwangsmassregeln eine grosse Anzahl der Patrioten aus ihrer Heimat.
Mit offenen Armen werden sie von ihren französischen Nachbarn aufgenommen, die schon lange die Uhrenmacherei gerne auch auf ihren Boden verpflanzt gesehen hätten. Mitten in diese stürmischen Zeiten fällt die grosse Feuersbrunst, die in der Nacht vom 4. auf den die Kirche mit Turm, das Pfarrhaus und 52 Wohnhäuser des Dorfes in Asche legt, 172 Familien ihres Obdaches beraubt und einen Schaden von mehr als einer Million Thaler verursacht. Natürlicherweise hat man sofort böswillige Brandstiftung vermutet; doch hat die Ursache des Brandes nie völlig klar gestellt werden können. Nur das ist sicher, dass die schon früher tätigen französischen Sendlinge von jetzt an mit verdoppelter Kühnheit die Uhrenmacher zur Auswanderung zu bewegen suchten, was ihnen auch in manchen Fällen gelungen ist.
Lucien Landre urteilt in seinen Causeries sur La Chaux de Fonds d'autrefois, dass mit Berücksichtigung aller Umstände dieses furchtbare Brandunglück von 1794 für das «grosse Dorf» eher zu einer Wohltat geworden ist, da es den Anstoss zu einer vollständigen Erneuerung des Ortes auf vernünftiger, praktischer und seine Zukunft sichernder Basis gegeben hat.
Unter den in dieser, kritischen Zeit sich auszeichnenden Männern steht in erster Linie Moïse Perret-Gentil (1744-1815), der vor allen Andern durch seinen weitblickenden Patriotismus, seine hohe Bildung und sein unerschütterliches Vertrauen in die Zukunft die einzureissen drohende Mutlosigkeit verscheuchte und alle Gutgesinnten zur Verfolgung eines weise festgesetzten Zieles sammelte.
Die von seinem Freunde Henri François Brandt modellierte Büste dieses grossen Bürgers ziert heute im städtischen Rathause den Sitzungssaal des grossen Stadtrates ¶
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von La Chaux de Fonds. Die Stadt verdankt Moïse Perret-Gentil den Bau der französischen Landeskirche, eines sehr schönen Architekturdenkmales, u. einer Reihe ihrer schönsten Privathäuser, deren nur ihnen eigene Stil sie heute noch unter allen anderen sofort zu erkennen und zu bewundern gestattet. Es wird diesem hervorragenden Manne auch die Erfindung der Guillochierscheibe zugeschrieben.
Diese bewegte Zeit wird nicht nur durch die auf allen Gebieten sich kundgebende lebhafte Tätigkeit gekennzeichnet, sondern auch dadurch, dass sie eine ganze Reihe von ausgezeichneten Männern schuf, deren mehrere nicht nur angesehen sondern geradezu rasch berühmt wurden: Jean Pierre Droz (geboren in La Chaux de Fonds am gestorben in Paris am berühmter Medaillen- und Münzstecher, Generaladministrator des Münz- und Medaillenwesens Frankreichs u. Direktor des Museums de la Monnaie in Paris;
Henri François Brandt, einer von Droz' bedeutendsten Schülern (geboren in La Chaux de Fonds am gestorben in Berlin am erster Stecher des Berliner Münzamtes und königlicher Professor;
Leopold Robert, der weltberühmte Maler (geboren in La Chaux de Fonds am gestorben in Venedig am
Pierre Jaquet-Droz (geboren in La Chaux de Fonds 1721, gestorben in Genf am und Henri-Louis Jaquet-Droz, dessen Sohn (geboren in La Chaux de Fonds 1752, gestorben in Neapel am zwei ausgezeichnete Mechaniker, Verfertiger der berühmten automatischen Musikwerke, die ihre Namen der ganzen Welt bekannt machten;
François Ducommun (geboren in La Chaux de Fonds am und hier gestorben am hervorragender Mechaniker und Uhrenmacher, Verfertiger der im historischen Museum dieser Stadt aufbewahrten Planisphäre und Erfinder von sehr kunstreichen astronomischen Pendeluhren;
Charles-Louis Leschot (geboren in La Chaux de Fonds am und hier gestorben am sehr geschätzter Stecher;
sein Schüler Henri Courvoisier-Voisin (geboren in La Chaux de Fonds 1757, gestorben in Biel am Verfertiger von gesuchten Zeichnungen und Stichen.
In diese Zeit fällt auch die Gründung der grossen Uhrenmacher-Comptoirs, die die Grundlagen zur industriellen und kaufmännischen Blüte der Stadt bilden und ihr den Verkauf ihrer Produkte in alle Länder der Erde sichern. Schon 1799 sind die letzten Spuren des grossen Brandes getilgt und die Bewohner auf die Zahl von 4876 Köpfen angewachsen;
auf den Ruinen des alten Pfarrhauses erhebt sich seit 1802 ein neues;
1803 spenden die beiden Grosskaufleute und Brüder François und David-Pierre Bourquin die Mittel zu einem neuen Rathaus;
auf Antrieb der Unterrichtskammer ersteht 1805 das erste Schulhaus, ein grosses Gebäude in der Rue des Juifs nahe dem alten Friedhof;
1812 erhält die Gemeinde aus dem Nachlass ihres Mitbürgers Josué Amez-Droz (geboren in La Chaux de Fonds am gestorben in Neuenburg am zu wohltätigen Zwecken eine Summe von nahezu 300000 Franken, die sie 1822 erheben kann und die den Grundstock des städtischen Armenfonds bildet.
Die Zeit der französischen Vorherrschaft (1806-14), des Anschlusses an die Schweiz und der Wiederaufrichtung der preussischen Regierung (1815) ging verhältnismässig ruhig vorüber, doch trug die neue Zwitterstellung Neuenburgs als schweizerischer Kanton und preussisches Fürstentum von Anfang an den Keim der Zwietracht in sich.
Die in allen Kantonen erfolgende Gründung vaterländischer Gesellschaften liberalen und demokratischen Geistes (Schützenvereine, gelehrte u. gemeinnützige Gesellschaften etc.) spornt sofort auch die Neuenburger Gebirgsbewohner zu Nacheiferung und zum Anschluss an diese die demokratische Propaganda pflegenden Vereinigungen an: am gründen 56 Schützen den Schiessverein der ¶